TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 L504 2115084-3

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Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L504 2115084-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX geb., StA. staatenlos (Palästinensische Autonomiegebiete), vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, §§ 57, 10 AsylG 2005, §§ 52 Abs 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 55 Abs. 1a und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 21.11.2018 zum zweiten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

"[...]

Sie haben am 21.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei Sie angaben, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehörige(r) Staatenlos und am XXXX geboren zu sein.

Zuvor sind Sie illegal in das Bundesgebiet eingereist und haben am 06.09.2014 Ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei Sie ebenfalls angaben, den Namen XXXX zu führen, aus Palästinischen Autonomiegebieten zu stammen und am XXXX geboren zu sein.

Am 28.08.2015 brachten Sie eine Säumnisbeschwerde ein. Die Behörde legte Ihren Verwaltungsakt dem BVwG vor.

Das BVwG forderte die Behörde am 13.10.2015 auf, denn versäumten Beschied binnen acht Wochen zu erlassen.

Die Behörde teilte mit dem Schreiben vom 18.11.2015 dem BVwG mit, dass nach individueller Prüfung des Verwaltungsaktes einer Erledigung innerhalb der 3- Monatsfrist nicht erfolgen könne.

Mit dem BVwG Beschluss vom 18.01.2017 wurde der Behörde erteilt, Sie auf Ihren Antrag auf internationalen Schutz einzuvernehmen.

Am 21.02.2017 wurden Sie von dem BFA einvernommen.

Am 04.04.2017 langte die Aufforderung betreffend der schriftlichen Zustimmung zur Ermittlung personenbezogener Auskünfte bei der UNRWA von Ihnen beim BVwG ein.

Der Verbindungsbeamte teilte dem BVwG mit, dass Sie am Gazastreifen Verwandte haben. Weiters haben Sie und Ihre Familie Anspruch auf das Hilfs- und Dienstprogramm sowie auch auf die Gesundheitsleistungen der UNRWA im Gazastreifen.

Aufgrund der zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde ist die Zuständigkeit über den Antrag auf internationalen Schutz vom 06.09.2014 zu entscheiden, auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. L508 XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.09.2017 gem. §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen. Gleichzeitig wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass Ihre Abschiebung in die Palästinensischen Autonomiegebiete zulässig ist. Es wurde Ihnen eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen gewährt. Das Verfahren erwuchs mit 02.10.2017 in Rechtskraft.

Sie wurden am 21.11.2018 aus Dänemark nach Österreich überstellt und haben im Zuge Ihrer Überstellung dann gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Anlässlich des gegenständlichen Asylverfahrens haben Sie bei der niederschriftlichen Befragung am 21.11.2018 beim Stadtpolizeikommando XXXX, angegeben, XXXX zu heißen, am XXXX geboren und Palästinischer Staatsangehöriger zu sein. Weiters haben Sie im Wesentlichen an, dass Sie sich von 19.08.2018 bis 05.10.2018 in Deutschland und danach in Dänemark aufgehalten hätten.

Auf die Gründe Ihrer neuerlichen Antragsstellung befragt gaben Sie an, dass Sie keine neuen Gründe für die Antragsstellung hätten. Befragt, was Sie bei einer Rückkehr befürchten würden, gaben Sie an, dass Sie auf keinen Fall in Ihre Heimat zurückkehren wollen würden, da es dort keine Sicherheit geben würde. Sie gaben auch an, dass Sie nicht nach Tirol überstellt werden wollten, da Sie dort von der Polizei schlecht behandelt worden wären. Sie brachten abschließend neuerlich vor, keine neuen Gründe zu haben.

Am 28.11.2018 wurden Sie beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, von einer Organwalterin des BFA, im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Arabisch , einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

[...]

F: Leiden Sie an einer Erkrankung oder stehen Sie in ärztlicher Behandlung?

A: Nein.

...

F: Sie haben in Österreich bereits ein Asylverfahren betrieben. Dieses wurde unter der Aktenzahl XXXX geführt. Entsprechen die Angaben die Sie bisher in Österreich gemacht haben alle der Wahrheit?

A: Ja, ich habe immer die Wahrheit gesagt, ich habe keinen Grund warum ich Lüge.

F: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung in XXXX am 21.11.2018 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemacht haben richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?

A: Ja. Ich habe alles gesagt.

F: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Erstbefragung gemachten Angaben, insbesondere zu Ihrer Person oder vorgelegten Dokumenten und den Angaben bezüglich Ihres Fluchtweges oder Fluchtgrundes etwas berichtigen?

A: Nein, danke!

F: Können Sie sich noch daran erinnern, welches Vorbringen Sie im ersten Verfahren, welches unter der Aktenzahl XXXX geführt wurde, dargestellt haben?

A: Ich wurde in Gaza als Flüchtling geboren. Ich habe keine Rechte in Gaza. Ich kann nicht leben in einer Stadt wo überall bewaffnete Gruppen sind. Die Regierung wird nicht vom Volk gewählt, dass ist

gefährlich für mich. Ich will nicht in einem Land eben welches

gefährlich für mein Leben ist. Ich will in einem Land leben welches gut für mich ist, wo ich eine gute Zukunft habe. Ich lebe hier seit 2014 und habe bis jetzt nach keine Hilfe erhalten. Ich bin ein Mensch der Hilfe braucht. Vielen Dank an Österreich wenn Österreich mir helfen möchte. Wenn Österreich mir nicht helfen kann dann schieben Sie mich bitte in ein anderes Land ab, welches mir helfen kann, nur nicht nach Gaza. F: Sind Sie in Österreich vorbestraft?

A: Nein.

F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals im Gefängnis?

A: Nein in Österreich nicht. Aber in Ägypten war ich im Gefängnis.

F: Sprechen Sie bereits Deutsch?

A: Ja, ein bisschen.

F: Haben Sie Deutschkurse besucht?

A: Ja.

F: Haben Sie eine Bestätigung?

A: Ich habe keine Deutschkursbestätigung.

F: Sind Sie in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?

A: Ja. Ich habe im Altersheim gearbeitet. Bestätigung das ich gearbeitet habe, habe ich bereits im Vorverfahren eingebracht.

F: Seit wann sind Sie in Österreich?

A: Seit 06.09.2014. Vor drei Monaten habe ich Österreich verlassen, ich habe Asyl in Deutschland gesucht. Mein Antrag wurde aber abgelehnt und ich wurde nach Österreich überstellt.

F: Haben sich seit Ihrem Aufenthalt in Österreich neue Fluchtgründe ergeben oder haben sich Ihre Fluchtgründe seit Ihrem ersten dem Verfahren geändert?

A: Meine alten Fluchtgründe sind noch immer aufrecht. Ich akzeptiere nicht, dass ich in einen Land leben muss, welches viele Probleme hat.

F: Schildern Sie, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

A: Ich habe mein Heimatland verlassen, weil es dort viele Probleme gibt. Ich habe Recht auf ein ruhiges Leben und habe Recht das ich in Sicherheit lebe. Ich habe das Recht Asyl zu beantragen in guten Ländern. Österreich hat mir aber noch nicht geholfen.

F: Sie haben am 06.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Dieses Verfahren wurde am 02.10.2017 Rechtskräftig II negativ entschieden. Was hat sich seither verändert?

A: Es hat sich nichts geändert. Das einzige das sich geändert hat ist mein Aussehen und meine Gesundheit. Ich bin hier unter Druck. Ich habe eine ärztliche Bestätigung dass es mir nicht gut geht.

Vorhalt: Zuerst meinten Sie es gehe Ihnen gut und sie wären nicht in ärztlicher Behandlung.

Anm: AW bringt Kurarztbericht vor, wird kopiert und liegt dem Akt bei.

A: Ich habe schon 4 Jahre meines Lebens verloren. Bitte helfen Sie mir. Ich habe Österreich verlassen und bin nach Deutschland gereist, dort habe ich auch ein negatives Asylverfahren erhalten, dann bin ich weiter nach Dänemark und dort war ich bis letzten Mittwoch in Haft für 45 Tage.

F: Sie haben die Möglichkeit mit einer ausreichend qualifizierten Ärztin namens Dr. med. XXXX, Msc, zu sprechen? Dr. med. XXXX wird Ihren psychischen und physischen Zustand untersuchen.

A: Ich brauche keinen Arzt. Ich will nur dass sie mir helfen.

F: Wenn Sie keinen Arzt brauchen, warum gehen Sie dann zum Arzt?

A: Ich war unter Druck.

F: Sind Sie jetzt unter Druck?

A: Ja.

F: Warum wollen Sie dann nicht zum Arzt gehen, zu den ich Sie schicken möchte?

A: Ich brauche keinen Arzt, ich verlor meine Zukunft.

Belehrung:

Dies ist Ihr zweites Asylverfahren. Ihr erstes Asylverfahren wurde rechtskräftig negativ abgeschlossen. Der AW wurde dahingehend manuduziert, dass entsprechend der österreichischen Gesetzeslage, niemals in einer Angelegenheit zweimal entschieden wird.

F: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

A: Ich war in Dänemark in Haft, das war okay für mich. Ich wollte hier in Österreich keine zweiten Asylantrag stellen.

F: Was befürchten Sie im Fall der Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Die Leute die Macht haben in meinen Heimatland sind bewaffnete Gruppen. Ich mag keine Probleme haben. Ich lehne ab, dass ich in einem Land lebe, wo es viele Probleme gibt, das ist mein Problem.

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Mein Onkel lebt in Dänemark seit 40 Jahren.

F: Wo befindet sich derzeit Ihre Familie?

A: Sie leben alle in Gaza. Ich habe zu meiner Mutter alle zwei Wochen telefonischen Kontakt.

F: Besteht für Sie die Möglichkeit, bei Ihren Familienangehörigen und Verwandten im Palästinische Gebiete-Gaza zu wohnen, sollten Sie in Ihr Heimatland zurückkehren?

A: Nein, wir sind eine große Familie und haben nur ein kleines Haus.

F: Könnten Ihre Familienangehörigen und Verwandten Sie unterstützen?

A: Nein. Sie sind sehr arm. Wir sind als Flüchtlinge geboren.

F: Wo leben Ihre Geschwister?

A: Alle leben in Gaza. Nur meine Schwester ist bereits im Jahr 2009 oder 2011 oder 2012 gestorben. Ich weiß es nicht.

F: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?

Anmerkung: Die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen für Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.

A: Ich habe keine Familienangehörige in Österreich, aber ich habe in Tirol Freunde. Ich habe ja im Altersheim gearbeitet. Ich habe noch Kontakt zu ihnen, sie fragen mich immer wann ich zurück nach Tirol komme. Meine Freunde heißen XXXX und XXXX. Ich habe auch noch Freunde die ursprünglich aus Ägypten kommen, die aber die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Letztes Jahr habe ich auch im Burger King gearbeitet. Dann in einen Hotel "XXXX" gearbeitet. Aber ich wurde durfte nicht arbeiten laut AMS.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?

A: Ja.

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja.

F: Möchten Sie eine Ablichtung der Niederschrift?

A: Ja.

Die Niederschrift wurde mir rückübersetzt. Der Inhalt ist richtig und ich bestätige dies mit meiner Unterschrift.

Ich bestätige auch mit meiner Unterschrift, dass ich eine Kopie der Niederschrift erhalten habe.

...

Das BFA hat durch Aktenstudium Beweis erhoben und aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses wurde Ihnen am 28.11.2018 eine schriftliche Mitteilung gemäß §29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 ausgefolgt, mit welcher Ihnen die Absicht des BFA zur Kenntnis gebracht wurde, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Am 05.12.2018 wurden Sie beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, von einer Organwalterin des BFA, im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Arabisch, einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

LA: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetsch?

VP: Gut.

LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen wegen einer möglichen Befangenheit oder aus anderen Gründen Einwände?

VP: Nein.

LA: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

VP: Nein.

LA: Sind Sie mit dem Rechtsberater, der Ihnen für diese Einvernahme zur Seite gestellt wird, einverstanden?

VP: Ja.

LA: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen?

VP: Am 04.12.2018 wurde ich rechtsberaten.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

VP: Ja.

...

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich, sind Sie aktuell in medizinischer Behandlung?

VP: Momentan nicht.

LA: Haben Sie Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

VP: Ich habe meinen Personalausweis bereits im Jahr 2014 abgeben. Ich habe meine Geburtsurkunde mit, die habe ich auch schon vor dem Gericht in Linz abgegeben.

LA: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) oder sonstige Verwandte?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

VP: Ich wohne hier in Traiskirchen, in der BS-Ost.

Vorhalt: Sie haben am 28.11.2018 eine Verfahrensanordnung des BFA gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Sie über die beabsichtigte Vorgangsweise des BFA in Kenntnis gesetzt wurden. Es wurde Ihnen mitgeteilt, dass seitens des BFA die Absicht besteht, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sie haben nun die Gelegenheit, dazu noch einmal Stellung zu beziehen.

VP: Ich bitte Sie, dass Sie eine bessere Entscheidung finden werden, welche mir helfen kann. Ich weiß nicht wohin ich gehen soll.

LA: Was sind nun konkret Ihre neuen Fluchtgründe in diesem Asylverfahren?

VP: Ich habe keine neuen Fluchtgründe. Die Regierung in Gaza ist keine legale Regierung, sie wurde nicht vom Volk gewählt. Ich wurde zweimal mit der Pistole bedroht, es wurde zweimal auf mich geschossen.

LA: Wurden Sie bei der Schießerei getroffen?

VP: Einmal im Jahr 2006 wurde ich am Knie getroffen und einmal Jahr 2008 bei linken Hüfte und hinteren rechten Oberschenkel.

LA: Haben Sie die Schießerei schon im Vorverfahren vorgebracht?

VP: Ja, habe ich.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Ich habe Angst, weil ich zweimal versucht wurde mich umzubringen und für mich ist es unmöglich, dass ich nochmal dort leben soll. Ich bin total gegen die illegalen bewaffneten Gruppen. Diese Gründe sind ein großes Hindernis, dass ich zurückgehe.

LA: Sie haben schriftliche Feststellungen zu Palästinensische Autonomiegebiete ausgefolgt bekommen, mit dem Hinweis, dass Sie bei der heutigen Einvernahme die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu beziehen. Möchten Sie zu diesen schriftlichen Feststellungen eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich will keine Stellungnahme abgeben, aber ich möchte eine kleine Bemerkung hinzufügen. Die ganze Welt weiß Bescheid, dass die Regierung, die die Macht haben am Gaza Streifen sind bewaffnete und terroristische Gruppen. Warum wollen Sie mich dorthin abschieben?

Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.

Der RB hat keine weiteren Fragen oder Anträge.

LA: Haben Sie den Dolmetsch verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

VP: Ja.

LA: Konnten Sie meinen Fragen folgen?

VP: Ja.

Für das BFA sind keine weiteren Fragen mehr offen. Über Ihren Antrag wird bescheidmäßig abgesprochen, der Bescheid wird Ihnen persönlich übergeben.

...

Ihre Vorbringen und Stellungnahmen im Zuge der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA sowie den Beweismitteln B konnten keine Umstände entnommen werden, die die beabsichtigte Vorgehensweise der erkennenden Behörde in Zweifel zu ziehen in der Lage wären, woraus sich in weiterer Folge als Punkt C bezeichnete Feststellungen ergeben.

(...)"

Anm. Rechtschreibfehler wurden nachträglich ausgebessert.

-

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

• Sie brachten folgende Beweismittel in Vorlage

o Kopie von einem Kurzarztbericht von Kufstein vom 31.07.2018

• Von der Behörde wurden weiters zur Entscheidungsfindung herangezogen:

-

Protokolle Ihrer Befragung und Einvernahme im Verfahren

-

Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA zu Ihrem Herkunftsstaat

-

Akt zum ersten Asylverfahren Az.: XXXX

-

Der weitere Akteninhalt der Verwaltungsaktes IFA: XXXX, VZ XXXX

[...]"

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt entschieden:

"I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 21.11.2018 wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

II. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 21.11.2018 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

IV. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Palästinensische Autonomiegebiete zulässig ist.

VI. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise.

VII. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

Dagegen hat die bP durch ihre gewillkürte Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Entgegen der Ansicht des BFA sei die bP ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen; darüber hinaus stehe die Identität der bP fest. Die generelle Sicherheitslage sei in Gaza sei nach wie vor sehr schlecht, wobei wieder erneute Raketenangriffe zwischen Gaza und Israel stattgefunden hätten. Beantragt wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das BVwG hat der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Das Bundesamt traf folgende Feststellungen:

"[...]

zu Ihrer Person: Die Identität steht nicht fest.

Ihr physischer und psychischer Zustand stellt sich folgendermaßen dar:

Es kann nicht festgestellt werden, dass in Ihrem Fall schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen.

Sie sind strafrechtlich bescholten.

-

zu Ihrem Vorverfahren:

Ihr Asylverfahren zur Zahl XXXX wurde mit 02.10.2017 rechtskräftig abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden alle bis zum Datum der Rechtskraft entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber nicht neuerlich zu entscheiden ist.

Ihr gesamtes Vorverfahren beruhte auf einem nicht glaubhaften Vorbringen.

-

zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:

Sie haben im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens, Zl. XXXX, entstanden ist.

Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann insgesamt kein glaubhafter, neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.

Es entstehen unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Rückkehrentscheidung in die Palästinische Autonomiegebiete entgegenstehen.

-

zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Es kann nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht.

In Österreich verfügen Sie über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte.

Ihr Aufenthalt in Österreich erstreckt sich über einen Zeitraum von 06.09.2014 bis in die Gegenwart, wobei Ihre abermalige Einreise nach Österreich aufgrund einer Dublin-Rückübernahme Ihrer Person aus Dänemark erfolgte.

Sie sprechen muttersprachlich Arabisch und verfügen über beginnende Deutschkenntnisse.

In Österreich sind Sie nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen.

Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kann kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

-

zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots:

Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung nach Abschluss Ihres letzten Asylverfahrens in Österreich beharrlich nicht nachgekommen und sind nicht in der Lage, Mittel zur Sicherung Ihres Unterhaltes nachzuweisen. Vielmehr befinden Sie sich in Grundversorgung und sind vom Staat finanziell abhängig.

-

zur derzeitigen Lage in Ihrem Herkunftsland:

Die Sie betreffende allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsland hat sich seit rechtskräftigem Abschluss Ihres Erstverfahrens nicht geändert. Dies basiert auf den vorliegenden Länderfeststellungen zu den Palästinsichen Autonomiegebieten, die von der Staatendokumentation des BFA laufend aktualisierten werden.

[...]"

Zum Beurteilung der Lage im Herkunftsstaat stützte sich das Bundesamt auf das Länderinformationsblatt Palästinensische Gebiete - Gaza der Staatendokumentation, Stand 12.09.2018. Das Bundesamt wahrte diesbezüglich das Parteiengehör und gab die bP im Zuge der Einvernahme an, dass "sie keine Stellungnahme abgeben wolle".

Insgesamt ergeben die Länderfeststellungen zwar schwierige Lebensumstände für die Bevölkerung des Gaza-Streifens. Die aktuellen, zeitweise auftretenden sicherheitsrelevanten Vorfälle, zumeist als Folge gewaltsamer Demonstrationen, zentrieren sich im Wesentlichen unmittelbar auf den Nahbereich des Grenzzaunes.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass grds. hinreichende Schutzmechanismen in Form der UNRWA vorhanden sind zu denen die Bevölkerung auch Zugang hat.

Es kann auf Grund der Berichtslage nicht festgestellt werden, dass in den Palästinensischen Autonomiegebieten - Gaza eine Lage herrschen würde, wonach für Personen mit dem Profil der bP generell eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgung oder reale Gefährdung hier maßgeblicher Rechtsgüter besteht.

2. Beweiswürdigung

Die Behörde gelangte zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

[...]

-

betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes oder sonstigen Bescheinigungsmittels steht Ihre Identität nach wie vor nicht fest. Soweit Sie im Asylverfahren namentlich genannt werden, dient dies lediglich der Individualisierung Ihrer Person als Verfahrenspartei, jedoch nicht als Feststellung der Identität.

Hierzu wird angemerkt, dass Sie seit Ihrer ersten Antragstellung offensichtlich auch nicht aus eigenen Antrieb die Bemühungen hegten, Ihre Identität durch Vorlage von geeigneten Identitätsdokumenten wie zB. Personalausweis oder Reisepass zu begründen.

Die Feststellung Ihrer Staatsangehörigkeit erfolgte aufgrund Ihrer eigenen Angaben im Verfahren.

Sie haben auch keine Beschwerden oder Krankheiten angeführt, welche Sie an Einvernahmen hindern würden, oder das Asylverfahren in weiterer Folge beeinträchtigen würden. Amtlicherseits ergaben sich weiters keinerlei Hinweise, dass Ihre eigenen Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand nicht den Tatsachen entsprechen könnten oder Sie an sonstigen physischen oder psychischen Erkrankungen leiden könnten.

Weiters hätte die Behörde zu einer PSY III Untersuchung vorstellig werden, dies lehnten Sie aber vehement ab.

Die Feststellung über Ihre vorherigen Antragsstellungen sowie Ihren bisherigen Aufenthalt im Bundesgebiet ergeben sich aus dem Verfahren

AZ: XXXX.

-

betreffend die Feststellungen zu Ihrem Vorverfahren:

Die Feststellungen betreffend den Ausgang Ihres Vorverfahrens sowie der damals maßgeblichen Gründe für Ihren vorherigen Antrag auf internationalen Schutz gründen sich auf den Akteninhalt Zahl XXXX.

Die Feststellung, wonach das Vorbringen in Ihrem Vorverfahren auf nicht glaubhaften Vorbringen beruhte, ergibt sich aus dem Erkenntnis des BVwG zu Ihrem Vorverfahren vom 26.09.2017. Die Feststellungen betreffend Ihres Vorverfahrens ergeben sich somit aus der unbedenklichen Aktenlage des Verwaltungsaktes.

-

betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:

Sie beziehen sich im gegenständlichen Verfahrensgang nach wie vor auf Rückkehrhindernisse, welche bereits im Kern in Ihrem Vorverfahren zur Sprache gebracht wurden.

Sie haben sich im nunmehrigen Verfahren betreffend Ihre Motivation Ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. betreffend Ihrer Gründe, weswegen Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren könnten, auf dieselben Beweggründe wie in den bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgängen bezogen. Sie stützen sich auf Ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe, welche bereits von der Rechtskraft des Erstverfahrens erfasst sind und konnten dazu auch keine Neuerungen oder Veränderungen angeben. Da jedoch diesen ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründen schon in Ihrem ersten inhaltlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeit bzw. Asylrelevanz zukam entbehrt nun auch das im gegenständlichen Verfahren Vorgebrachte jeglicher Grundlage und kann diesem Gesamtvorbringen aus diesen Gründen auch weiterhin keine Glaubhaftigkeit oder Asylrelevanz zukommen.

Das Bundesamt kommt somit zum Erkenntnis, dass Sie keinen glaubhaften und neu entstandenen Sachverhalt vorgebracht haben, welcher nach Abschluss Ihres vorherigen Asylverfahrens entstanden wäre.

Das Bundesamt kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

-

betreffend die Feststellungen über Ihr Privat- und Familienleben:

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und angesichts des Umstandes, dass Sie zu Ihrem Privat- und Familienleben plausible Angaben getätigt haben, geht das Bundesamt von deren Richtigkeit aus.

Sie verfügen über keinerlei familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich.

Bezüglich einer eventuell vorliegenden Integration in Österreich ist anzuführen, dass ein Eingriff in das Privatleben im Falle einer Ausweisung immer vorliegt. Dieser ist allerdings nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht schwerwiegender als das öffentliche Interesse Österreichs an einer Ausweisung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Ordnung im Fremdenpolizei- und Zuwanderungswesen. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der Integration Ihrer Person. Sie hatten niemals einen anderen als einen vorübergehenden, asylrechtlichen Aufenthaltstitel.

Insbesondere vermag die Dauer Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen.

Der Aufenthalt von 3 Jahren ist jedenfalls nicht so lange, "dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Das Gewicht dieser Aufenthaltsdauer wird zudem dadurch gemindert, dass der Antragsteller sich nur auf ein aus einem (letztendlich unberechtigten) Asylantrag abgeleitetes Aufenthaltsrecht stützen konnte. Der VwGH räumt daher dem Gewicht einer Integration aufgrund eines langjährigen Aufenthaltes, der lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist, einen geminderten Stellenwert ein. Das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu Fremden, die sich jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukam, ist demnach unterschiedlich zu behandeln. (VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Zur Aufenthaltsdauer von 5 Jahren hat der Asylgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.04.2010, Zl.: B4 308.030-3/2010/3E, folgendes angemerkt:

Was aber eine allfällige Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privatleben angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass beim Topos des Privatlebens die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle spielt, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl, Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass bei Fremden, die sich kürzer als fünf Jahre in Österreich aufhalten, auf Grund der nicht sehr langen Dauer bei Fehlen besonderer Gründe regelmäßig angenommen werden muss, dass noch keine hinreichende Verfestigung stattgefunden hat (vgl. Heißl, ZfV 2008/1145, 619, unter Hinweis auf VwGH 14.6.2007, 2007/18/0278 und 11.12.2007, 2007/18/0844), trifft dies nach Ansicht des Asylgerichtshofs auch noch im Fall des Beschwerdeführers, der sich seit November 2004 und somit nur unwesentlich länger als fünf Jahre in Österreich aufhält, zu; da der Beschwerdeführer der im Vorverfahren ausgesprochenen und in Rechtskraft erwachsenen Ausweisungs-entscheidung keine Folge geleistet hat, kommt dem seither entstandenen Privatleben wenig Relevanz zu.

-

betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland/Zielstaat:

Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus den im Erstverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, ergeben sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland.

-

betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes:

Ihnen kommt keine Frist zur freiwilligen Ausreise zu. In Ihrem Vorverfahren wurde Ihnen eine solche Frist gewährt, doch kamen Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung auch nach rechtskräftigem Abschluss Ihres Vorverfahrens beharrlich nicht nach.

Wie bereits aus der umfassenden Beweiswürdigung zum Vorverfahren und auch zu Ihrem neuerlichen Asylantrag hervorgeht, haben Sie beide Anträge auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet und missbräuchlich gestellt. Ihre Anträge dienten ausschließlich dazu, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu erwirken.

Dass Sie nicht in der Lage sind, die Mittel für Ihren Unterhalt nachzuweisen, ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Umstand, dass Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich ausschließlich aus Unterstützungsleistungen bestreiten.

[...]"

Sofern das BFA in der Rubrik "Feststellungen" ausführt, dass die Identität der bP nicht feststeht und dies in der Beweiswürdigung mit dem Fehlen eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes begründet, handelt es sich dabei um einen Irrtum der belangten Behörde. Dies erhellt sich auch dadurch, dass die bP in der Niederschrift am 05.12.2018 vor dem BFA angab "Ich habe meinen Personalausweis bereits im Jahr 2014 abgegeben" (AS 81). Wie aus der Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.09.2017 vor dem BVwG hervorgeht, hat die bP im Rahmen der Verhandlung einen Personalausweis als auch die Kopie eines Reisepasses in Vorlage gebracht. Seitens des BVwG wurde die Echtheit der vorgelegten Identitätsdokumente nicht in Zweifel gezogen.

Nach Ansicht des BVwG ist die Beweiswürdigung des Bundesamtes bis auf die Feststellungen zur Identität der bP schlüssig und schließt sich das BVwG dieser im Wesentlichen auch an. Es ist jedenfalls ersichtlich, dass sich die bP im Großen und Ganzen weiterhin auf jene Fluchtgründe stützt bzw. Folgewirkungen derselben, die bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens waren. In der Beschwerde wird der Beweiswürdigung auch gar nicht konkret und substantiiert entgegen getreten.

3. Rechtliche Beurteilung

A)

Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG

1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

§ 68 Abs 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).

Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne Belang. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).

Da sich der Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf den Status eines Asylberechtigten, sondern "hilfsweise" bei Nichtzuerkennung dieses Status auch auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind bei Folgeanträgen nach dem AsylG 2005 auch Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asyl- oder Refoulementrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391; 19.2.2009, 2008/01/0344).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, 96/21/0097).

1.1. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).

Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt den maßgeblichen Vergleichsbescheid das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes v

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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