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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des K in Muggendorf, vertreten durch Dr. Ernst Goldsteiner und Dr. Viktor Strebinger, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, Wienerstraße 14-18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Mai 1997, Zl. RU5-B-10/2, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 1995 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) unter Anschluß von Projektunterlagen die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für einen näher beschriebenen Steinbruch. Die BH beraumte eine mündliche Verhandlung an, in der zunächst festgestellt wurde, daß dem Beschwerdeführer bereits eine naturschutzbehördliche Bewilligung (Bescheid vom 20. Juli 1992) für einen Steinbruch auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt worden sei, der nunmehr erweitert werden solle. Von Seiten der Amtssachverständigen für Naturschutz wurde u.a. ausgeführt, daß dem eingereichten Abbauplan zufolge praktisch keine Erweiterung des Steinbruchs in Richtung Südwesten geplant sei; die oberste Böschung sei im wesentlichen mit der bereits bestehenden Böschung ident. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer erklärt, daß er sehr wohl beabsichtige, den Abbau bis zu der bereits (forstrechtlich) bewilligten Rodungsgrenze auszudehnen. Die Rodung sei bereits erfolgt und der Humus abgeschoben. Gegen eine Ausbeutung des Materials bis an die Rodungsgrenze bestünden aus naturschutzfachlicher Sicht keine Bedenken. Es müßte jedoch ein neuer exakter Abbau- und Rekultivierungsplan vorgelegt werden, aus dem der tatsächliche Endzustand hervorgehe. Um eine vorzeitige Rekultivierung des Steinbruchs zu ermöglichen, müßte der Abbau auf der derzeitigen Abbausohle eingestellt und zunächst die oberste Etage, die bereits gerodet sei, abgebaut werden, sodaß diese rekultiviert werden könne, bevor der Abbau auf der Abbausohle weitergeführt werde. Eine entsprechende Auflage, daß mit dem Abbau der zweiten Etage erst begonnen werden dürfe, wenn die Böschung der ersten obersten Etage bereits fertig überschüttet sei, müßte in den naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheid aufgenommen werden. Auch die Bewilligung vom 20. Juli 1992 sei unter der Auflage erteilt worden, daß der Abbau von oben nach unten durchgeführt werde.
Nach Einlangen geänderter und ergänzter Unterlagen beraumte die BH eine neuerliche mündliche Verhandlung an. In dieser wurde das Vorhaben des Beschwerdeführers - nach "ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie Diskussion der Einreichunterlagen" - von der Amtssachverständigen für Naturschutz dahingehend beschrieben, daß die nunmehr vorgesehene Abbaugrenze im Südwesten mit der (forstgesetzlich) bewilligten Rodungsgrenze ident sei. Die oberste Böschung werde flacher (im Verhältnis 3:5) ausgeführt und bis an die Böschungsgrenze herangeführt; der ursprünglich vorgesehene Sicherheitsabstand von 5 m zur Rodungsgrenze sei nicht mehr vorgesehen. Die Einreichunterlagen seien entsprechend korrigiert worden, es sei die rote Schraffur gültig. Im gegenständlichen Bereich sei der Humus auf der obersten Böschung bereits abgeschoben und südöstlich der im Plan dargestellten Abbaustufe 1 im Bereich der Abbaustufe 2 im Bereich der obersten Böschung abgelagert worden. Dieses Humuslager stelle in der Natur die Grenze zwischen den Abbaustufen dar. Für den tatsächlichen Abbau sei die Einteilung in Abbaustufen jedoch nicht relevant. Der Abbau solle, wie auch die Rekultivierung, insgesamt von oben nach unten erfolgen. Der Abbau an der derzeitigen Abbausohle werde eingestellt. Der Abbau solle von oben nach unten durchgeführt werden, sodaß die oberste Böschung so bald wie möglich rekultiviert werden könne. Die Böschungen zwischen den Bermen würden in einem Verhältnis von 2:3 angelegt und sollten im gewachsenen Zustand erhalten werden. Es seien zwei Bermen mit einer Breite von 6 m vorgesehen; die Höhe der Böschungen variiere, würde aber 10 m nicht übersteigen. Danach würden die bereits rekultivierten Böschungen ebenfalls wieder abgebaut und an die Endböschungen herangeführt. Für die Rekultivierung der Bermen und Böschungen werde bewuchsfähiges Material bzw. der zwischengelagerte Humus in einer Stärke von 50 cm aufgebracht und die Flächen anschließend aufgeforstet. Nach Abschluß der Abbauarbeiten würden sämtliche technischen Geräte aus dem Areal entfernt. Im Nordosten des Abbauareals werde das bestehende Gelände (derzeitige Grubensohle) bis 4 m Höhe großflächig angeschüttet, um diesen Bereich an das mittlere Sohlenniveau anzugleichen. Diese Fläche und die zentrale Grubensohle würden nach Beendigung des Abbaues ebenfalls mit bewuchsfähigem Material in einer Stärke von 50 cm bedeckt und aufgeforstet werden. Um die Auswirkungen des Vorhabens auf das Landschaftsbild zu minimieren, sei es unbedingt erforderlich, daß der Abbau - wie vorgesehen - an der Abbausohle eingestellt und in der Folge von oben nach unten durchgeführt werden. Dadurch könne die am leichtesten einsehbare oberste Böschung frühestmöglich rekultiviert werden. Bei den vorgesehenen Böschungsneigungen sei eine Rekultivierung auch dieser Böschungen und somit des gesamten Areals nach Einstellung des Abbaues möglich. Es werde der Steinbruch nach erfolgter Rekultivierung daher nicht mehr als solcher in Erscheinung treten. Die Auswirkungen auf das Landschaftsbild, die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart sowie auf den Erholungswert würden somit nicht auf Dauer bestehen bleiben. Um diese Auswirkungen möglichst gering zu halten, sei die Vorschreibung von im einzelnen angeführten Auflagen erforderlich.
Mit Bescheid der BH vom 6. Februar 1997 wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Erweiterung des Steinbruches gemäß den vorgelegten Projektunterlagen unter im einzelnen genannten Auflagen erteilt. Als Auflagen wurden - dem Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz folgende - u.a. die folgenden vorgeschrieben:
"4. Der Materialabbau hat grundsätzlich von oben nach unten zu erfolgen. Mit der Herstellung der untersten Böschung (zwischen der Bruchsohle und Etage 2) darf erst begonnen werden, wenn die Böschung der ersten obersten Etage bereits fertig überschüttet und rekultiviert ist. Die obersten zwei Böschungen im Osten des Abbaugebietes, die sich bereits im Endzustand befinden, sind bis spätestens 31. Dezember 1998 fertig zu rekultivieren und aufzuforsten. Mit dem Abbau der Grubensohle darf erst weiter fortgefahren werden, wenn die Böschung zwischen der Etage 1 und der Etage 2 über die gesamte Länge fertig rekultiviert und aufgeforstet ist.
5. Die Neigung der Böschungen darf nicht steiler als im Verhältnis 2:3 sein. Die oberste Böschung im Südwesten ist im Verhältnis 3:5 oder flacher auszubilden."
Begründend wurde - nach Hinweis auf § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 NÖ NSchG - im wesentlichen ausgeführt, die vorgeschriebenen Auflagen seien nach dem eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz erforderlich, um Natur und Landschaft vor Schädigungen zu schützen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, die unter den Punkten 4. und 5. vorgeschriebenen Auflagen seien für ihn untragbar. Er müsse zur Platzbeschaffung für Sieb und Sandlager sowie für den Restabbau und die Rekultivierung im Ostteil des Steinbruches den Materialabbau an der Grubensohle sowie oberhalb gleichzeitig durchführen können.
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 27. Mai 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid bestätigt. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die von der Amtssachverständigen für Naturschutz in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Projektbeschreibung sei vom Beschwerdeführer unwidersprochen geblieben. Der Beschwerdeführer habe der Behörde bezüglich seines Projektes zwar Pläne, nicht aber auch eine verbale Beschreibung seines Projektes vorgelegt. Nach dem eingereichten Abbau- und Rekultivierungsplan seien Böschungen mit einer Neigung von 2:3, die oberste Böschung im Südwesten mit einer Neigung von 3:5 vorgesehen. Der in Auflage 4. vorgeschriebene Materialabbau von oben nach unten und die vorläufige Einstellung des Abbaues an der derzeitigen Abbausohle seien daher bereits Bestandteil des Projektes. Als zusätzliche Vorkehrung sei lediglich der zeitliche Ablauf konkretisiert worden. Durch die Auflage 5. würden ebenfalls bereits projektsgemäß vorgesehene Neigungen nochmals vorgeschrieben und ausgeführt, daß diese auch flacher, keinesfalls aber steiler ausgebildet werden dürften. Die in der Berufung vorgenommenen Forderungen stünden im Widerspruch zum eingereichten Projekt. Selbst wenn die unter Punkt 4. und 5. des erstinstanzlichen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen behoben würden, müsse der Abbau projektsgemäß, also von oben nach unten erfolgen und an der Grubensohle eingestellt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Auffassung der belangten Behörde, die von ihm bekämpften Auflagen seien bereits Bestandteil des von ihm eingereichten Projektes, ein, er sei zu einer Konkretisierung seines Antrages um naturschutzbehördliche Bewilligung nicht aufgefordert worden, obwohl die Behörde verpflichtet sei, bei undeutlichen Anträgen die wahre Absicht des Antragstellers durch dessen Einvernahme zu klären. Für ihn sei der Abbau des Gesteins in senkrechter Form und nicht - wie vorgeschrieben - in flacher Weise, von zentraler Bedeutung. Er betreibe diese Form des Abbaues seit über zwei Jahrzehnten; sie diene der optimalen Nutzung des Gesteins und des Geländes. Der Beschwerdeführer habe dies in der Verhandlung auch ausführen wollen, es sei ihm dazu aber - wie aus den Verhandlungsschriften entnehmbar - keine Möglichkeit geboten worden. Es sei ihm unbekannt gewesen, daß er gegen Befund und Gutachten der Amtssachverständigen Einwendungen hätte erheben können. Er sei - obwohl im Verwaltungsverfahren unvertreten - weder in diese Richtung, noch dazu angeleitet worden, den vorgelegten Planunterlagen schriftliche Darlegungen anzuschließen. Schließlich seien die vorgeschriebenen Auflagen auch in naturschutzrechtlicher Hinsicht weder notwendig noch zielführend; dies werde im angefochtenen Bescheid auch nicht behauptet.
Mit seiner Auffassung, die Behörde sei verpflichtet, wenn sie den Umfang eines Parteienantrages nicht zu erkennen vermöge, den Antragsteller zur Präzisierung des Verfahrensgegenstandes aufzufordern, seinen Antrag klarzustellen, ist der Beschwerdeführer im Recht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 538f, referierte hg. Judikatur). Als unzutreffend erweist sich jedoch der Vorwurf, die Behörde habe es im vorliegenden Verwaltungsverfahren unterlassen, den Verfahrensgegenstand in diesem Sinn hinreichend klarzustellen. Vielmehr wurden - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - das den Verfahrensgegenstand bildende Vorhaben des Beschwerdeführers mit diesem in der mündlichen Verhandlung vom 29. Jänner 1997 ausführlich erörtert und die vom Beschwerdeführer dabei vorgenommenen Projektänderungen und -ergänzungen im Befund der Amtssachverständigen für Naturschutz wiedergegeben. Daß diese Beschreibung das von ihm angestrebte Vorhaben nicht richtig wiedergebe, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch selbst in der vorliegenden Beschwerde konkret behauptet.
Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, es ergebe sich aus den aufgenommenen Verhandlungsschriften, daß ihm keine Möglichkeit geboten worden sei, von ihm als maßgebend angesehene Umstände näher zu konkretisieren, ist ihm entgegenzuhalten, daß beide Verhandlungen den Verhandlungsschriften zufolge vom Verhandlungsleiter erst geschlossen wurden, nachdem dieser sich davon überzeugt hatte, daß keiner der Verhandlungsteilnehmer noch etwas vorzubringen beabsichtige. Zum Vorwurf der unterlassenen Manuduktion ist den Verhandlungsschriften im übrigen zu entnehmen, daß die nicht berufsmäßig vertretenen Parteien hinsichtlich der Verfahrenshandlungen zur Wahrnehmung ihrer Rechte mündlich belehrt worden seien.
Konnte die belangte Behörde solcherart aber zu Recht davon ausgehen, daß der Inhalt der Auflagen 4. und 5. bereits Bestandteil des eingereichten Projektes war, so war eine entsprechende Auflagenvorschreibung schon aus diesem Grunde entbehrlich. Im geltend gemachten Recht auf Erteilung der beantragten naturschutzbehördlichen Bewilligung wurde der Beschwerdeführer durch die Vorschreibung von Projektbestandteilen als Auflagen jedoch nicht verletzt. Ob die Vorschreibung der in Rede stehenden Auflagen naturschutzgesetzlich geboten war, kann daher ununtersucht bleiben.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Jänner 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Erforschung des ParteiwillensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997100127.X00Im RIS seit
11.07.2001