TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/27 W278 2222646-1

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Veröffentlicht am 27.08.2019
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Entscheidungsdatum

27.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W278 2222646-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX StA. Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2019, XXXX , sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 07.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 07.08.2019 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger stellte am 02.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er illegal ins österreichische Bundesgebiet eingereist war.

Im Zuge Ihrer Erstbefragung am 03.08.2015 wurde eine EURODAC - Abfrage mit dem Ergebnis: XXXX , durchgeführt.

Am 03.08.2015 und am 17.11.2015 erschien der Beschwerdeführer nicht zum Transfer in eine andere Betreuungsstelle und vereitelte dadurch den Überstellungsprozess.

Es wurde am 10.11.2015 eine Altersfeststellung durchgeführt und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit XXXX festgelegt.

Mit Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend die Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria (Spruchpunkt II) ab. Zugleich erteilte es dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57" (Spruchpunkt III), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V), wobei für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen bestehe (Spruchpunkt IV). Mittels zweitem Bescheid stellte das BFA dem Beschwerdeführer gegenüber fest, dass er ab 10.10.2018 sein Aufenthaltsrecht verloren habe.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht unter Zl: XXXX am 08.02.2019 als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidungen erwuchsen in Rechtskraft.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung von Suchtmitteldelikten zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (davon 10 bedingt) verurteilt und aus der seit 10.10.2018 andauernden Haft entlassen. Diese Entscheidung erwuchs am selben Tag in Rechtskraft.

Am 07.08.2019 wurde der Beschwerdeführer von der Polizei gem. §40/1/3 BFA-VG festgenommen und eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von € 135 eingehoben.

Nach einer niederschriftlichen Einvernahme wurde am 07.08.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit der Umgehung der Abschiebung und den äußerst geringen sozialen Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft aufgrund der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig, zumal der Beschwerdeführer in Österreich wegen eines Suchtmitteldeliktes strafrechtlich verurteilt worden sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

Die Übermittlung einer diesbezüglichen Verfahrensanordnung an die zuständige Rechtsberatungsorganisation unterblieb.

Am 10.08.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Asylfolgeantrag aus dem Stande der Schubhaft. Im Zuge der Erstbefragung durch die Polizei hielt er seine bisherigen Fluchtgründe aufrecht und führte aus, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Im Falle, dass er Österreich verlassen müsse, wolle er nach Italien gebracht werden.

Am 10.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG persönlich zugestellt, da Gründe für die Annahme vorlägen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei. Die Verzögerungsabsicht wurde zusammengefasst mit dem Nichtnachkommen der Ausreiseverpflichtung, dem Entzug des weiteren Verfahrens und der strafrechtlichen Verurteilung begründet. Es bestehe somit der begründete Verdacht, dass eine Entlassung aus der Schubhaft nur zum Untertauchen genutzt werden würde.

Am 14.08.2019 erfolgte die Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt zum Asylfolgeantrag im Beisein der Rechtsberatung. Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer mittels mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Die Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur gerichtlichen Überprüfung dieser Entscheidung am 19.08.2019 übermittelt und trafen dort am 22.08.2019 ein.

Am 21.08.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmacht vom 16.08.2019) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers von 07.08.2019 bis 14.08.2019 jedenfalls rechtwidrig sei, da die zuständige Rechtsberatung nicht von der Inschubhaftnahme verständigt worden sei. Darüber hinaus liege eine Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 3 Z 1 und 9 FPG nicht vor und sei die Schubhaft auch nicht verhältnismäßig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum keine Nachschau an der Meldeadresse des Beschwerdeführers erfolgt sei. Dem Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft, trotz Asylfolgeantragstellung sei keine individuelle Begründung zu entnehmen.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen;

b) den Schubhaftbescheid zu beheben und diesen sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen würden; d) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

Am 22.08.2019 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers und führte aus, dass alleine die Nichtübermittung der Verfahrensanordnung an die zuständige Rechtsberatungsorganisation nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft führe. Ebenso wurde auf die erfolgte Wohnsitzüberprüfung verwiesen und dass sämtliche Verfahrensschritte einer minutiösen Einzelfallüberprüfung unterzogen worden sind.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Am 26.08.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht unter Zl: XXXX die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Nigeria. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht Englisch und Igbo sowie etwas Arabisch und kaum Deutsch.

1.2. Der Beschwerdeführer verfügt weder über familiäre noch über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet. Seine Existenz in Österreich ist nicht gesichert; er ging nie einer legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder familiär, noch sozial oder beruflich integriert. Der Beschwerdeführer verfügt über keine frei verfügbaren finanziellen Mittel.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde von einem Landesgericht unter der Zahl XXXX vom XXXX 2019 wegen § 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB §§ 27

(1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG Datum der letzten Tat 10.10.2018 zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon Freiheitsstrafe 10 Monate bedingt, verurteilt, da er an insgesamt 12 Suchtmittelabnehmer Cannabis, Kokain und Heroin in einer die Grenzmenge nach § 28b SMG übersteigenden Grenzmenge überlassen hat. Im Zuge dieser Verurteilung wurde ein Geldbetrag in der Höhe von 17.850 € gemäß § 20 StGB für verfallen erklärt.

1.4. Der Beschwerdeführer verbüßte den unbedingten Teil der Haftstrafe im Zeitraum von 10.10.2018 bis zum XXXX .

1.5. Seit 18.04.2019 verfügt der Beschwerdeführer über eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet. Bei dieser Adresse handelte es sich um eine Scheinmeldeadresse. Unmittelbar nach seiner Haftentlassung war der Beschwerdeführer nicht im Bundesgebiet gemeldet.

1.6. Über den Beschwerdeführer wurde am 07.08.2019 die Schubhaft angeordnet, er befindet sich seit diesem Zeitpunkt durchgehend in Schubhaft. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft lag eine rechtskräftig durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vor.

1.7. Dem Beschwerdeführer wurde am 07.08.2019 nachweislich die Verfahrensanordnung über die amtswegige zur Seite Stellung einer Rechtsberatung gemäß § 52 Abs.1 1 BFA-VG ausgefolgt. Die zuständige Rechtsberatung wurde vom Bundesamt nicht zugleich in Kenntnis gesetzt.

1.8. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 10.08.2019 einen Asylfolgeantrag. Am 10.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG persönlich zugestellt.

1.9. Am 14.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer mittels mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Am 26.08.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht unter Zl: XXXX die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt und durch persönliche Zustellung am selben Tag rechtskräftig.

1.10. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer den Behörden entzieht und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt. Er hat sich insgesamt als nicht vertrauenswürdig erwiesen. Der Beschwerdeführer verfügt über das Angebot bei einem Freund unentgeltlich Unterkunft zu nehmen.

1.11. Der Beschwerdeführer ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung) grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur. Eine zeitnahe Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Frist ist jedenfalls möglich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. XXXX . Ebenso wurde Beweis durch Einsicht in die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zum ersten Asylverfahren des Beschwerdeführers vom 08.02.2019 Zl.: XXXX genommen. Auch wurde Beweis durch Einsicht in den Beschluss des BVwG vom 26.08.2019 XXXX sowie durch Anfragen im Zentralen Melderegister, der Anhaltedatei des BMI, im Strafregister und in der GVS Datenbank genommen.

2.1. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, unstrittig ist seine Nigerianische Staatsbürgerschaft. Seine Volljährigkeit und seine Sprachkenntnisse wurden im Zuge seines ersten Asylverfahrens sowie aufgrund der Angaben in den Einvernahmen zur Schubhaftanordnung und seiner Folgeantragstellung festgestellt. In der Beschwerde wird nichts Gegenteiliges ausgeführt.

2.2. Das Fehlen von substanzieller Integration im Bundesgebiet wurde durch seine in der Einvernahme zur Schubhaftverhängung gemachten Aussagen getroffen. Die fehlenden familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet wurden auch in der Beschwerde nicht bestritten. Die nicht näher ausgeführte Behauptung in der Beschwerde, er verfüge über einen großen Freundeskreis in Österreich, der ihn auch unterstütze steht in direktem Widerspruch zu seinen eigenen Angaben im Verfahren und stellt jedenfalls keine substanzielle soziale Verankerung in Österreich dar. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ist aus dem Eintrag in der Anhaltedatei ersichtlich. Der von ihm in der Einvernahme zur Schubhaftanordnung angesprochene Bargeldbetrag von 135 Euro steht ihm nicht zur freien Verfügung, da er diesen Betrag als vorläufige Sicherheit für das anhängige Verwaltungsstrafverfahren PAD XXXX /VStV am 07.08.2019 erlegt hat. Dieser Umstand ist durch eine Kopie der gegenständlichen Anzeige, die sich im Verfahrensakt befindet belegt. Die Behauptung in der Beschwerde, die Behörde hätte im Zuge einer Nachschau an seiner Meldeadresse feststellen können, dass der Beschwerdeführer seine Habseligkeiten an dieser habe, ist nicht nachvollziehbar, da bei ebendieser Nachschau festgestellt wurde, dass sich der Beschwerdeführer dort nie aufgehalten hat. (Bericht dazu PAD XXXX /VStV ebenfalls im Akt)

2.3. Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer dem Akt einliegenden Kopie des Urteils des Landesgerichts und einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.

2.4. Die Feststellung zu der Verbüßung der unbedingten Freiheitsstrafe ergibt sich aus einer ZMR Anfrage, sowie aus der Kopie des Urteils.

2.5. Die aufrechte amtliche Meldung seit 18.04.2019 wird durch ZMR Anfrage bestätigt. Die Feststellung, dass es dabei hier um eine Scheinmeldung handelt wird aufgrund der am 07.08.2019 durch die Polizei, im Beisein des Beschwerdeführers durchgeführten Wohnsitzüberprüfung getroffen. Aus dem im Akt einliegenden Bericht zur Anzeige PAD XXXX /VStV ist ersichtlich, dass zwei in dieser Wohnung aufhältige Zeugen, den Beschwerdeführer noch nie zuvor gesehen haben.

2.6. Dass sich der Beschwerdeführer seit 07.08.2019 durchgehend in Schubhaft befindet, ergibt sich aus der Anhaltedatei des BMI.

2.7. Dass dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung persönlich zugestellt wurde, ergibt sich aus einer im Akt einliegenden Kopie der Übernahmebestätigung. Dass die zuständige Rechtsberatung nicht zugleich in Kenntnis gesetzt wurde, ergibt sich aus den Angaben in der Beschwerde, die vom Bundesamt nicht bestritten wurden. Es befindet sich auch kein diesbezüglicher Zustellnachweis im Akt.

2.8. Die Asylfolgeantragstellung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aktenlage. Eine Kopie des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG samt Übernahmebestätigung liegt im gegenständlichen Verwaltungsakt ein. In der Erstbefragung durch die Polizei am 10.08.2019 führte der Beschwerdeführer aus, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Er habe bereits alle Fluchtgründe im Erstverfahren genannt. Aufgrund der Tatsache, dass der BF keine neuen Fluchtvorbringen im Zuge der Erstbefragung machte, kommt auch der erkennende Richter zum Entschluss, dass der Asylfolgeantrag auf die Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme abzielt und der Aktenvermerk über die Aufrechterhaltung der Schubhaft zulässig ist. In der Beschwerde wurde dieser Argumentation nicht substantiiert entgegengetreten.

2.9. Sämtliche Verfahrensschritte zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes aufgrund des Asylfolgeantrages sind im gegenständlichen Verwaltungsakt dokumentiert. Eine Kopie des Beschlusses des BVwG XXXX sowie eine Kopie des Zustellnachweises liegen im Gerichtsakt ein.

2.10. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers und der Umstand, dass er sich der Abschiebung nach Nigeria entziehen werde, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt in Österreich durch die Nichtbeachtung des Meldegesetzes und durch die Vornahme einer Scheinmeldung verschleiert. Ebenso ging der Beschwerdeführer im Bundegebiet niemals einer legalen Beschäftigung nach und es gebricht ihm an finanziellen Mitteln. Seine mangelnde Vertrauenswürdigkeit zeigt der Beschwerdeführer auch deutlich durch seine strafrechtliche Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe wegen der Begehung von Suchtmitteldelikten. Der Beschwerdeführer missachtet die österreichische Rechtsordnung somit fortgesetzt. Der Umstand, dass ihm ein Freund unentgeltlich eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellt, kann der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, würde den Beschwerdeführer - aufgrund seiner soeben beschriebenen mangelnden Vertrauenswürdigkeit - jedoch nicht am Untertauchen hindern.

2.11. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden. Die behördliche Zusammenarbeit mit den Nigerianischen Vertretungsbehörden in Bezug auf HRZ Ausstellungen und Rückführung funktioniert grundsätzlich problemlos, aufgrund dieses Umstandes ist von einer zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 Z 2 nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist. Gemäß § 76 Abs 3 FPG liegt Fluchtgefahr vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (§ 76 Abs 3 Z 1 FPG) und wie stark der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (§ 76 Abs 3 Z 9 FPG) zu beurteilen ist.

3.1.1.1. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).

3.1.1.2. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG angeordnet. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bestand eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Das Bundesamt führte im Bescheid begründend aus, dass Fluchtgefahr gegeben sei, da der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig sei. Er sei illegalen Aufenthalts und verbringe seinen Aufenthalt im Verborgenen. Der Beschwerdeführer achte die österreichische Rechtsordnung nicht. Es bestehe keine gefestigte soziale Verankerung durch Integration. Der Beschwerdeführer sei vermögenslos, gehe keiner (legalen) Erwerbstätigkeit nach und verfüge über keine Barmittel, um sich den weiteren Unterhalt zu finanzieren. Es bestehe kein schützenswertes Privatleben in Österreich. Er sei in Italien verheiratet und habe dort ein Kind.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht ebenfalls von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Für die Bejahung eines Sicherungsbedarfs kommen im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (Hinweis E 22. Juni 2006, 2004/21/0236; E 31. August 2006, 2006/21/0087; E 28. Juni 2007, 2007/21/0078). Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine sozialen Anknüpfungspunkte, er ist weder familiär, noch sozial oder beruflich in Österreich verankert. Durch die Verschleierung seines Aufenthalts behindert er seine Abschiebung. Da der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfügt, ist ihm eine Ausreise aus Österreich aus eigenem nicht legal möglich und es gebricht ihm an finanziellen Mitteln, um seinen Aufenthalt bis zu seiner Abschiebung zu finanzieren. In seinen bisherigen Einvernahmen zu beiden Asylverfahren und zur Anordnung der Schubhaft, machte der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben zu Familienangehörigen in anderen EU Mitgliedsstaaten.

Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Freilassung aus der Schubhaft untertauchen werde, um sich seiner Abschiebung nach Nigeria zu entziehen.

Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.2. Realisierbarkeit der Abschiebung

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt; steht von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Umgekehrt schadet es nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mithin von Anfang an nicht verhängt werden (VwGH vom 18.12.2008, 2008/21/0582). Dass mit einer Abschiebung tatsächlich gerechnet werden kann, bedeutet nicht, dass ihre Effektuierung schon als gewiss feststeht. Die Abschiebung muss sich aber nach Lage des Falles mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0080).

Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 10.08.2019 einen Asylfolgeantrag. Es wurde dem Beschwerdeführer ein Aktenvermerk über die beabsichtigte Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG persönlich zugestellt, da die Antragstellung auf die Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abzielt. Am 14.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer mittels mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Wie beweiswürdigend ausgeführt, erachtet das Gericht die Vorgehensweise des Bundesamtes als rechtmäßig, da der Beschwerdeführer den Folgeantrag - ohne vom Erstverfahren abweichender Gründe, trotz durchsetzbarer aufenthaltsbeendender Maßnahme, aus dem Stande der Schubhaft stellte - um die Verzögerung der Vollstreckung der Abschiebung zu erreichen. Am 26.08.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mittels Beschluss Zl: XXXX die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt. Durch persönliche Zustellung des Beschlusses am 26.08.2019 ist die Abschiebung durchsetzbar.

Es ist daher auch unter diesem Aspekt mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer möglich ist, da Rückführungen nach Nigeria grundsätzlich möglich sind und in Österreich auch durchgeführt werden. Wie beweiswürdigend ausgeführt, funktioniert die Zusammenarbeit mit den nigerianischen Vertretungsbehörden grundsätzlich problemlos.

3.1.3. Verhältnismäßigkeit:

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat keine engen sozialen Bindungen in Österreich, er hat in Österreich auch keine Familienangehörigen. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach. Der Beschwerdeführer wurde wegen § 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB §§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon Freiheitsstrafe 10 Monate bedingt, verurteilt, da er an insgesamt 12 Suchtmittelabnehmer Cannabis, Kokain und Heroin in einer die Grenzmenge nach § 28b SMG übersteigenden Grenzmenge überlassen hat. Im Zuge dieser Verurteilung wurde ein Geldbetrag in der Höhe von 17.850 € gemäß § 20 StGB für verfallen erklärt. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist auch dieses strafrechtlich relevante Verhalten des Beschwerdeführers in die Verhältnismäßigkeitsprüfung miteinzubeziehen.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er gegen das Meldegesetz und gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes verstoßen hat. Es liegen daher ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung untertauchen werde.

Die Dauer der Schubhaft ist durch die Ausstellung des Heimreisezertifikats bedingt. Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist mit einer zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers zu rechnen. Dass bisher noch kein Verfahren für die Erlangung eines Heimreisezertifikats geführt werden konnte, liegt am Verhalten des Beschwerdeführers, der durch die Stellung eines Asylfolgeantrages seine Abschiebung zu verzögern versucht. Das Bundesamt hat auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hingewirkt und unmittelbar die notwendigen Verfahrensschritte gesetzt. Es ist davon auszugehen, dass auch das Verfahren zur Ausstellung des für die Abschiebung notwendigen HRZ zügig geführt werden wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist daher verhältnismäßig.

3.1.4. gelinderes Mittel:

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch sozial oder familiär in Österreich verankert. Aufgrund seiner bisherigen Scheinmeldung in Verbindung mit seiner Mittellosigkeit ist auch, die in der Beschwerde angebotene unentgeltlich angebotene Unterkunftsmöglichkeit bei einem Freund, nicht als gelinderes Mittel in Betracht zu ziehen.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.5. Zur fehlenden Übermittlung der Verfahrensanordnung an den Rechtsberater:

Der Beschwerdeführer brachte diesbezüglich in der Beschwerde vor, dass der Rechtsberater vom Bundesamt nicht über seine Beigebung als Rechtsberater für den Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt worden sei, dies führe jedenfalls zu einer Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw. der Anhaltung in Schubhaft.

Das Bundesamt führte dazu aus, dass dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung zur Beistellung eines Rechtsberaters nachweislich übergeben und der betreffenden Organisation am 14.08.2019 per Mail übermittelt worden sei. Die Tatsache, dass die Verfahrensanordnung nicht sofort übermittelt worden sei, stelle zwar einen rügenswerten Verfahrensfehler dar, der laut VwGH Judikatur jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der Schubhaft führe, da der Beschwerdeführer im Rahmen der Schubhaftbetreuung aus eigenem mit der Organisation in Kontakt treten hätte können.

Den getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, dass das Bundesamt den Schubhaftbescheid sowie die Verfahrensanordnung betreffend die Zuweisung eines Rechtsberaters am 07.08.2019 persönlich an den Beschwerdeführer übergab. Der mit der Verfahrensordnung zugewiesene Rechtsberater wurde jedoch nicht über die Anordnung der Schubhaft des Beschwerdeführers und die Beistellung als Rechtsberater informiert. Der Beschwerdeführer war jedoch über seine Rechtsmittelmöglichkeiten und seine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme (Schubhaftbetreuung, Rechtsvertretung, etc.) informiert und er hat diese auch während seiner Anhaltung in Schubhaft wahrnehmen können.

Dies ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

3.1.5.1. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Gemäß § 76 Abs 2 Z 2. FPG darf die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn dies zur (...) Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Gemäß § 52 BFA-VG hat das Bundesamt den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, (...) mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

In den Erläuterungen zum Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (kurz: FNG), 1803 der Beilagen XXIV. GP bezüglich des § 52 BFA-VG wird darauf hingewiesen, "dass gemäß Abs. 1 in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen Rückkehrentscheidungen, Schubhaft und zurück- oder abweisende Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz, die keine Folgeanträge sind, einem Fremden kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen ist. Darüber hat das Bundesamt den Fremden mittels Verfahrensanordnung zu informieren und den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen. Unabhängig von dem amtswegigen zur Seite stellen eines Rechtsberaters im Beschwerdeverfahren bleibt eine gewillkürte Stellvertretung oder gesetzliche Vertretung weiterhin bestehen. Es steht nämlich dem Fremden frei die Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren in Anspruch zu nehmen."

Gemäß Art 16 Abs. 2 und 5 der RückführungsRL (RL 2008/115/EG) wird in Haft genommenen Drittstaatsangehörigen auf Wunsch gestattet, zur gegebenen Zeit mit Rechtsvertretern (...) Kontakt aufzunehmen. In Haft genommene Drittstaatsangehörige müssen systematisch Informationen erhalten, in denen die in der Einrichtung geltenden Regeln erläutert und ihre Rechte und Pflichten dargelegt werden. Diese Information schließt eine Unterrichtung über ihren nach einzelstaatlichem Recht geltenden Anspruch auf Kontaktaufnahme mit den in Absatz 4 genannten Organisationen und Stellen ein.

Gemäß Art. 9 Abs. 4 und Abs 6 der AufnahmeRL (RL 2013/33/EU) werden in Haft befindliche Antragsteller unverzüglich schriftlich und in einer Sprache, die sie verstehen, oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über die Gründe für die Haft und die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren für die Anfechtung der Haftanordnung sowie über die Möglichkeit informiert, unentgeltlich Rechtsberatung und Rechtsvertretung in Anspruch zu nehmen. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung der Haftanordnung nach Absatz 3 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass der Antragsteller unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen kann. Die Rechtsberatung und -vertretung umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Antragstellers vor den Justizbehörden.

3.1.5.2. Zur Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides:

Es trifft zwar das Bundesamt gemäß § 52 BFA-VG die gesetzliche Verpflichtung den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen, dass dieser bzw. diese einem Fremden oder Asylwerber mittels Verfahrensanordnung als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wurde, dies ist jedoch keine gesetzlich normierte Voraussetzung für die Verhängung einer Schubhaft gemäß § 76 FPG. Die Verständigung des Rechtsberaters ist gemäß dem Wortlaut des § 52 BFA-VG auch nicht Bestandteil des "Schubhaftbescheides", sie ist noch nicht einmal eine eigenständige Verfahrensanordnung, sondern lediglich die Information über die Bestellung als Rechtsberater. Die Verfahrensanordnung über die Beistellung erfolgt zudem erst nach Erlassung des Schubhaftbescheides, diese ist daher zeitlich versetzt zu betrachten, sodass eine rückwirkend eintretende Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides nicht anzunehmen ist.

Zudem ist darauf abzustellen, ob sich der Beschwerdeführer bei einer Verletzung der Informationspflicht betreffend den Rechtsberater durch das Bundesamt auf ein subjektives öffentliches Recht berufen kann. Ein subjektives öffentliches Recht ist dann zu bejahen, wenn eine zwingende Vorschrift - und damit eine sich daraus ergebende Rechtspflicht der Verwaltung - nicht allein dem öffentlichen Interesse, sondern (zumindest auch) dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist. Auf Grund der Auslegung der in Frage stehenden Normen ist festzustellen, ob eine Rechtsnorm in der Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, und in der Folge ist zu ermitteln, ob diese Norm - zumindest auch - dem Schutz der Interessen einzelner Bürger dient (VwGH vom 26.02.2003, 2000/03/0328). Es kommt entscheidend auf die Auslegung der betreffenden Vorschriften des materiellen Rechtes an (VwGH vom 18.09.2015, Ra 2015/12/0019). Es ist daher zu prüfen, ob die gesetzlich normierte Verpflichtung des Bundesamtes einen Rechtsberater über seine Beigebung in Kenntnis zu setzen ein subjektives öffentliches Recht von Fremden, die in Schubhaft angehalten werden, begründet.

Die Bestimmung des § 52 BFA-VG gilt zudem sowohl für Rückkehrentscheidungen, Schubhaften als auch zurück- oder abweisende Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz. Die Bestimmung des § 52 BFA-VG stellt daher keine lex-specialis für Schubhaftverfahren bzw. für in Schubhaft angehaltene Fremde dar. Die Bestimmung ist daher nicht derart zu verstehen, dass durch die Information an den Rechtsberater eine sofortige Überprüfung der Schubhaft bzw. eine umgehende Überprüfung des Handelns des Bundesamtes durch einen Rechtsberater und somit eine Verstärkung des Rechtschutzinteresses bei Anhaltungen in Schubhaft erfolgen soll. Der Bestimmung des § 52 BFA-VG kann nicht unterstellt werden, dass durch eine bloße Information an den Rechtsberater eine Ausweitung des Rechtsschutzes von Fremden bzw. ein sofortiges Tätigwerden des Rechtsberaters (explizit) bei Schubhaftverfahren habe erreicht werden sollen.

Eine Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand setzt zudem eine konkrete Bestellung als Rechtsberater voraus (§ 52 Abs 3 BFA-VG). Eine Information des Rechtsberaters ist daher unter dem Aspekt geboten, dass dieser überhaupt Kenntnis davon erlangen muss, für welchen Fremden er amtswegig als Berater zur Seite gestellt wurde, da sich erst an eine Bestellung als Rechtsberater die Entschädigungen der Aufwendungen knüpfen. Auch dies spricht gegen die Auslegung der Bestimmung als subjektives öffentliches Recht.

Es steht dem Fremden frei die Rechtsberatung in Beschwerdeverfahren in Anspruch zu nehmen. Es liegt daher keine zwangsweise Vertretung vor und liegt es am Fremden selbst, die Rechtsberatung zu kontaktieren und mit seiner Vertretung zu beauftragen. Die Verständigung des Rechtsberaters durch das Bundesamt ersetzt weder eine Beauftragung des Rechtsberaters durch den Fremden noch löst diese per se, ohne Zutun des Fremden, Rechte oder Pflichten beim Rechtsberater aus.

Es ist dem Fremden nach den Bestimmungen der Anhaltordnung (AnhO) aus eigenem möglich, seine ihm gesetzlich gewährleisteten Rechte - in diesem Fall die Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsberater - eigenständig wahrzunehmen. Der Fremde ist daher nicht auf die Verständigung des Rechtsberaters über die amtswegige Beigebung durch das Bundesamt angewiesen. Es erwachsen dem Beschwerdeführer daher auch unter diesem Aspekt keine subjektiven öffentlichen Rechte aus der Bestimmung des § 52 Abs 1 BFA-VG betreffend eine in Kenntnissetzung des bestellten Rechtsberaters.

Nach Ansicht des Gerichts ist in einer unterbliebenen Verständigung des Rechtsberaters über seine Beigebung keine Verletzung von subjektiven öffentlichen Rechten eines in Schubhaft angehaltenen Fremden zu erkennen.

Unterlässt es das Bundesamt daher den Rechtsberater über seine Bestellung zu informieren, so führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides im Sinn des § 76 FPG.

3.1.5.3. Zur Anhaltung in Schubhaft:

Zu prüfen bleibt, ob die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine Schubhaftbeschwerde (vormals nach § 82 FPG) von der Anfechtung bestimmter Vorkommnisse - oder Unterlassungen - während des Schubhaftvollzugs zu trennen. Beschwerden gegen Vorkommnisse oder Unterlassungen während des Schubhaftvollzuges (vormals im Sinn des § 67a Z 2 AVG bzw. nach § 88 SPG) sind zwar statthaft, jedoch nicht als Unterfall der Schubhaftbeschwerde zu sehen. Eine zu Unrecht erfolgte Unterlassung der Zur-Seite-Stellung eines Rechtsberaters gemäß § 85 Abs. 1 FPG, die sich naturgemäß nicht notwendig auf die Rechtmäßigkeit des Fortdauerns der Haft auswirken muss, stellt bloß eine derartige Unterlassung während des Schubhaftvollzugs dar, die ausschließlich mit Beschwerden der vorgenannten Art bekämpft werden kann. Alleine dieser Umstand kann im Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Anhaltung in Schubhaft nicht zur Rechtswidrigkeit der Anhaltung führen (VwGH vom 16.11.2012, 2012/21/0032).

Nach dieser Rechtsprechung, die zwar zu einer älteren, jedoch im Wesentlichen übertragbaren Rechtslage erging, ist zwischen einer Schubhaftbeschwerde und der Anfechtung sonstiger während der Anhaltung in Schubhaft auftretender Vorkommnisse zu differenzieren. Demnach wäre ein unterlassenes in Kenntnis setzen als Vorkommnis bzw. als Unterlassung während der Schubhaft zu qualifizieren. Es führt daher auch die zu Unrecht erfolgte Unterlassung der Informierung des Rechtsberaters betreffend dessen Bestellung, nicht zur Rechtswidrigkeit der Anhaltung eines Fremden in Schubhaft.

Es liegt daher, trotz rechtswidrig unterbliebener Verständigung des Rechtsberaters, keine Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor.

3.1.5.4. Zu prüfen bleibt ob aufgrund von unionsrechtlichen Vorschriften eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw. eine Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft vorliegen könnte.

Die gesetzlichen Vorschriften, die eine Unterstützung des Asylwerbers durch den Rechtsberater im Beschwerdeverfahren vorsehen, sind jedenfalls ein wichtiger Teil des effektiven Rechtsschutzes, der nach Art. 47 GRC auch im Asylverfahren gewahrt werden muss (VwGH 03.05.2016, Ro 2016/18/0001). Zudem ergibt sich aus Art 16 Abs. 2 und 5 der RückführungsRL (RL 2008/115/EG) und Art. 9 Abs. 4 und Abs 6 der AufnahmeRL (RL 2013/33/EU), dass ein in Haft befindlicher Antragsteller über die Gründe der Haft und seine Rechtsmittelmöglichkeiten informiert wird und, dass dieser kostenlos einen Rechtsberater in Anspruch nehmen kann. Einem in Haft genommenen Drittstaatsangehörigen ist auf Wunsch gestattet, zur gegebenen Zeit mit einem Rechtsvertretern Kontakt aufzunehmen.

Diese Bestimmungen wurden dadurch umgesetzt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 52 BFA-VG kostenlos ein Rechtsberater zur Seite gestellt wird, wenn der Beschwerdeführer dies verlangt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer gemäß § 19 AnhO in der Schubhaft die Möglichkeit, die Rechtsberatungsorganisation unentgeltlich telefonisch zu kontaktieren. Der Beschwerdeführer wird bei Anhaltung in Schubhaft auch durch die Schubhaftbetreuung betreut.

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer mit dem Schubhaftbescheid, in seiner Sprache, schriftlich über seine Rechtsmittelmöglichkeiten informiert. Der Beschwerdeführer würde mit der persönlich überreichten Verfahrensanordnung über eine Vertretungsmöglichkeit durch den zugewiesenen Rechtsberater informiert und aufgefordert mit diesem unverzüglich Kontakt aufzunehmen. Der Beschwerdeführer konnte die Rechtsberatungsorganisation während der Anhaltung der Schubhaft zwar nicht persönlich aufsuchen, aus der Anhaltedatei ist jedoch ersichtlich, dass er am 08.08.2019 von 12:40 bis 13.20 sowie am 12.08.2019 von 12:40 bis 13:30 die Schubhaftbetreuung in Anspruch genommen hat. Im Zuge dieser Betreuungsgespräche hat der Beschwerdeführer jedenfalls die Möglichkeit gehabt einen Kontakt zu der Rechtsberatungsorganisation herstellen zu lassen, zumal er ausdrücklich mittels Verfahrensanordnung von dieser Möglichkeit Kenntnis erlangt hatte. Im Zuge seiner Einvernahme zum seinem Asylfolgeantrag war eine Vertreterin der ARGE Rechtberatung anwesend.

Es ist zwar richtig, dass bei Personen in Schubhaft der Bewegungsradius erheblich eingeschränkt ist, solange Fremde in Schubhaft jedoch unentgeltlich Rechtsberatung und Rechtsvertretung in Anspruch nehmen und Rechtsvertreter (telefonisch) kontaktieren können, werden die unionsrechtlichen Vorschiften erfüllt. Die unionsrechtlichen Bestimmungen sehen eine explizite und umgehende Informierung eines Rechtsberaters über seine amtswegige Zur-Seite-Stellung als Rechtsberater zudem nicht vor.

Es ist daher auch aus unionsrechtlichen Überlegungen keine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides oder der Anhaltung zu erkennen.

3.1.6. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.08.2019 sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 07.08.2019 war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft.

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft (siehe Ausführungen zu Punkt II.3.1.) besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG Fluchtgefahr vorliegt sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung seiner Abschiebung - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist.

Der Beschwerdeführer ist nicht familiär in Österreich gebunden, er geht keiner legalen Beschäftigung nach und ist daher auch beruflich nicht verankert. Der Beschwerdeführer wurde strafrechtlich aufgrund von Suchtmitteldelikten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt und verschleiert seinen Aufenthaltsort. Der Beschwerdeführer missachtet fortgesetzt die österreichische Rechtsordnung. Auch sein Verhalten in Schubhaft, nämlich die Stellung eines Asylfolgeantrages trotz durchsetzbarer aufenthaltsbeendender Maßnahme - aus dem Stand der Schubhaft - zur Verzögerung der Vollstreckung der Abschiebung, verdeutlicht die hohe Fluchtgefahr. Somit liegt nun zusätzlich, zu den bereits vom Bundesamt angeführten - und immer noch unverändert bestehenden - Tatbestandsmerkmalen des § 76 Abs 3 Z 1 und 9 FPG auch der Tatbestand der Z 5 in qualifizierter Form vor. Durch den, die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigenden Beschluss des BVwG vom 26.08.2019, ist zusätzlich der Tatbestand der der Z 4 erfüllt, da dieser mit Zustellung am selben Tag rechtkräftig wurde.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig (siehe Ausführungen zu Punkt II.3.1.4).

Die Schubhaft ist auch innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer realisierbar, es obliegt dem Beschwerdeführer zu kooperieren und die Schubhaftdauer kurz zu halten. Nach dem Abschluss des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikats ist mit einer zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers zu rechnen. Aufgrund der gegebenen Fluchtgefahr und dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ist die Schubhaft als verhältnismäßig zu betrachten.

Die fehlende Weiterleitung der Information an den Rechtsberater über seine Bestellung stellt kein Hindernis für die Fortsetzung der Schubhaft dar.

3.2.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

3.3. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt III. und IV.- Kostenersatz

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch das Bundesamt haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde und festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft auch vorliegen, ist die belangte Behörde die obsiegende Partei. Ihr gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 3 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 57,40 für den Vorlageaufwand, gemäß § 1 Z. 4 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 368,80 für den Schriftsatzaufwand, sohin insgesamt EUR 426,2.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei kein Kostenersatz.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung der Rechtsfrage betreffend die unterlassene Verständigung des zugewiesenen Rechtsberaters in einer mündlichen Verhandlung ist nicht zielführend und auch nicht erforderlich.

3.5. Zu Spruchteil B. - Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es fehlt an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ob bei unterlassener Verständigung des zugewiesenen Rechtsberaters durch das Bundesamt, sowohl unter Berücksichtigung des nationalen Rechts als auch von unionsrechtlichen Bestimmungen, eine Verletzung von subjektiven öffentlichen Rechten des in Schubhaft angehaltenen Fremden vorliegt, die zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw. der Anhaltung in Schubhaft führt.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts häufen sich Fälle, in denen der zugewiesene Rechtsberater vom Bundesamt nicht über seine Beistellung informiert wurde. Die Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts divergiert hinsichtlich der Rechtsfolgewirkungen bei unterbliebener Verständigung des Rechtsberaters über seine Beigebung. Es ist daher eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung gegeben.

Die Revision war daher zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Informationspflicht, öffentliche Interessen,
Rechtsberater, Revision zulässig, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Untertauchen,
Verfahrensanordnung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W278.2222646.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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