Entscheidungsdatum
09.04.2019Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §24 Abs1 litaText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ott über die Beschwerde der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 10.1.2019, Zl. ..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO) iVm der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen,
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Fahrzeug richtigerweise in Wien, B.-gasse 48, verkehrsbehindernd abgestellt war.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und maßgeblicher Sachverhalt:
Der angefochtene Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 10.01.2019, Zl. ..., enthält folgenden Spruch:
„Das auf die A. GmbH zugelassene Kraftfahrzeug Marke/Type X. mit dem behördlichen Kennzeichen W-... war in Wien, B.-gasse 46, verkehrsbehindernd abgestellt.
Es wurde daher am 7.9.2018 um 19:30 Uhr von der Stadt Wien – Magistratsabteilung 48 entfernt und aufbewahrt.
Gemäß § 89a Abs. 7 und 7a der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 1 bis 3 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/2016 wird Ihnen dafür der folgende Kostenersatz vorgeschrieben:
Gemäß Tarif I P. Nr. 3 EUR 264,00 für das Entfernen des Fahrzeuges
Gemäß Tarif II P. Nr. 3 EUR 10,00 für jeden angefangenen Kalendertag (nach Dauer der Fahrzeugaufbewahrung)
Das Fahrzeug wurde in der Verwahrstelle der Magistratsabteilung 48 am 7.9.2018 aufbewahrt.
Die Kosten betragen:
für die Entfernung
EUR 264,00
für die Aufbewahrung
EUR 10,00
daher insgesamt
EUR 274,00
Der Betrag ist binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die Stadt Wien einzuzahlen.“
Dieser Bescheid wurde an die Beschwerdeführerin am 18.01.2019 zugestellt. Innerhalb offener Rechtsmittelfrist erhob die nunmehr rechtsfreundliche Beschwerdeführerin verfahrensgegenständliches Rechtsmittel, in welchem Folgendes ausgeführt wird:
„Die Beschwerdeführerin erhebt gegen den Bescheid der MA 67 vom 10.1.2019 zu GZ ..., der Beschwerdeführerin zugestellt am 18.1.2019, binnen offener Frist nachstehende
Beschwerde
an das Verwaltungsgericht.
Den Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Geltend gemacht werden die Rechtsmittelgründe der Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
1.) Sachverhalt
Die beschwerdeführerin hat das Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen W-... in der B.-gasse 46, Wien, am 07.09.2018 gegen 18:00 Uhr im Nahebereich eines Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt.
Hinsichtlich dieser vermeintlichen Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Anonymverfügung der MA 67 vom 10.09.2018 zu GZ ... verhängt.
Ebenfalls hat die MA 48 am 10.09.2018 gegen 19:30 Uhr ohne weiteres Verfahren das Entfernen des Fahrzeuges veranlasst sowie einen Kostenersatz in Höhe von EUR 274,00 verhängt, weil dieses vorschriftswidrig und den Verkehr beeinträchtigend abgestellt worden wäre. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Vorstellung der Beschwerdeführerin. Dem Rechtsmittel der Beschwerdeführerin gab die MA 67 nicht Folge, sondern erließ – im Wesentlichen mit derselben Begründung – den nunmehr bekämpften Bescheid.
2. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften
Sind die in einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, liegt ebenso ein wesentlicher Verfahrensfehler vor wie beim Fehlen der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen in der Bescheidbegründung. 1
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung lagen nicht vor. Es mag zutreffen, dass das Fahrzeug bei der B.-gasse 46 abgestellt wurde, aber tatsächliche kam es weder zu einer bestehenden noch einer zu besorgenden Beeinträchtigung des Verkehrs.
Das Kraftfahrzeug war auch an einem Ort abgestellt, wo sich grundsätzlich eine Reihe gleichartig geparkter Fahrzeuge befinden kann. Von einer Verkehrsbehinderung kann daher nicht im Entferntesten die Rede sein. Ermittlungen und Feststellungen darüber, wo der Abstellort des Fahrzeuges genau war und ob es in diesem Bereich zu einer allfälligen Behinderung des Straßenverkehrs kam, hat die Behörde jedoch unterlassen.
Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid lediglich die formelhafte Begründung das Fahrzeug sei „vorschriftswidrig und den Verkehr beeinträchtigend abgestellt“ angeführt, ohne irgendwelche weiteren Erhebungen und Feststellungen zum Sachverhalt durchzuführen und hat die Behörde damit die Verfahrensvorschriften verletzt.
Die Behörde stellte darüber hinaus fest, dass das Fahrzeug am 07.09.2018 um 18:21 Uhr in Wien, B.-gasse 46 „im Bereich des Mo. – Fr. (werkt) von 6:00 Uhr bis 20:00 gültigen Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt war. Tatsächlich beginnt das gegenständliche Halte- und Parkverbot an der Grenze von B.-gasse 48/B.-gasse 48a und ende an der Grenze von B.-gasse 46. Im Bereich der B.-gasse 46 besteht das Halte- und Parkverbot aber nicht, weil das Verkehrszeichen, mit dem das Halte- und Parkverbot endet, an der Grenze B.-gasse 48/B.-gasse 46 aufgestellt ist, sodass auch keine Übertretung des Halte- und Parkverbots der Beschwerdeführerin bestanden haben kann.
Beweis: Konvolut Lichtbilder, Beilage ./1;
beizuschaffende Verordnung des Magistrats.
Bei richtiger Würdigung des Beweisergebnisses hätte die belangte Behörde daher zum Ergebnis kommen müssen, dass das weder eine bestehende noch eine besorgende Verkehrsbeeinträchtigung vorlag und eine Abschleppung nicht erforderlich war. Die Abschleppung erfolgte somit rechtswidrig und ist die Beschwerdeführerin daher auch nicht verpflichtet, die Abschleppkosten zu bezahlen.
Der Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensorschriften belastet un daher aufzuheben. Die Vorschreibung eines Kostenersatzes hat nicht zu erfolgen.
3. Rechtswidrigkeit des Inhaltes
Nach den Feststellungen der Behörde, war das Fahrzeug am 07.09.2018 um 18:21 Uhr in Wien, B.-gasse „im Bereich des Mo. – Fr. (werkt) von 6:00 Uhr bis 20:00 gültigen Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt war. Tatsächlich beginnt das gegenständliche Halte- und Parkverbot an der Grenze von B.-gasse 48/B.-gasse 48a und ende an der Grenze von B.-gasse 46.2
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides muss sich die Art der Kundmachung des Halteverbotes (Aufstellungsort) entnehmen lassen. 3 Weder lässt sich aus der Begründung des bekämpften Bescheids der konkrete Aufstellungsort des Park- und Halteverbots entnehmen noch hat die Behörde die der Kundmachung zugrundeliegende Verordnung angeführt. Es ist daher völlig unklar, ob die Kundmachung (der Aufstellungsort) oder die Verordnung unrichtig ist.
Im Bereich der B.-gasse 46 besteht kein Halte- und Parkverbot, weil das Verkehrszeichen, mit dem das Halte- und Parkverbot endet, an der Grenze B.-gasse 48/ B.-gasse 46 aufgestellt ist, sodass nach den Feststellungen der Behörde auch keine Übertretung des Halte- und Parkverbots der Beschwerdeführerin bestanden haben kann.
Für die ordnungsgemäße Kundmachung ist es erforderlich, dass die Straßenverkehrszeichen dort angebracht werden, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. 4 Selbst wenn also nach der Verordnung im Bereich der B.-gasse 46 ein Park- und Halteverbot bestehen würde, so wäre dieses nicht ordnungsgemäß kundgemacht, weil sich der Aufstellungsort des Endes ds Verbots (die Kundmachung) genau an der Grenze B.-gasse 48/ B.-gasse 46 befindet.
Beweis: wie bisher.
Die Behörde hat aber auch in einem Kostenvorschreibungsverfahren nach § 89a Abs 7 StVO als Vorfrage zu beurteilen, ob eien Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs 2 und 2a StVO gegeben und damit die zwangsweise Entfernung des Kfz durch die Behörde berechtigt war. Erst bei Bejahung dieser Frage hat die Behörde zu prüfen ob auch die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung vorliegt. 5 Die Rechtmäßigkeit einer Entfernung stellt somit eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Kostenvorschreibung nach § 89a Abs 7 StVO dar.
Ein bloß vorschriftswidriges Abstellen (Halten oder Parken) eines Fahrzeuges, ohne dass hiedurch der Verkehr weder mittelbar noch unmittelbar beeinträchtig wird, soll nur durch Strafmaßnahmen geahndet werden, die Entfernung des Gegenstandes wird hier nicht in Betracht kommen. 6
In der B.-gasse 46 besteht kein Halte- und Parkverbot, sodass auch kein vorschriftswidriges Abstellen des Fahrzeuges vorlag und daher auch der Verkehr weder mittelbar noch unmittelbar beeinträchtigt werden konnte, sodass auch eine Entfernung des Fahrzeuges nicht in Betracht gekommen wäre.
Tatsächlich lag weder unmittelbar noch mittelbar eine Beeinträchtigung des Verkehrs vor. In der B.-gasse, insbesondere auf Höhe der B.-gasse 46, findet ein Verkehr von Massenbeförderungsmittel, sei es ein Schienen- oder ein Busverkehr, nicht statt und befindet sich dort daher auch keine solche Haltestelle. Auch kam es durch das Fahrzeug der Beschwerdeführerin weder zu einer bestehenden noch einer zu besorgenden Beeinträchtigung einer Hauseinfahrt, einer Ladezone oder einer Behindertenzone. Ebenso wenig kam es zu einer bestehenden oder einer zu besorgenden Beeinträchtigung von Fußgängern, Schutzwegen oder Buszonen.
Da weder eine bestehende noch eine besorgende Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89 Abs 2 und 2a StVO gegeben war, war auch die zwangsweise Entfernung des Kfz fehlte, lag auch die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung nicht vor.
Der Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und daher aufzuheben. Die Vorschreibung eines Kostenersatzes hat nicht zu erfolgen.
4. Antrag
Die Beschwerdeführerin stellt daher nachstehende
Antrag,
das Verwaltungsgericht möge
(i) gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen
(ii) den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verwahrensvorschriften ersatzlos beheben;
In eventu
(iii) den Bescheid aufheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückverweisen.
A. GmbH“
Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Die voran zitierte Beschwerde wurde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes zur Zahl ... zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht Wien am 27.03.2019 (einlangend) vorgelegt.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde zur Zahl ... sowie in den Verordnungsakt der Magistratsabteilung 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) zur Zahl ....
Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich Folgendes:
Das gegenständliche Verfahren gründet sich auf die vom 07.09.2018, wonach das Kraftfahrzeug „X.“, schwarz, mit dem behördlichen Kennzeichen W-..., am 07.09.2018 um 18:21 Uhr in Wien, B.-gasse 46 im Bereich des Vorschriftszeichens „Halte- und Parkverbot“ mit dem Zusatz „Montag bis Freitag (werktags) von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr“ abgestellt war. Im Zuge der Anzeigenlegung wurden vom Meldungsleger drei Lichtbilder angefertigt. Die Entfernung des Fahrzeuges wurde laut Abschleppbericht von der Stadt Wien - Magistratsabteilung 48 um 19:28 Uhr durchgeführt.
Mit Mandatsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom 10.09.2018, Zl. ... wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 89a Abs. 7, 7a und 8 der StVO 1960, BGBl. 159, idgF in Verbindung mit §§ 2 und 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 15.12.2016, ABl. der Stadt Wien Nr. 50/16, in Anwendung der Bestimmungen des § 57 AVG die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Fahrzeuges PKW X., Kennz. W-... (A) in der Höhe von EUR 274,- vorgeschrieben.
Bereits in ihrer dagegen erhobenen Vorstellung führte die Beschwerdeführerin aus, dass nicht zu besorgen gewesen sei, dass durch das abgestellte Fahrzeug der Verkehr beeinträchtigt werde.
Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid.
Aus dem vom Verwaltungsgericht Wien beigeschafften Verordnungsakt der MA 46 zur Zl. ... ergibt sich, dass festgelegt wurde, dass in Wien, B.-gasse 48A – 48 von Montag bis Freitag (werktags) von 06.00 bis 20.00 Uhr das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art verboten ist.
Gemäß § 43 StVO wurden die in der bezughabenden Niederschrift vom 30.01.2013 festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen erlassen. Diese Verordnungen traten gemäß § 44 StVO mit der Aufstellung der Verkehrszeichen am 19.03.2013 in Kraft. Die Kundmachungskontrolle erfolgte am 06.11.2013.
Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass den erlassenen Verkehrsbeschränkungen eine am 30.01.2013 durchgeführte Ortsverhandlung vorausgegangen ist, welche die Überprüfung der Verkehrssituation hinsichtlich der Errichtung zweier definitiven Halteverbotszonen im Halteverbotsbereich zum Gegenstand hatte.
Aufgrund des Sachverhaltes, dass sich in Wien, B.-gasse 61 eine Ladezone der Firma C. befindet, welche von Montag bis Samstag frequentiert wird und die B.-gasse im gegenständlichen Abschnitt bis zur D.-straße als Einbahn geführt wird, kam es im Bereich B.-gasse # E.-gasse durch parkende Autos auf der Seite der geraden Nummern immer wieder zu Engstellen, wodurch die Lastfahrzeuge der Firma C. nicht weiter zur D.-straße fahren konnten und daher rückwärts die B.-gasse bis zur F.-gasse befuhren und in dieselbige rückwärts einbogen.
Um dies zu vermeiden wurde eine Halte- und Parkverbot in Wien, B.-gasse 48A – 48 von Montag bis Freitag (werktags) von 06.00 bis 20.00 Uhr für Fahrzeuge aller Art errichtet.
Rechtslage:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
§ 27 VwGVG lautet samt Überschrift:
„Prüfungsumfang
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“
Gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960, BGBl.Nr. 159/1960, idF BGBl. I Nr.52/2005 hat die Behörde die Entfernung eines Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch diesen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig sein oder nicht, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt wird.
Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen:
a) Bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten ist, dass sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger und
b) Bei einem Gegenstand (Fahrzeug, Container und dergleichen), der im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt ist, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13b mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ (54 Abs. 5 lit. j) kundgemacht ist.
Gemäß § 89a Abs. 2a StVO 1960 ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere dann gegeben,
a) wenn Schienenfahrzeuge nicht unbehindert fahren können
b) wenn der Lenker eines Omnibusses (Autobusses) des Kraftfahrlinienverkehrs am Vorbeifahren oder Wegfahren, am Zufahren zu einer Haltestelle oder zu einer Garage oder am Befahren eines Fahrstreifens für Omnibusse (Autobusse) gehindert ist,
c)wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Ladezone oder zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist,
d)wenn ein Fahrzeug, bei dem kein Ausweis im Sinne des § 29b Abs. 4 angebracht ist, auf einem gemäß § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Abstellplatz abgestellt ist oder wenn der Inhaber eines Ausweises nach § 29b. Abs. 1 oder 5 am Zufahren zu einem solchen Abstellplatz gehindert ist,
e)wenn Fußgänger, insbesondere auch Personen mit Kinderwagen oder Behinderte mit Rollstuhl, an der Benützung eines Gehsteiges, eines Gehweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind,
f)wenn Radfahrer an der Benützung eines Radfahrstreifens, eines Radweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind,
g)wenn ein Fahrzeug auf einem Schutzweg, auf einer Radfahrerüberfahrt oder vor eines Geh- und Radweges gehindert sind,
h)Wenn ein Fahrzeug, das nicht ein Omnibus (Autobus) ist, auf einer für Omnibusse (Autobusse) vorbehaltenen Fläche („Buszone“) abgestellt ist.
i)wenn der Lenker eines Taxifahrzeuges oder einer Fiakerkutsche am Zufahren zum Standplatz gehindert ist.
Gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war.
Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß § 89a Abs. 5 StVO festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer, mit Bescheid vorzuschreiben.
Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach § 89a Abs. 2 oder 3 StVO 1960 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlasst hat, es sei denn, dass dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war, oder dass die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war.
Gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO ist das Halten und Parken im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b StVO verboten.
Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass sie Zulassungsbesitzerin des am 07.09.2018 entfernten Fahrzeugs ist.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-... in Wien, B.-gasse 48, im Bereich des Vorschriftszeichens „Halte- und Parkverbot“ mit dem Zusatz „Montag bis Freitag (werktags) von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr“ abgestellt war, sodass es dort am 07.09.2018 ab 18:21 Uhr verkehrsbehindernd stand.
Diese Feststellungen gründen sich auf den Verordnungsakt der MA 46 zur Zl. ... in Zusammenhalt mit den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin und den im Zuge der Anzeigenlegung angefertigten Lichtbildern. Auf diesen ist eindeutig erkennbar, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens„Halte- und Parkverbot“ mit dem Zusatz „Montag bis Freitag (werktags) von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr“ abgestellt war.
Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, befindet sich „im Bereich der B.-gasse 46“ kein Halteverbot; unmittelbar nach dem Ende des Halteverbots befindet sich ein Hauseingang, über dem die Hausnummer 46 zu sehen ist (vgl. auch https://...)
Eingangs wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach es sich bei Kostenvorschreibungsverfahren nach § 89a Abs. 7 StVO 1960 nicht um Strafverfahren handelt. Daher findet § 44a VStG keine Anwendung. Der Spruch eines Kostenvorschreibungsbescheides nach § 89a Abs. 7 StVO ist an § 59 Abs. 1 AVG zu messen (vgl. VwGH vom 13.05.2005, 2004/02/0362).
Im Gegensatz zum Verwaltungsstrafverfahren, in welchem das Verschuldensprinzip gilt, kommt im Verfahren im Zusammenhang mit der Entfernung von Hindernissen und den damit verbundenen Kosten das Verursacherprinzip zum Tragen, zumal die behördlichen Veranlassungen auf Grund des § 89a Abs. 2 StVO keine Strafmaßnahmen darstellen (VwGH vom 27.06.1980, Zl. 2581/79, 22.04.1998, Zl. 97/03/0059). Die Ahndung des die Ursache der Verkehrsbeeinträchtigung bildenden Verhaltens bleibt allenfalls einem gesonderten Verwaltungsstrafverfahren vorbehalten (vgl. VwGH vom 25.11.1983, Zl. 83/02/0075).
Nach dem Wortlaut des § 89a Abs. 7 vierter und fünfter Satz StVO hat die Kostenvorschreibung für die Entfernung eines verkehrsbehindernd abgestellten Fahrzeugs grundsätzlich nach dem Verursachungs- und nicht nach dem Verschuldensprinzip zu erfolgen (vgl. bereits das Erkenntnisse des VwGH vom 19.10.1978, 1437/77). Die Entfernung eines Kraftfahrzeugs gemäß § 89a Abs. 2 StVO setzt demnach kein Verschulden des das Fahrzeugs abstellenden Lenkers voraus.
Bei dem verfahrensgegenständlichen Halte- und Parkverbot handelt es sich um ein sogenanntes „Spitzenhalteverbot“, welches den Sinn hat, die Verkehrsflüssigkeiten zu bestimmten „Spitzenverkehrszeiten“ (hier: von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr) zu gewährleisten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 19.12.1990, Zl. 90/02/0099 unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, dass gerade in Spitzenverkehrszeiten die Missachtung eines zur Hintanhaltung einer Verkehrsbeeinträchtigung erlassenen Halteverbotes eine Hinderung und damit Beeinträchtigung des Verkehrs besorgen lässt (was die Entfernung des so abgestellten Fahrzeuges rechtfertigt), wird doch durch die Abstellung des Fahrzeuges ein Fahrstreifen der Fahrbahn unbenutzbar. (vgl. auch VwGH vom 11.08.2005, 2003/02/0233). Es ist unerheblich, ob es dabei zu keiner konkreten Verkehrsbeeinträchtigung kam, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für die Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2 StVO 1960 bereits die begründete Besorgnis einer Hinderung des Verkehrs genügt („Besorgnisjudikatur“, VwGH vom 31.3.1993, Zl. 93/02/0045). Das Vorliegen einer bereits eingetretenen konkreten Verkehrsbeeinträchtigung ist als Voraussetzung für die Entfernung des Fahrzeuges nicht erforderlich (VwGH v. 3.10.1990, Zl. 89/02/0195).
Das Abstellen des Fahrzeugs der Beschwerdeführerin im Bereich eines sogenannten „Spitzenhalteverbotes war daher in diesem Sinn als verkehrsbehindernd anzusehen und rechtswidrig. Die Abschleppung erfolgte daher zu Recht. Die Voraussetzungen für eine Kostenvorschreibung waren daher ebenfalls gegeben, sodass der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen war. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
1 VwGH 26.07.2012, 2011/07/0143.
2 siehe Punkt 2.
3 VwGH 18.02.1983, 81/02/0015.
4 VwGH 03.07.1986, 86/02/0038
5 VwGH 24.04.2015, 2013/02/0188.
6 Grundtner StVO Straßenverkehrsordnung 2 (2017) § 89a EB 74.
Schlagworte
Halte- und Parkverbot; „Spitzenhalteverbot“; Besorgnisjudikatur; Verkehrsbehinderung; Abschleppung; Kostenvorschreibung; VerursacherprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.251.082.RP19.4414.2019Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019