TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/25 W186 2216152-1

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Veröffentlicht am 25.03.2019
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Entscheidungsdatum

25.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W186 2216152-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2019, Zl: 790065609-190216030 zu

Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) ist unrechtmäßig in Österreich eingereist und stellte am 18.01.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde rechtskräftig am 24.09.2010 abgewiesen und der BF wurde nach Nigeria ausgewiesen. In weiterer Folge war der BF für die Behörde nicht mehr greifbar; er leistete wiederholten Vorladungen nicht Folge. Eine Hauserhebung an der damaligen Meldeanschrift verlief negativ. Der BF wurde amtlich abgemeldet.

Am 03.07.2014 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, ohne die dafür erforderlichen Identitätsdokumente vorzulegen. Dieser Antrag wurde rechtskräftig (mit Erkenntnis des BVwG) am 16.02.2016 abgewiesen und es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen. Der BF wurde mit Bescheid vom 25.11.2016 für den 02.12.2016 von der Behörde vorgeladen. Auch dieser Ladung leistete er unentschuldigt nicht Folge; am 05.12.2016 wurde durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Krankenstandsbestätigung übermittelt.

Am 07.12.2016 wurde ein Festnahmeauftrag erlasen. Dieser konnte nicht vollzogen werden, da der BF nach Auskunft seines Mitbewohners an einen unbekannten Ort verreist gewesen sein soll. Ein neuerlicher Festnahmeauftrag vom 11.01.2017 konnte am 09.02.2017 vollzogen werden.

Am 10.02.2017 wurde der BF der nigerianischen Delegation zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt. Dort gab er an, freiwillig ausreisen zu wollen. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der Behörde gab er dies ebenfalls an. Daher wurde er zur freiwilligen Ausreise entlassen.

Am 31.05.2017 wurde von der nigerianischen Vertretung ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Die Abschiebung des BF - mittels Charter - wurde für den 21.06.2017 organisiert. Am 14.06.2017 wurde ein Festnahmeauftrag erlassen. Die Festnahme konnte nicht vollzogen werden, da der BF etwa ein Monat vorher unbekannt verzogen war, ohne eine Wohnsitzänderung zu melden oder der Behörde seinen aktuellen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Die Behörde veranlasste die amtliche Abmeldung des BF und erließ einen neuerlichen Festnahmeauftrag.

Am 02.03.2019 wurde der BF im Zuge einer Personenkontrolle durch die LPD Wien, Sicherheitspolizeikommando Döbling angehalte. Dabei versuchte er zu flüchten. Es wurde der unrechtmäßige Aufenthalt des BF festgestellt und der BF wurde in weiterer Folge in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel verbracht.

1.2. Am 02.03.2019 wurde der BF zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

" ....

Sie wurden am 02.03.2019, um 04:00 Uhr im Zuge einer Personenkontrolle angetroffen. Sie versuchten sich der Kontrolle durch Flucht zu entziehen und gaben eine falsche Identität an.

F: Möchten Sie etwas zum Sachverhalt angeben?

A: Ich habe keine Dokumente. Diese habe ich schon vor längerer Zeit verloren. Ich habe dann meine wahre Identität gesagt.

F: Seit wann sind Sie durchgehend in Österreich?

A: Ich bin durchgängig in Österreich seit 2009.

F: Mit wie viel Geld sind Sie eingereist?

A: Ich hatte kein Geld bei mir.

F: Wie viel Bargeld haben Sie noch bei sich?

A: Ich habe derzeit 30 Euro bei mir.

F: Gehen Sie in Österreich einer Beschäftigung nach?

A: Nein.

F: Haben Sie weitere Ersparnisse?

A: Nein, ich habe keine Ersparnisse.

F: Wo nehmen Sie in Wien Unterkunft, wo schlafen Sie?

A: Ich bin derzeit ohne Unterkunft. Ich habe bei meiner Freundin geschlafen. Derzeit habe ich mit ihr Streit und ich bin ohne Unterstand. Befragt gebe ich an, dass ich die Adresse nicht nennen kann.

F: Warum haben Sie sich behördlich nicht angemeldet?

A: Der Hauseigentümer hat mich abgemeldet.

F: Haben Sie noch Effekten einzuholen?

A: Ich habe an verschiedenen Orten meine Effekten.

F: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

A: Ich bin bereits im System. Ich wurde in XXXX in Nigeria geboren.

F: Nennen Sie bitte Ihre letzte Anschrift in Nigeria?

A: Ich kann die letzte Adresse nicht mehr nennen. Es ist schon sehr lange her.

F: Haben Sie in Nigeria Familie?

A: Ich habe eine Schwester in Nigeria. Meine Eltern sind bereits verstorben.

F: Wie lautet Ihr Personenstand?

A: Ich bin ledig.

F: Haben Sie in Österreich Familie, bzw. Angehörige?

A: Nein.

F: Geben Sie mir bitte Ihre Ausbildung bekannt (Schule/Beruf)?

A: Ich ging in Nigeria 8 Jahre in die Schule. Ich habe eine Elektrikerlehre begonnen, aber nicht abgeschlossen.

F: Haben Sie in Österreich Kurse oder Ausbildungen absolviert?

A: Ich habe den Deutschkurs A2 abgeschlossen.

F: Sind Sie in Österreich krankenversichert?

A: Ich war krankenversichert. Derzeit bin ich nicht versichert.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder einer Organisation?

A: Ich bin kein Mitglied in einem Verein.

F: Werden Sie in Nigeria strafrechtlich oder politisch verfolgt?

A: Ich werde in Nigeria verfolgt.

F: Im Zuge einer Einvernahme im Jahr 2017 gaben Sie an, dass Sie freiwillig in Ihren Herkunftsstaat reisen werden. Sind Sie tatsächlich nach Nigeria gereist?

A: Ich war immer in Österreich, ich reiste nicht aus.

Ich bin in Kenntnis davon, dass mein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs. 1a FPG nach sich zieht. Meine ha. getätigten Angaben erhebe ich hiermit auch zu meiner Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, AFA 2 - Fremdenpolizei (1210 Wien, Hermann Bahr - Straße 3) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.

Aufgrund des Sachverhaltes und Ihrer gemachten Angaben ist Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt als erwiesen anzusehen.

Sie halten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Gegen Sie besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Sie wurden zur Ausreise aufgefordert. Dieser sind Sie nicht nachgekommen. Sie befinden sich unrechtmäßig, ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet.

Es wird über Sie im Anschluss der Niederschrift die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.

Zu dem vorliegenden Sachverhalt und Ihren Angaben zu Ihrem Aufenthalt stellt die Behörde fest, dass

• Sie sich zurzeit unrechtmäßig im Österreichischen Bundesgebiet aufhalten.

Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass ein Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten von Ihnen bezeichneten Staat, der nicht Ihr Herkunftsstaat ist, nur während eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gestellt werden kann.

Es wird mir mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird, da aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid gem. § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zu erlassen ist. In Ihrem Fall kann mit der Anwendung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden. Weder eine finanzielle Sicherheitsleistung, noch die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten noch eine periodische Meldeverpflichtung sind in Ihrem Fall zur Sicherung des Verfahrens ausreichend. Sie würden das gelindere Mittel dazu nutzen, um unterzutauchen und sich dem Verfahren zu Ihrer Abschiebung zu entziehen. Die Schubhaft ist daher in Ihrem Fall notwendig, verhältnismäßig und ultima ratio zur Erreichung Ihrer Abschiebung. Der Schubbescheid wird Ihnen persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.

Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird. Die Verfahrensanordnung wird mir im Anschluss durch persönliche Übergabe zugestellt.

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG haben Sie das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, sofern Sie nach diesem Bundesgebiet festgenommen wurden, unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden oder wenn gegen Sie die Schubhaft gemäß dem 8.Hauptstück des FPG angeordnet wurde. Die Beschwerde kann auch bei der in der Kopfstampiglie bezeichneten Behörde eingebracht werden.

Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.

Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung Ihrer Abschiebung weiterhin in Haft verbleiben und in das PAZ rücküberstellt werden.

Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie gemäß § 8 Zustellgesetz jede Änderung Ihrer Zustelladresse der Behörde unverzüglich mitzuteilen haben. Sollten Sie diese Mitteilung unterlassen, so ist die Zustellung weiterer Schriftstücke durch Hinterlegung bei der Behörde ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz).

Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Schriftstücke an Sie oder Ihren Zustellbevollmächtigten zugestellt werden. Sollte dies nicht möglich sein, werden die Schriftstücke im Akt hinterlegt und gelten dadurch als ordnungsgemäß zugestellt.

F: Werden Sie bei der Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat Probleme machen?

A: Ich werde keine Probleme machen.

F: Haben Sie alles verstanden?

A: Ich habe alles verstanden."

1.2. Mit Bescheid vom 02.03.2018 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Der Bescheid enthält die folgenden Feststellungen:

"Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger. Sie sind unsteten Aufenthaltes und mittellos.

Sie wurden erkennungsdienstlich identifiziert. Sie sind grundsätzlich gesund, derzeit haben Sie eine leichte Verkühlung und sind arbeitsfähig. Sie sind nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Gegen Sie wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde diese durch Erkenntnis der II. Instanz vom 11.02.2016 bestätigt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ein/e Rückkehrentscheidung gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden. Sie sind im Bundesgebiet nicht gemeldet.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Ihren Herkunftsstaat Nigeria.

-

Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung nach. Sie sind in Österreich auch nicht sozialversichert, wodurch Sie zu einer Belastung des Gebietskörperschaft werden können.

-

Sie verfügen über keine Unterkunft bzw. Unterbringungsmöglichkeit.

-

Sie verfügen über keine Personaldokumente.

-

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet verblieben.

-

Sie verfügen über Barmittel in Höhe von 30 Euro und sind nicht in der Lage Ihre Ausreise zu finanzieren. Einer Beschäftigung gehen Sie derzeit nicht nach.

-

Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

-

Im Bundesgebiet haben Sie weder familiäre noch soziale Bindungen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Ihre Familie lebt außerhalb von Österreich, Sie ist in Nigeria aufhältig

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert."

In rechtlicher Hinsicht fand die Behörde:

"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende

Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Beim Ansichtig werden der Sicherheitsorgane versuchten Sie sich der Personenkontrolle durch Flucht (davonlaufen) zu entziehen. Gegenüber den Sicherheitsorganen gaben Sie eine falsche Identität an und versuchten damit Ihre wahre Identität zu verschleiern.

Sie waren bis dato unbekannten Aufenthaltes. Sie sind nicht behördlich gemeldet und gehen keiner Beschäftigung nach. Sie leben im Verborgenen und versuchten so Ihren illegalen Aufenthalt zu prolongieren. Sie waren für die ho. Behörde nicht greifbar und hielten sich illegal im Bundesgebiet auf. Es besteht daher die Gefahr, dass Sie bei einer Entlassung wieder untertauchen. Sie haben Kenntnis, dass Sie das Bundesgebiet zu verlassen haben und sind der Aufforderung nicht nachgekommen. Eine Fluchtgefahr liegt somit begründet vor. Sie verfügen über keinerlei Barmittel und ist es Ihnen nicht möglich, Ihre Heimreise zu finanzieren. Obwohl Sie niederschriftlich Ihre Heimreise in Ihren Herkunftsstaat vorgaben (EV vom 10.02.2017) verblieben Sie im Bundesgebiet und zwar im Verborgenen. Eine Fluchtgefahr liegt somit begründet vor.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da Ihnen bewusst war, dass gegen Sie eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht. Sie haben es trotzdem in Kauf genommen, dass Sie im Bundesgebiet verblieben. Sie wussten daher, welche Folgen Ihr Handeln nach sich ziehen wird. Die Schubhaft ist somit als verhältnismäßig anzusehen. Es wurde bereits im Jahr 2017 ein HRZ für Sie ausgestellt und bestehen daher keine Bedenken für eine lange Schubhaft. Gerade in solchen Fällen, in denen ein HRZ bereits ausgestellt wurde, zeigt sich Ihre Vertretung sehr kooperativ und stellt zeitnahe ein neues HRZ aus.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Wie bereits eingehend begründet, verfügen Sie über keine behördliche Meldung. Sie können keine Adresse namhaft machenSie waren daher für die ha. Behörde nicht greifbar. Sie verfügen über Euro 30.- und haben keine Personendokumente bei sich. Sie haben weder familiäre, berufliche noch soziale Bindungen. Es liegt daher ein berechtigter Verdacht vor, dass Sie eine Entlassung nur dazu benützen werden, um weiterhin in Österreich zu verbleiben und sich durch Untertauchen einem behördlichen Zugriff entziehen.

Zu Österreich bestehen keine beruflichen, sozialen oder starken familiären Bindungen. Ihre Familie lebt in Nigeria. In Österreich haben Sie keine Angehörigen. Sie gehen derzeit keiner legalen Beschäftigung nach. Verfahrensrelevante Integration ist nicht erkennbar.

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie trotz Aufforderung das Bundesgebiet nicht verließen.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Sie haben Ihren Aufenthalt bisher im Verborgenen verbracht. Sie missachteten die bestehenden fremdenpolizeilichen Vorschriften und trachten danach Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen. Es ist daher festzustellen, dass Sie nicht bereit sind behördlichen Auflagen Folge zu leisten und ist daher zu befürchten, dass Sie untertauchen und sich Ihrer Abschiebung entziehen werden. Zur Sicherung der Abschiebung musste diese Maßnahme getroffen werden.

Die Behörde geht davon aus, dass bei Ihnen das gelindere Mittel nicht ausreichend ist, zumal Sie nicht bereit sind an die österreichischen Rechtsnormen zu halten.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie gaben keine Krankheit an und bedürfen derzeit keiner Medikamente.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

1.9. Am 18.03.2019 langte die gegenständliche Schubhaftbeschwerde bei Gericht ein.

Die Beschwerde behauptet, dass der Schubhaftbescheid und die Anhaltung rechtswidrig seien. Die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft: Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit seien nicht gegeben. Der BF könne bei einer namentlich genannten Person im 16. Wiener Gemeindebezirk Aufenthalt nehmen. Es hätte auch mit gelinderen Mitteln das Auslangen gefunden werden können.

Abschließend beantragt die Beschwerde die über den BF verhängte Schubhaft für rechtswidrig zu erklären, den Ersatz des Aufwandes gem. § 35 VwGVG und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie die sofortige Entlassung des BF anzuordnen.

1.4. Das BFA legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Im Einzelnen führt das die Behörde aus:

"Mangels ausreichend vorhandener Geldmittel zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung kam die Hinterlegung eines Sicherstellungsbetrages nicht in Betracht.

Eine freiwillige Ausreise nach Nigeria kam für den Bf. zu einem nicht in Betracht, da er nicht über ausreichend Barmittel verfügte, um seine Ausreise, bzw. den Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet bis zur Ausreise aus eigenem mit legalen Mitteln zu bestreiten, und hat er auch keine Chance, sich diese Geldmittel auf legalem Wege zu verdienen, zum anderen konnte er kein gültiges Reisedokument vorweisen, mit dem er das Land hätte verlassen können. Weiters wurde der Bf. bereits am 10.02.2017 zum Zweck der freiwilligen Ausreise entlassen, und kam er dennoch seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, obwohl er zuvor behauptet hatte, freiwillig ausreisen zu wollen.

Die Verhängung des Gelinderen Mittels kam für den Bf. ebenfalls nicht in Betracht, da er zu einem über keine benennbare Unterkunft verfügte, sondern lediglich bei seiner behaupteten Freundin in einer nicht benennbaren Unterkunft gelebt hatte bis sie ihn rauswarf, und zum anderen sich bereits mehrmals dem Verfahren entzog, indem er zu 4 Ladungsterminen unentschuldigt nicht erschien, trotz aufrechter Meldung nicht an der Meldeanschrift aufhältig war, sodass die amtliche Abmeldung veranlasst werden musste

Somit hätte ihn auch ein zugewiesenes Quartier nicht vom neuerlichen Untertauchen abgehalten, sondern hätte er lediglich seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Verborgenen fortgesetzt. Er verfügt im Bundesgebiet weder über familiäre noch berufliche Bindungen, und ist somit nicht ortsgebunden.

Daher musste von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden und wurde als ultimo ratio über den Bf. zum Zweck der Sicherung der Abschiebung nach Nigeria die Schubhaft angeordnet.

Von der Bf. wurden keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht, es gab keinerlei Anzeichen für eine allfällige Haftunfähigkeit, und kann ihm auch im Stande der Schubhaft adäquate medizinische Hilfe geboten werden, sollte sich sein Gesundheitszustand verschlechtern. Zudem ist im PAZ HG eine Sanitätsstelle eingerichtet, jeder Häftling wird dem Amtsarzt vorgeführt und besteht für den Bf. auch die Möglichkeit zusätzlich auf eigenen Wunsch nochmals dem Amtsarzt vorgeführt zu werden.

Es wurde neuerlich die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf. beantragt und wird er zu diesem Zweck am 29.03.2019 der nigerianischen Delegation vorgeführt. Da bereits im Jahr 2017 für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde, ist von einer zeitnahen Erlangung eines weiteren auszugehen.

Es ist beabsichtigt, den Bf. nach Erlangung des Heimreisezertifikates so schnell wie möglich nach Nigeria abzuschieben.

Zur Beschwerdeschrift des rechtsfreundlichen Vertreters wäre noch anzumerken, dass die Behörde dem Bf. nur dann einen Reisepass "abnehmen" kann, wenn dieser auch über einen solchen verfügt. Der Bf. hat bislang stets behauptet über kein Reisedokument zu verfügen. Da der rechtsfreundliche Vertreter jedoch der Meinung ist, dass ein solches sichergestellt werden hätte können, müsste eines vorhanden sein, und hätte in diesem Fall der Bf. wissentlich und vorsätzlich die Behörde belogen sowie das Reisedokument vorenthalten.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht Wien möge

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen,

2. gemäß § 83 Abs. 4 FPG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Sachverhalt und zur Person:

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist nigerianischer Staatsangehöriger und als solcher Fremder i.S.d. FPG.

Er hatte am 18.01.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Entscheidung vom 24.09.2010 rechtskräftig abgewiesen worden war; in Einem war die Ausweisung des BF nach Nigeria ausgesprochen worden. Am 03.07.2014 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Dieser Antrag wurde am 16.020.2016 rechtskräftig abgewiesen. In einem war eine Rückkehrentscheidung gegen den BF ausgesprochen worden.

Es besteht gegen den BF eine durchführbare Rückkehrentscheidung in Bezug auf Nigeria.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Gegen den BF eine rechtskräftige und durchführbare Rückkehrentscheidung.

Das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde seitens der Behörde eingeleitet und es ist von einer baldigen Effektuierbarkeit der Rückführung auszugehen.

Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

Gegen den BF besteht eine durchführbare Rückkehrentscheidung in Bezug auf Nigeria. Der BF ist - trotz angekündigter Ausreisebereitschaft - seiner Ausreiseverpflichtung wiederholt und über einen mehrjährigen Zeitraum nicht nachgekommen und hat sich der Behörde mehrfach entzogen.

Zur familiären/sozialen Komponente:

Der BF verfügt im Inland über keine Angehörigen, keine nennenswerten Kontakte und hat im Verfahren keine wesentlichen Merkmale für seine Integration darlegen können. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine wesentlichen Deutschkenntnisse.

Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

Ein gesicherter Wohnsitz ist nicht vorhanden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Person und zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten (Asyl- u. Fremdenakten) der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Das Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

Die Feststellung der Haftfähigkeit ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor.

Dass die Abschiebung faktisch und bald möglich ist, ergibt sich aus der von der Behörde vorgelegten Stellungnahme.

Zum Sicherungsbedarf:

Die Feststellung dazu ergibt sich im Wesentlichen aus den diesbezüglichen Angaben im Akt. Dass sich der BF mehrfach der Behörde entzogen hat wurde von der Beschwerde nicht substantiell bestritten.

Familiäre/soziale Komponente:

Sämtliche Feststellungen zu diesem Punkt basieren auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 02.03.2019. Dass in der Beschwerde erstmals ein Bekannter namhaft gemacht wird, vermag an diesem Umstand - keine maßgebliche soziale Verankerung des BF im Inland - nichts zu ändern.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).

3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht im gegenständlichen Fall vom Vorliegen von Sicherungsbedarf aus. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und er hat mehrfach - 6trotz anderslautender Ankündigungen - zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit ist, aus Eigenem nach Nigeria zurückzukehren. Er hat sich in der Vergangenheit wiederholt der Behörde entzogen, um seiner Abschiebung zu entgehen. Das Gericht geht wie die Behörde im vorliegenden Fall davon aus, dass der BF im Fall seiner Entlassung aus der Schubhaft nicht für die Behörde greifbar wäre und seinen Aufenthalt im Verborgenen wählen würde. Sicherungsbedarf war und ist daher gegeben. Die Behörde ist zu recht vom Vorliegen von Fluchtgefahr ausgegangen; dies wurde in der Beschwerde auch nicht substantiell bestritten. Angesichts des Umstandes, dass sehr bald ein Termin mit dem Konsul des Heimatlandes stattfinden wird, ist im vorliegenden Fall sogar von einer verdichteten Fluchtgefahr auszugehen.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer über keine nennenswerten Kontakte im Inland verfügt, die hier wesentlich ins Gewicht fallen.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht gesichert, dass der Beschwerdeführer für die Behörde erreichbar wäre und nicht untertauchen würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in Österreich nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt in seine Heimat zurückzukehren und war es auch zum Entscheidungszeitpunkt nicht. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und es wird die Schubhaft weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte.

3.2. Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffene Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiter vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. und IV. - Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

3.4. Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aufwandersatz, Fluchtgefahr, Kostenersatz, öffentliche Ordnung,
Schubhaft, Schubhaftbeschwerde, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2216152.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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