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L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;Norm
AVG §59 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des G in Neusiedl bei Güssing, vertreten durch Dr. Reinhard Schäfer, Rechtsanwalt in Wien I, Naglergasse 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1997, Zl. RU5-B-79, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Verlängerung einer zur Ausführung naturschutzbehördlich vorgeschriebener Vorkehrungen gesetzten Frist, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) vom 15. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer näher beschriebenen Gerätehütte im Landschaftsschutzgebiet "Wienerwald" erteilt und ihm gleichzeitig vorgeschrieben, folgende Auflagen bis zum 30. Juni 1992 zu erfüllen:
"1. Als Dachdeckungsmaterial darf nur kleinteiliges Material, wie zum Beispiel Ziegel, verwendet werden.
2. Die bestehende dichte Bepflanzung entlang des Zaunes ist zu erhalten. Es sind erforderlichenfalls Neupflanzungen vorzunehmen.
3. Die Fertigstellung des Objektes ist der Naturschutzbehörde anzuzeigen."
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Bescheid der BH vom 16. Juli 1992 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, die Frist zur Erfüllung der Auflagen zu verlängern, stattgegeben und ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer die Auflagen bis zum 30. Juli 1994 erfüllen müsse.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer neuerlich, die Frist zu verlängern. Mit Bescheid der BH vom 9. August 1994 wurde auch diesem Antrag stattgegeben und ausgesprochen, daß die vorgeschriebenen Auflagen bis zum 31. Dezember 1995 erfüllt werden müßten.
Mit Bescheid der BH vom 16. Februar 1996 wurde einem weiteren Fristverlängerungsantrag des Beschwerdeführers entsprochen und die Frist zur Erfüllung der vorgeschriebenen Auflagen bis 31. Dezember 1996 verlängert.
Schließlich beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Dezember 1996 eine weitere Verlängerung der Frist zur Erfüllung der ihm bescheidmäßig vorgeschriebenen Vorkehrungen. Gegen den eine weitere Fristverlängerung zulassenden Bescheid der BH vom 12. Februar 1997 erhob die NÖ Umweltanwaltschaft Berufung, in der sie sich aus naturschutzfachlichen Gründen gegen eine weitere Fristverlängerung wandte.
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 14. Mai 1997 wurde der Bescheid der BH vom 12. Februar 1997 behoben und der Fristverlängerungsantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, das Naturschutzgesetz enthalte keine Bestimmung, die eine Verlängerung von gemäß § 19 leg. cit. festgelegten Erfüllungsfristen ermögliche. Es sei nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht behauptet worden, daß eine wesentliche, eine neue Entscheidung rechtfertigende Änderung des Sachverhaltes eingetreten wäre. Im Gegensatz zur Auffassung der BH liege ein Fall des § 68 Abs. 2 AVG schon deshalb nicht vor, weil aus der naturschutzbehördlichen Errichtungsbewilligung jedenfalls dem Beschwerdeführer Rechte erwachsen seien. Überdies sei in Verfahren mit mehreren Parteien gegensätzlicher Interessenlage (hier: Konsenswerber, Gemeinde, NÖ Umweltanwaltschaft), die Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG grundsätzlich ausgeschlossen. Die Behörde habe auch keinen Anlaß zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 3 oder 4 AVG finden können, sodaß der Fristverlängerungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 NÖ Naturschutzgesetz (NSchG) sind für die Erfüllung von Vorkehrungen in Bewilligungsbescheiden den Umständen angemessene Fristen festzusetzen.
Eine Regelung über eine Verlängerung solcher für die Erfüllung von Vorkehrungen in Bewilligungsbescheiden festgesetzter Fristen enthält das NSchG nicht.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der gemäß § 19 NSchG bestimmten Frist zur Erfüllung der im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Vorkehrungen als Antrag auf Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides gewertet, dem im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG entschiedene Sache entgegenstehe.
Dem hält der Beschwerdeführer - der sich seinem gesamten Vorbringen zufolge im Recht auf meritorische Entscheidung seines Fristverlängerungsantrages verletzt erachtet - im wesentlichen entgegen, er habe keine neuerliche Entscheidung über die naturschutzbehördliche Bewilligung begehrt. Vielmehr habe beantragt, die für die Erfüllung der Auflagen gesetzte Frist zu verlängern. Das NSchG enthalte zwar keine Bestimmung, die eine Verlängerung der Erfüllungsfrist vorsehe, es enthalte aber auch keine Bestimmung, die gegen eine Verlängerung der Erfüllungsfrist spreche. Der Sachverhalt habe sich im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde insofern geändert, als der Beschwerdeführer die erforderliche Baubewilligung bislang nicht zu erwirken vermocht habe. Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß in Ansehung der Festsetzung der Erfüllungsfrist entschiedene Sache vorliege, so sei daraus niemandem ein Recht erwachsen, sodaß die begehrte Fristverlängerung im Grunde des § 68 Abs. 2 AVG möglich wäre.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Zunächst ist zum Beschwerdevorbringen, das NSchG sehe zwar die Möglichkeit einer Fristverlängerung nicht vor, schließe eine solche aber auch nicht ausdrücklich aus, womit der Beschwerdeführer offenbar zum Ausdruck bringen will, daß die begehrte Fristverlängerung nach den Bestimmungen des NSchG möglich sei, darauf hinzuweisen, daß das NSchG nach dem klaren Wortlaut der zitierten Bestimmung (dem im übrigen auch teleologische Erwägungen nicht entgegenstehen), eine Ermächtigung der Behörde, vorgeschriebene Erfüllungsfristen zu verlängern, nicht enthält. Davon ausgehend ist zu fragen, ob der beantragten Änderung der rechtskräftig festgelegten Erfüllungsfristen res judicata entgegensteht.
Entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt dann vor, wenn in der durch formell rechtskräftigen Bescheid bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht jedoch dann, wenn sich die die Verwaltungsrechtssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiedene vorliegt. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0203, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der maßgebliche Sachverhalt habe sich geändert, weil er bislang keine Baubewilligung habe erwirken können, ist jedoch zu entgegen, daß es sich dabei um keinen Umstand handelt, dem tatbestandsmäßige Relevanz zukäme. Schon aus diesem Grunde ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Identität der rechtskräftig entschiedenen mit der den Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens bildenden Sache in Zweifel zu ziehen.
Mit seinem Vorbringen, eine Fristverlängerung sei im Grunde des § 68 Abs. 2 AVG möglich, ist der Beschwerdeführer auf § 68 Abs. 7 AVG zu verweisen, wonach niemandem ein Rechtsanspruch auf eine solche Änderung rechtskräftiger Bescheide zusteht. Daß aber sein Fristverlängerungsantrag als Wiederaufnahmeantrag oder als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu deuten wäre, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht.
Die Auffassung der belangten Behörde, der Fristverlängerungsantrag des Beschwerdeführers sei zurückzuweisen gewesen, ist daher nicht zu beanstanden.
Ein weiterer Grund für die Zurückweisung des Fristverlängerungsantrages des Beschwerdeführers liegt aber auch darin, daß die im Bewilligungsbescheid für die Erfüllung der vorgeschriebenen Auflagen festgesetzte Frist nur in Beziehung zur Ausführung des bewilligten Vorhabens verstanden werden kann. Im Hinblick darauf, daß das NSchG zur Vorschreibung einer Ausführungsfrist nicht ermächtigt, kann der vorgeschriebenen - bei Bedachtnahme auf den Inhalt der Vorkehrungen nicht eindeutigen - Fristsetzung nicht der Sinn einer - wenn auch rechtswidrigen - Ausführungsfrist beigemessen werden. Zufolge Fristablauf vor Ausführung des bewilligten Vorhabens ist die Fristsetzung daher gegenstandslos geworden; die erteilte Bewilligung ist im übrigen aber aufrecht, d.h. es kann der Beschwerdeführer von der Bewilligung unter Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen Gebrauch machen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Jänner 1999
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5Zurückweisung wegen entschiedener SacheRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997100118.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
19.07.2009