TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 L524 2210839-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L524 2210839-1/5E

L524 2210838-1/6E

L524 2210836-1/5E

L524 2210837-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerden von (1.) XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, (2.) XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, (3.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA Türkei und (4.) mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.11.2018, (1.) Zl. 1191256608-180597630, (2.) ZI. 1191255905-180597648, (3.) ZI. 1191256107-180597656 und (4.) ZI. 1191256009-180597664, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer reisten legal mit einem vom 11.06.2018 bis 03.07.2018 gültigen Visum C in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 26.06.2018 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er türkischer Staatsangehöriger und Alevit sei. Er stamme aus XXXX in XXXX . Er habe in der Türkei die Grundschule besucht und zuletzt als LKW-Fahrer gearbeitet. Den Entschluss zur Ausreise habe er im April 2018 gefasst und am 11.06.2018 sei er tatsächlich ausgereist. In Österreich würden noch seine mitgereiste Ehegattin und die beiden Söhne, sowie seine Schwester leben. In der Türkei würden noch seine Eltern, eine Schwester und ein Bruder leben.

Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab der Erstbeschwerdeführer an (Schreibfehler im Original): "Ich wurde schon seit längerem bedroht. Ich bin Alevite. Im Februar wurde auf meine Wohnungstür ein Kreuz gezeichnet. Dies ist ein Symbol, dass ich Alevit bin. Unbekannte wollten im 5. Stock unseres Wohnhauses Feuer legen. Ich wohne mit meiner Familie im 4. Stock. Der Brand wurde bemerkt und konnte gelöscht werden. Ich habe Angst um meine Familie und habe daher die Türkei verlassen."

Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei ihrer Erstbefragung an, sie sei türkische Staatsangehörige und Alevitin. Sie stamme aus XXXX . in XXXX . Sie habe in der Türkei die Grundschule, Hauptschule sowie eine AHS besucht, sei ausgebildete Bürokauffrau und habe zuletzt keinen Beruf ausgeübt. In Österreich lebe eine Schwägerin, ein Cousin und eine Nichte. In der Türkei würden noch ihre Eltern, zwei Schwestern und vier Brüder leben.

Den Entschluss zur Ausreise habe sie im Februar 2018 gefasst und am 11.06.2018 sei sie tatsächlich ausgereist. Als Fluchtgrund gab die Zweitbeschwerdeführerin an (Schreibfehler im Original): "Ich und meine Familie wurden seit längerem bedroht. Im Februar wurde auf unsere Wohnungstür ein Kreuz gezeichnet. Die ist ein Symbol, dass ich Alevit bin. Unbekannte wollten im 5. Stock unseres Wohnhauses Feuer legen. Ich wohne mit meiner Familie im 4. Stock. Der Brand wurde bemerkt und konnte gelöscht werden. 2016 wurde mein Mann von 3 Männern geschlagen. Im Februar 2018 habe ich von meiner Freundin einen selbstgemachten Schnaps bekommen. Am 14. Februar habe ich mit meinem Mann diesen Schnaps getrunken. Am nächsten Tag habe ich mit meiner Freundin darüber gesprochen und die Nachbarn haben dies mitbekommen. Sie haben mich belästigt und ich hab mich dadurch bedroht gefühlt."

2. Am 26.07.2018 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer gab an, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Er stamme aus XXXX in XXXX und habe die Türkei am 11.06.2018 gemeinsam mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern verlassen habe und sie mittels österreichischen Touristenvisums nach Österreich gereist seien. In Österreich würde seine Schwester, eine österreichische Staatsbürgerin, leben, bei der er seit 17.06.2018 mit seiner Familie wohnen würde. Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates gab der Erstbeschwerdeführer an, die Beschwerdeführer seien als Aleviten in der Türkei starkem Druck und Beleidigungen ausgesetzt gewesen. Er sei als ungläubig bezeichnet worden und sei deshalb Opfer von Gewalt und Misshandlung gewesen. Der rechtsfreundliche Vertreter warf ein, der Erstbeschwerdeführer möge den in der Erstbefragung genannten Hausbrand zu erwähnen. Der Erstbeschwerdeführer gab an, er habe das deshalb nicht erwähnt, da er der Meinung gewesen sei, dass er das in einer weiteren Einvernahme erläutern könne. Sonst habe er keine Gründe. In der Türkei gebe es aber allgemein "Kurdenprobleme".

Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, sie sei gesund und nehme keine Medikamente. Zuletzt habe sie in XXXX in XXXX gelebt und die Türkei am 11.06.2018 mit ihrem Ehegatten und ihren beiden minderjährigen Kindern verlassen. Sie seien mit einem Touristenvisum der österreichischen Botschaft in XXXX nach Österreich gereist, weil in der Türkei Aleviten unterdrückt würden und weil ihre Verwandten in Österreich leben würden. Als Fluchtgrund gab sie an, sie hätten als Aleviten in der Türkei psychischen und sozialen Druck erleiden müssen. Es sei ihr Wohnhaus in XXXX angezündet worden und man habe ein Kreuz auf ihr Wohnhaus gemacht, was bedeute, dass die Aleviten seien. Des Weiteren erleide sie Benachteiligungen als AKP-Regierungsgegnerin. Sie sei außerdem bei einer Schulfeier beschimpft worden, weil sie zu Hause mit ihrem Mann Alkohol getrunken und dies auf dem Schulhof erzählt habe. Sie könne in keinem anderen Teil ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung finden, weil sie ihren Glauben nicht "verstecken" könne und es in allen Bereichen der Türkei Probleme gäbe. Außerdem wolle sie nicht in die Türkei zurückkehren, da man in ihrem ehemaligen Wohnbezirk erfahren habe, dass die Beschwerdeführer Aleviten seien und in Österreich einen Asylantrag gestellt hätten und deshalb als "Staatsfeinde" bezeichnet würden.

3. Am 23.10.2018 erfolgte eine weitere Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA. Der Erstbeschwerdeführer gab an, in der Türkei würden noch die Eltern, ein Bruder und eine Schwester des Erstbeschwerdeführers leben. Er habe laufenden Kontakt zu seiner Familie. In Österreich würde seine Schwester mit ihrer Familie leben. Seine Kinder würden zur Schule gehen und er lerne im Selbststudium die deutsche Sprache. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an (Schreibfehler im Original):

"F.: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A.: Zuletzt wegen einem Hausbrand sind wir ausgereist. Wir sind wegen unserem Glauben und unserer politischen Ansichten immer unter Druck. Wir haben in der Türkei täglich mit Todesangst gelebt. Wegen unserem Glauben unseren Ansichten und unserem Lebensstil. Gewisse Gruppen bezeichnen uns als Ungläubige, weil wir Aleviten sind. Wir treten auch gegen das jetzige Regime auf. Diesen Führungsstil lehnen wir ab, deshalb bezeichnen sie uns als Staatsfeinde. Einige Male bin ich in unserem Wohnort geschlagen worden, ich wurde fast getötet. Nachdem unser Haus angezündet worden ist, habe ich mich gleich an andere Ereignisse erinnert. Wie zum Beispiel das XXXX das angezündet worden ist. Das war dann der ausschlaggebende Grund weshalb wir die Türkei verlassen haben. Deshalb sind wir geflüchtet.

F: Schildern Sie den Vorfall als Ihr Haus gebrannt hat.

A: Ein Mann namens XXXX , der im Erdgeschoss gelebt hat, hat den Brand bemerkt. Es war um 6 Uhr in der Früh. Er hat zu schreien begonnen und versucht alle im Haus aufzuwecken. Der Brand wurde im

5. Stock gelegt. Eine Person hat unter den Gasleitungen Schuhe angezündet und ein Feuer gelegt. Wenn XXXX das nicht bemerkt hätte, wäre das ganze Haus explodiert. An unserem Hauseingang wurde geschrieben "Aleviten töten". Auf alle Eingangstüren im Haus wurde das geschrieben. Laut Bericht der Feuerwehr, wurde der Brand absichtlich gelegt.

F: Wann war dieser Vorfall?

A: Im Februar 2018. Der Fall wurde Polizeilich aufgenommen und auch die Feuerwehr hat es protokolliert.

F: Wurde derjenige gefunden, der das Feuer gelegt hat?

A: Er wurde nicht gefunden. Es waren keine Kameras in der Umgebung verfügbar. Die Polizei konnte die Täter nicht finden. Nicht nur wir, auch die anderen Hausparteien haben Anzeige erstattet. Wir konnten von der Feuerwehr und der Polizei keine Unterlagen bekommen. Sie können als Behörde die Dokumente zum Brand bekommen.

F: Sind die anderen Parteien aus diesem Haus auch geflüchtet?

A: Eine Hauspartei ist nach Schweden oder in die Schweiz geflüchtet. Eine andere Partei ist aus dem Haus weggegangen, aber ich weiß nicht wohin. Der aus dem 5. Stock nach Schweden oder in die Schweiz. Der aus dem 2. Stock weiß ich nicht wohin.

F: Leben die anderen Parteien noch dort?

A: Ja 2 Hausparteien leben noch in diesem Haus.

F: Was hat Ihnen die Polizei über diesen Vorfall gesagt?

A: Bevor ich nach Österreich gekommen bin, habe ich gefragt. Sie haben gesagt sie würden es nicht wissen. Auch meine Eltern haben gesagt, dass die Polizei noch keine Spur gefunden hat. In der Türkei gibt es Probleme. Die Rechtsstaatlichkeit funktioniert nicht. Wenn wir das Feuer nicht bemerkt hätten, wären einige Menschen gestorben. Deshalb haben sie auch noch keine Spur gefunden. Die Aleviten in der Türkei bekommen keine Schutzmöglichkeiten durch den Staat. Wenn wir davon etwas gemerkt hätten, hätten wir die Türkei nicht verlassen müssen. Es gibt keine Rechtsstaatlichkeit und keine Gerechtigkeit. Das ist der Grund warum wir hier sind.

F: Warum können die beiden Parteien weiterhin dort leben, Sie jedoch nicht?

A: Es gibt Leute die keine Entscheidungen treffen können. Sie habe keine finanziellen Mittel. Es gibt Leute die dort mit den Problemen leben. Es gibt Leute die sich dort anpassen wollen. Sie müssen das selber entscheiden. Ich konnte dort nicht mehr leben. Wenn die beiden Parteien weiterhin dort leben wollen, ist das deren Entscheidung, nicht unsere. Wir haben bis jetzt unsere Identität nicht versteckt. Wir haben uns nicht angepasst. Die anderen Volksgruppen akzeptieren uns nicht. Die anderen haben versucht ihre Identität aufzugeben und sich anzupassen. Wir wollen aber mit unserer Identität weiterleben.

F: Inwiefern treten Sie gegen das Regime in der Türkei auf?

A: Zum Beispiel, während der Arbeitszeit gehen andere Muslime jeden Tag zum Freitagsgebet. Ich gehe jedoch nicht beten. Ich schicke meine Kinder nicht in die Koranschule. Ich bete nicht regelmäßig, ich faste nicht und ich gehe auch nicht in die Moschee. Wenn man diese Punkte nicht durchführt ist man außerhalb des Regimes. Zum Beispiel trägt meine Frau kein Kopftuch. Unser Familienleben zeigt, dass wir nicht denen gehören.

F: Sie gaben an, geschlagen worden zu sein. Was ist genau passiert?

A: 2011, 2016 und 2017 bin ich geschlagen worden. 2017 wurde ich am Arbeitsplatz geschlagen. Bei diesen drei Ereignissen hat man mich halb bewusstlos liegen lassen. Es war so schlimm, dass ich mich eine Gewisse Zeit nicht mehr bewegen konnte.

F: Wie ist das im Jahr 2017 abgelaufen? Wann war das genau?

A: Es war glaube ich im August. Es war der Fastenmonat 2017 wo ich bei einer Transportfirma tätig war. Manchmal war die Tätigkeit so gegen Abend beim Abendessen und auch am Freitag wo ich nicht zum Gebet gehe. Dann haben die dortigen Beschäftigten gemerkt, dass ich kein Moslem bin. Eines Tages hat man mich belästigt und gefragt warum ich nicht faste und bete. Nach diesem Wortwechsel wurde ich dann geschlagen wegen meiner Verhaltensweise im Ramadan.

F: Was ist nach diesem Vorfall passiert?

A: Ich habe meinen Vorgesetzten angerufen. Vorher haben mir Leute geholfen und den Streit geschlichtet. Ich habe dann meinen Vorgesetzten angerufen und gesagt, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Er hat mich dann ins Krankenhaus gebracht. Das habe ich nur wegen meinem Glauben erlebt.

F: Haben Sie dann weiter dort gearbeitet?

A: Ja. Zwangsläufig habe ich weitergearbeitet. Ich habe eine Arbeit wegen meiner Kinder und wegen einer Versicherung gebraucht. Ich wurde dann in einem anderen Bereich eingesetzt.

F: Wie viele Personen haben Sie geschlagen?

A: Es waren drei Personen. Die drei Leute gehörten nicht zu meiner Firma. Ich sollte ein Paket in einem anderen Bereich abholen. Mein Vorgesetzter hat mich verboten Anzeige zu erstatten. Er hätte dann diesen Kunden verloren. Ich habe keine Anzeige erstatte und habe dafür weiterarbeiten dürfen.

...

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

A.: Ja."

Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass in der Türkei noch ihre Eltern und fünf Geschwister leben würden. Als Fluchtgründe gab sie an (Schreibfehler im Original):

"F.: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A: Ich bin Alevitin. Aleviten stehen in der Türkei ständig unter psychischem Druck. Als Frau in der Türkei zu leben ist ganz schwierig. Mein Lebensstil und der Kleidungsstil sind anders, als es von der AKP gewünscht wird. Ich schicke meine Kinder nicht zur Koran schule. Ich konsumiere auch zu Hause Alkohol. Deshalb bekomme ich auch Probleme mit den AKP Anhängern. 2011 im Juli in XXXX hat sich eine Gruppe auf Facebook gegen Aleviten und Kurden organisiert. Diese Gruppe hat zwischendurch in unserem Bezirk randaliert. Bei kurdischen und alevitischen Häusern. Eines Tages wurde auch unsere Wohnung von drei Personen gestürmt. Ich war in der Küche. Vorerst hat man meinen Mann aus der Wohnung gebracht. Eine dieser Personen ist zurückgekommen und diese Person hat versucht mich zu belästigen und vergewaltigen.

AW wird über Ihre sexuelle Selbstbestimmung aufgeklärt. Auf die Möglichkeit einer Einvernahme mit einer weiblichen Referentin und einer weiblichen Dolmetscherin wird hingewiesen. AW verlangt ausdrücklich die Einvernahme fortzusetzen.

Die eine Person ist zurückgekehrt und hat versucht mich auszuziehen. Mein Ehemann hat es bemerkt und hat die Nachbarn XXXX und XXXX gebeten mir zu helfen. XXXX ist zu mir gekommen und hat mit einer Holzlatte diesen Mann geschlagen. Und sie haben mich dann befreit. Er hat mir meine Bluse zerrissen. Wenn die Männer nicht gekommen wären wäre er seinem Wunsch nachgekommen. Die beiden sind zu Hilfe gekommen und haben mich befreit.

AW zeigt Fotos und Zeitungsartikel.

Die Nachbarn XXXX und XXXX haben den Mann rausgeworfen. Mein Mann ist dann mit blutigem Gesicht nach Hause gekommen. Als er mich mit zerrissener Bluse gesehen hat ist er durchgedreht. Die Nachbarn haben ihn daran gehindert, dass er noch mal rausgeht. Wir haben dann beschlossen keine Anzeige zu erstatten. Wenn wir Anzeige erstattet hätten, wären die Probleme noch größer geworden. Die Gruppe hat sich über Monate auf Facebook organisiert. Die Polizei hat dagegen nie etwas gemacht. Die Nachbarn haben auch Angst gehabt. Wenn Ihre Namen bei der Anzeige bekannt geworden wären, hätten sie auch Probleme bekommen. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass mein Mann doch Anzeige erstattet hat. Nicht nur mein Mann, sondern auch die anderen Nachbarn haben Anzeige erstattet. Über 72 Menschen wurden festgenommen. Leider wurden 2 oder 3 Tage später alle wieder freigelassen. Es wurde nicht gegen diese Leute unternommen.

Im Juli 2016 war der Putschversuch. Nach dem Putschversuch hat der Staatspräsident die Bevölkerung auf die Straße gerufen. In diesem Moment war mein Mann für die Kinder Milch kaufen gegangen. Der Geschäftsmann XXXX fragte meinen Mann ob er nicht mitkommen will zum Ausruf den Staatspräsidenten. Mein Mann hat gesagt, er könne wegen den Kindern nicht mitkommen. Er hat meinem Mann gesagt, wenn er nicht mitkommt würde er auch keine Milch bekommen. Als mein Mann wieder nach Hause gekommen, hat er gesagt er würde da Geschäft nicht mehr besuchen. Er hat keine Milch bekommen weil er nicht zur Demonstration mitgekommen ist. Am nächsten Tag ist mein Mann zum Friseur gegangen. Während des Haareschneidens haben sie über die Lage gesprochen. In diesem Moment sind drei Personen zum Friseurgeschäft gekommen. Sie waren bekannt als Randalierer in unserem Bezirk. Sie haben über den Putschversuch geredet und meinen Mann beschuldigt, weil er nicht an den Demonstrationen teilgenommen zu haben. Sie haben ihn beschuldigt. Gülen Anhänger zu sein. Er wurde von diesen Personen geschlagen. Mein Mann wollte den Friseur als Zeuge zur Polizei mitnehmen. Er hat ihm gesagt, als Kaufmann könnte er nicht mitgehen. Mein Mann ist alleine zu Polizei gegangen. Auch die Polizei hat meinem Mann gedroht ob er wirklich Anzeige erstatten will. Man hat ihm wieder vorgeworfen Gülen Anhänger zu sein. Das alles hat mir aber nicht mein Mann erzählt. Erst später als ich alleine mit den Kindern außer Haus war, bin ich diesen drei Personen begegnet. Sie haben mir genauso gesagt. Wenn mein Mann nicht zur Vernunft kommt, werden sie mich und meine Kinder zu Hause besuchen. So habe ich davon erfahren. Weil mein Mann Anzeige erstattet hat, haben diese Leute auch mir gedroht. Sie haben gesagt ich soll meinen Mann zurückhalten.

Ich bin dann Heim gegangen und habe meinem Mann angerufen, er soll auch Heim kommen. Ich habe meinem Mann die Probleme geschildert. Wir haben dann gestritten, weil er zur Polizei gegangen ist. Ich habe kein Vertrauen in die Behörde weil die AKP in der Regierung ist. Ich habe ihm gesagt er soll nicht mehr zur Polizei gehen, da sonst die Probleme noch schlimmer geworden werden. Wenn es in der Türkei Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit geben würde, wären wir heute nicht in Österreich. Nachdem mein Mann Anzeige erstattet hat, haben ein paar Tage später dieselben Leute mich auf der Straße bedroht. Es hilft nichts eine Anzeige zu erstatten.

Ein weiteres Ereignis ist der Hausbrand im Februar 2018. Es war am Wochenende, etwa in der ersten Februarwoche. Durch Schreie von XXXX sind wir wach geworden. Wir haben dann an den Eingangstüren den Schriftzug "Aleviten töten" gesehen. Es war auf allen Eingangstüren. Wir sind mit den Kindern rausgegangen. Der Nachbar hat immer wieder versucht die anderen zu wecken. Dann sind die Feuerwehr und die Polizei gekommen. Vorerst haben die Leute aus der Bäckerei im Erdgeschoss versucht den Brand zu löschen. Laut Feuerwehr wurde der Brand gelegt. Es wurden Schuhe vor den Eingangstüren gesammelt und dann mit brennbarer Flüssigkeit in Brand gesteckt wurden. Außerdem wurde bei den Gasleitungen gelegt. Laut Auskunft der Feuerwehr, wäre die Gefahr wegen den Gasleitungen noch größer gewesen.

Ich bin wegen diesem Vorfall zur Polizei gegangen. Wenn wir den Brand nicht rechtzeitig bemerkt hätten, wären wir und die Kinder gestorben. Nicht nur wir sondern alle Parteien aus dem Haus haben Anzeige erstattet. Man hat versucht einen Zeugen zu finden, aber niemand hat etwas gesehen. Der Fall wurde ungelöst abgeschlossen.

Der nächste Vorfall war am 14. Februar 2018. Meine Freundin XXXX hat mir einen Hausgemachten Wein gebracht. Ich habe mir eine Flasche gekauft. Weil der 14. Februar ist Valentinstag. Ich habe den Wein gekauft um ihn mit meinem Mann zu trinken. Darüber habe ich mich am selben Tag mit Frau XXXX unterhalten. Eine Frau XXXX hat uns gehört und hat begonnen uns zu beleidigen. Sie hat mich gefragt ob ich Wein trinke und das der Fastenmonat bald da ist. Sie hat mich ungläubige genannt und mich beschimpft. Sie ist dann auf mich losgegangen und hat mich geschlagen. Sie war kräftig und irrsinnig schwer. Ich hatte keine Chance. Wenn die anderen Frauen nicht geschlichtet hätten, hätte sie mich vielleicht auch getötet. Der Streit ist eskaliert. Es ist zu Wortwechseln gekommen. Es waren schlimme Beleidigungen, sodass ich sie auch beschimpft habe. Wir wollten uns versöhnen aber sie wollte meine Entschuldigung nicht. Wir sind dann im Streit auseinander gegangen.

Dann sind die Belästigungen weitergegangen. Das Kind von XXXX hat mein Kind in der Schule belästigt. Ich habe versucht mein Kind zu trösten. Ich habe die Ereignisse bei der Lehrerin gemeldet, aber es hat nichts geholfen. Die Belästigungen und die Beleidigungen sind weiter gegangen. Man kann diese Beleidigungen mit einem Satz erklären. "Kerzen löschen" ist gegenüber den Aleviten eine Beleidigung.

Im April 2018 war der nächste Vorfall. Der Vorfall ist so verlaufen. Meine Nachbarin Frau XXXX hat mich zu einem religiösen Gespräch eingeladen. Man nennt die älteren Frauen XXXX . Sie war die vortragende des religiösen Gespräches. Ich habe dann aus Zuneigung nicht nein gesagt und bin mit einem Kind dort hingegangen. Die erste Phase des Gesprächs ist ganz gut gegangen. Dann hat XXXX mich zu sich gerufen. Sie hat mir die Hand gegeben und ich habe die Hand geküsst. Ich bin dann vor ihr gesessen. Sie hat dann behauptet, ich würde nicht locker leben dürfen und mich nur meinen Ehemann so zeigen dürfen. Als eine Frau gekommen ist um mir aus Kopftuch zu geben, habe ich dieses beiseitegeschoben. Sie Gruppe hat dann gesagt, dies wäre eine Beleidigung und ich bin beschimpft worden. Ich wurde dann aus der Wohnung geworfen. Ich habe es nur gut gemeint und bin hingegangen, bin aber dann aus dem Haus geworfen worden. Das war das letzte Ereignis.

[...]

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

A.: Ja."

4. Mit den Bescheiden des BFA jeweils vom 12.11.2018, (1.) Zl. 1191256608-180597630, (2.) ZI. 1191255905-180597648, (3.) ZI. 1191256107-180597656 und (4.) ZI. 1191256009-180597664, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Begründung wurden zunächst die Angaben der Beschwerdeführer zu ihren Fluchtgründen in der Erstbefragung sowie die Niederschriften der Einvernahmen vor dem BFA wörtlich wiedergegeben. Weiters wurden die von den Beschwerdeführern vorgelegten Dokumente angeführt.

Das BFA stellte fest, dass die Beschwerdeführer türkische Staatsangehörige, Kurden und Aleviten seien. Sie seien strafrechtlich unbescholten, würden an keiner schweren oder lebensgefährlichen Erkrankung leiden und seien arbeitsfähig. Die Beschwerdeführer seien legal mittels Visum in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seien verheiratet und hätten die Dritt- und Viertbeschwerdeführer als gemeinsame Kinder. Die Beschwerdeführer seien im österreichischen Bundesgebiet nicht erwerbstätig und hätten bislang keine Deutschkurse besucht.

Zu den Gründen für das Verlassen ihres Heimatstaates stellte das BFA fest, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Erst- oder die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer alevitischen Religionszugehörigkeit oder aufgrund ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt worden seien. Eine Verfolgung durch Privatpersonen oder durch die türkischen Behörden habe ebenfalls nicht festgestellt werden können. Sie seien in der Türkei weder vorbestraft noch inhaftiert worden und es gebe keine Probleme mit den Behörden und keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen. Sie seien nicht politisch tätig und kein Mitglied einer politischen Partei. Auch aus den sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der GFK festgestellt werden können. Hinsichtlich des Dritt- und Viertbeschwerdeführers stellte das BFA fest, dass ihre gesetzliche Vertretung für sie keine eigenen Fluchtgründe angegeben habe und auch aus sonstigen Umständen keine Verfolgung aus Gründen der GFK habe festgestellt werden können.

Danach traf das BFA Feststellungen zur Lage in der Türkei.

Beweiswürdigend führte das BFA im Bescheid des Erstbeschwerdeführers aus (Schreibfehler im Original):

"Die Vernehmung des Asylwerbers steht hierbei als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung. Die erkennende Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber gleichbleibende, substantiierte Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und mit den Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.

Bei der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.06.2018 gaben Sie befragt nach Ihren Fluchtgründen an, Sie wären schon seit längerem aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit bedroht worden. Im Februar wäre auf Ihre Wohnungstür ein Kreuz gezeichnet worden und unbekannte hätten im 5. Stock Ihres Wohnhauses Feuer gelegt. Sie hätten im 4. Stock gelebt. Der Brand wäre bemerkt und dann gelöscht worden, Sie hätten jedoch Angst um ihre Familie gehabt und die Türkei verlassen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, EASt WEST am 26.07.2018 gaben Sie betreffend Fluchtgrund an, Sie hätten die Türkei aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit zu den Aleviten verlassen. Sie hätten starken Druck und Beleidigungen bekommen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz am 23.10.2018 gaben Sie an, dass Sie wegen dem erwähnten Hausbrand ausgereist wären. Wegen Ihres Glaubens und Ihrer politischen Ansichten wären Sie immer unter Druck gestanden und hätten in der Türkei ständig in Todesangst gelebt. Gewisse Gruppen würden Sie als ungläubig bezeichnen weil Sie Alevite sind. Sie wären auch gegen das jetzige Regime aufgetreten, hätten dessen Führungsstil abgelehnt und würden deshalb als Staatsfeinde bezeichnet werden. Einige Male wären Sie in Ihrem Wohnort geschlagen worden und wären fast getötet worden. Das Ihr Haus angezündet worden wäre, wäre der ausschlaggebende Grund gewesen weshalb Sie die Türkei verlassen hätten.

Sie und Ihre Ehefrau berichteten von drei Übergriffen gegen Ihre Person im Jahr 2011, 2016 und 2017. Bei dem Vorfall im Jahr 2017 wären im Zuge Ihrer Tätigkeiten als LKW-Fahrer ein Paket in einer anderen Firma abholen. Als die Mitarbeiter dort merkten, dass Sie kein Moslem sind und nicht fasten wären Sie von diesen nach einem Wortwechsel geschlagen worden. Sie wären dann ins Krankenhaus gebracht worden, hätten jedoch keine Anzeige erstattet, da Ihr Chef diesen Kunden verloren hätte und Sie nicht mehr dort arbeiten hätten können. Sie haben aufgrund dieses Vorfalls nicht einmal versucht Schutz bei den türkischen Behörden zu suchen. Die Behörde sieht es deshalb als gegeben an, dass die Behörden Ihres Heimatlandes Sie vor eventuellen Übergriffen Dritter geschützt hätten. Aus der Nichtinanspruchnahme dieser Möglichkeit kann nicht die Schutzunwilligkeit des Staates abgeleitet werden.

Zu den Vorfällen im Jahr 2011 und 2016 ist anzumerken, dass Sie diesen zwar ausgesetzt waren, diese jedoch nicht bis zu Ihrer Ausreise angedauert haben. Für eine Asylgewährung können aber nur solche Gründe maßgebend sein, die Ursache für die Flucht gewesen sind. Schon längere Zeit zurückliegende Verfolgungshandlungen begründen keinen Asylanspruch, wenn der Asylwerber bis zu seiner tatsächlichen Flucht nicht ständig in "wohlbegründeter Furcht" vor Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen gelebt hat (VwGH vom 21.06.1994, Zl.: 94/20/0317). Da es den von Ihnen erwähnten Vorfällen im Jahr 2011 und2016 am notwendigen zeitlichen Konnex zu Ihrer Ausreise mangelt, kommt Ihnen keine Relevanz mehr zu.

Als eigentlichen Grund für Ihre Ausreise gaben Sie den Brand in Ihrem Wohnhaus im Februar 2018 an. Das Feuer wäre von unbekannten im

5. Stock gelegt worden. Sie und Ihre Familie hätten im 4. Stock gelebt. Eine Person hätte unter den Gasleitungen Schuhe angezündet, jedoch wäre der Brand durch einen Ihrer Nachbarn entdeckt und von der Feuerwehr gelöscht worden. Weiters wäre an alle Eingangstüren des Wohnhauses wäre "Aleviten töten" geschrieben worden. Danach gefragt, ob alle Parteien nach diesem Vorfall aus dem Haus und der Türkei geflüchtet seien, gaben Sie an das immer noch 2 Parteien dort leben würden. Sie fügten hinzu, dass diese Leute keine Entscheidung treffen könnten, keine finanziellen Mittel hätten und dort weiterhin mit den Problemen leben. Für Sie wäre dies nicht mehr möglich gewesen, da Sie Ihre Identität nicht versteckten und sich nicht angepasst hätten. Die anderen Volksgruppen hätten Sie nicht akzeptiert, Sie wollten jedoch mit Ihrer Identität weiterleben.

Eine Sie und Ihre Familie persönlich treffende Verfolgungshandlung konnte jedoch nicht festgestellt werden. Der vorgebrachte Umstand dass Ihre Wohnungstüren markiert und ein Feuer gelegt worden wäre, mag zwar ein einschneidendes Erlebnis darstellen, jedoch ist anzumerken, dass immerhin noch 2 Parteien weiterhin ohne Probleme dort leben können. Auch Ihre Eltern, Ihre Geschwister und die Familie Ihrer Ehefrau können weiterhin in XXXX leben.

Weiters gaben Sie an in der Türkei gegen das Regime aufzutreten indem Sie nicht beten gehen und Ihre Kinder nicht in die Koranschule schicken würden. Sie selbst würden nicht fasten und auch nicht in die Moschee gehen. Wenn man diese Punkte nicht durchführt, wäre man außerhalb des Regimes. Außerdem würde Ihre Frau kein Kopftuch tragen und Sie beide Alkohol trinken. Hierzu ist anzumerken, dass in der Türkei weder ein generelles Alkoholverbot herrscht noch Frauen verpflichtet sind ein Kopftuch zu tragen. Auch der Umstand dass Sie nicht beten und fasten und Ihre Kinder nicht in die Koran Schule gehen mag vielleicht in ländlichen Gegenden der Türkei ein Problem sein, jedoch ist es auch Personen muslimischen Glaubens in einer Großstadt wie XXXX möglich auf solche religiösen Tätigkeiten zu verzichten. Ebenso deutet der Umstand, dass Sie problemlos legal ausreisen konnten und offenbar keine Bedenken hatten, sich der Passkontrolle zu unterziehen, darauf hin, dass Sie Verfolgungshandlungen seitens der Behörden Ihres Heimatlandes weder selbst befürchteten noch zu befürchten hatten (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 20.6.1990, Zl. 90/01/0024).

Zu einer etwaigen Gruppenverfolgung türkischer Staatsangehöriger, kurdischer Bevölkerungszugehörigkeit und alevitischer Glaubenszugehörigkeit ist auszuführen, dass Angehöriger einer Minderheit zu sein bzw. Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer ethnischen oder religiösen Volksgruppe alleine, sowie deren schlechte allgemeine Situation nicht geeignet ist, eine Asylgewährung zu rechtfertigen.

Bei den von Ihnen vorgebrachten Problemen in Ihrem Heimatland handelt es sich um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können. Solche Benachteiligungen auf sozialem, wirtschaftlichem oder religiösem Gebiet sind nämlich für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft nur dann ausreichend, wenn sie eine solche Intensität erreichen, die einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich machen, wobei bei der Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist (VwGH vom 22.06.1994, Zl.: 93/01/0443). Die von Ihnen erwähnten Schwierigkeiten erfüllen dieses Kriterium nicht.

Das Asylgesetz verlangt vielmehr die begründete Furcht vor einer konkreten gegen den Asylwerber selbst gerichteten Verfolgungshandlung aus den in der GFK angeführten Gründen.

Allgemeine geringfügige Benachteiligungen die noch nicht das Ausmaß einer Gruppenverfolgung angenommen haben richten sich nicht speziell gegen Ihre Person und können daher nicht zur Asylgewährung führen.

Auch die vorgelegten Onlineartikel und Fotos sind nicht geeignet eine Sie persönlich treffende Bedrohung oder Verfolgung zu beweisen.

Dass Sie darüberhinausgehende staatliche, staatlich geduldete oder staatlich nicht zu verhindernde Maßnahmen zu befürchten gehabt hätten, die sich gegen die Gesamtheit der dort lebenden kurdisch-alevitischen Bevölkerungsgruppe richten würden und die eine solche Intensität erreicht hätten, dass von einer systematischen Gruppenverfolgung gesprochen werden könnte, ist Ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Auch aus den sonstigen Umständen konnte eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden.

Alles in allem gelang es Ihnen aus den vorstehend im Detail erörterten Aspekten nicht eine Sie betreffende Bedrohungs- oder Verfolgungssituation in der Türkei glaubhaft darzulegen. Demgemäß konnte die Behörde nicht davon ausgehen, dass Sie im Falle einer Rückkehr in die Türkei einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Für die Behörde steht daher fest, dass es keine individuelle Verfolgungsgefahr für Ihre Person gibt."

Beweiswürdigend führte das BFA im Bescheid der Zweibeschwerdeführerin aus (Schreibfehler im Original):

"Die Vernehmung des Asylwerbers steht hierbei als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung. Die erkennende Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber gleichbleibende, substantiierte Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und mit den Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.

Bei der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.06.2018 gaben Sie befragt nach Ihren Fluchtgründen an, dass Sie und Ihre Familie seit längerem bedroht worden wären. Im Februar wäre auf Ihre Wohnungstür ein Kreuz gezeichnet worden und Unbekannte hätten im 5. Stock Ihres Wohnhauses Feuer gelegt. Sie hätten im 4. Stock gelebt. Der Brand wäre bemerkt und dann gelöscht worden. Im Jahr 2016 wäre Ihr Ehemann von drei Männern geschlagen worden. Im Februar 2018 hätten Sie von einer Freundin selbstgemachten Schnaps geschenkt bekommen und hätten diesen dann mit Ihrem Ehemann getrunken. Am nächsten Tag hätten Sie mit Ihrer Freundin darüber gesprochen und die Nachbarn hätten dies mitbekommen. Die Nachbarn hätten Sie belästigt und Sie hätten sich dadurch bedroht gefühlt.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, EASt WEST am 26.07.2018 gaben Sie betreffend Fluchtgrund an, Sie hätten in der Türkei wegen Ihrer Religion psychischen und sozialen Druck erleiden müssen. Ihr Haus in XXXX wäre angezündet worden und jemand hätte ein Kreuz auf Ihr Wohnhaus gemalt. Laut Feuerwehr wäre es absichtliche Brandstiftung gewesen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Linz am 23.10.2018 gaben Sie an, Sie würden als Alevitin in der Türkei ständig unter psychischem Druck stehen. Ihr Lebens- und Kleidungsstil wären anders als von der AKP gewünscht. Sie würden Ihre Kinder nicht in die Koranschule schicken und zu Hause Alkohol trinken. Deshalb würden Sie Probleme mit den AKP Anhängern bekommen.

Sie berichteten von einem Vorfall im Juli 2011 beidem Ihre Wohnung von drei Personen gestürmt worden wäre. Diese hätten Ihren Mann aus der Wohnung gebracht und anschließend wäre einer der Männer zurückgekommen und hätte versucht Sie zu vergewaltigen. Ihr Ehemann hätte dies bemerkt und hätte Ihre Nachbarn gebeten Ihnen zu helfen. Ihre Nachbarn XXXX und XXXX hätten diesen Mann dann aus der Wohnung geworfen. Ihr Mann wäre dann mit blutigem Gesicht nach Hause gekommen und hätte Ihre zerrissene Bluse gesehen. Er wäre durchgedreht und hätte versucht raus zu gehen, woran ihn Ihre Nachbarn dann aber gehindert hätten. Sie hätten dann beschlossen keine Anzeige zu erstatten da es sich bei den Männern um Anhänger einer größeren Gruppe gehandelt hätte. Durch eine Anzeige wären Ihre Probleme nur größer geworden. Ihr Ehemann hätte dann trotzdem Anzeige erstattet und über 72 Menschen wären festgenommen worden. 2 oder 3 Tage später wären jedoch alle wieder freigelassen worden und es wäre nichts gegen diese Personen unternommen worden. Während der Einvernahme wurden Sie darauf aufmerksam gemacht, die Einvernahme aufgrund Ihrer sexuellen Selbstbestimmung mit einer weiblichen Referentin und einer weiblichen Dolmetscherin zu führen. Sie bestanden im Beisein Ihrer rechtlichen Vertretung ausdrücklich auf die Fortsetzung der Einvernahme.

Im Juli 2016 nach dem Putschversuch wäre Ihr Mann Milch kaufen gegangen. Der Geschäftsmann hätte Ihren Mann aufgefordert mit auf die Straße zu gehen, dieser hätte jedoch wegen der Kinder nicht mitgehen können, woraufhin er keine Milch bekommen hätte. Am nächsten Tag wäre Ihr Ehemann zum Friseur gegangen und hätte sich dabei über die aktuelle Lage unterhalten. In diesem Moment seien drei Personen in das Friseurgeschäft gekommen und hätten Ihren Mann beschuldigt Gülen Anhänger zu sein, da er nicht an den Demonstrationen teilgenommen hätte. Er wäre von diesen Männern geschlagen worden und wollte mit dem Friseur als Zeuge bei der Polizei Anzeige erstatten. Der Friseur hätte abgelehnt und Ihr Mann wäre dann alleine zur Polizei gegangen, jedoch wäre ihm auch dort vorgeworfen worden Gülen Anhänge zu sein. Da Ihr Mann Anzeige erstattet hätte, wären Sie später auch von diesen Personen bedroht worden.

Zu diesen Vorfällen im Jahr 2011 und 2016 ist anzumerken, dass Sie und Ihr Ehemann diesen zwar ausgesetzt waren, diese jedoch nicht bis zu Ihrer Ausreise angedauert haben. Für eine Asylgewährung können aber nur solche Gründe maßgebend sein, die Ursache für die Flucht gewesen sind. Schon längere Zeit zurückliegende Verfolgungshandlungen begründen keinen Asylanspruch, wenn der Asylwerber bis zu seiner tatsächlichen Flucht nicht ständig in "wohlbegründeter Furcht" vor Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen gelebt hat (VwGH vom 21.06.1994, Zl.: 94/20/0317). Da es den von Ihnen erwähnten Vorfällen im Jahr 2011 und 2016 am notwendigen zeitlichen Konnex zu Ihrer Ausreise mangelt, kommt Ihnen keine Relevanz mehr zu.

Als eigentlichen Grund für Ihre Ausreise gaben Sie den Barn in Ihrem Wohnhaus im Februar 2018 an. Durch Schreie Ihres Nachbarn seien Sie wach geworden und hätten auch gesehen, dass an den Eingangstüren der Schriftzug "Aleviten töten" geschrieben wurde. Sie wären mit den Kindern rausgegangen und der Brand wäre dann von der Feuerwehr gelöscht worden. Laut Feuerwehr sei der Brand gelegt worden indem jemand die Schuhe vor den Eingangstüren gesammelt und unter den Gasleitungen in Brand gesteckt hätte. Sie hätten diesen Vorfall angezeigt, dieser Fall wäre jedoch ungelöst abgeschlossen worden.

Eine Sie und Ihre Familie persönlich treffende Verfolgungshandlung konnte jedoch nicht festgestellt werden. Der vorgebrachte Umstand dass Ihre Wohnungstüren markiert und ein Feuer gelegt worden wäre, mag zwar ein einschneidendes Erlebnis darstellen, jedoch ist anzumerken, dass immerhin noch 2 Parteien weiterhin ohne Probleme dort leben können. Auch Ihre Eltern, Ihre Schwiegereltern und Ihre Geschwister können weiterhin in XXXX leben.

Am 14. Februar 2018 hätten Sie und Ihr Ehemann eine Flasche Wein getrunken und hätten es am nächsten Tag einer Freundin erzählt. Eine Frau hätte dies gehört und Sie dann als Ungläubige beschimpft und Sie geschlagen. Es wäre zum Streit gekommen, welcher von anderen Frauen geschlichtet worden wäre. Sie wären dann im Streit auseinander gegangen, jedoch wäre Ihr Kind in der Schule vom Kind dieser Frau weiter belästigt worden.

Bei einem weiteren Vorfall im April 2018 wären Sie eingeladen worden an einem religiösen Gespräch teilzunehmen und willigten ein. Dort wären Sie darauf aufmerksam gemacht worden, dass Sie sich mit Ihrem jetzigen Kleidungsstil nur Ihrem Ehemann zeigen dürften. Als man versucht hätte Ihnen ein Kopftuch zu geben, hätten Sie sich geweigert und wären deswegen beschimpft und aus der Wohnung geworfen worden.

Auch diesen beiden Vorfällen war weder eine Asylrelevanz noch eine Sie persönlich treffende Bedrohung oder Verfolgung zu entnehmen. Hierzu ist anzumerken, dass in der Türkei weder ein generelles Alkoholverbot herrscht noch Frauen verpflichtet sind ein Kopftuch zu tragen. Auch der Umstand dass Sie nicht beten und fasten und Ihre Kinder nicht in die Koran Schule gehen mag vielleicht in ländlichen Gegenden der Türkei ein Problem sein, jedoch ist es auch Personen muslimischen Glaubens in einer Großstadt wie XXXX möglich auf solche religiösen Tätigkeiten zu verzichten.

Alleine der Umstand dass Sie eine Frau sind kann nicht zur Gewährung von Asyl führen. So gaben Sie in der Einvernahme und Ihrer Stellungnahme an, Sie hätten das Haus nicht alleine verlassen könne und es wäre Ihnen nicht möglich Sport zu betreiben. Hierzu ist anzumerken, dass Sie vor der Geburt Ihres ersten Kindes als Buchhalterin tätig waren und es Ihnen auch noch kurz vor Ihrer Ausreise möglich war, das Haus alleine zu verlassen, wie die beiden beschriebenen Vorfälle im Februar und April 2018 bezeugen. Somit war es Ihnen möglich, mit Ausnahme der erwähnten Belästigungen, ohne Konsequenzen alleine außer Haus zu gehen.

Zu einer etwaigen Gruppenverfolgung türkischer Staatsangehöriger, kurdischer Bevölkerungszugehörigkeit und alevitischer Glaubenszugehörigkeit ist auszuführen, dass Angehöriger einer Minderheit zu sein bzw. Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer ethnischen oder religiösen Volksgruppe alleine, sowie deren schlechte allgemeine Situation nicht geeignet ist, eine Asylgewährung zu rechtfertigen.

Bei den von Ihnen vorgebrachten Problemen in Ihrem Heimatland handelt es sich um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können. Solche Benachteiligungen auf sozialem, wirtschaftlichem oder religiösem Gebiet sind nämlich für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft nur dann ausreichend, wenn sie eine solche Intensität erreichen, die einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich machen, wobei bei der Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist (VwGH vom 22.06.1994, Zl.: 93/01/0443). Die von Ihnen erwähnten Schwierigkeiten erfüllen dieses Kriterium nicht.

Das Asylgesetz verlangt vielmehr die begründete Furcht vor einer konkreten gegen den Asylwerber selbst gerichteten Verfolgungshandlung aus den in der GFK angeführten Gründen.

Allgemeine geringfügige Benachteiligungen die noch nicht das Ausmaß einer Gruppenverfolgung angenommen haben richten sich nicht speziell gegen Ihre Person und können daher nicht zur Asylgewährung führen.

Auch die vorgelegten Onlineartikel und Fotos sind nicht geeignet eine Sie persönlich treffende Bedrohung oder Verfolgung zu beweisen.

Dass Sie darüberhinausgehende staatliche, staatlich geduldete oder staatlich nicht zu verhindernde Maßnahmen zu befürchten gehabt hätten, die sich gegen die Gesamtheit der dort lebenden kurdisch-alevitischen Bevölkerungsgruppe richten würden und die eine solche

Intensität erreicht hätten, dass von einer systematischen Gruppenverfolgung gesprochen werden könnte, ist Ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Auch aus den sonstigen Umständen konnte eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden.

Alles in allem gelang es Ihnen aus den vorstehend im Detail erörterten Aspekten nicht eine Sie betreffende Bedrohungs- oder Verfolgungssituation in der Türkei glaubhaft darzulegen. Demgemäß konnte die Behörde nicht davon ausgehen, dass Sie im Falle einer Rückkehr in die Türkei einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Für die Behörde steht daher fest, dass es keine individuelle Verfolgungsgefahr für Ihre Person gibt."

Hinsichtlich der Dritt- und Viertbeschwerdeführer führte das BFA beweiswürdigend aus, dass ihre gesetzliche Vertreterin keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe und wurde auf die Entscheidungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Angaben nicht asylrelevant seien. Es ergebe sich auch kein Hinweis darauf, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Nach Abwägung aller Interessen ergebe sich, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

5. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht durch ihren Vertreter Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. In einer Beschwerdeergänzung führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, der Vergewaltigungsversuch im Jahr 2011 sei eine vollendete Vergewaltigung gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige, Kurden und Angehörige der alevitischen Glaubensrichtung. Sie lebten bis zur Ausreise in XXXX in XXXX . Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und sind die Eltern der Dritt- und Viertbeschwerdeführer. In der Türkei leben noch die Eltern, ein Bruder und eine Schwester des Erstbeschwerdeführers sowie die Eltern und fünf Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Erstbeschwerdeführer hat in der Türkei die Grund- und Hauptschule besucht, diese dann abgebrochen und bei diversen Arbeitgebern als Hilfsarbeiter, sowie zuletzt für 14 Jahre als LKW-Fahrer gearbeitet. Die Zweitbeschwerdeführerin hat die Grund- und Hauptschule sowie ein Gymnasium abgeschlossen und war etwa sieben Jahre als Buchhalterin beruflich tätig. Zuletzt war sie Hausfrau.

Die Beschwerdeführer verließen die Türkei legal am 11.06.2018 und reisten mittels österreichischer Visa in das Bundesgebiet ein. Sie stellten jeweils am 26.06.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Die vom Erstbeschwerdeführer und von der Zweitbeschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten, beziehen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und sind nicht erwerbstätig. Die Beschwerdeführer sind gesund. Die Beschwerdeführer leben in einem gemeinsamen Haushalt. Der Drittbeschwerdeführer besucht in Österreich die Volksschule.

In Österreich leben die Schwester des Erstbeschwerdeführers und eine Nichte und ein Cousin der Zweitbeschwerdeführerin. Mit diesen besteht kein gemeinsamer Haushalt.

Zur Lage in der Türkei werden folgende Feststellungen getroffen:

1. Politische Lage

Die Türkei ist eine Präsidialrepublik und laut Art. 2 ihrer Verfassung ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat auf der Grundlage öffentlichen Friedens, nationaler Solidarität, Gerechtigkeit und der Menschenrechte sowie den Grundsätzen ihres Gründers Atatürk besonders verpflichtet. Staats- und Regierungschef ist seit Einführung des präsidialen Regierungssystems (9.7.2018) der Staatspräsident, der die politischen Geschäfte führt (AA 3.8.2018).

Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt und kann bis zu zwei Amtszeiten innehaben, mit der Möglichkeit einer dritten Amtszeit, wenn während der zweiten Amtszeit vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgerufen werden. Erhält kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, findet zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten statt. Die 600 Mitglieder des Einkammerparlaments werden durch ein proportionales System mit geschlossenen Parteienlisten bzw. unabhängigen Kandidaten in 87 Wahlkreisen für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Wahlkoalitionen sind erlaubt. Es gilt eine 10%-Hürde für Parteien bzw. Wahlkoalitionen, die höchste unter den Staaten der OSZE und des Europarates. Die Verfassung garantiert die Rechte und Freiheiten, die den demokratischen Wahlen zugrunde liegen, nicht ausreichend, da sie sich auf Verbote zum Schutze des Staates beschränkt und der Gesetzgebung diesbezügliche unangemessene Einschränkungen erlaubt. Im Rahmen der Verfassungsänderungen 2017 wurde die Zahl der Sitze von 550 auf 600 erhöht und die Amtszeit des Parlaments von vier auf fünf Jahre verlängert (OSCE/ODIHR 25.6.2018).

Am 16.4.2017 stimmten bei einer Beteiligung von 85,43% der türkischen Wählerschaft 51,41% für die von der regierenden AKP initiierte und von der rechts-nationalistischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) unterstützte Verfassungsänderung, welche ein exekutives Präsidialsystem vorsah (OSCE 22.6.2017, vgl. HDN 16.4.2017). Die gemeinsame Beobachtungsmisson der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) kritisierte die ungleichen Wettbewerbsbedingungen beim Referendum. Der Staat hat nicht garantiert, dass die WählerInnen unparteiisch und ausgewogen informiert wurden. Zivilgesellschaftliche Organisationen konnten an der Beobachtung des Referendums nicht teilhaben. Einschränkungen von grundlegenden Freiheiten aufgrund des bestehenden Ausnahmezustands hatten negative Auswirkungen. Im Vorfeld des Referendums wurden Journalisten und Gegner der Verfassungsänderung behindert, verhaftet und fallweise physisch attackiert. Mehrere hochrangige Politiker und Beamte, darunter der Staatspräsident und der Regierungschef setzten die Unterstützer der Nein-Kampagne mit Terrorsympathisanten oder Unterstützern des Putschversuchs vom Juli 2016 gleich (OSCE/PACE 17.4.2017). Die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) und die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) legten bei der Obersten Wahlkommission Beschwerde ein, dass 2,5 Millionen Wahlzettel ohne amtliches Siegel verwendet worden seien. Die Kommission wies die Beschwerde zurück (AM 17.4.2017). Gegner der Verfassungsänderung demonstrierten in den größeren Städten des Landes gegen die vermeintlichen Manipulationen (AM 18.7.2017). Die OSZE kritisiert eine fehlende Bereitschaft der türkischen Regierung zur Klärung von Manipulationsvorwürfen (FAZ 19.4.2017).

Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 24.6.2018 errang Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan 52,6% der Stimmen, sodass ein möglicher zweiter Wahlgang obsolet wurde. Bei den gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen erhielt die regierende AK-Partei 42,6% der Stimmen und 295 der 600 Sitze im Parlament. Zwar verlor die AKP die absolute Mehrheit, doch durch ein Wahlbündnis mit der rechts-nationalistischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) unter dem Namen "Volksbündnis", verfügt sie über eine Mehrheit im Parlament. Die kemalistisch-sekuläre CHP gewann 22,6% bzw. 146 Sitze und ihr Wahlbündnispartner, die national-konservative Iyi-Partei, eine Abspaltung der MHP, 10% bzw. 43 Mandate. Drittstärkste Partei wurde die pro-kurdische HDP mit 11,7% und 67 Mandaten (HDN 26.6.2018). Zwar hatten die Wähler und Wählerinnen eine echte Auswahl, doch bestand keine Chancengleichheit zwischen den Kandidaten und Parteien. Der amtierende Präsident und seine Partei genossen einen beachtlichen Vorteil, der sich auch in einer übermäßigen Berichterstattung der staatlichen und privaten Medien zu ihren Gunsten widerspiegelte. Zudem missbrauchte die regierende AKP staatliche Verwaltungsressourcen für den Wahlkampf. Der restriktive Rechtsrahmen und die unter dem geltenden Ausnahmezustand gewährten Machtbefugnisse schränkten die Versammlungs- und

Meinungsfreiheit auch in den Medien ein. Der Wahlkampf fand in einem stark polarisierten politischen Umfeld statt (OSCE/ODIHR 25.6.2018).

Der Präsident hat die Befugnis hochrangige Regierungsbeamte zu ernennen und zu entlassen, die nationale Sicherheitspolitik festzulegen und die erforderlichen Durchführungsmaßnahmen zu ergreifen; den Ausnahmezustand auszurufen; Präsidialerlässe zu Exekutivangelegenheiten außerhalb des Gesetzes zu erlassen; das Parlament indirekt aufzulösen, indem er Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ausruft; das Regierungsbudget aufzustellen; Vetogesetze zu erlassen; und vier von 13 Mitgliedern des Rates der Richter und Staatsanwälte und zwölf von 15 Richtern des Verfassungsgerichtshofes zu ernennen. Die traditionellen Instrumente des Parlaments zur Kontrolle der Exekutive, wie z. B. ein Vertrauensvotum und die Möglichkeit mündlicher Anfragen an die Regierung, sind nicht mehr möglich. Nur schriftliche Anfragen können an Vizepräsidenten und Minister gerichtet werden. Wenn drei Fünftel des Parlamentes zustimmen, kann dieses eine parlamentarische Untersuchung mutmaßlicher strafrechtlicher Handlungen des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der Minister im Zusammenhang mit ihren Aufgaben einleiten. Der Grundsatz des Vorrangs von Gesetzen vor Präsidialerlässen ist im neuen System verankert. Präsident darf keine Dekrete in Bereichen erlassen, die durch die Verfassung der Legislative vorbehalten sind. Der Präsident hat das Recht, gegen jedes Gesetz ein Veto einzulegen, obgleich das Parlament mit absoluter Mehrheit ein solches Veto außer Kraft setzen kann, während das Parlament nur beim Verfassungsgericht die Nichtigkeitserklärung von Präsidialerlässen beantragen kann (EC 17.4.2018).

Unter dem Ausnahmezustand wurde die Schlüsselfunktion des Parlaments als Gesetzgeber eingeschränkt, da die Regierung auf Verordnungen mit "Rechtskraft" zurückgriff, um Fragen zu regeln, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren hätten behandelt werden müssen. Das Parlament erörterte nur eine Handvoll wichtiger Rechtsakte, insbesondere das Gesetz zur Änderung der Verfass

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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