TE Lvwg Beschluss 2019/6/3 LVwG-AV-602/001-2019

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Veröffentlicht am 03.06.2019
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Entscheidungsdatum

03.06.2019

Norm

VwGVG 2014 §8
VwGVG 2014 §28 Abs1
AVG 1991 §73
B-VG Art130 Abs1 Z3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter aufgrund der Säumnisbeschwerde des A in dem von der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs zu Zahl *** geführten Verfahren betreffend Überprüfung des Pachtschillings für die Genossenschaftsjagd *** nach dem NÖ Jagdgesetz den

BESCHLUSS:

1.       Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

1.   Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 25. Februar 2019, welches am selben Tag bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs einlangte, brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich des Beschlusses des Jagdausschusses der Jagdgenossenschaft *** vom 18. Jänner 2019 über die im Wege der freien Vereinbarung vorgenommene Verpachtung der Genossenschaftsjagd *** einen Antrag auf Überprüfung des Pachtschillings und Aufhebung des Beschlusses des Jagdausschusses der Jagdgenossenschaft *** ein.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2019 brachte der Beschwerdeführer zu diesem Antrag vom 25. Februar 2019 einen Antrag auf Entscheidung (Säumnisbeschwerde) ein. In der Begründung dieses Antrages verwies der Beschwerdeführer auf sein Schreiben vom 25. Februar 2019. Er führte weiters aus, dass gemäß § 73 Abs. 1 AVG die gesetzliche Verpflichtung der Behörde bestehe, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Ohne unnötigen Aufschub bedeute, dass die Behörde objektiv-rechtlich verpflichtet sei, ehestmöglich zu entscheiden. Sie dürfe nicht grundlos zuwarten oder überflüssige Verwaltungshandlungen setzen, um die Entscheidung zu verzögern. Die Behörde sei somit objektiv verpflichtet, ohne unnötigen Aufschub – und damit allenfalls bereits vor Ablauf von 6 Monaten – zu entscheiden, wenngleich diese Verpflichtung für den Antragsteller auf prozessualem Wege erst nach Ablauf dieser Frist durchsetzbar sei.

Es sei im vordringlichsten Interesse der Grundeigentümer, die durch den Jagdausschuss der Jagdgenossenschaft vertreten werden, den wirtschaftlich bestmöglichen Erlös aus der Verwertung ihres Jagdrechtes zu erhalten. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass der Eintritt eines Schadens in Aussicht stehe und bei weiterem zuwarten und nicht entscheidender Behörde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eintreten werde. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit zur Geltendmachung der objektiven Rechtswidrigkeit im Wege der Amtshaftung. Der Beschwerdeführer wies auch darauf hin, dass männliche und weibliche Ausdrücke geschlechtsneutral in der männlichen Form verwendet würden.

2.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu Zahl *** und die Eingabe des Beschwerdeführers.

3.   Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu Zahl *** und der Eingabe des Beschwerdeführers.

4.   Rechtslage:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 73 Abs. 1 AVG lautet:

„(1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.“

§ 8 VwGVG lautet:

„(1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von 6 Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.“

5.   Erwägungen:

Als „Anträge von Parteien“, welche nach § 73 Abs 1 AVG die Entscheidungspflicht zur Folge haben, kommen alle Begehren in Betracht, über die durch Bescheid abzusprechen ist, d.h. die ihrem Inhalt nach abstrakt dazu geeignet sind, durch die angerufene Behörde mittels Bescheides erledigt zu werden.

Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Überprüfung der Angemessenheit des Pachtschillings und Aufhebung des Beschlusses des Jagdausschusses der Jagdgenossenschaft ***. Dieser Antrag langte am
25. Februar 2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs ein und stellt dies das die Entscheidungspflicht der Behörde auslösende Ereignis dar.

Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen (§ 73 Abs. 1 AVG).

Da das NÖ Jagdgesetz keine spezielle Regelung über die Frist für die behördliche Entscheidung in der gegenständlichen Angelegenheit vorsieht, ist die in § 73 Abs. 1 AVG festgelegte Frist von 6 Monaten maßgeblich.

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3
B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von 6 Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war (§ 8 Abs. 1 VwGVG).

Fehlt es an einer Prozessvoraussetzung, so ist die Säumnisbeschwerde gemäß § 28 Abs 1 VwGVG zurückzuweisen. Im gegenständlichen Fall ist die sechsmonatige Entscheidungsfrist der Behörde noch nicht abgelaufen. Eine Säumnisbeschwerde kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von 6 Monaten entschieden hat.

Wie der Beschwerdeführer bereits in seinem Antrag unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH Ra 2016/06/0057) ausgeführt hat, ist die Behörde objektiv verpflichtet, ohne unnötigen Aufschub – und damit allenfalls bereits vor Ablauf von 6 Monaten – zu entscheiden, wenngleich diese Verpflichtung für den Antragsteller auf prozessualem Wege erst nach Ablauf dieser Frist durchsetzbar ist. Demnach kann, wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 VwGVG ergibt, eine Säumnisbeschwerde erst dann erhoben und damit auf prozessualem Wege durchgesetzt werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von 6 Monaten (oder, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser, was auf den gegenständlichen Fall nicht zutrifft) entschieden hat.

Die gegenständliche Säumnisbeschwerde wurde bereits 3 Monate nach Einbringung des die Entscheidungsfrist auslösenden Antrages und sohin vor Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist der Behörde eingebracht. Aus diesem Grund erweist sich als unzulässig und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

6.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte in Anwendung des § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da aus der Aktenlage erkennbar war, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten ließ, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der GRC entgegenstehen.

Darüber hinaus erübrigen sich in Ansehung der Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Sachentscheidung iZm der Zurückweisung der Säumnisbeschwerde mangels Prozessvoraussetzung die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung zur Ermittlung allfälligen Verschuldens der Behörde ebenso wie der Antrag auf Akteneinsicht mit der intendierten Möglichkeit, zweckdienliche Beweismittel vorzulegen und Beweisanbote zu stellen.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Landwirtschaft und Natur; Jagdrecht; Verfahrensrecht; Säumnisbeschwerde; Entscheidungsfrist; Prozessvoraussetzung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.602.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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