TE Vwgh Beschluss 2019/6/27 Ra 2017/11/0300

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Veröffentlicht am 27.06.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §57a Abs2
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl und die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Landeshauptfrau von Niederösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 9. November 2017, Zl. LVwG-AV-31/001-2017, betreffend Anordnung von Maßnahmen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 (mitbeteiligte Partei: A in T, vertreten durch Donnerbauer & Partner Rechtsanwalts GmbH in 2070 Retz, Hauptplatz 21), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2016 widerrief die Revisionswerberin die dem Mitbeteiligten mit Bescheid vom 26. März 2009 erteilte und mit zwei späteren Bescheiden erweiterte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in S.

2 1.2. Über die dagegen erhobene Beschwerde des Mitbeteiligten änderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen ergangenen Erkenntnis den Bescheid der belangten Behörde dahin ab, dass anstatt des Widerrufs der Ermächtigung zwei Maßnahmen angeordnet wurden: einerseits wurde ein namentlich genannter Mitarbeiter des Mitbeteiligten von der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 hinsichtlich aller Arten von Fahrzeugen ausgeschlossen, andererseits wurde angeordnet, dass der Mitbeteiligte bei der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden habe, insbesondere bei der Überprüfung hinsichtlich der Einstellung des Lichts nach der Prüf- und Begutachtungsstellenveror dnung.

Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht, auf das Wesentliche zusammengefasst, aus, dem Mitbeteiligten sei im Jahr 2009 von der Revisionswerberin die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 in einer näher genannten Begutachtungsstelle in S erteilt worden. Diese Ermächtigung sei durch weitere Bescheide aus den Jahren 2013 und 2016 erweitert worden. Der Mitarbeiter D sei darin als geeignetes Personal angeführt.

4 Bei zwei Überprüfungen von Fahrzeugen (im Juni 2016 und im Jänner 2017) hätten Mitarbeiter des Mitbeteiligten zwei Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 ausgestellt, obwohl an den begutachteten Fahrzeugen jeweils schwere Mängel vorgelegen seien, die als solche hätten erkannt werden müssen.

5 In der Begutachtungsstelle S seien im Zeitraum vom November 2012 bis Juni 2017 insgesamt über 16.000 Überprüfungen durchgeführt worden. Jährlich würden ca. 2.500 Überprüfungen durchgeführt. Es habe zwei Revisionen seitens der Kraftfahrbehörde gegeben. Auffälligkeiten habe es lediglich in den beiden genannten Fällen gegeben. Der Mitbeteiligte verfüge über gleichartige Ermächtigungen nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 auch für weitere 20 Standorte in Niederösterreich. Ein Widerruf sei nur für den Standort S erfolgt.

6 § 57a Abs. 2 KFG 1967 verlange für die Verleihung der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen ua., dass der Betreffende vertrauenswürdig sei. Sei er dies nicht mehr, sei die Ermächtigung zu widerrufen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne zwar unter besonderen Umständen die Erstellung auch nur eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit erschüttern. Im vorliegenden Fall sei jedoch ungeachtet der beiden unrichtigen Gutachten angesichts der großen Zahl von durchgeführten und nicht beanstandeten Begutachtungen am Standort S nicht von einem Wegfall der Vertrauenswürdigkeit des Mitbeteiligten auszugehen. Dies werde auch durch die Überlegung gestützt, dass der Mitbeteiligte in Niederösterreich für weitere 20 Standorte, an denen keine Unregelmäßigkeiten hervorgekommen seien, über Ermächtigungen nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfüge; die Revisionswerberin habe für diese weiteren Standorte die Ermächtigungen belassen. Die Vertrauenswürdigkeit sei jedoch ein unteilbares Ganzes.

7 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, zu der der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete.

8 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

11 Beruht ein Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und liegt dieser keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zugrunde, so ist eine Revision unzulässig (vgl. den hg. Beschluss vom 12. September 2016, Zl. Ra 2016/11/0100).

12 2.2.1. Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass im Fall mehrerer Prüfstellen ein Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen nur bei sämtlichen Standorten eines Ermächtigungsinhabers innerhalb eines Bundeslandes erfolgen dürfe und nicht bezogen auf jenen Standort, in dem die Missstände festgestellt werden. Zu dieser Rechtsfrage sei keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bekannt.

13 Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, weil das Verwaltungsgericht seine diesbezüglichen Überlegungen nur als ergänzende Begründung für seine Rechtsauffassung ins Treffen geführt hat, dass die unstrittig am Standort S aufgetretenen Missstände noch nicht den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit des Mitbeteiligten nach sich gezogen hätten, weshalb der Widerruf der Ermächtigung nicht geboten sei.

14 2.2.2. Die vom Verwaltungsgericht primär dargelegte Begründung für seine Auffassung geht dahin, dass die am Standort S erstellten mangelhaften Gutachten angesichts der hohen Zahl insgesamt durchgeführter und nicht beanstandeter Begutachtungen den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit des Mitbeteiligten nicht bewirkt hätten. Zu dieser Begründung enthält die Revision jedoch kein Zulässigkeitsvorbringen, in dem eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird.

15 2.3. Die Revision war daher, vorliegendenfalls in dem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat, zurückzuweisen.

16 2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017110300.L00

Im RIS seit

13.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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