TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/19 W169 1436051-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

W169 1436051-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019, Zl. 821482105-181164260, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 56, 57, 10 Abs. 3 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF, § 52, 53 und 55 FPG idgF sowie § 18 Abs. 2 BFA-VG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.".

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.06.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 19.07.2006 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt wurde, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers weder bekannt, noch sonst leicht feststellbar gewesen war.

2. Am 15.10.2012 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. In seiner diesbezüglichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.10.2012 gab er an, dass er ledig und kinderlos sei. Er gehöre der Volksgruppe der Jat und der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Im Herkunftsstaat, wo der Bruder sowie die Eltern des Beschwerdeführers leben würden, habe er von 1987 bis 2000 die Schule besucht und danach als Taxilenker gearbeitet. Er spreche Punjabi, etwas Englisch und Deutsch. Weiters gab er an, dass er in Österreich unter falschem Namen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Das Asylverfahren habe er nicht abgewartet, weil ihm Landsleute gesagt hätten, dass die österreichische Behörde seinen richtigen Namen herausfinden würde und er daher kein Asyl erhalten werde.

Zu den Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er von seinen Feinden mit dem Umbringen bedroht worden sei. Zudem werde er von der Polizei gesucht, da er beschuldigt werde, eine Frau vergewaltigt zu haben.

3. In seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17.04.2013 gab der Beschwerdeführer nach Wiederholung seiner Fluchtgründe zu Protokoll, keine Angehörigen in Österreich oder in einem anderen Staat der EU zu haben. Sein Vater und sein Bruder in Indien würden in der Landwirtschaft arbeiten, während seine Mutter Hausfrau sei. Er habe regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seiner Familie. Ihnen gehe es gut und er würde ihnen Geld schicken. Er habe viele weitere Verwandte in Indien, die alle in der Provinz Punjab leben würden. In Indien habe er als Taxifahrer gearbeitet. Im ersten Verfahren habe er falsche Angaben zu seiner Identität gemacht, da ihm dies von jemanden, bei dem er auf der Reise nach Österreich gewohnt habe, geraten worden sei. Im Lager sei ihm aber von anderen Indern gesagt worden, er habe überhaupt keine Chance auf Asyl, da er falsche Daten angegeben habe. Daher sei er nach Italien weitergereist, weil es in der Nähe sei. Während seines dortigen Aufenthalts habe er gearbeitet. Einen Asylantrag habe er nicht gestellt, weil er nicht gewusst habe, dass diese Möglichkeit in Italien bestehe, zumal dort so viele Leute illegal wohnen würden. Zurückgekommen sei er nach sieben Monaten, weil es in Italien keine Arbeit mehr gegeben habe und es schwierig gewesen sei, dort zu wohnen.

Zu seinem Privatleben in Österreich gab er an, er spreche Deutsch, habe aber keinen sonstigen Bezug wie Freunde, Verwandte, Bekannte oder eine Lebensgefährtin. Zurzeit arbeite er als Vertretung eines Zeitungszustellers und lebe in einer Wohngemeinschaft mit einem Inder. Versichert sei er nicht.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013 wurde der Antrag vom 15.10.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien als unbegründet abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

5. Der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2014, Zl. W175 1436051-1/2E, stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013 gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

6. Am 14.10.2014 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2015 gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde, da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz besessen habe.

7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2016 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.10.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 wurden dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

8. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2018, Zl. W124 1436051-2/20E, gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.07.2016 und am 15.03.2018, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt.". Dieses Erkenntnis erwuchs am 23.10.2018 in Rechtskraft.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zur Rückkehrentscheidung aus, dass der Beschwerdeführer sich zwar seit etwa zehn Jahren im Bundesgebiet aufhalte, die Dauer jedoch dadurch wesentlich relativiert werde, dass sich der Beschwerdeführer dem ersten Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz bewusst entzogen habe, indem er falsche Personalien angegeben habe und sich nach dem gescheiterten Versuch, in Italien sesshaft zu werden, im Bundesgebiet ca. fünf Jahre vor den Behörden versteckt aufgehalten habe. Auch sei sein weiterer Aufenthalt infolge seines zweiten Antrags auf internationalen Schutz bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig gewesen und hätte ihm der unsichere Aufenthalt bewusst sein müssen. Der Beschwerdeführer verfüge zwar über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A1 und habe Freunde in Österreich. Während seines Aufenthalts sei er als Werbemittelausträge, als Zeitungszusteller sowie als Koch tätig gewesen, jedoch gehe er seit August 2016 keiner unselbstständigen Erwerbstätigkeit mehr nach und erziele nur geringe Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb. Aus den Einkommenssteuerbescheiden ergebe sich zudem, dass er nicht selbsterhaltungsfähig sei, zumal seine Einkünfte gerade einmal die Mietkosten decken bzw. die Mietkosten das Einkommen weit überstiegen würden. Hinzu komme, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe und dort sozialisiert worden sei. Im Falle der Rückkehr könne er sich wieder in die Gesellschaft seines Heimatlandes eingliedern, zumal er in Indien die Schule besucht und in der Landwirtschaft sowie als Taxifahrer gearbeitet habe. Hinsichtlich der Beziehung zu seiner Ehefrau sei auszuführen, dass sich beide Ehepartner im Zeitpunkt der Eheschließung des unsicheren Aufenthalts des Beschwerdeführers bewusst gewesen seien und ein gemeinsamer dauerhafter Aufenthalt in Österreich auch zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich sei, zumal seine Ehefrau nur über einen italienischen Aufenthaltstitel verfüge und sohin gemäß § 31 Abs. 1 Z 3 FPG iVm Art. 21 SDÜ lediglich zu einem Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb der letzten 180 Tage berechtigt sei. Davon abgesehen sei es ihnen auch zumutbar, ihr Familienleben in Indien fortzuführen, da seine Ehegattin ebenfalls indische Staatsangehörige sei und mit Punjabi auch eine der Landessprachen beherrsche. Auch seien aus den Länderfeststellungen keine Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen sich ergeben würde, dass es einem erwachsenen Ehepaar mit Kind unzumutbar wäre, in Indien eine Existenz aufzubauen. Da sich die Tochter bereits seit dem Jahr 2015 - sohin einem Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer seine Ehefrau und deren Tochter noch nicht gekannt habe - in Österreich aufhalte, sei nicht von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Tochter seiner Ehefrau auszugehen. Hinzu komme, dass nicht er, sondern die Cousine die Tochter bei den Hausaufgaben unterstütze und sie sohin zumindest eine weitere Bezugsperson in Österreich habe. In Anbetracht seines Jahreseinkommens 2017 sei der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage, den Lebensunterhalt seiner Ehefrau und der Tochter seiner Frau zu sichern. Aus diesen Erwägungen folge, dass die Tochter auch im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Indien die Möglichkeit habe, weiter in Österreich die Schule zu besuchen. Im Übrigen wäre es auch möglich, dass sie mit ihrer Mutter und dem Beschwerdeführer das gemeinsame Familienleben in Indien fortsetze, da sie bereits in Indien gelebt habe und sich in einem anpassungsfähigen Alter befinde. Insgesamt betrachtet sei sohin davon auszugehen, dass das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukomme, insbesondere in Anbetracht der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz unter Angabe falscher Personaldaten, des darauffolgenden langjährigen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet sowie der mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit, in den Hintergrund trete. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall geboten und auch nicht unverhältnismäßig gewesen.

9. Am 04.12.2018 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005. Dem Antrag beigelegt wurden die Aufenthaltsberechtigungskarte des Beschwerdeführers gemäß § 51 AsylG, ein Versicherungsdatenauszug vom 18.07.2016, eine Bestätigung des ÖSD über die Absolvierung des Kurses "A1 Grundstufe Deutsch 1", die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers in Original mit Apostille und Übersetzung sowie ein Mietvertrag vom 28.01.2016.

10. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.12.2018 niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, den gegenständlichen Antrag gestellt zu haben, weil seine Tochter hier lebe und zur Schule gehe. Sie sei elf Jahre alt, gehe in die 2. Klasse Mittelschule und lebe gemeinsam mit dem Beschwerdeführer. Die Mutter des Kindes und Ehefrau des Beschwerdeführers, eine indische Staatsangehörige, lebe in Italien und verfüge über einen italienischen Aufenthaltstitel; sie besuche den Beschwerdeführer und die Tochter gelegentlich im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer sei nicht zur Obsorge berechtigt, sondern die im Bundesgebiet lebende Schwester seiner Ehefrau. Der Beschwerdeführer habe bereits einen A1-Deutschkurs besucht und das entsprechende Diplom der Behörde vorgelegt. Nun habe er vor, einen A2-Kurs zu machen. Einen Werte- und Orientierungskurs habe er noch nicht absolviert. Zurzeit sei er arbeitslos und bekomme monatlich Leistungen aus der Grundversorgung in der Höhe von 320,- Euro. Daneben arbeite er "schwarz" als Gehilfe eines Zeitungszustellers, wofür er monatlich etwa 500,- Euro verdiene. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Patenschaftserklärung. Würde er das Bundesgebiet verlassen müssen, würde die Familie auseinanderbrechen. Auch koste die Reise ungefähr 1.500,- Euro und werde es für seine Frau nicht einfach sein, die Ausreise zu finanzieren. Nochmals danach gefragt, inwieweit sich die Lage seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2018 geändert habe, führte der Beschwerdeführer an, dass seine Tochter seit 2015 im Bundesgebiet und seitdem auch mit dem Beschwerdeführer lebe, weshalb er für sie verantwortlich sei. Würde er einen Aufenthaltstitel bekommen, würde auch die Mutter zu ihnen nach Österreich kommen. Weiters gab er zu Protokoll, dass die Tochter seiner Ehegattin weder zurück nach Indien könne, da sie Punjabi und Hindi nicht lesen und schreiben könne, noch könne sie nach Italien, da sie die Klasse wiederholen müsste, um die Sprache zu lernen. Er habe im Bundesgebiet "schwarz" gearbeitet, damit er sich um die Tochter seiner Gattin kümmern könne. Er habe nun vor, einen A2-Deutschlurs und den Wertekurs zu absolvieren.

Vorgelegt wurde eine Heiratsurkunde (in Original), ein Auszug aus dem Heiratseintrag, eine Meldebestätigung und Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2015, 2016 und 2017.

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis 20.12.2018 sämtliche Unterlagen zur Tochter, wie etwa gerichtliche Nachweise über die Obsorge, ihre Geburtsurkunde sowie eine aktuelle Schulbesuchsbestätigung der Behörde vorzulegen.

11. Am 14.12.2018 langten beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl folgende Dokumente ein: Geburtsurkunde der Tochter samt Übersetzung, Aufenthaltsbewilligung der Tochter der Ehegattin ("Schüler"), Schulbesuchsbestätigung, ihr Reisepass, handschriftliche Vereinbarung über die Obsorge vom 11.07.2016 sowie die Adresse der Ehefrau des Beschwerdeführers in Italien.

12. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und wurde gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV.) und unter Spruchpunkt V. gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Unter Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt. Weiters wurde gemäß Art. 11 der RL 2008/115/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nicht erfülle. Der Beschwerdeführer halte sich zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet auf, wobei mindestens die Hälfte davon rechtmäßig gewesen sei. Er erfülle aber nicht das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG und sei zum Entscheidungszeitpunkt nicht erwerbstätig bzw. arbeitslos, verfüge somit über kein Einkommen und über keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung, die er aus eigener Kraft finanzieren könne. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers führe somit zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG), weshalb der Antrag gemäß § 56 AsylG abzuweisen sei.

Der Beschwerdeführer erfülle auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens trotz der relativ langen Aufenthaltsdauer nicht entgegen, zumal der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages habe legalisieren können und sei sein Aufenthalt zum Zeitpunkt der Begründung etwaiger Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft gewesen. Ferner sei der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen in den Schengenraum eingereist, lebe von Leistungen aus der Grundversorgung und sei nicht aus eigenem kranken- oder sozialversichert. Er habe auch sonst keine "unauflösbaren Bindungen zum Gastland" angeführt und seien allfällige soziale Kontakte nicht ausreichend, um eine Verfestigung zu generieren, vor allem vor dem Hintergrund, dass solche auch im Herkunftsstaat bestehen würden. Es sei nicht davon auszugehen, dass er im Herkunftsstaat besondere Schwierigkeiten bei der Rückkehr erfahren würde, zumal seine Anbindungen und Verwurzelungen dort zumindest gleichwertig seien, wie jene in Österreich. Schließlich hätten sich die familiären oder privaten Strukturen seit der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2018 nicht wesentlich geändert und stehe es dem Beschwerdeführer frei, mit der Tochter seiner Ehegattin, die über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG verfüge, in den Herkunftsstaat zurückzukehren, bzw. sich bei seiner Gattin in Italien niederzulassen. Es hätten sich auch zwischenzeitlich keine gegenläufigen Sachverhalte ergeben, aus denen geschlossen werden könne, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers aktuell unzulässig sei. Ebenso wenig habe sich ergeben oder sei vorgebracht worden, dass eine Rückkehr oder Abschiebung grundsätzlich nicht möglich wäre. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit dem Vorverhalten des Beschwerdeführers, dem Untertauchen während des ersten Asylverfahrens und vor allem mit der Nichtbeachtung der Frist für die freiwillige Ausreise, dem beharrlichem Verbleib im Bundesgebiet und mangels eines eigenen Einkommens begründet, weswegen im gegenständlichen Fall jedenfalls von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen sei. Die Verhängung des Einreiseverbotes wurde auf Art 11 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie gestützt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die ihm im Bescheid auferlegte Frist zur freiwilligen Ausreise nicht beachtet habe. Die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer sei gerechtfertigt, notwendig sowie dringend geboten gewesen und hätten sich auch sonst keine gegen die Verhängung des Einreiseverbotes sprechenden Gründe ergeben. In eventu sei auf die Gründe des § 53 Abs. 2 FPG zu verweisen, die ebenfalls erfüllt seien, zumal der Beschwerdeführer im Zuge der Einvernahme angegeben habe, der Schwarzarbeit nachzugehen.

13. Gegen diesen Bescheid wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer eine gute und nachhaltige Integration in Österreich "geglückt" sei. So sei die Tochter der Ehegattin als Schülerin zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und habe seine Ehefrau einen dauerhaften Aufenthalt im Raum der EU. Auch sei der Beschwerdeführer erfolgreich berufstätig gewesen und kümmere sich um die Tochter seiner Gattin, zumal ihm die volle Verantwortung für die Sorge und Erziehung zukomme, wenn die Kindesmutter nicht auf Besuch sei. Er spreche gut Deutsch und könne für den Fall einer Bewilligung leicht für das Auskommen der Familie sorgen. Auch habe sich die Behörde zu keinem Zeitpunkt mit dem Kindeswohl seiner Tochter auseinandergesetzt. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung stelle ihm Hinblick auf die familiären Bindungen einen "Angriff auf die rechtstaatlichen Prinzipien", sowie einen Bruch der EU-Richtlinien dar, weshalb sie rechts- und verfassungswidrig erfolgt sei. Schließlich gehe vom Beschwerdeführer keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Volksgruppe der Jat sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Er spricht Punjabi und etwas Englisch. Er besuchte in Indien, wo er gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder lebte, mindestens 10 Jahre die Schule, arbeitete anschließend in der Landwirtschaft und war drei bis vier Jahre als Taxifahrer tätig. Der Aufenthaltsort seiner Eltern und seines Bruders kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verließ sein Heimatland im Jahr 2006 und stellte nach unrechtmäßiger Einreise und unter Angabe eines falschen Namens am 21.06.2006 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 19.07.2006 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht eingestellt, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers weder bekannt, noch sonst leicht feststellbar gewesen war. Im September 2006 reiste der Beschwerdeführer wieder aus und hielt sich sieben Monate in Italien auf. Anschließend kehrte er nach Österreich zurück, hielt sich fünfeinhalb Jahre unrechtmäßig und ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet auf und bestritt seinen Lebensunterhalt durch seine Tätigkeit als Werbeausträger.

Am 15.10.2012 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 18.10.2012 zugelassen und mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2014 stattgegeben und der Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Am 14.10.2014 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2015 als unzulässig zurückgewiesen wurde, da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bereits eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz besaß.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2016 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.10.2012 sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten, als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden dem Beschwerdeführer nicht erteilt und wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig ist. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2018, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 14.07.2016 und am 15.03.2018, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 23.10.2018 in Rechtskraft.

Am 04.12.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 AsylG 2005.

Der Beschwerdeführer befindet sich - nach einer Unterbrechung durch einen siebenmonatigen Aufenthalt in Italien - seit April 2007, somit seit elf Jahren und acht Monaten, durchgehend im österreichischen Bundesgebiet. In dieser Zeit war sein Aufenthalt ab Stellung seines zweiten Asylantrages und Zulassung seines Verfahrens am 18.10.2012 bis zur Rechtskraft der negativen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2018 am 23.10.2018, insgesamt sechs Jahre, rechtmäßig.

Der unbescholtene Beschwerdeführer verfügte im Zeitraum von 31.07.2014 bis 29.02.2016 über eine Selbstversicherung und war auf Werkvertragsbasis als Zeitungszusteller tätig. Im Anschluss arbeitete er bis 03.08.2016 als Koch. Danach war er aufgrund seines verfahrensrechtlichen Status als Asylwerber versichert. Während er im Jahr 2016 Einkünfte in der Höhe von 7.762,90 Euro erzielte, betrug sein Einkommen im Jahr 2017 3.113,10 Euro. Seit 01.02.2016 verfügt er über einen Hauptmietvertrag. Der monatliche Mietzins für die Wohnung beträgt 561,50 Euro. Aktuell ist der Beschwerdeführer arbeitslos, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und geht einer Schwarzarbeit nach. Er beherrscht die deutsche Sprache auf dem Niveau A1. Er verfügt über keine Patenschaftserklärung.

Der Beschwerdeführer lernte seine Frau im Jahr 2016 in Italien kennen und heiratete diese am 22.09.2017 standesamtlich. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist ebenfalls indische Staatsangehörige, spricht Punjabi, verfügt über einen italienischen Aufenthaltstitel ("permesso di soggiorno") und wohnte im Jahr 2016 von Mitte Mai bis Anfang August im Haushalt des Beschwerdeführers. Von August 2017 bis Juli 2018 lebte sie, abgesehen von drei kurzen Unterbrechungen im Ausmaß von zwei bis drei Wochen, mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt. Seit 24.07.2018 ist sie dort nicht mehr gemeldet. Die Ehegattin lebt in Italien, sie besucht den Beschwerdeführer und ihre Tochter gelegentlich im Bundesgebiet.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers brachte ihre am 24.12.2006 in Indien geborene Tochter mit in die Ehe. Die Tochter lebt seit dem 27.05.2015 durchgehend im Bundesgebiet und verfügt in Österreich über eine bis 27.07.2019 gültige Aufenthaltsbewilligung "Schüler" und besucht aktuell die Neue Musikmittelschule Eisenstadt. Die Wohnung des Beschwerdeführers war von Mai 2016 bis August 2018 ihr Nebenwohnsitz, seit 29.08.2018 befindet sich dort ihr Hauptwohnsitz. Zuvor lebte sie in Indien und in Italien. Der Beschwerdeführer ist - trotz gemeinsamen Haushaltes - nicht zur Obsorge berechtigt. Die Schwester der Kindesmutter, eine österreichische Staatsbürgerin, hat das Sorgerecht über die Tochter der Ehegattin des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über Freunde. Im Bundesgebiet leben auch ein Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers; zu diesen besteht kein Abhängigkeitsverhältnis oder eine intensive Beziehung.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthalt aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner schulischen Ausbildung, seiner Arbeitserfahrung sowie zu seiner familiären Situation in Indien beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in seinem zweiten Asylverfahren, und zwar den Angaben in seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und im Rahmen der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.07.2016 und am 15.03.2018.

Die Feststellungen betreffend die Stellung der beiden Anträge auf internationalen Schutz, den Aufenthalt in Italien und den (nach illegaler Einreise im April 2007 bis zur Stellung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz am 15.10.2012) unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus den dahingehend nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren sowie aus dem unstrittigen Akteninhalt der Verwaltungs- und Gerichtakten. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei seiner ersten Asylantragsstellung absichtlich falsche Angaben hinsichtlich seiner Personalien tätigte, ergibt sich aus seinen Angeben im zweiten Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers im Zeitraum 31.07.2014 bis 03.08.2016 stützen sich auf den vorgelegten Versicherungsdatenauszug und die Einkommensteuerbescheide aus den Jahren 2015, 2016 und 2017, sowie den AMS-Bescheiden und Angaben des Beschwerdeführers im zweiten Asylverfahren. Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen stützen sich auf das vorgelegte ÖSD Zertifikat. Die Feststellung zu den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet ergeben sich weiters aus den Angaben des Beschwerdeführers zum gegenständlichen Antrag in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.12.2018 und dem in Vorlage gebrachten Mietvertrag vom 28.01.2016.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem. [0]Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einem im Akt aufliegenden Auszug aus dem österreichischen Strafregister.

Die Feststellungen zur Eheschließung, zum Aufenthalt der Ehegattin in Österreich und Italien, zum Aufenthalt der Tochter der Ehegattin des Beschwerdeführers in Österreich, Italien und in Indien sowie zur Obsorge über die Tochter der Ehegattin des Beschwerdeführers beruhen auf den glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers im zweiten Asylverfahren, seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.12.2018 sowie der vorgelegten Heiratsurkunde. Die Feststellungen zum Aufenthaltstitel seiner Ehegattin und der Tochter seiner Gattin sowie zum Schulbesuch der Tochter der Ehegattin ergeben sich aus den im Akt aufliegenden Kopien ihrer Aufenthaltskarten und der Schulbesuchsbestätigung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 idgF kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist (Z 1), davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist (Z 2) und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. (Z 3). Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist gemäß § 56 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 56 Abs. 3 AsylG 2005 hat die Behörde den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht (Z 1), oder gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht (Z 2).

Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 dürfen einem Drittstaatsangehörigen gemäß § 60 Abs. 2 leg. cit. nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

Im vorliegenden Fall hielt sich der Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner verfahrensgegenständlichen Antragsstellung am 04.12.2018 seit seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet im April 2007 rund elf Jahre und acht Monate durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf, weshalb zweifellos die Voraussetzung des § 56 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 erfüllt ist.

Zur Voraussetzung des § 56 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005:

Gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Antragstellern auf internationalen Schutz kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 für die Dauer ihres zugelassenen Verfahrens grundsätzlich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu, der Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet ist in diesem Zeitraum sohin als rechtmäßig zu qualifizieren (§ 31 Abs. 1 Z 4 FPG); demgegenüber bewirkt der faktische Abschiebeschutz keine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016) § 13 AsylG 2005 K1 und K2).

Der Beschwerdeführer stellte am 15.10.2012 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und wurde dieses Verfahren am 18.10.2012 zugelassen. Ab diesem Zeitpunkt war der Aufenthalt des Beschwerdeführers somit rechtmäßig, davor bestand lediglich faktischer Abschiebeschutz. Mit am 23.10.2018 erfolgter Zustellung des Erkenntnisses des Bundesveraltungsgerichtes vom 18.10.2018 wurde das Asylverfahren rechtkräftig beendet und die Rückkehrentscheidung durchsetzbar. Somit war der Beschwerdeführer für einen Zeitraum von sechs Jahren und fünf Tagen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, weshalb auch die Voraussetzung des § 56 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 erfüllt ist.

Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt, noch übt er eine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt sind.

Da der Beschwerdeführer somit nur die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005 und nicht jene der Z 3 erfüllt, scheidet die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" aus.

Somit ist nun zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 AsylG 2005 iVm den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 und Abs. 3 AslyG 2005 vorliegen und dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen ist:

Der Beschwerdeführer hat lediglich Kenntnis der deutschen Sprache auf dem Niveau A1 und besuchte in Österreich keine Schule bzw. absolvierte auch keine berufliche Ausbildung. Er ist zwar Hauptmieter einer 45m2 großen Wohnung, für welche er monatlich 561,50 Euro Miete zahlt, womit er einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 1 AslyG 2005 hat. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, den er aus eigener Kraft finanzieren könnte, da dieser bloß durch die Grundversorgung gedeckt ist. Somit ist auch aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer von der Grundversorgung lebt und arbeitslos - somit nicht selbsterhaltungsfähig - ist, davon auszugehen, dass der Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt. Da vom Beschwerdeführer auch keine Patenschaftserklärung gemäß § 2 Abs. 1 Z 26 AsylG 2005 vorgelegt wurde, war der Antrag mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 AsylG 2005 iVm den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer den von ihm beantragte Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 auch gemäß § 60 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 nicht erteilt werden darf, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (siehe Näheres unter Pkt 3.3. und 3.4.).

3.2. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Wiedereinreise im April 2007 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren, noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 lautet: "Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer ist zwar verheiratet, er führt aber mit seiner indischen Ehegattin in Österreich kein Familienleben, da er mit dieser seit Juli 2018 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt (die Ehegattin verfügt über einen italienischen Aufenthaltstitel und lebt in Italien). Folglich stellt die Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers dar.

Die Tochter der Ehefrau des Beschwerdeführers lebt in Österreich mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt, es ist jedoch nicht von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Tochter seiner Ehefrau auszugehen. Die Tochter der Ehefrau des Beschwerdeführers hält sich schon seit dem Jahr 2015 - sohin einem Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer seine Ehefrau und deren Tochter noch nicht kannte - in Österreich auf (und verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung "Schüler"). Zudem hat sie erst seit 29.08.2018 ihren Hauptwohnsitz beim Beschwerdeführer. Weiters ist der Beschwerdeführer gegenüber der Tochter seiner Ehegattin auch nicht obsorgeberechtigt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers hat das Sorgerecht auf ihre in Österreich lebende Schwester, eine österreichische Staatsangehörige, bereits im Juli 2016 übertragen. Hinzu kommt, dass nicht der Beschwerdeführer, sondern diese Schwester der Ehegattin des Beschwerdeführers die Tochter bei den Hausaufgaben unterstützt und die Tochter der Ehegattin des Beschwerdeführers sohin zumindest eine weitere Bezugsperson in Österreich hat. Aktuell ist der Beschwerdeführer arbeitslos und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung, weshalb er auch nicht in der Lage ist, den Lebensunterhalt der Tochter seiner Ehegattin zu sichern. Aus all diesen Erwägungen folgt, dass die Tochter seiner Ehegattin auch im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Indien die Möglichkeit hat, weiter in Österreich die Schule zu besuchen bzw. bei ihrer obsorgeberechtigten Tante zu leben. Im Übrigen wäre es auch möglich und zumutbar, dass der Beschwerdeführer das Familienleben mit der Tochter der Ehegattin des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, ebenfalls eine indische Staatsangehörige, in Indien fortzusetzt, da beide in Indien geboren wurden und dort bereits gelebt haben.

Die Rückkehrentscheidung stellt aufgrund dieser Überlegungen somit keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers dar.

Die aufenthaltsbeenden Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Beschwerdeführer hält sich zwar seit Juni 2006 - unterbrochen durch einen siebenmonatigen Aufenthalt in Italien - in Österreich auf, diese Dauer wird aber dadurch erheblich relativiert, dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet einreiste und am 21.06.2006 unter Angabe falscher Personalien seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser Antrag wurde mit Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 19.07.2006 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht eingestellt, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers weder bekannt, noch sonst leicht feststellbar gewesen war. Im September 2006 verließ der Beschwerdeführer Österreich und reiste nach Italien. Nach einem siebenmonatigen Aufenthalt in Italien reiste der Beschwerdeführer im April 2007 abermals illegal in Österreich ein und hielt sich bis zur zweiten Asylantragsstellung am 15.10.2012 - sohin ca. fünfeinhalb Jahre - vor den Behörden versteckt und somit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Bis zur Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes am 23.10.2018 war sein weiterer Aufenthalt bloß aufgrund der vorliegenden Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig und musste sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein. Ab der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.10.2018 hielt sich der Beschwerdeführer erneut rechtwidrig in Österreich auf, zumal er Österreich entgegen der Verpflichtung zur Ausreise nicht verlassen hat, sondern den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG stellte. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers ist dadurch als deutlich gemindert anzusehen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180), zumal der Aufenthalt des Beschwerdeführers auch niemals geduldet war. Der Beschwerdeführer verfügte überdies nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund des Asylverfahrens.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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