Entscheidungsdatum
08.04.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W197 2211090-1/12E
W197 2211090-2/3E
Schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses und
Entscheidung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.12.2018, Zahl:
1140501600-181179739 (A) sowie im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: 1140501600-181179739 über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , nigerianische Staatsangehörige in Schubhaft (B) zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag, die Beschwerdeführerin von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
C)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang (Feststellungen):
1.1. Die Beschwerdeführerin (BF) ist nigerianische Staatsangehörige, ihre Identität steht nicht fest, da sie ihren nigerianischen Reisepass bei ihrer Einreise am 14. Jänner 2017 ins Bundesgebiet angeblich am Flughafen weggeworfen hat. Das erteilte Visum ist abgelaufen. Die BF stellte am 17.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Die BF wurde zum Verfahren zugelassen und einer Grundversorgungstelle zugewiesen. Sie entfernte sich von dieser jedoch eigenmächtig und meldete sich am 24.03.2017 polizeilich bei einem Freund in Salzburg an. Diese Wohnadresse verließ sie jedoch nach eigenen Angaben Anfang 2018 wegen Problemen mit dem Wohnungsgeber ohne sich abzumelden und tauchte unter. Die BF wurde am 13.06.2018 abgemeldet.
1.3. Die BF hielt sich in der Folge unregelmäßig an verschiedenen Adressen in Klagenfurt und Wien auf und war bis zu ihrer Festnahme am 07.12.2018 für die Behörden nicht greifbar.
1.4. Mit Bescheid der Behörde vom 22.02.2017 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz abgewiesen, es wurde ihr auch kein subsidiärer Schutz im Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria erteilt. Weiters wurde ihr kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheisung erlassen und die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Für die freiwillige Ausreise wurde ihr keine Frist gewährt, einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
1.5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 23.03.2017 wurde die Beschwerde der Rechtsvertreterin der BF gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen, wobei im Erkenntnis die Nichtintegration der BF festgestellt wurde. Die Rückkehrentscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Die BF reiste in der Folge jedoch nicht aus, tauchte unter und entzog sich dem Verfahren zu ihrer Außerlandesbringung.
1.6. Anlässlich einer polizeilichen Kontrolle in einem Nachtklub trat eine andere Asylwerberin aus Nigeria, die im Bundesgebiet der Prostitution nachgeht, unter der Identität der BF auf. Diese gestand anlässlich einer Einvernahme am 10.08.2018 ein, dass sie den Ausweis der BF benützt hat.
1.7. Die BF wurde am 07.12.2018 in Wien auf Grund eines Festnahmeauftrags im Hinblick auf eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung festgenommen, als sie versuchte sich ihre angeblich verlorene Aufenthaltskarte neu ausstellen zu lassen. Anlässlich ihrer Einvernahme gab die BF an, dass sie sich unangemeldet im Bundegebiet aufhalte, dass ihr der Ausgang des Asylverfahrens nicht bekannt sei, sie von Freunden unterstützt werde und sich in Klagenfurt, Salzburg und Wien bei Freunden aufhalte und wohne, wobei sie keine konkrete Meldeadresse nennen konnte.
1.8. Mit Mandatsbescheid der Behörde vom 07.12.2018 wurde über die BF gem. § 76 Abs. 2 Z.2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Behörde sah die Voraussetzungen i.S. von § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG als verwirklicht und bejahte den Sicherungsbedarf. Die Behörde begründete auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels aufgrund des bisherigen Verhaltens der BF.
1.9. Gegen den Schubhaftbescheid, die Anordnung der und Anhaltung in Schubhaft erhob die BF durch ihren Vertreter Beschwerde und begründete diese mit fehlender Fluchtgefahr und mangelnder Verhältnismäßigkeit. Außerdem könne die BF bei namentlich genannten Personen in Wien und Klagenfurt wohnen. Zudem könne mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden warden. Beantragt wurde den Bescheid und die Anordnung der Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung der BF nicht vorliegen. Weiters wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung und die Einvernahme zweier namentlich genannter Zeugen zur Wohnmöglichkeit der BF beantragt. Schließlich wurde Barauslagen- und Kostenersatz beantragt.
1.10. Das BVwG führte am 17.12.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, wobei die von der BF stellig zu machenden Zeugen nicht erschienen. Dazu erklärte der Vertreter, dass ein Zeuge nicht erscheinen wolle und der andere Zeuge sein Erscheinen mit seinem Arbeitgeber erst abklären müsse. Sie stünden jedoch für ein Telefongespräch zur Verfügung. Anlässlich ihrer Einvernahme wiederholte die BF im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, wobei sie behauptete, dass sie Ihre Anwältin trotz Erkundigungen nicht vom Ausgang ihres Asylverfahrens informiert hat. Im Gegensatz zu ihrem bisherigen Vorbringen gab die BF nun an, dass sie ihre Asylkarte nicht verloren, sondern dass sie ihr entwendet wurde. Sie werde von Freunden unterstützt und wohne unangemeldet in Klagenfurt bei einem Freund und in Wien ebenfalls unangemeldet an zwei Adressen. Sie habe kein reguläres Einkommen und Ersparnisse von € 1.800,-. Sie besuche Parties und halte sich jedesmal unvorhersehbar wie lange in Wien auf. Die Frage, ob sie als Prostituierte arbeite, wollte die BF nicht beantworten.
1.11. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis wurde im Anschluss an die mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 17.12.2018 die Beschwerde der BF als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
1.12. Die BF wurde am 27.12.2018 als Zeugin im Verfahren wegen des Verdachtes auf Menschenhandels einvernommen. Dabei gab sie an, seit 2015 in Frankreich und Deutschland als Prostituierte gearbeitet zu haben. Sie sei im Jänner 2017 nach Österreich geflüchtet und habe um Asyl angesucht. Zu einem nicht genannten Zeitpunkt sei sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt und habe weiter als Prostituierte gearbeitet. Die BF hat sich damit dem Verfahren in Österreich entzogen und war für die Behörden nicht greifbar. Im Mai 2018 wäre sie wieder nach Österreich zurückgekehrt. Im Zuge weiterer Ermittlungen sind Zweifel an der behaupteten Opferrolle der BF hervorgekommen.
1.13. Die BF wurde am 25.01.2019 neuerlich der Nigerianischen Botschaft vorgeführt, wobei sie als Nigerianische StA identifiziert wurde. Die Identitätsprüfung erfordere jedoch weitere Erhebungen. Die Behörde teilte in der Folge mit, dass erfahrungsgemäß die HRZ-Erlangung drei bis vier Monate dauere. Die Behörde urgiert regelmäßig bei der Nigerianischen Vertretungsbehörde.
1.14. Am 24.01.2019 stellte die BF einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe. Einer solchen wurde seitens der Behörde zugestimmt. Die BF wurde am 31.01.2019 der Nigerianischen Vertretungsbehörde vorgeführt, wo sie mitteilte, nicht freiwillig zurückkehren zu wollen. Die Zustimmung der Behörde zur freiwilligen Rückkehr wurde in der Folge widerrufen.
1.15. Die Behörde legte die Akten vor, brachte vor wie bisher und teilte mit, dass davon ausgegangen werden könne, dass in den nächsten Wochen mit einer Antwort der Nigerianischen Vertretungsbehörde gerechnet werden könne, da die BF als Nigerianerin identifiziert wurde. Die Behörde beantragte festzustellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
II. Feststellungen
2.1. Die im Verfahrensgang als Feststellung gefassten Punkte werden der Entscheidung ebenfalls zu Grunde gelegt.
2.2. Die BF ist im Bundesgebiet nicht integriert, sie geht illegal einer Beschäftigung nach, wobei der begründete Verdacht besteht, dass sie als Prostituierte arbeitet. Sie lebt dazu von der Unterstützung von Freunden.
2.3. Die BF hielt sich unregelmäßig und unangemeldet an drei rechtlich nicht gesicherten Adressen in Wien auf. Sie hat sich dem Verfahren durch Untertauchen entzogen, will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren und ist auch nicht freiwillig ausgereist. Die BF hat sich entgegen ihrem Vorbringen nach Deutschland abgesetzt um dort als Prostituierte zu arbeiten und war in dieser Zeit für die Behörden nicht greifbar. Die BF ist im Hinblick auf ihr bisheriges Verhalten gänzlich vertrauensunwürdig.
2.4. Festgestellt wird, dass die Behörde zeitgerecht und zweckmäßig die notwendigen Schritte zur Außerlandesbringung der BF eingeleitet hat. Die Erlangung eines HRZ für die BF innerhalb der gesetzlichen Frist ist grundsätzlich möglich.
2.5. Die BF will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Sie hat ihre Absicht, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückkehren, widerrufen.
2.6. Die BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, welche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Haft aufkommen lassen.
2.7. Seit der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses des BVwG haben sich die entscheidungswesentlichen Umstände hinsichtlich der BF nicht verändert. Die BF ist im Hinblick auf ihr bisheriges Verhalten nach wie vor vertrauensunwürdig, es besteht akute Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf, die Anhaltung in Schubhaft ist verhältnismäßig.
2.8. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige, straffällige Fremde außer Landes zu bringen.
III. Beweiswürdigung
3.1. Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde. Eine mündliche Verhandlung hinsichtlich der Überprüfungsentscheidung gem. § 22a Abs. 4 BfA-VG war im Hinblick auf den unveränderten Sachverhalt nicht erforderlich.
3.2. Die BF ist im Bundesgebiet nicht integriert und unsteten Aufenthalts. Die zur Bestätigung ihrer Wohnmöglichkeit angebotenen Zeugen sind zur Verhandlung nicht erschienen. Doch selbst wenn diese ihr Vorbringen bestätigen würden, stünde der BF keine gesicherte Unterkunft zur Verfügung, an der sie jederzeit für die Behörde greifbar wäre und wo sie sich zur Abschiebung bereit halten würde. Die BF geht wahrscheinlich der illegalen Prostitution nach. Die Herkunft ihrer Ersparnisse ist ungeklärt. Die Behörde hat daher zutreffend unmittelbar drohende Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen und hat zu Recht von der Anordnung eines gelinderen Mittels abgesehen.
3.3. Die BF hat sich im Inland wie durch die Absetzung ins Ausland dem Verfahren entzogen und war währen mehrerer Monate für die Behörden nicht greifbar.
3.4. Der Behauptung, dass ihre Anwältin sie zum Stand des Asylverfahrens nicht informiert hat, wird kein Glauben geschenkt, bei diesem Vorbringen der BF handelt es sich um eine Schutzbehauptung.
3.5. Offenbar ist die BF auch involviert in Manipulationen mit ihrer Aufenthaltskarte. Hinsichtliche des Abhandenkommens dieses Dokuments hat sie sich in Widersprüche verwickelt, sodass ihrem Vorbringen, diese verloren zu haben, kein Glauben geschenkt wird. Es sind zudem Zweifel an ihrer Opferrolle im Verfahren aufgetreten.
3.6. Die Behörde ist zeitnah mit den nigerianischen Behörden in Kontakt getreten, um die Identität der BF zu klären und ein Heimreisezertifikat zu erlangen.
3.7. Die BF ist haftfähig. Es sind keine Umstände hervorgekommen, wonach die Anhaltung in Schubhaft nicht verhältnismäßig ist, Gegenteiliges wurde auch nicht vorgebracht.
IV. Rechtliche Beurteilung
4.1. Zu Spruchpunkt A. I. - Schubhaftbescheid
4.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.
4.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).
4.1.3. Gemäß §76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die ödffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist oder 2. diese zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung notwendig ist, sofern Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und 2. Dublin-Verordnung vorliegen. Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.
4.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.
4.1.5. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten der BF und ihre unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine erhebliche und präsente Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen und die Schubhaft verhängt. Das Verhalten der BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Die Behörde hat sichergestellt, dass das Verfahren zur Außerlandesbringung der BF zeitnah und zweckmäßig geführt wird. Es ist davon auszugehen, dass für die BF, jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist, ein HRZ für Nigeria erlangt und ihre Außerlandebringung bewerkstelligt werden kann.
4.2. Zu Spruchpunkt A. II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft
Auf Grund der getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung und im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezugs sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Rechtmäßigkeit der Schubhaft erkennen lassen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
4.3. Zu Spruchpunkt A. III. - Kostenbegehren
Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen allein der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Der BF steht demgegenüber kein Aufwandersatz zu.
4.4. Zu Spruchpunkt A. IV. - Kostenbegehren
Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag der BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht der Beschwerdeführerin auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höhe nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden.
4.5. Zu Spruchpunkt B. - Fortsetzung der Schubhaft
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vorliegen.
4.6. Zu Spruchpunkt C - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.
Schlagworte
Ausreisewilligkeit, Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Kostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2211090.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.07.2019