TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/4 96/19/2300

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Veröffentlicht am 04.12.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FamLAG 1967 §2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/2301 96/19/2302 96/19/2303

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde 1.) des 1983 geborenen F A, 2.) der 1957 geborenen S A, 3.) des 1978 geborenen R A und 4.) der 1979 geborenen X A in P (Jugoslawien), der Erstbeschwerdeführer vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin, diese sowie der Dritt- und die Viertbeschwerdeführerin vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 17. Oktober 1995,

1.)

zu Zl. 303.519/4-III/11/95 (betreffend den Erstbeschwerdeführer),

2.)

zu Zl. 303.519/2-III/11/95, (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), 3.) zu Zl. 303.519/3-III/11/95 (betreffend den Drittbeschwerdeführer) und 4.) zu Zl. 303.519/5-III/11/95 (betreffend die Viertbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Mutter der übrigen Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer stellten jeweils mit 26. Jänner 1994 datierte Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen, die am 2. Februar 1994 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad einlangten. Als Aufenthaltszweck gaben die Beschwerdeführer Familienzusammenführung mit ihrem Ehegatten bzw. Vater an. Mit im wesentlichen gleichlautenden Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Juli 1995 wurden die Anträge gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das monatliche Nettoeinkommen des Ehegatten bzw. Vaters betrage nur S 13.226,50 und sei zu gering, um den Lebensunterhalt für die Familie in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung zu sichern, da es, dem Sozialhilferichtsatz des Landes Oberösterreich entsprechend, mindestens S 18.955,-- betragen müßte.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Berufungen. Sie führten aus, daß der Ehegatte bzw. Vater bei einem österreichischen Unternehmen beschäftigt sei und über ein monatliches Einkommen von S 19.051,-- verfüge. Beigelegt wurde eine Lohnbestätigung eines Linzer Unternehmens, demzufolge der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer als Bauhilfsarbeiter einen Nettolohn von S 19.051,-- beziehe.

Der Bundesminister für Inneres wies die Berufungen mit gleichlautenden Bescheiden vom 17. Oktober 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, einem grundsätzlichen Mindestbedarf von S 18.955,-- gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Oberösterreich stünden nur S 16.971,-- gegenüber, die von den Beschwerdeführern aufgebracht werden könnten. Angesichts dieser Differenz könne eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden. Der oben angeführte Betrag von S 16.971,-- sei von der Berufungsbehörde bei dem bereits erwähnten Unternehmen erhoben worden. Es sei daher davon auszugehen, daß die Unterhaltsmittel der Beschwerdeführer nicht dazu ausreichen würden, um ohne Unterstützung der Sozialhilfeträger auskommen zu können.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschlüssen vom 10. Juni 1996, B 74/96-5, 75/96-5, 76/96-5 und 77/96-5, die Behandlung der Beschwerden abgelehnt und diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurden sie von den Beschwerdeführern ergänzt. Sie erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (die Zustellung erfolgte jeweils am 28. November 1995) ist für die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete in der Fassung dieser Novelle:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

Die belangte Behörde stützt ihre abweisende Entscheidung darauf, daß der Unterhalt der Beschwerdeführer für die Dauer der von ihnen angestrebten Aufenthaltsbewilligungen nicht gesichert sei.

Festgestellt wurde im vorliegenden Fall ein Monatsbedarf für die Familie der Beschwerdeführer in Höhe von S 18.955,--. Diesem Betrag hätte die belangte Behörde sämtliche Unterhaltsmittel gegenüber zu stellen gehabt, über die die Beschwerdeführer bzw. ihr Ehegatte (bzw. Vater) verfügt.

Die Beschwerdeführer rügen in diesem Zusammenhang zutreffend, daß es die belangte Behörde unterließ, bei Berechnung des ihrer Familie monatlich zur Verfügung stehenden Betrages zu berücksichtigen, daß das bekannt gegebene Nettomonatsgehalt 14 Mal jährlich ausbezahlt werde. Der Begründung der angefochtenen Bescheide ist nicht zu entnehmen, ob die belangte Behörde bei der Feststellung der den Beschwerdeführern zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel in Höhe von S 16.971,-- bereits Sonderzahlungen mitberücksichtigt hat. Da auch Sonderzahlungen zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes verfügbare eigene Mittel darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559-2561), errechnete sich unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - unter Außerachtlassung ihrer steuerlichen Begünstigung - ein der Familie der Beschwerdeführer monatlich zur Verfügung stehender Nettogehaltsbetrag von ca. S 19.800,--. Dieser überstiege den von der belangten Behörde angenommenen Mindestbedarf von S 18.955,--. Die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführer aus dem Grunde fehlender Unterhaltsmittel erwiese sich dann aber nicht als berechtigt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch allfällige Ansprüche auf Familienbeihilfe bei der Beurteilung der den Beschwerdeführern zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, Zl. 96/19/0529).

Da die belangte Behörde es unterlassen hat, entsprechende Feststellungen über dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer zustehende Sonderzahlungen zu treffen und in diesem Punkt die angefochtenen Bescheide nicht ausreichend begründet hat, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil die Einbringung der Beschwerdeergänzung in zweifacher Ausfertigung für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausreichend gewesen wäre.

Wien, am 4. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996192300.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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