TE Vfgh Erkenntnis 2019/9/24 E1588/2019

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
Lohn- und Sozialdumping-BekämpfungsG §19 Abs4
AuslBG §18 Abs12

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung von Anträgen auf Ausstellung von EU-Überlassungsbestätigungen; Gewährleistung von Rechtsschutz auch nach Ablauf des Zeitraums der beantragten Überlassung geboten

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Beschluss wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.        Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.        Die Beschwerdeführerin meldete am 24. August 2018, am 10. September 2018, am 12. September 2018, am 13. September 2018, am 18. September 2018 und am 19. September 2018 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (ZKO) die Überlassung von vierzehn Arbeitnehmern als "Bauarbeiter" bzw "Bauhilfsarbeiter" gemäß §19 Abs4 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG). Als inländische Beschäftigerbetriebe wurden drei GmbH angeführt. Hinsichtlich der Dauer der Beschäftigung bei der jeweiligen Beschäftigerin wurden für die vierzehn Arbeitnehmer unterschiedlich lange Zeiträume genannt, wobei als frühester Termin für den Beginn der 24. August 2018 und als spätester Termin für das Ende der 21. Dezember 2018 angegeben wurde.

2.       Mit insgesamt vierzehn Bescheiden wies das Arbeitsmarktservice (die Regionalstellen Feldkirch, Dornbirn, Bregenz und Bludenz) den jeweiligen Antrag der Beschwerdeführerin auf Bestätigung der EU-Überlassung für die vierzehn Arbeitnehmer gemäß §18 Abs12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AusIBG) ab und untersagte die Überlassung. Es begründete seine Entscheidungen im Wesentlichen damit, dass sich der Rechtssitz der Beschwerdeführerin aktuell in Österreich befinde. Es könne auf Grund des Rechtssitzes in Österreich nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich im Sinne des §18 Abs12 AusIBG ausgegangen werden.

3.       Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. März 2019 als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe das Rechtsschutzinteresse bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse falle weg, wenn es auf Grund geänderter Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr mache, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibe oder aufgehoben werde bzw wenn kein Nutzen für den Beschwerdeführer ersichtlich sei, das Verfahrensziel zu erreichen und die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur mehr theoretische Bedeutung besitzen würden. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, dass die Überlassung der Arbeitnehmer höchstens bis 21. Dezember 2018 erfolgen solle. Da der Zeitraum für die beantragte EU-Überlassungsbestätigung bereits verstrichen sei, sei das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Entscheidung weggefallen. Es mache für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin keinen Unterschied mehr, ob die angefochtenen Bescheide aufrecht blieben oder aufgehoben würden. Der Entscheidung über die Beschwerden käme nur noch theoretische Bedeutung zu, zumal über einen weiteren von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag betreffend die Erteilung einer Bestätigung einer "EU-Überlassung" für den/die zu überlassenden Arbeitnehmer von der belangten Behörde auf Grund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der neuerlichen Entscheidung abzusprechen wäre. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin könne sich auch bei Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessern, da die mit den angefochtenen Bescheiden untersagte Überlassung der ausländischen Arbeitnehmer nach Österreich nicht nachträglich für einen bereits verstrichenen Zeitraum erteilt werden könne. Deshalb mangle es an einem Rechtsschutzinteresse und auch an der Zulässigkeit der Beschwerden. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten und geklärt sei, habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen können.

4.       In ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, in ihrem Recht gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt zu sein, da eine Sachentscheidung ungerechtfertigt verweigert worden sei; die Beschwerdeführerin habe nämlich ein erhebliches tatsächliches und rechtliches Interesse an der Klärung der Rechtsfrage: Zum einen führe die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes dazu, dass abweisende Bescheide des Arbeitsmarktservice faktisch keinerlei Überprüfung unterliegen würden. Die Tätigkeiten von Arbeitnehmern, bezüglich derer um EU-Überlassungsbestätigungen angesucht werde, seien üblicherweise kurzfristig und bewegten sich in einem Zeitraum von ein paar Wochen bis Monaten. Es sei praktisch undenkbar, dass das Bundesverwaltungsgericht innerhalb des Überlassungszeitraumes entscheide. Vielmehr läge es in der Hand des Arbeitsmarktservice und des Bundesverwaltungsgerichtes, innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist zuzuwarten, bis der Überlassungszeitraum abgelaufen sei. Das Rechtsschutzdefizit sei mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen. Zum anderen möchte die Beschwerdeführerin zukünftig rechtssicher tätig sein. Dies sei nicht gewährleistet, wenn keine inhaltliche Entscheidung über die im erstinstanzlichen Verfahren gegenständliche Rechtsfrage erwirkt werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof judiziere, dass die Rechtsverletzungsmöglichkeit dann vorliege, wenn die Möglichkeit einer Bedeutung der Entscheidung für gleich- oder ähnlich gelagerte Sachverhalte für den jeweiligen Beschwerdeführer geblieben ist (VwGH 26.5.2003, 2000/12/0047 und 4.2.2009, 2008/12/0102). Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf Sachverhalte, die mit dem vorliegenden vergleichbar wären, nicht einheitlich sei: So habe das Bundesverwaltungsgericht in näher bezeichneten Fällen, in denen die Rechtsvertreterin des vorliegenden Falls ebenfalls die Vertretung inne gehabt habe, in der Sache entschieden.

5.       Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

II.      Rechtslage

1.       §3 AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 56/2018, sowie die §§18 und 28 AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 66/2017, lauten auszugsweise wie folgt:

"Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern

§3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige 'Rot-Weiß-Rot – Karte', 'Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('ICT'), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('mobile ICT'), Aufenthaltsbewilligung 'Familiengemeinschaft' mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs4)' oder 'Niederlassungsbewilligung – Künstler' oder eine 'Rot-Weiß-Rot – Karte plus', eine 'Aufenthaltsberechtigung plus', einen Befreiungsschein (§4c) oder einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' oder 'Daueraufenthalt – EU' besitzt.

(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige 'Rot-Weiß-Rot – Karte', 'Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('ICT'), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ('mobile ICT'), Aufenthaltsbewilligung 'Familiengemeinschaft' mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs4)' oder 'Niederlassungsbewilligung – Künstler' oder eine 'Rot-Weiß-Rot – Karte plus', eine 'Aufenthaltsberechtigung plus', einen Befreiungsschein (§4c) oder einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' oder 'Daueraufenthalt – EU' besitzt.

Abschnitt IV

Betriebsentsendung und grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung

§18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

[…]

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

       1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

       2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß §3 Abs3 bis 6, §4 Abs2 bis 5 und §5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl Nr 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß §10 AÜG, §3 Abs4, §4 Abs2 und 5 und §6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

       3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß §18 Abs1 AÜG vorliegt.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß §19 Abs2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß §19 Abs2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden.

(13) Abs12 gilt sinngemäß für unternehmensintern transferierte Ausländer (§2 Abs13), die bereits einen gültigen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer mit dem Vermerk 'ICT' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union innehaben und bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in eine oder mehrere Niederlassungen des gleichen Unternehmens oder der gleichen Unternehmensgruppe mit Sitz im Bundesgebiet vorübergehend abgestellt und dort entsprechend tätig werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist eine EU-Entsendebestätigung auszustellen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ist die Entsendung zu untersagen und die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, der einen Aufenthaltstitel für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer mit dem Vermerk 'ICT' ausgestellt hat, von der Untersagung zu verständigen.

Strafbestimmungen

§28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

       […]

       4. wer

       a) entgegen §18 Abs12 oder 13 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer im Inland beschäftigt oder

       b) entgegen §18 Abs12 oder 13 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, überlassen oder im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers vorübergehend abgestellt wird, in Anspruch nimmt,

obwohl §18 Abs12 Z1 oder 2, im Fall der Überlassung zusätzlich Z3, nicht erfüllt ist und – im Fall der litb – auch keine EU-Entsendebestätigung oder EU-Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;"

2.       §19 LSD-BG, BGBl I 44/2016 idF BGBl I 64/2017, und §26 LSD-BG, BGBl I 44/2016, lauten auszugsweise wie folgt:

"Meldepflicht bei Entsendung oder Überlassung aus einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft

§19. (1) Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden. Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Nachträgliche Änderungen bei den Angaben gemäß Abs3 oder Abs4 sind unverzüglich zu melden. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Meldepflichten nach diesem Absatz und den Abs2 und 3 als Arbeitgeber.

(2) Die Entsendung oder Überlassung im Sinne des Abs1 ist vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle zu melden. Im Fall von mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich ist die Meldung vor der Einreise in das Bundesgebiet zu erstatten. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. Arbeitgeber haben im Fall einer Entsendung der Ansprechperson nach §23 oder, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.

[…]

(4) Die Meldung nach Abs1 hat für jede Überlassung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:

       1. Name und Anschrift des Überlassers,

       2. Name und Anschrift des zur Vertretung nach außen Berufenen des Überlassers,

       3. Name und Anschrift des Beschäftigers sowie dessen Umsatzsteueridentifikationsnummer und dessen Gewerbebefugnis oder Unternehmensgegenstand,

       4. Name, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und Sozialversicherungsträger sowie Staatsangehörigkeit der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen,

       5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung der einzelnen überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen beim Beschäftiger,

       6. Orte der Beschäftigung, jeweils unter genauer Angabe der Anschrift, in Österreich,

       7. in den Fällen des §21 Abs3 Angabe der Person (genaue Anschrift) oder der Zweigniederlassung (genaue Anschrift), bei der die Meldeunterlagen und Lohnunterlagen bereitgehalten werden,

       8. Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Person nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts,

       9. Art der Tätigkeit und Verwendung der einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages,

       10. sofern für die Beschäftigung der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,

       11. sofern die überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.

Verstöße im Zusammenhang mit den Melde- und Bereithaltungspflichten bei Entsendung oder Überlassung

§26. (1) Wer als Arbeitgeber oder Überlasser im Sinne des §19 Abs1

       1. die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen §19 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder

       2. in der Meldung oder Änderungsmeldung vorsätzlich unrichtige Angaben erstattet oder

       3. die erforderlichen Unterlagen entgegen §21 Abs1 oder Abs2 nicht bereithält oder den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zugänglich macht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro zu bestrafen."

III.    Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

1.       Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn es in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, etwa indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

2.       Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung unterlaufen:

2.1.    Gemäß §§3 Abs1 und 2 sowie 18 Abs12 AuslBG darf ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen bzw ein Ausländer eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung erteilt bzw eine EU-Entsende- oder Überlassungsbestätigung ausgestellt wurde. Wer entgegen diesen Bestimmungen einen Ausländer beschäftigt oder die Arbeitsleistungen eines Ausländers in Anspruch nimmt, der nach Österreich entsandt oder überlassen wird, begeht eine Verwaltungsübertretung (§28 AuslBG).

2.2.    Die Anträge der Beschwerdeführerin auf Ausstellung von EU-Überlassungsbestätigungen für die beantragten Zeiträume für 14 Arbeitnehmer wurden von der jeweiligen Regionalstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §18 Abs12 AusIBG abgewiesen und die Überlassung wurde untersagt: Auf Grund des Rechtssitzes in Österreich könne nicht von einer Arbeitskräfteüberlassung von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich im Sinne des §18 Abs12 AusIBG ausgegangen werden. Die dagegen erhobenen Beschwerden hat das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen. Vielmehr hätte es überprüfen müssen, ob die Abweisung der Anträge und Untersagung der Überlassung rechtmäßig erfolgt ist, denn es liegt kein Grund vor, das Rechtsschutzinteresse hier zu verneinen, zumal bei derartigen zeitraumbezogenen Rechten prinzipiell davon auszugehen ist, dass ein Rechtsschutzinteresse besteht:

Der Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes folgend, dass ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Sachentscheidung nur innerhalb des jeweiligen Überlassungszeitraumes besteht, wären Konstellationen wie die vorliegende generell dem Rechtsschutz entzogen. So würde angesichts des im Regelfall gegebenen zeitlichen Rahmens solcher Verfahren eine Rechtsmittelentscheidung kaum jemals vor Ablauf des beantragten Überlassungszeitraumes ergehen. Im Hinblick auf die Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin ist ferner zu bedenken, dass sie beabsichtigt, das in Rede stehende Verhalten in Zukunft zu wiederholen, womit die Bedeutung der Entscheidung für gleich- oder ähnlich gelagerte Sachverhalte für sie weiterhin gegeben ist (vgl VfSlg 20.190/2017; vgl VwGH 26.5.2003, 2000/12/0047 und 4.2.2009, 2008/12/0102).

Schließlich ist es der Beschwerdeführerin nicht zumutbar, eine gerichtliche Sachentscheidung zu erwirken, indem sie entweder keine Meldung der geplanten Tätigkeit erstattet oder entgegen der bescheidmäßigen Untersagung handelt und eine Verwaltungsübertretung begeht, da ein Strafverfahren jedenfalls nicht angestrengt werden muss, um Rechtsschutz zu erlangen.

2.3.    Da die bescheidmäßige Abweisung der Anträge bzw Untersagung der Überlassung sohin auch nach dem Ablauf des Zeitraumes der beantragten Überlassung rechtliche Wirkung entfaltet, hätte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall Rechtsschutz gewähren müssen. Durch die Zurückweisung der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

IV.      Ergebnis

1.       Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Beschluss ist daher aufzuheben.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.       Die Kostenentscheidung beruht auf §88a Abs1 iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Arbeitsrecht, Arbeitskräfteüberlassung, Ausländerbeschäftigung, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E1588.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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