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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ApG 1907 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde der Mag. pharm. U in Gleisdorf, vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien XII, Aichholzgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 3. Juli 1998, Zl. 262.171/3-VIII/A/4/98, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Gleisdorf (mitbeteiligte Partei: Dr. et Mag. pharm. D in Weiz, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien IX, Nussdorferstraße 10-12), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 20. August 1991 war der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Gleisdorf erteilt worden. Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1993, 91/10/0214, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Auch der Ersatzbescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 23. Februar 1995 wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. Mai 1996, 95/10/0072, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die damalige belangte Behörde ein als vorhanden erachtetes Gesamtversorgungspotential von vornherein auf Grund der bloßen Vermutung, dieses Versorgungspotential werde sich auf beide in Betracht kommende Apotheken gleichmäßig aufteilen, den beteiligten Apotheken in gleichem Umfang zugeordnet hatte, ohne sich an den Zuordnungskriterien des § 10 des Apothekengesetzes (ApG) zu orientieren.
Im fortgesetzten Verfahren ging die belangte Behörde bei der Zuordnung von Kundenpotentialen an die beantragte Apotheke der mitbeteiligten Partei auf der einen und die bestehende öffentliche Apotheke der Beschwerdeführerin auf der anderen Seite wie folgt vor:
In einem Stadtplan von Gleisdorf wurde eine Trennlinie für die Zuordnung der Kundenpotentiale eingetragen. Die belangte Behörde ging davon aus, daß das Kundenpotential östlich der Trennlinie wegen der größeren Nähe zur bestehenden öffentlichen Apotheke dieser zuzuordnen sei, das Kundenpotential westlich der Trennlinie hingegen der geplanten neuen Apotheke. Hierauf ermittelte die belangte Behörde die Zahl der Einwohner westlich und östlich dieser Trennlinie.
Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde den Parteien des Verwaltungsverfahrens bekanntgegeben. Die Beschwerdeführerin bemängelte mit Schriftsatz vom 19. Juni 1998, daß aus den ihr übermittelten Unterlagen die zugrundegelegte Trennungslinie nicht ersichtlich sei.
Die belangte Behörde übermittelte daraufhin der Beschwerdeführerin den Plan mit der eingezeichneten Trennungslinie.
Mit Schriftsatz vom 13. Juli 1998 brachte die Beschwerdeführerin vor, die Entfernung zwischen der Betriebsstätte ihrer Apotheke und jener der mittlerweile errichteten Apotheke der mitbeteiligten Partei betrage weniger als 500 m, weshalb der Betrieb der neuen Apotheke in dieser Betriebsstätte unzulässig sei.
Auch dürften nur jene Personen dem Versorgungspotential zugerechnet werden, die im Umkreis von vier Kilometern von der Betriebsstätte der bestehenden Apotheke ihren ständigen Wohnsitz hätten. Weiters hielt sie ihre schon früher gemachten Anträge auf Erhebung der Altersstatistik von Gleisdorf, der Geburtenzahlen 1989 bis 1998, der Tendenz der Geburten in Gleisdorf in bestimmten Jahren etc., aufrecht.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. Juli 1998 wies die belangte Behörde neuerlich die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. Juni 1991, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Gleisdorf erteilt worden war, ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, "daß sich die neue Apothekenbetriebsstätte in 8200 Gleisdorf, Ludwig-Binder-Straße 27 befindet".
In der Begründung heißt es, auf Grund der zweiten Konzessionserteilung durch den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 23. Februar 1995 habe die mitbeteiligte Partei am 15. Jänner 1996 die Raabtal-Apotheke in Gleisdorf, Ludwig-Binder-Straße 27, eröffnet, mit Bescheid vom 26. September 1996 habe die Bezirkshauptmannschaft Weiz der mitbeteiligten Partei die Fortführung des Apothekenbetriebes gemäß § 19a Abs. 2 ApG gestattet. In diesem Bescheid werde zum Bedarf ausgeführt, die Entfernung zwischen der bestehenden Stadtapotheke und der neu zu errichtenden Raabtal-Apotheke in Gleisdorf betrage zu Fuß knapp über 500 m. Bei Benützung eines KFZ sei diese Entfernung wesentlich größer. Der Grund dafür liege im Einbahnsystem der Stadtgemeinde Gleisdorf. Das Apothekeneinzugsgebiet im Raum Gleisdorf betrage ca. 12.000 bis 13.000 Personen und werde sich in den nächsten Jahren eher noch vergrößern. Es sei somit der Bedarf für zwei Apotheken gegeben. Insgesamt seien 18 Ärzte (sechs praktische Ärzte, sieben Fachärzte, fünf Zahnärzte) in Gleisdorf niedergelassen. Die Stadt Gleisdorf weise keine topographischen Besonderheiten auf. Verkehrstechnisch sei das bereits zitierte Einbahnsystem bedeutsam. Dieses Verkehrskonzept werde sich jedoch kaum auf die Zuordnung der zu versorgenden Personen der Stadt Gleisdorf selbst auf beide Apotheken auswirken. Bedeutsam sei die Einbahnregelung jedoch für die umliegenden Gemeinden, wobei festzuhalten sei, daß aus Westen die B 65, aus Norden die B 64, aus Nordosten die B 54, aus Osten die B 65 und Süden die B 68 ins Zentrum von Gleisdorf und damit in diese Einbahnregelung führten. Aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Weiz sei daher durchaus die Annahme gerechtfertigt, daß das Einzugsgebiet der drei Bundesstraßen von Westen, Norden und Nordosten die neu errichtete Apotheke begünstige, das Einzugsgebiet der Bundesstraßen aus Osten und Süden jedoch die bestehende. Die Gemeinden Ungerdorf und Labuch wiesen Gemeindestraßen auf, die von Süden bzw. Südwesten ins Stadtgebiet von Gleisdorf einmündeten, wodurch verkehrstechnisch zwangsläufig zuerst die bestehende Apotheke angefahren werden müsse. Die nächsten öffentlichen Apotheken lägen im Bezirk Fürstenfeld, im Bezirk Feldbach, im Bezirk Graz-Umgebung, in der Stadtgemeinde Weiz und in Pischelsdorf im Bezirk Weiz. Auch Personen aus den Gemeinden St. Ruprecht an der Raab, Unterfladnitz, St. Margarethen an der Raab, Sinabelkirchen und Markt Hartmannsdorf deckten ihren Medikamentenbedarf in Gleisdorf. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß die Stadt Gleisdorf auf Grund der niedergelassenen Fachärzte und Zahnärzte ein viel größeres Einzugsgebiet zur ärztlichen Versorgung - und damit letztlich auch zur Medikamentenversorgung - besitze.
Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren - so fährt die belangte Behörde in der Begründung fort - seien die aktuellen Einwohnerzahlen wie folgt erhoben worden: Gleisdorf (5.320), Gleisdorf, östlicher Teil (3.749), St. Margarethen an der Raab (3.734), Hofstätten an der Raab (1.649), Nitscha (ca. 1.300), Sinabelkirchen (3.750), Ilztal (1.744), Albersdorf-Präbuch (1.666) und Unterfladnitz (1.540). Die Beschwerdeführerin habe sich in ihrer letzten Stellungnahme in der Weise geäußert, daß sie keinerlei Fragen der Behörde beantwortet, aber Anträge zu weiteren Erhebungen gestellt habe. Die Beschwerdeführerin habe z.B. die Erhebung der Altersstatistik Gleisdorf, der Geburtenzahlen 1989 bis 1998 in der Gemeinde Gleisdorf, der Tendenz der Geburten in Gleisdorf 1956, 1968, 1995, 1996, 1997 und 1998, die Erhebung der Geburtenzahlen beim Standesamt Gleisdorf, des Arbeitsgebietes der Ärzte in Gleisdorf, der Feststellung der bei den Ärzten geführten Hausapotheken etc. beantragt. Die Beschwerdeführerin habe ferner behauptet, daß die Hausapotheken der Ärzte in den umliegenden Gemeinden den Momentbedarf am Ort in dringenden Fällen ausreichend deckten und daß die Ärztezahl in Gleisdorf nicht einen entsprechenden Bedarf an Pharmazeutika bedeute. Die Einladung zur Bekanntgabe der Rezeptzahlen der Stadtapotheke Gleisdorf habe die Beschwerdeführerin nicht angenommen. Sie habe weder festgestellt, aus welchen Gemeinden ihre Kunden kämen, noch habe sie oder ihr Anwalt trotz mehrmaliger schriftlicher Einladung Akteneinsicht genommen, sondern habe lediglich beantragt, ihr Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die nicht existierten.
Die belangte Behörde sei bei ihrer Entscheidung von folgenden Erwägungen ausgegangen:
Infolge des mehr als zweijährigen Nebeneinanderbestehens der beantragten Apotheke und der bestehenden Apotheke sei bewiesen, daß die Existenz der Stadtapotheke weder ruiniert noch bedroht noch gefährdet sei. Auch die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin in keiner Weise bereit gewesen sei, Rezeptzahlen ihrer Apotheke und die Herkunftsorte der Rezepte bekanntzugeben, bilde für die belangte Behörde einen zusätzlichen Beweis, daß die Stadtapotheke weiterhin ein ausreichendes Versorgungspotential habe. Wenn schon im Jahr 1996 die Bezirkshauptmannschaft Weiz von einem Kundenpotential bis zu 13.000 Personen für die beiden Gleisdorfer Apotheken ausgegangen sei, so sei auch dadurch der Bedarf für die beiden Apotheken nicht nur glaubhaft gemacht, sondern offensichtlich. Da das ApG allerdings von der Vorstellung ausgehe, daß die Konzession vor Eröffnung der Apotheke erteilt werde, werde demgemäß die Beweiskraft der Tatsachen im Gesetz nicht berücksichtigt. Zweck des Konzessionsverfahrens sei es, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. März 1998 ausformuliert habe, den bestehenden Apotheken auch nach Bewilligung einer neuen öffentlichen Apotheke den Weiterbestand zu ermöglichen. Dieser Weiterbestand sei in Gleisdorf bereits Tatsache. Wenn die für das Versorgungsgebiet von Gleisdorf bekanntgegebenen Einwohnerzahlen herangezogen würden, so sei das nicht verwunderlich. Wie schon in den früheren Ministerialbescheiden dargestellt, verfüge Gleisdorf über eine sehr hohe Ärztedichte, ein großes Einzugsgebiet und eine hohe Attraktivität als Einkaufsstadt. Unter der vom Gesetz inspirierten Annahme, daß Bewohner auch von Kleinstädten jeweils den kürzesten Weg in eine Apotheke wählten, habe die belangte Behörde ermitteln lassen, wie viele Einwohner von Gleisdorf weniger weit zur bestehenden Stadtapotheke als zur Raabtal-Apotheke hätten. Sie sei dabei dem Vorschlag der mitbeteiligten Partei gefolgt, die in den Plan von Gleisdorf eine Trennlinie eingezeichnet habe. Die Stadt Gleisdorf habe sich auf Grund dieses Planes bemüht, so exakt wie möglich die Einwohner des östlichen Teils von Gleisdorf, in dem die Stadtapotheke liege, zahlenmäßig bekanntzugeben. Es seien dies von den 5.320 Einwohnern Gleisdorfs 3.749 Personen. Weiters seien die Einwohner der östlich von Gleisdorf liegenden Nachbargemeinden erhoben worden, die keine ärztliche Hausapotheke hätten. Es seien dies Nitscha mit
1.300 Einwohnern und Hofstätten mit 1.649 Einwohnern. Allein der östliche Teil von Gleisdorf und die Gemeinden Nitscha und Hofstätten bildeten zusammen ein Versorgungsgebiet von
6.698 Personen. Die belangte Behörde sei allerdings der Überzeugung, daß auch noch weitere Personen aus Sinabelkirchen, Ilztal, St. Margarethen, usw. nach Gleisdorf einfluteten, da Gleisdorf eben die zentrale Einkaufsstadt für dieses Gebiet sei. Nach Ansicht der belangten Behörde sei Bedarf im Sinne des ApG gegeben.
Zu den Argumenten der Beschwerdeführerin werde folgendes festgestellt:
Grundsätzlich sei zu sagen, daß der Sachverhalt nach Ansicht der Behörde bereits ausreichend ermittelt worden sei. Die von der Beschwerdeführerin angeregten Erhebungen seien für eine Sachentscheidung nicht dienlich. Es sei in keiner Weise einsichtig, welche Schlüsse für die Konzessionserteilung aus der Altersstatistik, den Geburtenzahlen von 1989 bis 1998 usw. gezogen werden könnten. Nachdem als Folge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes das Versorgungsgebiet der neuen Apotheke nicht zu prüfen sei, sei auch die Forderung nach einer Untersuchung der Rezepte der Raabtal-Apotheke unberechtigt. Nachdem durch die Raabtal-Apotheke Hausapotheken der Umgebung von Gleisdorf in keiner Weise betroffen seien, erübrige sich die Untersuchung des Kundenpotentials der Hausapotheken. Daß die Anzahl der Ärzte in einer Stadt einen gewissen Anziehungspunkt darstelle, der Personen außerhalb der Stadt zum Einfluten bewege, sei für die Behörde offensichtlich. Somit nütze es der Beschwerdeführerin nicht, wenn sie ausführe, daß ein Dentist oder Zahnarzt den Patienten keine Rezepte ausstelle. Ferner sei das Argument, daß einzelne Ärzte keine Kassenverträge hätten oder auch nur solche mit den sogenannten "kleinen Kassen", zur Verhinderung der Erteilung einer zweiten Apothekenkonzession untauglich. Die Patienten solcher Ärzte erhielten trotzdem Rezepte und hätten unter Umständen auch Bedarf an nicht rezeptpflichtigen Apothekerwaren. Die Betonung der Beschwerdeführerin, daß in den untersuchten Gemeinden keine Nebenwohnsitze bestünden, sei von keiner besonderen Bedeutung, da die belangte Behörde ohnedies nur von Zahlen von ständigen Einwohnern ausgegangen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Den Beschwerdepunkt umschreibt die beschwerdeführende Partei wie folgt:
"Der angefochtene Bescheid und das Verfahren verletzt insbesondere die Bestimmungen des § 45/2, § 45/3, § 45/46, § 58 Abs. 2, § 60, § 66 AVG, § 10, § 10 Abs. 2 Z. 2, § 10 Abs. 2 Z. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 4, § 10 Abs. 5, § 10 Abs. 6 Apothekengesetz in der geltenden Fassung."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die erteilte Apothekenkonzession verstoße gegen die Bestimmung des § 10 Abs. 2 ApG, wonach ein Bedarf nicht bestehe, wenn die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m betrage. Im vorliegenden Fall sei die Entfernung zwischen beiden Betriebsstätten geringer als 500 m. Die Entfernung sei nicht nach Fußwegen oder Straßenkilometern zu berechnen, sondern in der Luftlinie. Dies ergebe sich daraus, daß der Gesetzgeber in § 10 zwei klar unterschiedene Bestimmungen für verschiedene Entfernungsmaße verwende, nämlich "Entfernung" (= Luftlinie in § 10 Abs. 2 Z. 2) und "Straßenkilometer" in § 10 Abs. 4 ApG.
Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, bei der Prüfung der Frage, ob die Zahl der weiterhin von der bisher bestehenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen auf unter 5.500 sinken werde, seien nur jene ständigen Einwohner heranzuziehen, die im Umkreis von vier Straßenkilometern ihren Wohnsitz hätten. Der angefochtene Bescheid nenne aber Gemeinden, die bereits deutlich außerhalb der vier-Kilometer-Straßenzone lägen. Völlig unzureichend sei die Begründung, die belangte Behörde sei der Überzeugung, daß auch noch weitere Personen aus anderen Orten nach Gleisdorf einfluten würden. Die bestehende öffentliche Apotheke der Beschwerdeführerin liege außerhalb der Verkehrswege. Die Zufahrten vom Norden, Nordwesten, auch von Hartberg, Graz und Fürstenfeld (Süden und Südosten) führten infolge der Einbahnführung an der bestehenden öffentlichen Apotheke vorbei. Es sei daher erforderlich, nach diesen Umständen und einem verkehrstechnischen Gutachten die Zuordnung der Einwohner zum Einzugsgebiet jeder Apotheke vorzunehmen. Die belangte Behörde habe das Vorbringen und die Anträge der Beschwerdeführerin in deren Eingaben vom 19. Juni 1998 und vom 13. Juli 1998 übergangen und auch die Berufung gegen den "Fortbetrieb" (der Apotheke der mitbeteiligten Partei) unerledigt gelassen. Auch die Zuordnung der Bevölkerung aus den umliegenden Gemeinden sei nicht nach geschätzten Personenzahlen vorzunehmen, sondern nach konkreter Prüfung der Verkehrsgewohnheiten. Eine solche Prüfung lasse sich durch eine Verkehrszählung bewerkstelligen.
Das Schreiben des Univ. Prof. Dr. H. müsse Anlaß für eine amtswegige Untersuchung sein, wer Inhaber der Apotheke (der mitbeteiligten Partei) sei und ob die gesetzlichen Voraussetzungen in der allenfalls vereinbarten Gesellschaft gegeben seien.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet. Darin wird zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde bestritten, weil die Beschwerdeführerin die Beschwerde persönlich und ohne Hinweis darauf, daß sie nur vertretungsberechtigte Gesellschafterin der Firma Stadtapotheke Gleisdorf "Zur Hl. Dreifaltigkeit" Mag. pharm. Ulrike Mayr & Co. KG sei, eingebracht habe. Außerdem sei der Beschwerdepunkt nicht gesetzmäßig ausgeführt. Im übrigen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit der Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis vom 17. Mai 1993, 91/10/0214, auseinandergesetzt und sie bejaht. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Aus der Formulierung des Beschwerdepunktes in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschwerde geht mit ausreichender Deutlichkeit hervor, in welchen Rechten sich die beschwerdeführende Partei verletzt erachtet.
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist aber nicht begründet.
Seit dem Vorerkenntnis vom 6. Mai 1996, 95/10/0072, hat sich die Rechtslage auf Grund der Aufhebung von Teilen des ApG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, G 37/97, u. a., geändert.
§ 10 ApG hat nunmehr in seinen für den Beschwerdefall relevanten Teilen folgenden Wortlaut:
"(1) Die Konzession für eine neu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1.
(aufgehoben)
2.
Die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als
5.500 betragen wird.
(3) (aufgehoben)
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen."
Das Erfordernis einer Entfernung von mindestens 500 m zwischen den Betriebsstätten wurde durch die ApG-Novelle 1984, BGBl. Nr. 502, in das ApG eingefügt. In der Regierungsvorlage (395 Blg. NR XVI. GP, 13) heißt es dazu:
Wie bisher wird ein Bedarf nur dann anzunehmen sein, wenn die Entfernung zur nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke nicht zu gering ist. Dabei werden verschiedene Kriterien zu beachten sein, etwa größere Höhenunterschiede, Straßenzustand, Brücken, usw.; grundsätzlich wird man jedoch sagen können, daß bei einer Entfernung unter 500 m nicht von einem Bedarf im Sinne dieser Gesetzesstelle gesprochen werden kann, weil eine derart geringe Entfernung, deren Zurücklegung zu Fuß etwa 5 Minuten erfordert, für eine Arzneimittelbesorgung jedermann zugemutet werden kann."
Aus dem Abstellen auf die Zumutbarkeit des Zurücklegens der Entfernung zwischen den Apotheken wird deutlich, daß der Gesetzgeber nicht eine Entfernung in der Luftlinie im Auge hatte. Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht davon aus, daß es nicht auf die Entfernung in der Luftlinie ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Dezember 1996, 91/10/0140). Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach die Entfernung zwischen den beiden Betriebsstätten zu Fuß etwas mehr als 500 m betrage, hat die Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Nach der von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren anzuwendenden, durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, G 37/97, u.a. bereinigten Rechtslage, war nicht mehr zu prüfen, ob die neue Apotheke ein Versorgungspotential von mindestens 5.500 Personen erreichen werde, sondern nur mehr, ob der bestehenden Apotheke der Beschwerdeführerin ein solches Versorgungspotential von mindestens 5.500 verblieb. Dies hat die belangte Behörde bejaht. Sie kommt auf eine Zahl von auch weiterhin aus der Apotheke der Beschwerdeführerin zu versorgenden Personen von mindestens 6.698. Der Einwand der beschwerdeführenden Partei, es dürften für die Berechnung des Versorgungspotentials ihrer Apotheke nur die ständigen Einwohner im Umkreis von vier Kilometern um die Apotheke herangezogen werden, steht mit dem Wortlaut des § 10 Abs 5 ApG im Widerspruch.
Die belangte Behörde gelangte zu der Zahl von 6698 von der Apotheke der beschwerdeführenden Partei weiterhin zu versorgenden Personen auf Grund einer von ihr angenommenen Trennungslinie für die Zuordnung der Versorgungspotentiale. Dem liegt die Annahme zugrunde, daß dadurch das in Betracht kommende Einzugsgebiet dergestalt geteilt wird, daß die Einwohner von Gleisdorf und Umgebung im Osten dieser Trennungslinie wegen ihrer größeren Nähe zur Apotheke der Beschwerdeführerin weiterhin diese in Anspruch nehmen werden. Diese Annahme ist nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Es wäre Sache der Beschwerdeführerin gewesen, die Unrichtigkeit dieser Annahme im Verwaltungsverfahren darzulegen. Dies hat sie aber nicht getan. Sie hat lediglich die unzutreffenden Behauptungen aufgestellt, daß die Betriebsstätte der Apotheke der mitbeteiligten Partei zu nahe an der Betriebsstätte ihrer eigenen Apotheke gelegen sei und daß außerdem nur die ständigen Einwohner in einem Umkreis von vier Kilometern dem Versorgungspotential zugerechnet werden dürften. Hingegen wurde nicht dargetan, daß sich die von der belangten Behörde gewählte Trennlinie für die Aufteilung der Kundenpotentiale nicht an den Kriterien des ApG, insbesondere der leichteren Erreichbarkeit der jeweiligen Apotheke auf Grund der Entfernungsverhältnisse orientiert hätte (vgl. hiezu z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1998, 98/10/0088, und die dort zitierte Vorjudikatur). Damit aber ist das Schicksal der Beschwerde entschieden, ohne daß es erforderlich ist, sich mit den Beschwerdeausführungen betreffend die Zuordnung der Kundenpotentiale im einzelnen auseinanderzusetzen, die darauf hinauslaufen, die Unrichtigkeit dieser auf der von der belangten Behörde gewählten Trennlinie beruhenden Zuordnung darzutun, da dies, wie bereits erwähnt, im Verwaltungsverfahren hätte erfolgen müssen. Daß die Bewohner von Hofstätten und Nitscha dem Versorgungspotential ihrer Apotheke zuzurechnen sind, hat die beschwerdeführende Partei in einem Schriftsatz vom 15. März 1990 sogar ausdrücklich zugestanden.
Im Verfahren zur Erteilung der Konzession für eine neue öffentliche Apotheke haben die Inhaber bestehender Apotheken ein Mitspracherecht nur bezüglich der Bedarfsfrage, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des § 12 ApG erfüllt sind. Der diesbezügliche Einwand der beschwerdeführenden Partei geht daher ins Leere.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden; durch die Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei werden im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK zivilrechtliche Ansprüche der einen öffentlich-rechtlichen Konkurrenzschutz genießenden beschwerdeführenden Partei nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1998, 98/10/0088 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Jänner 1999
Schlagworte
Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998100348.X00Im RIS seit
25.04.2001