TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/22 97/05/0169

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Veröffentlicht am 22.09.1998
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;

Norm

BauO OÖ 1994 §31 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1.) des Hans Kreuzmayr und 2.) der Gertrude Kreuzmayr, beide in Linz, beide vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. April 1997, Zl. BauR-011820/6-1997/PE/Vi, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1.) Monika Aldenhoff,

2.) Mag. Ursula Bauer, 3.) Dipl.-Ing. Christoph Bauer, 4.) Elisabeth Grün, 5.) Mag. Hugo Grün, 6.) Sabine Lumpi, 7.) Mag. Karl-Heinz Lumpi, 8.) Brigitte Saxinger und 9.) Mag. Herbert Saxinger, alle in Linz, alle vertreten durch Dr. Georg Maxwald und Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, Schmidtorstraße 4, und 10. die Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- und den Erst- bis Neuntmitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Erst- bis Neuntmitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Juli 1995 (eingelangt beim Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt am 31. Juli 1995) beantragten die Erst- bis Neuntmitbeteiligten die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 2702/3, KG Linz. Im Kellergeschoß des geplanten Gebäudes ist die Errichtung einer Tiefgarage für sechs Personenkraftwagen geplant. Die Zufahrt zur Tiefgarage soll entlang der westlichen Bauplatzgrenze von der Duftschmidgasse über eine 8,80 m lange Rampe mit einem Gefälle von 5 % erfolgen. Das Grundstück der Beschwerdeführer grenzt im Westen unmittelbar an den Bauplatz an. Die Beschwerdeführer wendeten in der mündlichen Bauverhandlung vom 10. Mai 1996 u.a. ein, daß die Abluftführung bei der Garage allein in Richtung ihres Hauses erfolge. Aufgrund der massiven Bündelung sämtlicher Ein- und Ausfahrvorgänge unmittelbar an der Grundgrenze ihres Grundstückes und der direkten Entlüftung der Garage in Richtung ihres Wohnhauses wären sie einer erheblichen Immissionsbelastung durch Lärm und Abgase ausgesetzt. Sie stellten den Antrag auf Einholung eines lärm- und immissionstechnischen Gutachtens.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 20. Mai 1996 wurde für das angeführte Bauvorhaben die Baubewilligung erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils ab-, teils zurückgewiesen. Die Einwendungen betreffend unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung wurden als unbegründet abgewiesen. Dazu führte die Behörde erster Instanz ins Treffen, daß nichts darauf hindeuten würde, die von den sechs Garagenstellplätzen zu erwartenden Immissionen würden das in der Widmungskategorie "Wohngebiet" zulässige Ausmaß überschreiten. Es handle sich dabei jedenfalls um eine im Wohngebiet übliche und damit zulässige Nutzung von Stellplätzen in einem Mehrfamilienwohnhaus. In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1995, Zl. 95/05/0016, sei festgestellt worden, daß sogar die Errichtung eines Gebäudes mit acht Wohnungen samt den dazugehörenden Stellplätzen im Wohngebiet zulässig sei und der Nachbar die mit dem Wohnen und damit auch den erforderlichen Stellplätzen verbundenen Immissionen hinzunehmen habe. Den diesbezüglichen Einwendungen der Nachbarn komme somit keine Berechtigung zu.

Aufgrund der Berufungen u.a. der Beschwerdeführer wurde von der Berufungsbehörde ein immissionstechnisches Gutachten vom 17. Juli 1996 eingeholt. Dieses Gutachten behandelte die zu erwartenden Immissionen in Bezug auf Lärm und Abgase des Zu- und Abfahrtsverkehrs zu bzw. von der geplanten Garage im Kellergeschoß mit sechs Abstellplätzen und im Hinblick auf die Lüftungsöffnungen der geplanten Garage. Der Gutachter stellte zu den Abgasimmissionen im Rahmen der fallbezogenen Beurteilung fest, daß, da "selbst an der gewählten Kreuzung Freistädter Straße/Hauptstraße direkt neben der Fahrbahn bei einem maximalen stündlichen Verkehrsaufkommen von 577 bis 932 Fahrzeugen/Std. auf der Duftschmidgasse nur wenige Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid auftreten", es auch ohne nähere Herleitung einsichtig ist, "daß bei einem erwartbaren Verkehrsaufkommen von insgesamt schätzungsweise weniger als zehn Fahrzeugen/Std. auf der Duftschmidgasse bei den Grundstücken Duftschmidgasse 4, 5, 6, 8 und 10 sowie Roseggerstraße 10 Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte auszuschließen" seien. Aus der Erfahrung werde prognostiziert, "daß es durch die Lüftungsöffnungen der Garage zu keinen meßbaren Schadstoff- und/oder Geruchsimmissionen an den beiden im Befund beschriebenen Immissionspunkten kommen" werde. Bei "ungünstigen Ausbreitungsbedingungen (Ostwind)" könne "es bei Ein- und Ausfahrten in bzw. aus der Garage am Grundstück Duftschmidgasse 5 zu kurzfristigen Geruchswahrnehmungen nach Kfz-spezifischem Abgas kommen". Im Rahmen der Ausführungen betreffend die Lärmimmissionen stellte der Sachverständige fest, daß das Gebäude Duftschmidgasse 5 nicht berücksichtigt werde, da einerseits die gesamte Zu- und Abfahrt vom Gebäude aus nicht sichtbar sei und andererseits ein ständiger Aufenthalt von Menschen tagsüber genau an der Kante der Terrasse nicht wahrscheinlich erscheine. Darüberhinaus sei die Zu- und Abfahrt von der Terrasse des Gebäudes Duftschmidgasse 5 nur teilweise sichtbar, da sie durch eine Pergola abgeschirmt sei. In lärmmäßiger Hinsicht wurde für den ungünstigsten Fall von sechs Ausfahrten innerhalb einer halben Stunde ein energieäquivalenter Dauerschallpegel Leq, bezogen auf eine halbe Stunde in der Nacht von 33 dB und bei Tag, bezogen auf eine halbe Stunde von 45 dB, bezogen auf eine Stunde von 42 dB und bezogen auf acht Stunden von 34 dB, errechnet. Für die Tageszeiten seien nach Auffassung des Sachverständigen Schallpegelspitzen im Bereich zwischen 62 und 64 dB zu ewarten, an dem zur Nachtzeit zu betrachtenden Immissionspunkt würden Spitzenpegel im Bereich von 51 und 53 dB prognostiziert. Der Sachverständige stellte weiter fest, daß sämtliche Beurteilungspegel unterhalb der zur erwartenden Grundgeräuschpegel lägen. Auch sämtliche zu erwartenden Schallpegelspitzen lägen unterhalb der Grenzwerte. Es werde daher abschließend aus immissionstechnischer Sicht festgestellt, daß die konsensgemäße Benutzung der geplanten Garage zu keinen erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarn führten. Der medizinische Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 23. Juli1996 aufgrund dieses immissionstechnischen Gutachtens aus, daß sowohl die Schallpegelspitzen als auch der energieäquivalente Dauerschallpegel unter den Grenzwerten und den derzeit bereits bestehenden Schallpegeln bliebe, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit mit keiner Beeinträchtigung der Gesundheit der nächsten Nachbarn zu rechnen sei. Auch die NO2 und CO Werte würden, da nur selten mit Fahrbewegungen zu rechnen sei, zu keiner Beeinträchtigung der nächsten Nachbarn führen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 6. September 1996 wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Die Vorstellungen anderer Nachbarn gegen diesen Berufungsbescheid wurden abgewiesen, während aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer der angeführte Berufungsbescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. November 1996 aufgehoben und die Angelegenheit insoweit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz verwiesen wurde. In dieser Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde ist für die vorliegende Beschwerde in relevanter Weise folgendes ausgeführt (mit Siebt- und Achtvorstellungswerber sind die Beschwerdeführer gemeint):

"Auf Grund der unmittelbaren Nähe der Tiefgarageneinfahrt zum Grundstück der Siebt- und Achtvorstellungswerber, die auch der immissionstechnische Sachzuständige - wie dargestellt - in seinem Gutachten vom 17. 7. 1996 ausdrücklich hervorgehoben hat, ist die Situation in diesem Fall anders zu beurteilen. Diesfalls liegen nach Auffassung der o.ö. Landesregierung besondere Umstände im Sinn der dargelegten Rechtsprechung vor, weshalb nicht schlechthin davon ausgegangen werden kann, daß Immissionswirkungen auf die Liegenschaft jener Vorstellungswerber nicht zu erwarten sind (vgl. dazu auch den dem VwGH-Erkenntnis vom 4.4.1991, Zl. 90/05/0190, zugrunde liegenden Sachverhalt sowie schon das diesbezügliche Vorbringen dieser Einschreiter bei der Bauverhandlung vom 10.5.1996). Ob mit allfälligen Beeinträchtigungen dieses Nachbargrundstückes durch vom Betrieb der Tiefgarage ausgehenden Lärm- und Abgasemissionen von KFZ zu rechnen ist, kann daher nur durch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren geklärt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beurteilung von Immissionen dabei auf das gesamte Nachbargrundstück, also auch auf den Bereich an der Grundgrenze, zu beziehen (vgl. Hauer, a.a.O., S. 259).

Zur Klärung der Immissionssituation beim Grundstück der Siebt- und Achtvorstellungswerber hat die Berufungsbehörde daher zu Recht sowohl ein immissionstechnisches als auch ein medizinisches Gutachten eingeholt. Im entsprechenden Ersuchen vom 8.7.1996 an den Sachverständigendienst des Magistrates Linz hat die Berufungsbehörde bei der Formulierung des Beweisthemas auch auf die wiedergegebene Judikatur, wonach sich der Immissionsschutz der Nachbarn bis an deren Grundgrenze erstreckt, ausdrücklich Bedacht genommen. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen bereits hervorgeht, hat der immissionstechnische Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.7.1996 allerdings das Gebäude Duftschmidgasse 5 (der Siebt- und Achtvorstellungswerber) ausdrücklich mit der Begründung von seiner Beurteilung ausgenommen, daß der Zufahrtsbereich von diesem Gebäude aus nicht sichtbar sei und andererseits ein ständiger Aufenthalt von Menschen tagsüber genau an der Kante der Terrasse nicht wahrscheinlich erscheine. Nach Auffassung der Vorstellungsbehörde ist die Argumentation, die von der Berufungsbehörde auch in die Begründung des bekämpften Bescheides übernommen wurde, angesichts der in diesem Punkt eindeutigen Judikatur nicht haltbar. Tatsache ist, daß im vorliegenden Fall die Tiefgarageneinfahrt, genau an der Grenze zur Nachbarliegenschaft situiert ist, welcher Umstand auch dadurch keine Veränderung erfährt, daß ein Aufenthalt von Menschen auf dem Nachbargrundstück an der fraglichen Grundgrenze unwahrscheinlich ist und auch keine Sichtverbindung des Nachbargebäudes zu dieser Einfahrt besteht. Der von den Siebt- und Achtvorstellungswerbern erhobene Einwand wegen befürchteter Immissionen von der Tiefgarage wurde daher nicht auf Grund eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahrens beurteilt. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Berufungsbehörde bei Vermeidung der aufgezeigten Ergänzungsbedürftigkeit gegenüber den Siebt- und Achtvorstellungswerbern bei ihrer Entscheidung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, stellt dieser Umstand einen wesentlichen Verfahrensmangel dar."

In dem ergänzend eingeholten Gutachten des immissionstechnischen Sachverständigen vom 5. Dezember 1996 wurde von diesem in bezug auf den Bereich "Luftschadstoffimmissionen" auf das Amtsgutachten vom 17. Juli 1996 verwiesen. In lärmmäßiger Hinsicht wurde an der Grundgrenze ein Spitzenpegel bei einem Ausfahrtsvorgang in Höhe von 69 dB errechnet, ein energieäquivalenter Dauerschallpegel für die ungünstigste Stunde zur Tageszeit für drei Fahrbewegungen in der Höhe von 44 dB und für acht Stunden zur Tageszeit für 6 Fahrbewegungen von 41 dB. Nach den Richtlinien könnten für die vorliegende Widmung "Wohngebiet" folgende Werte für das schalltechnische Ist-Maß erwartet werden: Grundgeräuschpegel Tags 40 dB, Nachts 30 dB, energieäquivaltenter Dauerschallpegel Tags 50 dB und Nachts 40 dB. Zusammenfassend stellte der Sachverständige fest, daß die konsensgemäße Benutzung der geplanten Garage auch für das Grundstück der Beschwerdeführer voraussichtlich zu keinen erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen führen würde. Das ergänzend eingeholte medizinische Gutachten vom 14. Jänner 1997 kam zu dem Ergebnis, daß die vom immissionstechnischen Amtssachverständigen an der Grundgrenze prognostizierten Lärmimmissionen durch Benützung der gegenständlichen Tiefgarage nach ihrer Art, Dauer, Intensität und Seltenheit ihres Auftretens aus medizinischer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geeignet seien, erhebliche Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn hervorzurufen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt vom 24. Februar 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges im wesentlichen damit begründet, der immissionstechnische Sachverständige habe im Gutachten vom 17. Juli 1996 auf der Grundlage einer Vergleichsmessung konstatiert, daß bei dem zu erwartenden geringen Verkehrsaufkommen Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte auch auf dem Grundstück Duftschmidgasse 5 auszuschließen seien. An den im Befund des Gutachtens gezogenen Immissionspunkten werde es zu keinen meßbaren Schadstoff- und/oder Geruchsemissionen kommen und am Grundstück der Beschwerdeführer seien bei ungünstigsten Ausbreitungsbedingungen (Ostwind) bei Ein- und Ausfahrten in bzw. an der Garage lediglich kurzfristig Geruchswahrnehmungen hinsichtlich "Kfz-spezifischer" Abgase zu erwarten. Dem darauf abgestellten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23. Juli 1996 zufolge werde es zu keinerlei Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten für NO2 und CO kommen. Bei einer Unterschreitung von Grenzwerten seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinerlei nachteilige gesundheitliche Beeinträchtigungen durch CO und NO2 für den nächsten Nachbarn erwartbar. In der zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 21. August 1996 hätten die Beschwerdeführer die Gutachten lediglich insofern kritisiert, als in der Lärmbeurteilung des medizinischen Sachverständigen "das Gebäude Duftschmidgasse 5 nicht berücksichtigt wurde". In der in der Folge erhobenen Vorstellung seien Bedenken gegen die eingeholten Gutachten auch nur in jenem Umfang wiederholt worden. Da die Beschwerdeführer nach Auffassung der belangten Behörde in diesem Punkt im Recht gewesen seien, sei ihrer Vorstellung mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 19. November 1996 Folge gegeben worden. Die entsprechenden Ausführungen in der Begründung dieses Bescheides seien daher unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Aufhebungsgrund sei daher ausschließlich die von den Beschwerdeführern aufgezeigte Mangelhaftigkeit bei der ersten lärmtechnischen Beurteilung gewesen. Insoweit könnten sich die Beschwerdeführer zur Begründung ihres in Rede stehenden Vorstellungspunktes nicht auf die seinerzeitige aufsichtsbehördliche Entscheidung berufen. Dessen ungeachtet sei dieser Einwand auch unbegründet, als das Grundstück der Beschwerdeführer bei der Beurteilung der Abgassituation - anders als bei der lärmtechnischen Beurteilung - nicht ausgenommen worden sei. Dazu komme, daß in der vorliegenden Vorstellung in diesem Zusammenhang lediglich bemängelt worden sei, daß "dem aufsichtsbehördlichen Auftrag auf Gutachtensergänzung jedenfalls hinsichtlich der Abgassituation nicht entsprochen (wurde), sodaß das Verfahren mangelhaft geblieben ist". Allein mit diesem Vorbringen könnten aber angesichts des dargestellten Inhaltes des Vorstellungsbescheides vom 19. November 1996 sowie der vorliegenden Gutachtenslage keine Mangelhaftigkeit der vorliegenden Beweisergebnisse hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen durch Abgase begründet werden. Bei der Beurteilung der Einwände der Beschwerdeführer betreffend die befürchteten Beeinträchtigungen durch Lärm verweise die belangte Behörde vorerst auf die im Vorstellungsbescheid vom 19. November 1996 dargestellte verwaltungsgerichtliche Judikatur, wonach der Nachbar die im Rahmen einer Widmungskategorie üblichen Immissionen hinzunehmen habe. Nach allgemeiner Lebenserfahrung handle es sich bei

sechs Tiefgaragenstellplätzen eines Wohngebäudes um eine im Wohngebiet grundsätzlich übliche und damit zulässige Nutzung. Es könne keine Rede davon sein, daß es sich hier um eine massierte Anordnung von Stellplätzen handle. Wie im angeführten Vorstellungsbescheid vom 19. November 1996 dargelegt, könnte dieser Annahme lediglich der Umstand entgegenstehen, daß die Zufahrt zur Tiefgarage einige Meter unmittelbar entlang der Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer verlaufe. Aus diesem Grund habe die Berufungsbehörde im fortgesetzten Verfahren das Ermittlungsverfahren auch ergänzt. Auf der Basis des ergänzten Beweisverfahrens, insbesondere der Stellungnahme der Amtsärztin vom 14. Jänner 1997, könne die belangte Behörde der Berufungsbehörde nicht entgegentreten, wenn sie zur Auffassung gekommen sei, daß im vorliegenden Fall auch unter diesem Gesichtspunkt schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm im Sinne des § 3 Z. 4 iVm § 2 Z. 36 O.ö. Bautechnikgesetz für die Beschwerdeführer auszuschließen seien. Auch die erhobenen Bedenken der Beschwerdeführer gegen die in Rede stehenden Gutachten seien nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Die Behörde könne über die Auswirkungen eines Bauvorhabens auf die Nachbarschaft nur eine Prognoseentscheidung treffen. Ob nach Verwirklichung des Projektes dann beispielsweise bis 9.00 Uhr morgens täglich nur zwei Personenkraftwagen die Garage verließen oder sich alle Ausfahrbewegungen täglich um 7.00 Uhr oder früher abspielten, müsse daher im vorliegenden Fall nicht geprüft werden. Entscheidend sei vielmehr, daß die Prämissen des immissionstechnischen Gutachtens, wonach die Zeit zwischen 7.00 und 9.00 Uhr den verkehrsreichsten Zeitraum darstelle und demnach zur ungünstigen Stunde mit drei Fahrbewegungen zu rechnen sei, nachvollziehbar und schlüssig seien. Im Baurecht sei jenes Ausmaß von Immissionen zu ermitteln, das nach der Widmung des zu verbauenden Grundstückes zulässig sei, was der immissionstechnische Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 5. Dezember 1996 getan habe. Die Beschwerdeführer seien somit zum einen dem im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren zu Tage getretenen Ergebnis der lärmtechnischen Beurteilung durch Sachverständige nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und zum anderen führten die Beschwerdeführer keine substantiierten Umstände ins Treffen, die darauf hindeuteten, daß es sich bei der bewilligten Tiefgarage um eine im Wohngebiet unübliche Nutzung handle und die Beschwerdeführer durch die Benützung der sechs Tiefgaragenstellplätze schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wären, die geeignet wären, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die Erst- bis Neuntmitbeteiligten gemeinsam bzw. die Zehntmitbeteiligte - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen geltend, daß dem eindeutigen Auftrag des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom 19. November 1996 nicht entsprochen worden sei. Nach diesem Bescheid sei zu klären gewesen, ob mit Beeinträchtigungen durch Lärm- und Abgasemissionen zu rechnen sei. In dem fortgesetzten Verfahren sei nur auf die zu erwartenden Lärmbelästigungen, nicht jedoch auf die zu erwartenden Immissionen in Form von Abgasen eingegangen worden.

Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Wenn in der Vorstellungsentscheidung vom 19. November 1996 ausgeführt wurde, es könne nur durch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren geklärt werden, ob mit allfälligen Beeinträchtigungen des Nachbargrunstückes der Beschwerdeführer durch vom Betrieb der Tiefgarage ausgehende Lärm- und Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen zu rechnen sei, so handelt es sich dabei um allgemeine Ausführungen betreffend die Erfordernisse eines Ermittlungsverfahrens, wenn - wie im vorliegenden Fall - besondere Umstände vorliegen, wie die Lage des Grundstückes der Beschwerdeführer in umittelbarer Nähe der geplanten Tiefgarageneinfahrt des Bauvorhabens. So wird in diesem Vorstellungsbescheid in der Folge dann auch festgestellt, daß die Berufungsbehörde zur Klärung der Immissionssituation beim Grundstück der Beschwerdeführer zu Recht sowohl ein immissionstechnisches als auch ein medizinisches Gutachten eingeholt hätte. Wie sich aber aus den Sachverhaltsfeststellungen des immissionstechnischen Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17. Juli 1996 ergebe - so wird in dieser Vorstellungsentscheidung ausgeführt -, sei das Gebäude der Beschwerdeführer ausdrücklich mit der Begründung von der Beurteilung ausgenommen worden, daß der Zufahrtsbereich von diesem Gebäude aus nicht sichtbar sei und andererseits ein ständiger Aufenthalt von Menschen tagsüber genau an der Kante der Terrasse nicht wahrscheinlich erscheine. Diese Überlegung war der als maßgeblich erachtete Mangel des eingeholten immissionstechnischen Gutachtens vom 17. Juli 1996. Das Grundstück der Beschwerdeführer war aber in diesem Gutachten nur im Rahmen der lärmtechnischen Beurteilung nicht berücksichtigt worden. Der Sachverständige hat in seiner abgastechnischen Beurteilung - worauf im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen wurde - auf das Grundstück der Beschwerdeführer Rücksicht genommen. Der maßgebliche Aufhebungsgrund im Vorstellungsbescheid vom 19. November 1996 konnte sich daher nur auf die Beurteilung des Sachverständigen im Hinblick auf die Lärmimmissionen beziehen. Wenn im fortgesetzten Verfahren das immissionstechnische Gutachten nur hinsichtlich der Lärmimmissionen in bezug auf die Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer ergänzt wurde, so hat die Berufungsbehörde - wie auch die belangte Behörde - nicht gegen die sich aus dem Vorstellungsbescheid vom 19. November 1996 im Hinblick auf die tragenden Gründe der Aufhebung ergebende Bindungswirkung verstoßen.

Der belangten Behörde - wie der Berufungsbehörde - kann auch nicht vorgeworfen werden, daß sie sich mit allfälligen Beeinträchtigungen durch Abgasimmissionen aus der vorliegenden Tiefgarage von aus- bzw. einfahrenden Kraftfahrzeugen nicht auseinandergesetzt habe. Das immissionstechnische Gutachten vom 17. Juli 1996 führte dazu - wie bereits erwähnt - aus, daß bei einem erwartbaren Verkehrsaufkommen von insgesamt schätzungsweise weniger als zehn Fahrzeugen/Std. auf der Duftschmidgasse bei den Grundstücken Duftschmidgasse 5, 6, 8 und 10 sowie Roseggerstraße 10 Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte auszuschließen seien. Aus der Erfahrung werde prognostiziert, daß es durch die Lüftungsöffnungen der Garage zu keinen meßbaren Schadstoff- und/oder Geruchsimmissionen an den beiden im Befund beschriebenen Immissionspunkten kommen werde. Bei ungünstigen Ausbreitungsbedingungen (Ostwind) könne es bei Ein- und Ausfahrten in bzw. aus der Garage am Grundstück der Beschwerdeführer zu kurzfristigen Geruchswahrnehmungen nach Kfz-spezifischem Abgas kommen. Im ergänzenden Gutachten des immissionstechnischen Sachverständigen hat sich dieser in bezug auf die Luftschadstoffimmissionen auf diese Ausführungen berufen. Auch der medizinische Sachverständige nahm im seinem Gutachten vom 23. Juli 1996 zur Immissionssituation betreffend Luftschadstoffe Stellung und führte aus, die Ergebnisse zeigten, daß für CO weder beim Halbstunden-, noch beim Tagesmittelwert Überschreitungen aufträten. Für Stickstoffdioxid sei eine Überschreitung des Tagesmittelwertes (von 24 gemessenen) und

11 Halbstundenmittelwertüberschreitungen von 877 Halbstundenwerten festgestellt worden. Da durch die Tiefgarage zur ungünstigsten halben Stunde mit zehn Fahrbewegungen zu rechnen sei, werde es zu keinerlei Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten für NO2 und CO kommen. Bei einer Unterschreitung von Grenzwerten seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinerlei nachteilige gesundheitliche Beeinträchtigungen durch CO und NO2 für die nächsten Nachbarn erwartbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der Erst- bis Neuntmitbeteiligten war abzuweisen, weil der in der angeführten Verordnung genannte Pauschalbetrag die Umsatzsteuer mitumfaßt.

Wien, am 22. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997050169.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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