Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 2017 verstorbenen A***** P*****, zuletzt *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter E***** P*****, vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. April 2019, GZ 43 R 157/19k-34, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit Einantwortungsbeschluss des Erstgerichts wurde der Nachlass der Witwe zu fünf Sechsteln und der Mutter des Erblassers (Rechtsmittelwerberin) zu einem Sechstel, jeweils aufgrund des Gesetzes, eingeantwortet. In ihrem dagegen gerichteten Rekurs wandte sich die Mutter gegen die Aufnahme eines Wertpapierdepots und eines dazugehörigen Verrechnungskontos zu je einem Drittel in das Inventar, weil diese in ihrem Alleineigentum stünden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[2] In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Mutter keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:
[3] 1. Das Verfahren zur Errichtung des Inventars ist vom Gerichtskommissär durchzuführen (§ 1 Abs 1 Z 1 lit b GKG). Das Inventar bedarf zu seiner Feststellung keiner Annahme oder Entscheidung des Gerichts (§ 169 AußStrG). Innerhalb des Abhandlungsverfahrens besteht daher grundsätzlich keine Möglichkeit, das Inventar als solches oder die dabei vorgenommene Bewertung zu überprüfen (2 Ob 64/18b; 2 Ob 55/15z). Der Grund liegt darin, dass das Inventar nur der Beweissicherung dient und keine Bindungswirkung entfaltet (2 Ob 64/18b; 2 Ob 150/16x).
[4] 2. Anfechtbare Beschlüsse des Verlassenschaftsgerichts können erst aufgrund von Anträgen ergehen, die nach Errichtung des Inventars gestellt werden. Diese können nach § 166 Abs 2 AußStrG auf Aufnahme oder Ausscheidung einer Sache aus dem Inventar gerichtet sein oder auf einen Antrag nach § 7a GKG auf formale Mängel des Inventars (Substanzlosigkeit, fehlende Nachvollziehbarkeit, Missachtung der Rahmenbedingungen für die Bewertung) gestützt werden (2 Ob 64/18b; vgl RS0132172).
[5] 3. Ist ein Inventar zu errichten, so ist die Einantwortung erst nach dessen Vorliegen zulässig (2 Ob 183/15y; RS0130972). Gleiches gilt dann, wenn zwar ein Inventar errichtet wurde, aber danach gestellte Anträge nach § 166 Abs 2 AußStrG oder § 7a GKG noch offen sind. Denn in diesem Fall liegt noch kein (endgültiges) Inventar vor, sodass diese Voraussetzung für die Einantwortung fehlt (2 Ob 81/18b). Werden keine derartigen Anträge gestellt, kann aber in der Regel die Einantwortung erfolgen (vgl 2 Ob 64/18b).
[6] 4. Im gegenständlichen Verlassenschafts-verfahren wurden nach Vorliegen des Inventars weder von der Mutter noch von einer anderen Partei Anträge nach § 166 Abs 2 AußStrG gestellt. Damit lagen die Voraussetzungen für die Einantwortung vor, ohne dass das Erstgericht zu überprüfen hatte, ob und in welchem Umfang das Wertpapierdepot und das Verrechnungskonto in das Inventar aufzunehmen waren.
[7] 5. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.
Textnummer
E125771European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00099.19A.0725.000Im RIS seit
09.08.2019Zuletzt aktualisiert am
19.12.2019