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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der BK in W, vertreten durch Schuppich,
Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. Mai 1998, Zl. LGSW/Abt. 10/13113/1770436/1998, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Die Beschwerdeführerin beantragte für die bulgarische Staatsbürgerin T. die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Hauswart zu einer Entlohnung von S 3.054,-- brutto pro Monat. T. böte Gewähr für penibelste Sauberkeit. Sie sei aufgrund ihrer Persönlichkeit und Ausstrahlung prädestiniert, im Nahebereich der "Musischen Arbeitsgemeinschaft" tätig zu werden, da sie sich durch eine ungewöhnlich ausgeprägte Fürsorglichkeit und Mütterlichkeit auszeichne. T. hätte als Hauswartin zwangsläufig Kontakt zu den Schützlingen der Beschwerdeführerin, weshalb die Veranlagung der T. Gewähr dafür biete, daß das Bestreben der Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt werde, den von ihr betreuten, hochsensiblen Behinderten zu Gemeinschaftsfähigkeit zu verhelfen. Die belangte Behörde wies im Instanzenzug den Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Landeshöchstzahl überschritten sei. Der Regionalausschuß befürworte nicht die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung und bei Gewährung des Parteiengehörs vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 3 lit b-e AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem ihr "gemäß § 4 (6) Zif. 1, 2 und 3, lit b)" eingeräumten Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer, wenn "dessen Beschäftigung aus besonders wichtigen Gründen notwendig" sei, verletzt.
Sie begründet die Beschwerde folgendermaßen:
"Die belangte Behörde ist nicht nur zu unrecht davon ausgegangen, daß keine besonders wichtigen Gründe im Sinn des lit b) vorliegen, sie hat es auch, ebenso wie die Behörde erster Instanz, unterlassen, die Beschwerdeführerin über die Voraussetzungen der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung aufzuklären und sie darauf hinzuweisen, daß sie zur Erlangung der angestrebten Beschäftigungsbewilligung für T. besonders wichtige Gründe darzutun hat. Wäre die belangte Behörde ihrer Manuduktionspflicht nachgekommen, so hätte die Beschwerdeführerin darlegen können, welche wichtigen Gründe, die Beschäftigung T.s als Hauswartin notwendig erscheinen lassen.
Wie bereits ausgeführt, ist die Beschwerdeführerin als anerkannte Kunsttherapeutin tätig. Ihre Arbeit mit physisch und psychisch Behinderten bedingt ein Umfeld, in dem sich ihre Schützlinge unumschränkt wohl, geborgen und angenommen fühlen. Die Beschäftigung mit Kunst soll das Selbstwertgefühl der Behinderten stärken, ihnen gemeinsame Erfolgserlebnisse vermitteln und sie zu Spontaneität und Kreativität anregen. Durch das gemeinsame Arbeiten wird gleichzeitig ihre Kommunikationsfähigkeit verbessert und ihnen in spielerischer Form die Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse anderer nahegebracht. Um das therapeutische Ziel nicht zu gefährden, ist es vordringlich notwendig, alles zu vermeiden, was negative Auswirkungen auf die psychisch gestörten Menschen haben könnte und alles zu tun was sich positiv auf ihr Verhalten auswirken könnte. Die Beschwerdeführerin benötigt daher einen Hauswart, der nicht nur für die gebotene Sauberkeit Sorge trägt, sondern auch in der Lage ist, den Behinderten bei zufälligen Begegnungen durch ein Lächeln, Gesten oder einige freundliche Worte das Gefühl zu vermitteln, daß sie wertvolle und liebenswerte Mitmenschen sind. Ein abschätziger Blick oder eine kleine Unfreundlichkeit könnte den Behinderten das Geborgenheitsgefühl nehmen, und so das Erreichen des therapeutischen Ziels gefährden. Um die Integration ihrer Schützlinge in die Gemeinschaft erreichen zu können, benötigt die Beschwerdeführerin daher einen Hauswart, der nicht nur seine Reinigungsaufgaben pflichtbewußt erfüllt, sondern auch die charakterliche Veranlagung hat, im Nahebereich von Behinderten tätig zu sein. Falsche Berührungsängste oder zur Schau getragene Abneigung könnten die ganze Arbeit der Beschwerdeführerin zunichte machen, sodaß sie zum Wohl ihrer Schützlinge einen Hauswart primär nach dessen Wesen auswählt.
T. wäre aufgrund ihrer Veranlagung jedenfalls geradezu prädestiniert dafür, als Hauswartin in jenem Haus tätig zu werden, in dem die Beschwerdeführerin als Kunsttherapeutin tätig ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, Z. 4 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 201/1996, die übrige Bestimmung i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat das Vorliegen dieser Anwendungsvoraussetzungen (insbesondere die Überschreitung der Landeshöchstzahl für Wien) nicht bestritten. Ebenfalls unbestritten bleibt, daß der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe.
Insoferne die Beschwerdeführerin die Verletzung der Manuduktionspflicht rügt, verkennt sie deren Inhalt. Denn es ist nicht Aufgabe der Behörde, einer Antragstellerin Anleitungen zu geben, was sie inhaltlich vorzubringen habe, um ihrem Anliegen zum Erfolg zu verhelfen. Es wäre Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können. Dessenungeachtet brächte aber auch das Beschwerdevorbringen, so es im Verwaltungsverfahren bereits erstattet worden wäre oder aus anderen Gründen nicht dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot unterläge, der Beschwerde keinen Erfolg.
Der Beschwerdeführerin ist zwar zunächst beizupflichten, daß in § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG die "besonders wichtigen Gründe" zur Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen über bestehende Landeshöchstzahlen hinaus nur demonstrativ aufgezählt werden. Somit ist zu prüfen, ob durch die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe, welche auch nur ihrer Ansicht nach nicht unter die demonstrativ aufgezählten Gründe der lit. a bis d fallen, ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt.
Die Beschwerdeführerin übersieht, daß sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die "besonders wichtigen Gründe" des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG sowohl auf die zu erfolgende "Beschäftigung", als auch auf die (Person der) Ausländerin beziehen müssen. Im gegenständlichen Fall bedeutet das, daß die Beschwerdeführerin auch hätte vorbringen müssen, aus welchem qualifizierten Interesse heraus sie überhaupt eine (ausländische) Hauswartin benötige.
Darüber hinaus sind auch die in der Person der T. gelegenen, behaupteten Merkmale der besonderen Freundlichkeit und Mütterlichkeit - sohin Merkmale, die über ein von jedem Hauswart zu erwartendes freundliches Verhalten nur wenig hinausgehen - nicht geeignet, um für bloß zufällige Begegnungen zwischen T. und Patienten der Beschwerdeführerin als "besonders wichtiger Grund" für deren Beschäftigung anerkannt zu werden.
Damit hat die belangte Behörde im Ergebnis jedenfalls zu Recht das Vorliegen von Tatbeständen verneint, welche bei überschrittener Landeshöchstzahl die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ermöglichen würden.
Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am 29. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998090189.X00Im RIS seit
20.11.2000