TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/16 W117 2218214-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z2
VwGVG §35

Spruch

W117 2218214-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Albanien, vertreten durch Mag. Bernadette Fidler, ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Steiermark, vom 22.04.2019, Zl. 1227081400 - 190407765 / BMI-BFA_STM_RD, sowie die Anhaltung in Schubhaft vom 22.04.2019 bis 26.04.2019 Uhr zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 2 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin wurde im gegenständlichen Schubhaftverfahren am 22.04.2019 einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich entscheidungswesentlich wie folgt::

"Sie wurden am 21.04.2019 von der Polizei/FGA Ilz kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass gegen Sie ein schengenweites Aufenthaltsverbot, erlassen von den italienischen Behörden, besteht und Sie sich somit illegal im Bundesgebiet aufhalten. Aufgrund dieser Tatsache wurden Sie gem. Auftrag des BFA um 17:00 Uhr gem. § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz verbracht.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Wie kann ich illegal sein, wenn in Ungarn mein Reisepass gestempelt wurde und jetzt den Namen von meinem jetzigen Namen habe. Die Polizei hat festgestellt, dass das Aufenthaltsverbot mit dem alten Namen XXXX ausgeschrieben ist. Ich war in Italien damals mit dem Namen XXXX , ich hatte damals die Aufenthaltsfrist überschritten, und daher das Aufenthaltsverbot erhalten. Ich dachte nicht, dass dieses Aufenthaltsverbot für die ganze EU gilt, dass verstehe ich nicht. Ich habe niemanden ermordet, oder etwas gestohlen. Der Grund warum ich nach Italien wollte, war, dass ich einen Anwalt anheuern wollte, weil das Aufenthaltsverbot 3 Jahre gilt, und ich dieses nicht für alle EU Länder haben wollte, es läuft 2020 aus.

F: Wann und wie sind Sie zuletzt in die Europäische Union eingereist?

A: Wir sind über Serbien, Ungarn nach Österreich eingereist, und wollten weiter nach Italien zu einem Anwalt.

F: Warum haben Sie Ihren Namen geändert?

A: Weil ich geheiratet habe.

F: Wie finanzieren Sie sich Ihren Lebensunterhalt?

A: Ich habe in einem Callcenter gearbeitet und in Italien hatte ich Gelegenheitsjobs.

F: Über welche finanziellen Mittel verfügen Sie?

A: Ich hatte 500 Euro, diese wurden beschlagnahmt. 200 Euro hatte er, ich 300 Euro.

F: Haben Sie familiäre, soziale oder berufliche Bindungen in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie familiäre, soziale oder berufliche Bindungen im Heimatland?

A: Mein Vater ist gestorben. Meine Mutter und mein siebenjähriger Sohn, welche bei meiner Mutter lebt.

F: Was sagt ihr Ehemann zu Ihrem Verhältnis zu Hr. XXXX ?

A: Ich war früher mit Ihm verheiratet, dann geschieden, zwischenzeitlich war ich mit Hr. XXXX verheiratet, lebe aber getrennt von diesem und wollen uns scheiden lassen und wieder mit Herrn XXXX heiraten kann. Ich habe etwas Angst vor meinem jetzigen Mann, da er vielleicht mitbekommen hat, dass ich mit XXXX wieder zusammen bin.

LA: Da für Ihre Person ein schengenweites Aufenthaltsverbot besteht, werden Sie auf dieser Grundlage in Ihr Herkunftsland abgeschoben. Hierzu ist beabsichtigt Sie zur Sicherung Ihrer Abschiebung nach Albanien die Schubhaft zu erlassen.

Für diese Verfahren wird Ihnen für eine allfällige Beschwerdemöglichkeit amtswegig und kostenlos eine Rechtsberatung zur Verfügung gestellt.

Auch werden Ihnen die entstandenen Kosten aus diesem Verfahren, Dolmetscherkosten und die Kosten für die Abschiebung, vorgeschrieben.

F: Haben Sie verstanden?

A:Ja.

Mit dem (oben) im Spruch angeführten, gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, wurde über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Verwaltungsbehörde führte unter anderem fest (Hervorhebungen im Original):

"Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

-

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

-

Sie sind albanischer Staatsbürger.

-

Ihre Identität steht fest.

-

Sie sind verheiratet und haben ein Kind, welches bei Ihrer Mutter lebt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Sie sind nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Gegen Ihre Person wurde von den italienischen Behörden ein Aufenthalts/-Einreiseverbot im Schengener Gebiet ausgeschrieben.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Sie sind illegal nach Österreich eingereist.

-

Sie halten sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

-

Sie können die Mitgliedsstaaten nicht aus eigenem legal verlassen.

-

Obwohl bezüglich Ihrer Person ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot bestand, kehrten Sie in den Schengener Raum zurück.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

(...)

Rechtliche Beurteilung

(...)

In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

(...)

1. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

(...)

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Gegen Sie wurde von den italienischen Behörden ein Einreise/-Aufenthaltsverbot für den Schengener Raum erlassen, dennoch reisten Sie in das Bundesgebiet ein. Da Sie nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, bzw. zum Aufenthalt im Schengener Raum berechtigt sind können Sie auch nicht aus eigenem legal ausreisen und werden zur Sicherung Ihrer Abschiebung in Schubhaft genommen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, und zur Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

(...)

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Ihre Abschiebung steht unmittelbar bevor.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Aufgrund der Inhaftierung im Polizeianhaltezentrum Graz und der damit verbundenen Haftfähigkeitsprüfung ist von Ihrer derzeitigen Hafttauglichkeit auszugehen.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie gegen die (fortdauernde) Anhaltung der BF in Schubhaft erhob diese binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG, rügte die Schubhaftanordnung als rechtswidrig und führte unter anderem aus (Hervorhebungen im Original):

"Sachverhalt (Kurzdarstellung)

Die BF reiste am 21.04.2019 aus Ungarn nach Österreich ein und wurde am selben Tag von der Polizei Ilz kontrolliert. Dabei stellte die Polizei fest, dass gegen die BF ein von den italienischen Behörden erlassenes schengenweites Einreise- und Aufenthalts verbot besteht.

Die BF wurde daraufhin am 21.04.2019 festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz verbracht.

Diese Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Schubhaftbescheid und sind nicht als Außerstreitstellungen zu sehen. Es wird auf den Punkt A) Verfahrensgang im angefochtenen Bescheid verwiesen.

Am 22.04.2019 wurde gegenüber der BF mittels vorliegendem Mandatsbescheid Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

Die gegenständliche Schubhaftverhängung erweist sich als nicht notwendig bzw als nicht verhältnismäßig. Auch wurde die Fluchtgefahr und der Ausschluss gelinderer Mittel nicht nachvollziehbar begründet, wie nachfolgend dargestellt wird:

Zur Rechtswidriqkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft und der Anhaltung des Beschwerdeführers

Verletzung von Verfahrensvorschriften

Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren war grob mangelhaft, da diese ihrer nach §§ 37, 39 Abs 2 AVG bestehenden und in § 18 Abs 1 AsylG konkretisierten Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Gerade die Verhängung der Schubhaft als Einschränkung der persönlichen Freiheit verlangt eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation eines BF. Dazu gehört auch, dass die Behörde die Umstände, die für die Entscheidung, ob die Behörde Schubhaft über eine Person verhängt von immenser Bedeutung sind, selbständig ermittelt.

Die Behörde hat jedoch in diesem Fall überhaupt nicht dahingehend ermittelt, ob sich die BF kooperativ zeigt und ob sie einem gelinderen Mittel Folge leisten würde.

Mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 2 Z 2 PPG, Unverhältnismäßigkeit der Haft:

Gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG ist die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Im gegenständlichen Fall liegen weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vor.

Jedenfalls reichen die von der belangten Behörde dargelegten Umstände nicht aus, um im Fall der BF eine Fluchtgefahr zu begründen.

Die belangte Behörde begründet das Vorbringen von Fluchtgefahr mit den Kriterien des § 76 Abs 3 Z 2 FPG. Die belangte Behörde macht allerdings keinerlei konkreten Angaben, sondern beschränkt sich auf allgemeine Floskeln und setzt sich nicht mit der konkreten Situation der BF auseinander.

Die belangte Behörde vermeint, die BF wäre nicht vertrauenswürdig. Das Gegenteil ist vielmehr zutreffend. Die BF hatte zu keinem Zeitpunkt die Absicht, unterzutauchen, sondern vielmehr umgehend das Bundesgebiet wieder zu verlassen. Die BF ist bereit mit den Behörden zu kooperieren und wäre auch bereit, freiwillig aus Österreich auszureisen. Die BF hat bereits einen Antrag auf freiwillige Ausreise nach Albanien gestellt.

Die BF reiste über Ungarn in den Schengenraum ein. In Ungarn wurde sie von der Polizei kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie von den ungarischen Beamten nicht auf den rechtswidrigen Aufenthalt im Schengenraum hingewiesen. Vielmehr wurde ihr die Einreise gestattet. Die Festnahme von den österreichischen Exekutivorganen erfolgte für die BF völlig überraschend.

Schließlich kann die Behörde nicht alleine gestützt auf die Kriterien des illegalen Aufenthalts der BF die Schubhaft verhängen - eine solche Praxis würde gegen die Grundsätze des § 76 FPG verstoßen, denn dann müsste das BFA ohne Prüfung der Fluchtgefahr die Schubhaft über alle unrechtmäßigen eingereisten Personen verhängen und es würde jede Einzelfallprüfung entfallen.

Zum Nichtvorliegen einer durchführbaren Rückkehrentscheidung:

Zwar besteht gegen die BF ein von den italienischen Behörden erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot, allerdings besteht gegen die BF keine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme und wurde die Schubhaft auch nicht zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthattsbeendenden Maßnahme verhängt, sondern zur Sicherung der Abschiebung.

Die belangte Behörde behauptet, dass die Abschiebung der BF bereits unmittelbar bevor stünde (Bescheid S. 8), ohne, dass eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Die belangte Behörde macht im gegenständlichen Bescheid auch keinerlei Angaben zum Vorliegen einer Rückkehrentscheidung oder der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Es ist für die BF daher nicht ersichtlich, ob und wann die Behörde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt. Entgegen der Angaben der belangten Behörde ist es nicht absehbar, wielange die BF noch in Schubhaft verbleiben muss und ist daher die Schubhaft auch aus diesem Grunde unverhältnismäßig.

Zum Ausschluss gelinderer Mittel:

Die belangte Behörde nimmt keine individuelle Prüfung der Anordnung gelinderer Mittel vor, sondern beschränkt sich auf allgemeine Ausführungen.

Die belangte Behörde legt im angefochtenen Bescheid insbesondere auch nicht dar, warum im Fall der BF das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung oder das gelindere Mittel der Anordnung der Wohnsitznahme nicht in Frage kommt. Sie beschränkt sich auf die vage Begründung: "Ihre Abschiebung steht unmittelbar bevor." (Beschwerde S. 8) Allerdings besteht für die BF - wie bereits ausgeführt - keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und steht auch ein Abschiebetermin fest. Von einem "unmittelbaren Bevorstehen" kann die BF sohin nicht ausgehen.

Für die BF wäre neben einer periodischen Meldeverpflichtung das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten durchaus in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gern § 77 Abs 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung.

Die BF ist bereit mit Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtung sowie einer allfälligen angeordneten Unterkunftnahme auch Folge leisten.

Die angeführten gelinderen Mittel wären zur Erfüllung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls ausreichend gewesen. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der anqefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, beantragt die BF ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlunq zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere zur Klärung der Kooperationsbereitschaft der BF. des Vorlieqens eines Sicherunosbedarfes sowie zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels - unter Einvernahme der BF.

Eine Voraussetzung für das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung wäre, dass die Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt wird. Dies ist im angefochtenen Bescheid jedoch nicht erfolgt (die "Beweiswürdigung" beschränkt sich lediglich auf einen Hinweis auf den Akt sowie die Einvernahme). Das BVwG hat also eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sollte es der Beschwerde nicht schon aufgrund der Aktenlage stattgeben (§ 24 Abs 2 2 1 VwGVG).

Zum Antrag auf Ersatz des Aufwandes gem § 35 VwGVG:

Gem § 35 Abs 1 und 4 Z 3 VwGVG stehen der obsiegenden Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Ersatz der Aufwendungen gern VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013) zu. Daher beantragt der BF gern § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwands der BF als obsiegende Partei iHv 737,60 EUR. Für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zusätzlich ein Ersatz des Verhandlungsaufwands der BF iHv 922,00 EUR beantragt.

Die BF beantragt darüber hinaus gern § 35 Abs 1 iVm Abs 4 Z 1 VwGVG den Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen hat, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

Aus den genannten Gründen wird beantragt, das BVwG möge

* eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme der Beschwerdeführerin zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

* aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte;

* im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen;

* der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen der BF gem VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen."

Im Zuge der Aktenvorlage erstattete die Verwaltungsbehörde nachfolgende Stellungnahme und verzeichnete Kosten im angeführten Ausmaß:

" (...)

Daraus ist zusammenfassend zu entnehmen, dass die Partei, trotz bestehendem Einreise-/ Aufenthaltsverbots im Schengener Gebiet, erlassen durch die italienischen Behörden,

ZL: IT/MIPQ53EHSSHJD/0000/01(Italien), illegal nach Österreich einreiste und bei einer Kontrolle durch die Polizei in weiterer Folge am 21.04.2019/17:00 Uhr festgenommen und in das PAZ Graz überstellt wurde.

Der nicht rechtmäßige Aufenthalt, bzw. die aufrechte Gültigkeit des Einreiseverbotes im Schengener Gebiet wurde vom Polizeikooperationszentrum Thörl Maglern bestätigt. Grund waren die illegale Einreise und Aufenthalt in Italien!

Somit war eine freiwillige und legale Ausreise mit dem Auto, oder mit der Bahn nicht möglich und die Abschiebung für den 26.04.2019 geplant.

Die unbegleitete Abschiebung ins Herkunftsland erfolgte am 26.04.2019 um 15:51 Uhr.

Der gegenständliche Sicherungsbedarf i.S.d. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wurde vor wie folgt begründet:

-

Illegale Einreise in das Bundesgebiet, trotz Kenntnis des Einreiseverbotes.

-

Keine finanziellen Mittel.

-

Keine Möglichkeit legal ins Herkunftsland zu reisen.

-

Beträchtliches Risiko des Untertauchens - Fluchtgefahr.

Seitens des BFA wird beantragt die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen und gem. § 35 VwGVG iVm § 1 Z 3 bis 5 VwG-Aufwandersatzverordnung folgende Kosten zuzusprechen:

1. Ersatz des Vorlageaufwandes der Belangten Behörde als obsiegende Partei: € 57,40

2. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der Belangten Behörde als obsiegende Partei: € 368,80

Sowie gegebenenfalls Ersatz des Verhandlungsaufwandes der Belangten Behörde als obsiegende Partei: € 461,00

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde wie folgt erwogen:

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch BF genannt) besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft; sie ist albanische Staatsangehörige und somit Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Ihre Identität steht fest. (Reisepass der Beschwerdeführerin).

Die Beschwerdeführerin wurde am 21.04.2019 von der Polizei/ FGA Ilz am Autobahnparkplatz Laßnitzhöhe anlässlich der Wahrnehmung eines albanischen Fahrzeuges mit zwei Insassen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Zur Abklärung des Sachverhaltes - eine EKIS-Überprüfung ergab, dass mit den angeführten Daten, jedoch mit anderem Familiennamen, ein aufrechtes Schengen Aufenthaltsverbot besteht. Zur Abklärung des Sachverhaltes und der Identitäten wurden die Beschwerdeführerin und der weitere Insasse zur PI Ilz-FGP gebracht; dies erfolgte freiwillig. (Bericht der PI-St-Ilz-FGP v 21.04.2019)

Gegenüber der Beschwerdeführerin besteht unter der Zahl IT/MIPQ53EHSSHJD/0000/01 ein in Italien für den Schengen-Raum erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot (FREMDENINFORMATION AUSKUNFT v. 02.05.2019) wegen "illegaler Einreise und Aufenthalt". (Mitteilung des PKZ Thörl Maglern v. 21.04.2019).

In der Folge wurde am 21.04.2019 ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG - "(geplante) Anordnung der Abschiebung" - erlassen (Festnahmeauftrag v. 21.04.2019).

Dass Einreise-/Aufenthaltsverbot war in Italien nicht in Bezug auf den aktuell im Spruch genannten Namen, den sie erst nach der Erlassung desselben aufgrund einer weiteren Eheschließung annahm, eingetragen, sondern in Bezug auf jenen des damaligen Ehegatten (Mitteilung des PKZ Thörl Maglern v. 21.04.2019).

Die Beschwerdeführerin reiste über Serbien und Ungarn, welches der Beschwerdeführerin die Weiterreise gestattete, nach Österreich ein, um weiter nach Italien zu einem Anwalt zu reisen. Die Beschwerdeführerin wollte in Italien deshalb einen Anwalt "anheuern", "weil das Aufenthaltsverbot 3 Jahre gilt und ich dieses nicht für alle EU Länder haben wollte, es läuft 2020 aus". (Einvernahme vor dem BFA vom 22.04.2019 S.3)

Die Beschwerdeführerin war also in Kenntnis des Einreise-/Aufenthaltsverbotes für den gesamten Schengen Raum und reiste dennoch ein (Einvernahme vor dem BFA vom 22.04.2019 S.3). Zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme bis zur Abschiebung bestand daher erhebliche Fluchtgefahr.

Nach ihrer Einvernahme vor der Verwaltungsbehörde wurde die Beschwerdeführerin mit dem im Spruch angeführten Bescheid am 22.04.2019 um 19:30 Uhr in Schubhaft genommen.

Am 26.04.2019 (um 15:51) wurde sie in den Herkunftsstaat zurückgeführt (Bericht der LPD Niederösterreich, GZ 19/814510, vom 26.04.2019).

Zum Zeitpunkt der Einvernahme war die Beschwerdeführerin im Besitze von € 300 Euro, der Begleiter im Besitze von € 200 Euro. Die Beschwerdeführerin hat in Österreich keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen, diese bestehen ausschließlich in Albanien (Einvernahme vor dem BFA vom 22.04.2019 S.3).

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage;

Würdigung der Entscheidungsgrundlage:

Der Sachverhalt war als unstrittig anzunehmen, basiert er doch einerseits auf unbedenklichen Aktendokumenten, andererseits auf den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Schubhafteinvernahme vom 22.04.2019.

In letzterer hatte die Beschwerdeführerin letztlich ausdrücklich eingeräumt, um das schengenweite Einreise-/Aufenthaltsverbot zu wissen und sich vor Ort mithilfe eines Anwalts um die Aufhebung desselben bemühen zu wollen, weil sie nicht wollte, dass dieses Einreise-/Aufenthaltsverbot für "die ganzen EU-Länder" gelte.

Die Inschubhaftnahme ist daher vor diesem Wissen um die Reichweite des Einreise-/Aufenthaltsverbotes und die beabsichtigte Weiterreise nach Italien zu sehen. In diesem Sinne hatte die Verwaltungsbehörde im Ergebnis zu Recht Fluchtgefahr angenommen.

Mit der Eingangsrechtfertigung der Beschwerdeführerin, "wie kann ich illegal sein, wenn in Ungarn mein Reisepass gestempelt wurde" ist daher schon im Hinblick auf das angeführte Zugeständnis nichts gewonnen. Aber auch hier lieferte die Beschwerdeführerin eine plausible Erklärung, warum sie Ungarn weitereisen ließ, gab sie doch selbst ausdrücklich an, dass das Einreise-/Aufenthaltsverbot in Italien auf einen anderen als den im (an der Grenze vorgezeigten) Pass eingetragenen Namen ausgestellt war.

In diesem Sinne erweist sich also die Beschwerdebehauptung "Die Festnahme von den österreichischen Exekutivorganen erfolgte für die BF völlig überraschend", als aktenwidrig.

Gerade auf den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Schubhafteinvernahme aufbauend, war die Schlussfolgerung des Bestehens von Fluchtgefahr gegeben.

Auch die weiteren Beschwerdeausführungen (auf Tatsachenebene) gehen wegen Aktenwidrigkeit ins Leere:

Die Verwaltungsbehörde hat entgegen der Beschwerde ein einwandfreies Ermittlungsverfahren geführt, indem sie sich hinsichtlich des Einreise-/Aufenthaltsverbotes nicht bloß auf die Abfrage des Fremdeninformationssystems beschränkte, sondern in Italien explizit nachfragte.

Sie hat ihre Ermittlungsergebnisse der Beschwerdeführerin ausdrücklich im Rahmen der nachfolgenden Schubhafteinvernahme zur Kenntnis gebracht und der Beschwerdeführerin ausführlich Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern. Auch wurde die Beschwerdeführerin zu den übrigen Schubhaft relevanten Punkten - zB Vermögen, familiäre, soziale und berufliche Bindungen etc. - eingehend befragt und erst danach der Schubhaftbescheid erlassen.

Auch dieser stößt auf keine Bedenken:

Die Verwaltungsbehörde hat klar und übersichtlich die einzelnen Bescheid(begründungs)elemente dargestellt und ergibt sich aufgrund der von der Verwaltungsbehörde getroffenen Feststellungen der illegalen Einreise nach Österreich, der Einreise trotz Einreise- und Aufenthaltsverbotes, der mangelnden beruflichen und sozialen Verankerung in Österreich der daraus rechtlich gezogenen Schlussfolgerung der Vertrauensunwürdigkeit jedenfalls das Bestehen der erheblichen Gefahr des Untertauchens.

Gerade die nachprüfende Kontrolle der Aussage der Beschwerdeführerin bestätigt vollinhaltlich diese Annahme der Verwaltungsbehörde.

Inwiefern vor diesem Hintergrund die Anwendung eines gelinderen Mittels in Frage kommen sollte, ist nicht nachvollziehbar; aber auch damit hat sich die Verwaltungsbehörde auseinandergesetzt:

So hatte sie zu Recht die Anwendung einer finanziellen Sicherheitsleistung wegen Fehlens entsprechender Mittel von vornherein ausgeschlossen und nicht nur, wie die Beschwerde vermeint, die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten sowie eine periodische Meldeverpflichtung deswegen ausgeschlossen, weil die Abschiebung bevorsteht, sondern weil eben aufgrund der persönlichen Lebenssituation und des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens besteht.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgesehen werden:

In seiner Entscheidung vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0012, bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung (in Schubhaftbeschwerdeverfahren), dass

"Der im vorliegenden Fall einschlägige § 21 Abs. 7 BFA-VG [...] auch im Fall eines ausdrücklich darauf gerichteten Antrags das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ermöglicht, wenn

* der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

* sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht".

Nicht nur dass nach der aktuellen Judikatur keine allgemeine Verhandlungspflicht besteht, sondern diese auch in Fällen, in denen das (Beschwerde)Vorbringen offensichtlich - zweifelsfrei - mit der Aktenlage - bisherigen Ermittlungen - im Widerspruch steht, was zum Teil, nämlich bezogen auf das (Beschwerde)vorbringen

* in Bezug auf das Vorliegen von Kooperationsbereitschaft

und

* hinsichtlich der mangelhaften Verfahrensführung,

gegenständlich der Fall ist:

Nach der aktuellen Judikatur konnte sohin von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden - dies aber auch deswegen, weil gerade die Angaben der Beschwerdeführerin in der Schubhafteinvernahme zugrunde gelegt wurden.

Zur Frage der rechtlichen Zulässigkeit der am 26.04.2019 erfolgten Abschiebung siehe nachfolgende rechtliche Beurteilung

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Nach den angeführten Bestimmungen ist die Schubhaftanordnung von einem übergeordneten (Sicherungs)Zweck abhängig - gegenständlich von der Abschiebung (nach Albanien).

Der Beschwerdebehauptung, wonach "zwar gegen die BF ein von den italienischen Behörden erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, allerdings gegen die BF keine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht" und die zur Sicherung der Abschiebung angeordnete Schubhaft deswegen rechtswidrig sei, fehlt die rechtliche Grundlage; die entscheidungswesentliche Bestimmung des FPG idgF lautet:

Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten

§ 46b. (1) Bei Drittstaatsangehörigen, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, entspricht die rechtskräftige, vollstreckbare Rückführungsentscheidung eines EWR-Staates einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, wenn

(...)

2. die Rückführungsentscheidung erlassen wurde, weil der Drittstaatsangehörige gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen des Entscheidungsstaates verstoßen hat.

(...)

Nach den Materialien (1078 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage - Materialien) zu dieser im Bundesgesetzblatt I Nr. 38/2011 kundgemachten Bestimmung

"entspricht der § 46b wortident dem § 71 der geltenden Rechtslage und hat aufgrund der Neuplatzierung der Bestimmungen des 10. Hauptstückes im neustrukturierten 8. Hauptstück aufgrund der Umsetzung der RückführungsRL in systematisch sachgerechter Weise seinen Platz im Anschluss an die Bestimmung betreffend die Abschiebung und Duldung gefunden. Zudem wurden in Abs. 6 Verweisungen angepasst".

Die Materialien (952 der Beilagen XXII. GP - Regierungsvorlage - Materialien) dieser identen, bereits in der Stammfassung Bundesgesetzblatt I Nr. 100/2005 kundgemachten Vorgängerbestimmung lassen im Zusammenhang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH v. 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389) keinerlei Zweifel an der Rechtskonformität des verwaltungsbehördlichen Handelns aufkommen:

"Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie des Rates 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001, ABl L 149/34 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen. Die Richtlinie wurde gemäß Art. 63 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erlassen und soll größere Effizienz bei der Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährleisten. Dazu ist die gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen erforderlich; es soll möglich sein, die anerkannte Rückführungsentscheidung eines Mitgliedstaates auch durchzusetzen, ohne ein eigenes (nationales) Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung durchführen zu müssen. Selbstverständlich sind alle sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen auch in diesen Fällen von Relevanz (arg. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie "Die Mitgliedstaaten führen diese Richtlinie unter Beachtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch.")."

Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte diese, indem er bereits zur identen Vorgängerbestimmung wie folgt ausführte:

"§ 71 Abs. 1 FPG setzt somit unter weiteren Voraussetzungen Rückführungsentscheidungen eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes einer von österreichischen Behörden verhängten Ausweisung gleich. Mit dieser Bestimmung wird die Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (RückführungsRL; Amtsblatt 2001 L 149, 34) umgesetzt (vgl. 952 BlgNR 22. GP 102)."

Die Verwaltungsbehörde hatte daher am 26.04.2019 rechtskonform im Sinne der angeführten Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z 2 FPG das von Italien (als EU-Mitgliedsstaat auch Vertragsstaat des EWR) wegen Verletzung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen erlassene Einreise-/Aufenthaltsverbot umgesetzt. Einer eigenständigen inländischen Rückkehrentscheidung, wie von der Beschwerdeführerin moniert, bedurfte es daher nicht.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum konkreten Sicherungsbedarf, an deren Maßgeblichkeit das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015, wie unzweifelhaft den diesbezüglichen Materialien zu entnehmen ist, nichts änderte, sind dabei das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Gemessen also an §76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen des Sachverhaltes herausgeschälten, und zwar

* die illegale Einreise trotz rechtskräftigem für den Schengen Raum gültigen Einreise-/Aufenthaltsverbotes in dessen Bewusstsein;

* die beabsichtigte illegale Weiterreise nach Italien,

* der Mangel an sozialer, familiärer und beruflicher Bindungen in Österreich

unzweifelhaft "die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird".

Insofern ist, wie die Verwaltungsbehörde durch besondere Hervorhebung der angewandten Bestimmung des Z 2. leg.cit. jedenfalls anzeigt un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten