TE OGH 2019/10/30 7Nc29/19b

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Veröffentlicht am 30.10.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Höllwerth und die Hofrätin Dr. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Ltd, *****, Ägypten, wegen 400 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.

Text

Begründung:

Der Kläger strebt die Verpflichtung des beklagten Luftfahrtunternehmens mit dem Sitz in Cairo (Ägypten) zur Zahlung von 400 EUR sA aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 2. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen an. Der von der Beklagten auszuführende Flug von Wien nach Hurghada am 25. 5. 2017 habe sich aus allein von der Beklagten zu vertretenden Gründen um mehr als drei Stunden verspätet.

Das Bezirksgericht Schwechat wies die Klage mangels internationaler Zuständigkeit zurück. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Der Zurückweisungsbeschluss ist rechtskräftig.

Der Kläger stellte hilfsweise den an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrag, gemäß § 28 JN eine Ordination des Rechtsstreits an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien vorzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.

1. Das Erstgericht und das Rekursgericht haben die internationale Zuständigkeit rechtskräftig verneint. An eine solche Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Die bereits erfolgte Zurückweisung der Klage steht dem Ordinationsantrag aber nicht grundsätzlich entgegen, weil im Fall seiner Stattgebung die Klage neu beim ordinierten Gericht einzubringen wäre (2 Nc 12/19s mwN).

2. Für den Fall, dass für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, bestimmt § 28 Abs 1 Z 2 JN, dass der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen hat, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (8 Nc 16/19y).

3. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil zwischen Österreich und Ägypten kein Abkommen über die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen nach der Fluggastrechteverordnung besteht (2 Nc 12/19s mwN; vgl auch 6 Nc 18/19b) und die Stattgebung des Ordinationsantrags auch dem – vom Kläger zutreffend reklamierten – unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität (effet utile) entspricht (4 Nc 11/19h; 7 Nc 23/19w).

4. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts erfolgte nach den Kriterien der Parteinähe (Wohnsitze der Parteien) sowie der Sachnähe (Abflugort) und der Zweckmäßigkeit (7 Ob 28/19f; RS0106680 [T13]).

Textnummer

E126786

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0070NC00029.19B.1030.000

Im RIS seit

18.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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