TE OGH 2019/4/25 6Ob70/19s

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Veröffentlicht am 25.04.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der J***** P*****, wegen Erneuerung und Übertragung der Erwachsenenvertretung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs ihrer Kinder 1. C***** R*****, 2. E***** B*****, und 3. H***** P*****, alle vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in Lilienfeld, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. Februar 2019, GZ 16 R 14/19a-40, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 127 AußStrG idF vor dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (2. ErwSchG: BGBl I 2017/59) stand im Sachwalterschaftsbestellungsverfahren der Rekurs der betroffenen Person, ihrem Vertreter, dem Verfahrenssachwalter, der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll, und den nächsten Angehörigen zu, deren Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registriert war (§ 284e Abs 2 ABGB).

Nach ständiger Rechtsprechung galt § 127 AußStrG analog auch für die Befugnis zur Erhebung des Revisionsrekurses (RIS-Justiz RS0124570).

         Mit dem 2. ErwSchG wurde § 127 AußStrG mit Inkrafttreten am 1. 7. 2018 (§ 207m Abs 1 AußStrG) neu gefasst. Nach dessen Absatz 3 steht einem Angehörigen im Sinn des Absatzes 1 (wozu auch die volljährigen Kinder der betroffenen Person gehören), dessen Verständigung die betroffene Person nicht abgelehnt hat, gegen den Beschluss über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters im Hinblick auf die Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters der Rekurs zu.

Im vorliegenden Verfahren ist § 127 AußStrG bereits idF des 2. ErwSchG anzuwenden (§ 207m Abs 1 AußStrG). Ungeachtet des Umstands, dass auch § 127 Abs 3 AußStrG idF des 2. ErwSchG nur vom Rekurs spricht und den Revisionsrekurs nicht eigens erwähnt, ergeben sich (auch aus den Materialien: ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 69) keine Hinweise darauf, der Gesetzgeber hätte entgegen der zitierten Judikatur den Revisionsrekurs ausschließen wollen. Es ist daher auch für § 127 AußStrG idF des 2. ErwSchG daran festzuhalten, dass diese Bestimmung analog auch für die Befugnis zur Erhebung des Revisionsrekurses gilt (RS0124570).

Hier hat die betroffene Person die Verständigung ihrer volljährigen Kinder nicht abgelehnt. Diese sind daher im vorliegenden Verfahren, in dem von den Vorinstanzen die bisherige gerichtliche Erwachsenenvertreterin enthoben und der Enkel der betroffenen Person zum neuen gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt wurde, zur Erhebung des Revisionsrekurses legitimiert.

2. Aus dem in § 127 Abs 3 AußStrG eingeräumten Rekursrecht ergibt sich, dass die von der Bestimmung erfassten Angehörigen zwar „keine volle Parteistellung“ (ErlRV 1461 BlgNR 25. GP 69, zitiert bei Gitschthaler/Schweighofer, Erwachsenenschutzrecht [2017] 204 ff) – dies, um das Verfahren effizient führen zu können und nicht allfällige Familienstreitigkeiten in das Bestellungsverfahren zu verlagern – (Bauer/Hengl, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts [2019] 866 unter Hinweis auf die Materialien), wohl aber beschränkte Parteirechte haben (Schauer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² [2019] § 127 Rz 19). Die Rekurslegitimation beschränkt sich auf die Entscheidung über die Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, also (nach Schauer aaO Rz 21) im Wesentlichen auf das Vorbringen, die Auswahl des gerichtlichen Erwachsenenvertreters sei nicht im Einklang mit § 274 ABGB erfolgt; der Angehörige kann dabei geltend machen, das Gericht habe sich über die hierarchische Ordnung, die in dieser Bestimmung für das Verhältnis der in Betracht kommenden Personen vorgesehen ist, hinweggesetzt und nicht die am besten geeignete Person bestellt. Nach Auffassung des Senats ist dabei jedenfalls auch auf die Grundsätze des § 273 Abs 1 ABGB Bedacht zu nehmen. Alle übrigen Bestandteile des Spruchs, insbesondere die Frage, ob überhaupt ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter zu bestellen ist (§ 123 Abs 1 Z 1 AußStrG), und die Umschreibung der ihm übertragenen Aufgaben (§ 123 Abs 1 Z 2 AußStrG), sind hingegen einem Rekurs durch die Angehörigen nicht zugänglich; ebenso wenig begründet § 127 Abs 3 AußStrG ein eigenes Recht eines Angehörigen, zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt zu werden. Wenn der Angehörige den Rekurs erhebt, so kann dies immer nur im Interesse der betroffenen Person an der Förderung deren Wohls geschehen (Schauer aaO Rz 21).

Vor diesem Hintergrund zeigen die Rechtsmittelwerber keine erhebliche Rechtsfrage auf:

2.1. Ob nach dem 2. ErwSchG (zwingend) eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, ist in § 121 Abs 1 („wenn dies das Gericht für erforderlich hält“) und § 128 Abs 3 AußStrG („wenn es das für erforderlich hält“) klar geregelt; dazu kommt, dass nach § 121 Abs 2 AußStrG die Ladung der Angehörigen (außer der Person, die bestellt werden soll) gar nicht vorgesehen ist. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine

klare, das heißt

eindeutige Regelung trifft (RS0042656).

2.2. Auch die Frage, ob eine zwingende Anhörung der Angehörigen erforderlich ist, ergibt sich hinreichend deutlich aus § 127 Abs 1 und 2 AußStrG. Überdies ist diese Frage nicht präjudiziell, weil sich hier die Rechtsmittelwerber sowohl in erster Instanz (ON 31) als auch im Rekurs (ON 37) ohnehin schriftlich äußerten.

2.3. Dass für die Umbestellung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters die (rechtswirksame) Zustimmung der betroffenen Person erforderlich wäre, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen und wäre gerade bei einer geschäftsunfähigen Person auch gar nicht möglich. Im Übrigen ist aber gemäß § 273 Abs 1 ABGB bei der Auswahl des gerichtlichen Erwachsenenvertreters durchaus auch auf die (wie auch immer gearteten) „Wünsche“ der betroffenen Person Bedacht zu nehmen.

2.3. Der gerügte Verfahrensmangel wurde bereits vom Rekursgericht verneint und kann daher im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden (RS0030748 [T15]).

2.4. Auch die Rechtsrüge zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Unter normalen Umständen erfordert die Vermögens- und Pensionsverwaltung und die Verwaltung der Liegenschaft der betroffenen Person keine Rechtskenntnisse eines Volljuristen, weshalb die Abberufung der bisher bestellten Rechtsanwältin als gerichtlicher Erwachsenenvertreterin insoweit nicht zu beanstanden ist. Die nunmehrige Bestellung des im selben Haus wohnhaften Enkels der betroffenen Person zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter steht mit § 274 Abs 2 ABGB im Einklang, wonach eine der volljährigen Person nahestehende und für diese Aufgabe geeignete Person zu bestellen ist. Dass der Enkel dafür nicht geeignet wäre, hat das Verfahren nicht ergeben und wird auch von den Rechtsmittelwerbern nicht behauptet.

Im Übrigen gehen die Rechtsausführungen insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, als im Wesentlichen Befürchtungen für die Zukunft geäußert werden, deren Eintreten nicht feststeht. Soweit (wie schon im Rekurs) auf angebliche Ereignisse im November 2018 Bezug genommen wird, hat schon das Rekursgericht dazu nicht Stellung genommen („nicht verifizierbar“). Im Revisionsrekurs steht deren Berücksichtigung das Neuerungsverbot gemäß § 66 Abs 2 AußStrG entgegen.

Textnummer

E125198

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00070.19S.0425.000

Im RIS seit

13.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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