Entscheidungsdatum
09.04.2019Norm
AuslBG §18 Abs12Spruch
I419 2209148-1/3E
I419 2209149-1/3E
I419 2209150-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Vorsitzenden sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Hintner und die fachkundige Laienrichterin Maria Wodounik als Beisitzer und Beisitzerin über die Beschwerden der XXXX gegen die Bescheide des AMS Schwaz vom 16.08.2018
1. GZ: XXXX/GF:XXXX, betreffend XXXX,
2. GZ: XXXX/GF: XXXX, betreffend XXXX und
3. GZ: XXXX/GF: XXXX, betreffend XXXX
beschlossen:
A) Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz in Italien und meldete dem BMF am 10.07.2018 die Entsendung der im Spruch unter 1. und 3. Genannten serbischer Staatsangehörigkeit, am 12.07.2018 mittels Nachmeldung jene des unter 2. Genannten. Das BMF leitete die Meldungen an den genannten Tagen dem AMS weiter, welches am 13.07.2018 Verbesserungsaufträge erließ.
Mit diesen wurde der Beschwerdeführerin für jeden der Arbeitnehmer die Vorlage einer Reihe von Urkunden bis 23.07.2018 aufgetragen, darunter die jene "des Formulars A1 (als Nachweis, dass die zu entsendenden Arbeitskräfte tatsächlich beim ausländischen Entsendebetrieb beschäftigt sind)".
2. Die Beschwerdeführerin legte (unter anderem) Kopien der mittels Formular gestellten Anträge vom 04.07.2018 auf die Bescheinigungen über die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit für die zu entsendenden Arbeitskräfte vor, nicht aber diese Bescheinigungen - "certificato di legislazione applicabile (A1)" selbst.
3. Das AMS hat mit den angefochtenen und (mit Ausnahme der angeführten Personen- und Kalenderdaten) übereinstimmenden Bescheiden jeweils den "Antrag" der Beschwerdeführerin "auf Bestätigung der EU-Entsendung" für die oben genannten Arbeitnehmer und die berufliche Tätigkeit "Verlegen von Wand- und Bodenfliesen" gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG "abgewiesen" und die Entsendung untersagt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mangels des fehlenden "A1 Formulars" könne nicht beurteilt werden, ob es sich um eine Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG handle, weil für die Beurteilung der Voraussetzungen ein ausgestelltes "A1-Dokument" erforderlich sei.
4. Den am 03.09.2018 dagegen erhobenen Beschwerden legte die Beschwerdeführerin die fehlenden Bescheinigungen bei und brachte vor, diese seien in Italien derart lange mit der Post unterwegs gewesen, nämlich etwa ein Monat, dass zuvor nur die Ansuchen vorgelegt hätten werden können.
5. Das AMS legte die Akten vor und merkte an, dass der vorgesehene Entsendungszeitraum zwischenzeitlich abgelaufen und somit davon auszugehen sei, dass die Entsendung bereits geendet habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Ferner wird festgestellt:
Nach den Angaben in den Meldeformularen handelte es sich beim inländischen Beschäftigerbetrieb um ein Hotel im Zillertal. Als Beginn der Beschäftigung wurde der 11.07.2018, im Falle des nachgemeldeten Arbeitnehmers der 13.07.2018, und als voraussichtliches Ende der 10.08.2018 angegeben.
Das vom AMS als "Formular A1" bezeichnete Dokument ist die Bescheinigung über die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit, die auf einen Arbeitnehmer anzuwenden sind, gemäß Art. 11 bis 16 der VO (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Art. 19 der VO (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. (Vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018], § 18 Rz 40; EuGH 06.09.2018, C-527/16, Salzburger Gebietskrankenkasse und Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gegen Alpenrind GmbH u. a., Rn. 15, 25)
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt der belangten Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerden
3.1 Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des AMS durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem der Arbeitnehmer.
Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017) erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Nach § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die im Inland von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen Betriebssitz im Bundesgebiet beschäftigt werden, grundsätzlich einer Entsende- oder einer Beschäftigungsbewilligung.
Ausgenommen davon sind nach Abs. 12 Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR zu einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, wenn sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind (Z. 1) und weitere Voraussetzungen vorliegen, die in Z. 2 und 3 angeführt sind.
In § 19 Abs. 1 f LSD-BG ist betreffend die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften vorgesehen, dass Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweiz die Entsendung oder Überlassung im Sinne des Abs. 1 vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle des BMF zu melden haben.
Dazu ordnet § 18 Abs. 12 AuslBG an, dass die Zentrale Koordinationsstelle des BMF nach dem LSD-BG die Meldung unverzüglich der regionalen Geschäftsstelle des AMS übermitteln muss, welches binnen zwei Wochen dem Unternehmen und dem Auftraggeber (Beschäftiger) das Vorliegen der Voraussetzungen mittels EU-Entsendebestätigung oder EU-Überlassungsbestätigung bestätigt, oder - bei Nichtvorliegen - die Entsendung oder Überlassung zu untersagen hat. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 LSD-BG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsende- oder -Überlassungsbestätigung begonnen werden, und zwar auch, wenn die Meldung unterlassen wurde (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018], § 18 Rz 38)
Aus der Formulierung des § 18 Abs. 12 AuslBG ergibt sich, dass das AMS die genannten Bestätigungen nach Einlangen der vom BMF übermittelten Meldungen von Amts wegen auszustellen hat, weshalb ein darauf gerichteter Antrag weder vorgesehen noch erforderlich ist.
Im Fall der nicht fristgerechten Nachreichung von notwendigen zusätzlichen Informationen für die Prüfung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG ist die Untersagung der Entsendung vorgesehen (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018], § 18 Rz 45). Insofern ist die in den Bescheiden auch ausgesprochene Abweisung von (nicht gestellten) Anträgen auf "Bestätigung der EU-Entsendung" eine der Rechtslage nicht Rechnung tragende, redundante Formulierung für die ohnehin durch die Untersagung zum Ausdruck gebrachte Versagung der Ausstellung eben dieser Bestätigungen.
3.2 Rechtschutzinteresse
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/04/0008 mwH).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Rechtsschutzinteresse bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es aufgrund der geänderten Umstände für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. (VwGH 05.11.2014, 2012/10/0167; 27.03.2014, 2011/10/0100; 22.10.2013, 2011/10/0073 mit mwN; vgl. zum Rechtschutzinteresse bei der Revision jüngst VwGH 13.11.2018, Ko 2018/03/0004-5).
3.3 Konsequenz für die vorliegenden Rechtssachen
Die Beschwerdeführerin gab in den Meldungen bekannt, dass die Überlassung der ausländischen Arbeitnehmer an den inländischen Beschäftiger nur bis 10.08.2018 erfolge, und brachte auch in der Beschwerde nichts Anderes vor.
Der Zeitraum, für den um eine EU-Entsendebestätigung für die Arbeitnehmer angesucht wurde, ist daher bereits seit 10.08.2018 verstrichen. Es macht für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin keinen Unterschied mehr, ob die angefochtenen Bescheide aufrecht bleiben oder aufgehoben werden. Der Entscheidung über die Beschwerden käme nur noch theoretische Bedeutung zu, zumal das AMS über jeden weiteren Fall einer "EU-Entsendung" für den zu entsendenden Arbeitnehmer auf Grund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der neuerlichen Entscheidung zu urteilen hätte.
Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin könnte sich auch durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht verbessern, da die Zulässigkeit der untersagten Entsendungen der ausländischen Arbeitnehmer nach Österreich nicht von der nachträglichen Erteilung von Bestätigungen für einen bereits verstrichenen Zeitraum abhängt. Deshalb mangelt es der Beschwerdeführerin an einem Rechtsschutzinteresse und damit den Beschwerden an der Zulässigkeit.
Die Beschwerden waren daher wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung betreffend die Zurückweisung einer Beschwerde wegen mangelnden Rechtschutzinteresses.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Unterbleiben einer Verhandlung:
Der Sachverhalt war im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden konnte. Dem Entfall der Verhandlung stand auch Art 6 EMRK nicht entgegen, weil lediglich rechtliche Fragen zu klären waren (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159 mwH).
Schlagworte
EU-Entsendebestätigung, Rechtsschutzinteresse, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2209150.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.07.2019