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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1961 geborenen BS in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Dezember 1996, Zl. 300.110/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte über gewöhnliche Sichtvermerke mit Geltungsdauer vom 4. Juli 1989 bis 30. Oktober 1989, vom 25. Februar 1991 bis 31. Juli 1991 und vom 25. Juli 1991 bis 28. Februar 1992. Nach diesem Zeitraum wurden für den Beschwerdeführer lediglich Touristensichtvermerke ausgestellt.
Ein Antrag des Beschwerdeführers vom 9. August 1994 wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 1995 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Ein Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Juli 1995 wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. Oktober 1995 gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen.
Mit seiner am 11. Juli 1996 durch seinen Rechtsanwalt bei der österreichischen Botschaft in Preßburg überreichten, am 19. Juli 1996 beim Landeshauptmann von Wien eingelangten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seit 4. Februar 1991 an einer Adresse in Österreich gemeldet ist. Für den Beschwerdeführer war eine Arbeitserlaubnis mit Geltungsdauer vom 18. Mai 1996 bis 17. Mai 1998 ausgestellt. Einer Gehaltsbestätigung vom 7. Mai 1996 ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer bei einem inländischen Unternehmen beschäftigt ist.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. August 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in welcher er angab, an einer inländischen Adresse zu wohnen. Er brachte insbesondere vor, er habe sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Ausland befunden.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Dezember 1996 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage den gegenständlichen Antrag nicht vor der Einreise, mit der sein derzeitiger Aufenthalt begonnen habe, gestellt. Der Antrag sei durch seinen Rechtsanwalt eingebracht worden. Aus dem Reisedokument des Beschwerdeführers sei weder ein Ein- noch ein Ausreisevermerk ersichtlich. Auch werde die in Rede stehende Beurteilung dadurch bekräftigt, daß der Beschwerdeführer bei einem inländischen Unternehmen beschäftigt sei und auch in seiner Berufung einen inländischen Wohnsitz angegeben habe. Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich. Die öffentlichen Interessen an der Versagung einer Bewilligung überwögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2
VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 6 Abs. 2 AufG lautete:
"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. ..."
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (24. Jänner 1997) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, maßgebend. § 4 Z. 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Da der Beschwerdeführer auch am 1. Juli 1993, dem Tag des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, über keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügte, war ihm auch eine Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG verwehrt. Daraus folgt, daß ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 nicht vorliegt. Der Antrag vom 19. Juli 1996 ist weder ein rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag noch ein Antrag, der deshalb gestellt wurde, weil der Beschwerdeführer die Frist zur Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versäumt hatte. Eine solche Frist bestand in Ansehung von vor dem 1. Juli 1993 abgelaufenen gewöhnlichen Sichtvermerken nämlich nicht. Auch auf Basis des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, liegt kein Verlängerungsantrag vor, weil der hier gegenständliche Antrag vom 19. Juli 1996 mehr als vier Jahre nach Ablauf des dem Beschwerdeführer zuletzt erteilten gewöhnlichen Sichtvermerkes gestellt wurde.
Der Beschwerdeführer behauptet, er habe sich im Zeitpunkt der Überreichung seines Antrages durch seinen Rechtsanwalt auch selbst nicht im Bundesgebiet aufgehalten; er habe sich vielmehr auf einem Arbeitseinsatz im Ausland befunden.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, entspricht ein Fremder doch der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nur dann, wenn er sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland aufhält und in der Folge die Entscheidung der Behörde über diesen im Ausland gestellten Antrag auch im Ausland abwartet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1997, Zl. 96/19/1854). Der aus seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren zu folgernden Annahme, er habe sich auch nach seiner Antragstellung, insbesondere im Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Berufung im Bundesgebiet aufgehalten, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen, sondern bestätigt diese Annahme durch sein Beschwerdevorbringen, wonach er seit 1990 in Österreich unselbständig erwerbstätig sei. Da der Beschwerdeführer die Entscheidung über seinen Antrag jedenfalls nicht im Ausland abgewartet hat, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie annahm, der Beschwerdeführer habe der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht Genüge getan.
Von dem in dieser Norm umschriebenen Erfordernis, sich im Zeitpunkt der Antragstellung und auch in der Folge bis zur Entscheidung über diesen Antrag im Ausland aufzuhalten, hätte die belangte Behörde nur dann abzusehen gehabt, wenn der Beschwerdeführer von dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung umschriebenen Personenkreis umfaßt gewesen wäre.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar war für den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Arbeitserlaubnis ausgestellt, er hatte jedoch noch nie eine Aufenthaltsbewilligung. Aus diesem Grund ist er auch nicht gemäß § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt. Unter "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne dieser Verordnungsbestimmung ist nämlich die in § 1 Abs. 1 AufG genannte Bewilligung zu verstehen. Die Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund eines gewöhnlichen Sichtvermerkes oder eines Touristensichtvermerkes zählt nicht dazu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1997, Zl. 96/19/1794, welches zur gleichlautenden Bestimmung des § 3 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, erging).
Wenn sich der Beschwerdeführer schließlich auf seine persönlichen Interessen im Bundesgebiet unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK beruft, ist ihm zu entgegnen, daß der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, durch die in § 2 Abs. 3 Z. 4 und § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG geschaffene, von der Bundesregierung auch genutzte, Verordnungsermächtigung auf die privaten Interessen in Österreich beschäftigter Fremder bereits Bedacht genommen hat. Aus Anlaß des Beschwerdefalles sind keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend entstanden, daß die in Rede stehende Verordnungsermächtigung zu eng wäre und ihrerseits Art. 8 MRK nicht entspräche. Daß ein dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, vergleichbarer Fall hier nicht vorliegt, wurde bereits eingangs dargetan.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.
Wien, am 9. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997191742.X00Im RIS seit
02.05.2001