TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/24 W250 2213306-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W250 2213306-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Algerien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem.GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.01.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.01.2019, Zl. XXXX, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 13.01.2019 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Algeriens, stellte am 15.07.2013 nach unrechtmäßiger Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 17.02.2014 vollinhaltlich abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei. Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2017 abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis wurde dem BF am 22.02.2017 zugestellt.

2. Mit Ladungsbescheid des Bundesamtes vom 27.11.2017 wurde der BF zur Identitätsprüfung durch eine Delegation der algerischen Vertretungsbehörde für den XXXX geladen. Der BF erschien zu diesem Termin und wurde als algerischer Staatsangehöriger identifiziert. Am

XXXX stimmte die algerische Vertretungsbehörde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zu.

3. Am 23.02.2018 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, da seine Abschiebung aus tatsächlichen, vom BF nicht zu vertretenden Gründen unmöglich sei. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.06.2018 abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss vom 20.09.2018 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurück.

Mit Bescheid vom 11.01.2019 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete neuerlich ab.

4. Am 15.05.2018 nahm der BF an einem Rückkehrberatungsgespräche teil, bei welchem er angab, nicht rückkehrwillig zu sein.

5. Am 08.01.2019 erließ das Bundesamt einen den BF betreffenden Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 2 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG und am 09.01.2019 einen Abschiebeauftrag für die Abschiebung des BF auf dem Luftweg am XXXX.

6. Am 11.01.2019 wurde der BF vom Bundesamt zum Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete sowie zur Anordnung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er sich seit 2013 in Österreich befinde und davor schon in vielen Ländern gewesen sei. Er habe Probleme in seinem Heimatland und habe keinen Kontakt zu seiner Familie. Er sei krank und könne in Algerien nicht behandelt werden. Er verfüge über eine Meldeadresse und wohne auch dort. In Österreich habe er gearbeitet und Gartenarbeit gemacht. Er besitze EUR 100,--, bekomme monatlich EUR 168,--von der XXXX und besitze eine Bankomatkarte. Er habe keine Familienangehörige in Österreich, seine Eltern und seine Geschwister befänden sich in Algerien, Kontakt habe er zu diesen keinen. Er sei nicht gesund und nehme Medikamente ein, er leide an Diabetes und nehme Psychopharmaka ein. Er befinde sich in ärztlicher Behandlung und habe im Jänner drei Termine in einem Krankenhaus und in einer Privatpraxis, am 23.01.2019 habe er einen Termin bei einem Psychologen und am 16.01.2019 einen Termin im Krankenhaus wegen Diabetes. Er habe auch Probleme mit seiner Schulter, weshalb er am 25.01.2019 oder am 26.01.2019 einen CT-Termin habe. Er halte sich legal in Österreich auf und verstehe nicht, weshalb er von der Polizei festgenommen worden sei.

7. Am XXXX wurde versucht den BF auf dem Luftweg nach Algerien abzuschieben. Beim Betreten des Luftfahrzeuges begann der BF plötzlich zu schreien und gab an, nicht nach Algerien zu wollen, weshalb sich der Pilot weigerte, den BF mit an Bord zu nehmen.

Der Abschiebeversuch wurde daraufhin abgebrochen und der BF in ein Polizeianhaltezentrum gebracht.

8. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 13.01.2019 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Fall des BF Fluchtgefahr bestehe, da keine seiner Familienangehörigen in Österreich leben, er noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und keine Arbeitserlaubnis besitze. Er verfüge über keine Ersparnisse oder eine Bankomat- oder Kreditkarte. Er sei in Österreich weder meldeamtlich erfasst noch könne er sich dauerhaft eine Unterkunft finanzieren. Darüber hinaus habe er sich seiner Abschiebung widersetzt, sodass diese abgebrochen worden sei. Die Anordnung der Schubhaft sei verhältnismäßig, da sich der BF auf Grund seines Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe und davon auszugehen sei, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Auf Grund der fehlenden Integration in Österreich und der Tatsache, dass er keine Unterkunft besitze, liege das Risiko des Untertauchens vor. Der BF sei in Österreich meldeamtlich nicht erfasst, er besitze kein Geld und könne sich daher auch keinen Wohnsitz finanzieren. Auf Grund des aufgezeigten Sachverhaltes, insbesondere des illegalen Aufenthaltes, nicht vorhandener finanzieller Mittel, der fehlenden Möglichkeit einer legalen Erwerbsausübung, der nicht vorhandenen Möglichkeit der sozialen und wirtschaftlichen Integration, der fehlenden gesicherten Unterkunft und auf Grund des bisher gezeigten Verhaltens komme die Anwendung von gelinderen Mitteln nicht in Betracht. Auf Grund des Gesundheitszustandes - wobei festgestellt wurde, dass der BF gesund sei und keine Medikamente einnehme - sei davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie die Haftfähigkeit, gegeben seien.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 13.01.2019 durch persönliche Übernahme zugestellt.

9. Am 15.01.2019 organisierte das Bundesamt die begleitete Abschiebung des BF auf dem Luftweg für den 26.01.2019.

10. Am 18.01.2019 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 13.01.2019. Darin brachte der BF im Wesentlichen vor, dass er seit seiner Kindheit an einer schweren insulinpflichtigen Diabetes Mellitus, welche durch nicht fachgerechte Behandlung in Algerien bereits zu Folgeerkrankungen und -schäden geführt habe, leide. Außerdem weise der BF eine nachgewiesene depressive Symptomatik auf, welche auf Grund immer wieder vorkommender Antriebs- und Appetitlosigkeit und der dadurch drohenden Unterzuckerung die Diabeteseinstellung erschwere. Der BF benötige daher regelmäßige fachärztliche Kontrollen und sei eine regelmäßige Medikamenteneinnahme bzw. eine Selbstkontrolle des BF und entsprechende sofortige Medikamenteneinnahme bei Bedarf dringend notwendig. Auf Grund seines schlechten psychischen und physischen Gesundheitszustandes werde der BF im Rahmen der Sonderbetreuung der XXXX versorgt.

Die belangte Behörde vermeine im gegenständlichen Fall, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststehe und deswegen vom Parteiengehör abgesehen werden könne. Konkret habe es die belangte Behörde jedoch unterlassen, sich mit dem schlechten Gesundheitszustand des BF auseinanderzusetzen. Auf Grund seiner Depression sei der BF oft antriebslos und leide an Appetitlosigkeit, das schnell zu einer Unterzuckerung führen könne. Der BF müsse daher ständig seinen Blutzucker kontrollieren und bei Bedarf entsprechend Insulin verabreichen können. Bei Berücksichtigung des schlechten Gesundheitszustandes des BF sei die belangte Behörde verpflichtet gewesen die Anwendung gelinderer Mittel verstärkt zu beachten.

Die belangte Behörde begründe das Vorliegen von Fluchtgefahr im Wesentlichen mit einer fehlenden sozialen und beruflichen Verankerung, das Fehlen von finanziellen Mitteln, der fehlenden Meldeadresse sowie dem Umstand, dass er sich auf Grund eines - nicht näher definierten Vorverhaltens - nicht als vertrauenswürdig erwiesen habe. Damit lege die belangte Behörde allerdings keine Gründe dar, die eine Fluchtgefahr begründen. Soweit die belangte Behörde darauf verweise, dass der BF über keinen sozialen Bezug im Bundesgebiet verfüge, sei darauf hinzuweisen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Fehlen sozialer Integration, der Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten für sich genommen keine Schubhaftgründe darstellen. Auch der Umstand, dass der BF bisher nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist sei, sei für den Sicherungsbedarf nicht maßgeblich. Die Feststellungen der belangten Behörde seien auch nicht zutreffend. Der BF sei bis zuletzt - entgegen der tatsachenwidrigen Feststellung der belangten Behörde - aufrecht gemeldet und für die belangte Behörde greifbar. Der BF habe an seinem Verfahren stets mitgewirkt und sich seinem Verfahren nie entzogen.

Die laut der belangten Behörde vereitelte Abschiebung müsse relativiert werden. Der BF habe sich nicht gewaltsam der geplanten Abschiebung widersetzt. Vor Abflug habe der BF die Möglichkeit gehabt, mit dem Piloten des Fluges zu sprechen. Dabei habe der BF auch seinen schlechten Gesundheitszustand erwähnt, woraufhin sich der Pilot geweigert habe, den BF zu befördern.

Auch die Feststellungen der belangten Behörde zu den finanziellen Mitteln des BF weiche von den tatsächlichen Umständen ab, da der BF in der Einvernahme vom 11.01.2019 angegeben habe, dass er ca. EUR 100,-- bei sich habe und zudem über eine Bankomatkarte verfüge.

Im gegenständlichen Fall liege daher keine Fluchtgefahr vor.

Mit dem Vorliegen der Verhältnismäßigkeit und ob nicht mit einem gelinderen Mittel vorgegangen werden könne beschäftige sich die belangte Behörde nur textbausteinartig, mit dem Gesundheitszustand des BF setze sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinander sondern führe nur in einem Stehsatz an, dass auf Grund des Gesundheitszustandes des BF davon auszugehen sei, dass auch die subjektiven Haftbedingungen wie die Haftfähigkeit gegeben sei. Auf Grund seiner schweren Erkrankung und der deshalb benötigten Behandlung und Medikamente sei nicht davon auszugehen, dass der BF untertauchen werde. Zudem werde auch darauf hingewiesen, dass es auf Grund der depressiven Erkrankung des BF in der Vergangenheit bereits zu wiederholten Selbstverletzungen und auch zu zwei Selbstmordversuchen gekommen sei.

Es sei auch fraglich, ob der BF auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes haftfähig sei bzw. ob eine entsprechende medizinische Behandlung im Polizeianhaltezentrum gewährleistet sei.

Im Fall des BF sei daher das gelindere Mittel der Anordnung der periodischen Meldeverpflichtung ausreichend und habe damit der Sicherungszweck erreicht werden können. Zudem komme beim BF auch die angeordnete Unterkunftnahme in Betracht. Gegen den BF sei bislang kein gelinderes Mittel angeordnet worden, weshalb es nicht nachvollziehbar sei, dass die belangte Behörde die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht in Betracht gezogen habe.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß der Verwaltungsgerichtsaufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.

11. Am 21.01.2019 legte die Rechtsvertreterin des BF medizinische Unterlagen vor.

12. Das Bundesamt legte am 21.01.2019 den Verwaltungsakt vor und gab eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass die begleitete Abschiebung des BF für den 26.01.2019 organisiert sei. Das Bundesamt beantragte den angefochtenen Bescheid zu bestätigen bzw. die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und den BF zum Ersatz des Vorlage- und des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde zu verpflichten.

13. Am 22.01.2019 legte das Bundesamt ein amtsärztliches Gutachten zur Haftfähigkeit des BF vor, welche dem BF im Rahmen des Parteiengehörs mit der Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben, übermittelt wurde. Eine Stellungnahme dazu gab der BF jedoch nicht ab .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

Der unter I.1. bis I.13. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1. Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Algeriens. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.

2. Der BF leidet an Diabetes mellitus Typ 1, an einer anamnestisch erektilen Dysfunktion, einer sensomotorischen Polyneuropathie der unteren Extremitäten sowie einer als mittelgradig einzustufenden Anpassungsstörung mit einer länger andauernden depressiven Reaktion, eine akutpsychiatrische Symptomatik besteht nicht. Als insulinpflichtiger Diabetiker nimmt er Basisinsulin morgens und abends und 3x täglich Novorapid zur Korrektur des Blutzuckerwertes. Außerdem nimmt der BF Medikamente im Zusammenhang mit seiner Depression und erektilen Dysfunktion, Medikamente gegen Schlafstörung sowie Schmerzmittel ein. Während der Anhaltung des BF in Schubhaft gab es keine besonderen Vorfälle, die im Zusammenhang mit seiner Gesundheit stehen, seine Vitalparameter sind im Normbereich. Er ist haftfähig.

3. Mit Bescheid vom 11.01.2019 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG ab. Dieser Bescheid ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen, eine Karte für Geduldete wurde dem BF nicht ausgestellt.

4. Der BF wird seit 13.01.2019 in Schubhaft angehalten.

5. Die algerische Vertretungsbehörde hat für den BF ein bis 07.02.2019 gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt. Die begleitete Abschiebung des BF nach Algerien ist für den 26.01.2019 organisiert.

Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1. Der BF reiste erstmalig im August 2011 mit einem Visum legal von Algerien in die Türkei und gelangte in weiterer Folge von dort über Griechenland bis nach Ungarn, wo er am 31.08.2011 einen Asylantrag stellte. Über diesen wurde rechtskräftig negativ entschieden und der BF nach Serbien abgeschoben. Daraufhin reiste der BF freiwillig nach Algerien zurück, wo er sich von Dezember 2011 bis Mai 2012 aufhielt.

Im Mai 2012 reiste er erneut aus Algerien aus und gelangte mit einem Schiff nach Italien, von wo er mit dem Zug nach Paris weiterreiste und sich dort für ca. einen Monat aufhielt. Ohne zuvor in Italien oder Frankreich einen Asylantrag gestellt zu haben, reiste der BF schlepperunterstützt von Frankreich aus, um nach Deutschland zu gelangen. Tatsächlich gelangte er jedoch nach Ungarn, wo er einen weiteren Asylantrag stellte. Nach einem zehntägigen Aufenthalt verließ der BF Ungarn und reiste am 15.07.2013 illegal nach Österreich ein. Seinem Asylverfahren in Ungarn hat sich der BF entzogen.

2. An seinem Asylverfahren in Österreich wirkte der BF mit, er verfügte durchgehend über eine Meldeadresse und erschien ladungsgemäß zur Identitätsfeststellung vor einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde. Von seiner Meldeadresse wurde er nach seiner Festnahme am 11.01.2019 abgemeldet.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.02.2014 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2017 abgewiesen, die Zustellung dieses Erkenntnisses an den BF erfolgte am 22.02.2017. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Seiner Verpflichtung zur Ausreise kam der BF nicht nach.

4. Der BF nahm an einem Rückkehrberatungsgespräch teil, bei dem er zum Ausdruck brachte, nicht rückkehrwillig zu sein.

5. Die unbegleitete Abschiebung des BF nach Algerien auf dem Luftweg am XXXX musste abgebrochen werden, da der Pilot die Mitnahme des BF verweigerte, nachdem dieser beim Betreten des Luftfahrzeuges laut zu schreien begann und den Piloten davon zu überzeugen versuchte, dass er nicht nach Algerien fliegen wolle. Durch dieses Verhalten hat der BF seine Abschiebung vereitelt.

Familiäre und soziale Komponente

1. In Österreich leben keine Familienangehörigen des BF, er verfügt über kein nennenswertes soziales Netz.

2. Der BF wurde seit seiner Antragstellung vom 15.07.2013 in der Grundversorgung betreut. Er verfügt über kein Einkommen sowie über kein die Existenz sicherndes Vermögen. Er erhält EUR 186,-- monatlich von der XXXX. Er führte Gartenarbeiten durch und hilft freiwillig in einem Pflegeheim. Über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügt er nicht. Der BF verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2005423-1, die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17.02.2014 betreffend, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2005423-1. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Die Identität des BF steht insofern fest, als für ihn von der Vertretungsbehörde der Demokratischen Volksrepublik Algerien ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde. Es steht daher fest, dass der BF ein volljähriger Staatsangehöriger Algeriens ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich im Verwaltungsakt ebensowenig wie dafür, dass er Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde abgewiesen. Die Unbescholtenheit des BF konnte nach einer Einsichtnahme in das Strafregister festgestellt werden.

2.2. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und den von ihm eingenommenen Medikamenten beruhen auf den vom BF im Asylverfahren sowie im Verfahren zur Erlangung einer Duldungskarte nach § 46a Abs. 4 FPG vorgelegten medizinischen Unterlagen, dem vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren zu Zl. 2005423-1 eingeholten neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten, aus den vom BF mit Schriftsatz vom 21.01.2019 vorgelegten Unterlagen sowie aus der vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme vom 22.01.2019. Insbesondere ergibt sich aus der zuletzt genannten Stellungnahme, dass der BF in der Schubhaft jene Medikamente erhält, die fachärztlich verschrieben wurden und dass es während der Anhaltung in Schubhaft zu keinen besonderen Vorfällen kam, die in Zusammenhang mit der Erkrankung des BF stehen.

2.3. Die Feststellungen zur Entscheidung des Bundesamtes über den Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG ergeben sich aus dem diesbezüglich vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes. Insbesondere ist diesem Akt zu entnehmen, dass dem BF keine Karte für Geduldete ausgestellt wurde.

2.4. Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.5. Die Feststellungen zu der vom Bundesamt für den 26.01.2019 organisierten begleiteten Abschiebung des BF ergeben sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Buchungsbestätigung. Dass von der algerischen Vertretungsbehörde ein für diesen Termin gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt wurde ergibt sich aus der Mitteilung des Bundesamtes, Referat Rückkehrvorbereitung, an das Bundesamt, Regionaldirektion XXXX, vom 15.01.2019 (AS 441).

3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

3.1. Die Feststellungen zu den bisherigen Reisebewegungen des BF und den von ihm gestellten Anträgen auf internationalen Schutz beruhen auf seinen Angaben in der Erstbefragung vom 15.07.2013, seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 01.10.2013 sowie aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2014.

Insbesondere gab er in seiner Erstbefragung am 15.07.2013 an, dass er zehn Tage vor seiner Einreise nach Österreich von der Polizei in Ungarn aufgegriffen worden sei und er einen Asylantrag gestellt habe. Danach sei er in ein Lager gebracht worden, welches er am Tag seiner Einreise nach Österreich verlassen habe und per Anhalter nach Österreich gefahren sei. Da er den Ausgang des Asylverfahrens in Ungarn nicht abgewartet hat und unrechtmäßig nach Österreich eingereist ist, hat er sich seinem Asylverfahren in Ungarn entzogen.

3.2. Dass der BF an seinem Asylverfahren in Österreich mitwirkte ergibt sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungsakt des Bundesamtes, dass er durchgehend über eine Meldeadresse verfügte steht nach Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister fest.

3.3. Dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt und er seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl. 2005423-1.

3.4. Aus der im Akt des Bundesamtes einliegenden Bestätigung des XXXX vom 15.05.2018 ergibt sich, dass der BF an diesem Tag an einem Rückkehrberatungsgespräch teilgenommen hat, jedoch nicht rückkehrwillig ist.

3.5. Die Feststellungen zum Abbruch des Abschiebeversuches am XXXX beruhen auf den diesbezüglichen Berichten der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX (AS 389) sowie der Landespolizeidirektion XXXXvom XXXX (AS 463). Aus beiden Berichten ergibt sich übereinstimmend, dass der BF bei Betreten des Luftfahrzeuges zu schreien begonnen hat und dem Piloten mitteilte, dass er nicht nach Algerien fliegen wolle. Dass sein Verhalten zum Abbruch des Abschiebeversuches geführt hat, räumt der BF auch in seiner Beschwerde ein, in der er zwar angibt, dass sich der Pilot nach Hinweis auf den schlechten Gesundheitszustand des BF geweigert habe, den BF mitzunehmen. Doch damit bringt der BF selbst zum Ausdruck, dass der Abschiebeversuch nach einem Gespräch zwischen ihm und dem Piloten abgebrochen werden musste.

4. Zur familiären und sozialen Komponente

4.1. Dass der BF über keine Familienangehörigen in Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen darin übereinstimmenden Angaben im Asylverfahren und in der Einvernahme durch das Bundesamt am 11.01.2019. Anhaltspunkte dafür, dass der BF in Österreich über ein nennenswertes soziales Netz verfügt, lassen sich dem Verwaltungsakt und der Beschwerde nicht entnehmen.

4.2. Aus dem Grundversorgungs-Informationssystem ergibt sich, dass der BF seit seinem Antrag auf internationalen Schutz in der Grundversorgung betreut wurde. Zu seinen finanziellen Mitteln befragt gab der BF in seiner Einvernahme vom 11.01.2019 an, dass er EUR 186,-- monatlich von der XXXXerhalte. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen verfügt. Dass er über kein Einkommen verfügt und keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht ergibt sich daraus, dass er über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügt. Dass er über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich daraus, dass er durchgehend in der Grundversorgung betreut wurde.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als die Vertretungsbehörde der Demokratischen Volksrepublik Algerien ein bis 07.02.2019 gültiges Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt hatte. Auch der Antrag des BF auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs. 4 FPG, der zwar mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.01.2018 abgewiesen wurde, jedoch darüber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, steht der Abschiebung nicht entgegen, da eine Duldung des Aufenthaltes eines Fremden im Sinne des § 46a FPG gemäß § 46a Abs. 6 FPG erst mit der Ausfolgung einer Karte für Geduldete an den Fremden eintritt. Eine derartige Ausfolgung ist jedoch nicht erfolgt. Da auch eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vorlag, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vor. Da somit die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft vorlagen, kam die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich in Betracht.

3.1.5. Das Bundesamt geht - erkennbar - auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Das Bundesamt hatte die Abschiebung des BF auf dem Luftweg bereits für den XXXX vorbereitet, der Abschiebeversuch musste jedoch auf Grund des Verhaltens des BF im Luftfahrzeug abgebrochen werden. Der BF konnte den Piloten durch sein Verhalten davon überzeugen, dass er nicht nach Algerien ausreisen wolle. Damit hat der BF aber seine Abschiebung vereitelt und den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Die Notwendigkeit der Schubhaft kann sich auch daraus ergeben, dass sich der Fremde vor der Einreise in das Bundesgebiet in einem anderen Staat dem behördlichen Zugriff entzogen hat (vgl. VwGH vom 28.06.2007, 2006/21/0051). Da gegen den BF eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, er seine Abschiebung am XXXX vereitelt hat und sich vor seiner unrechtmäßigen Einreise nach Österreich seinem Asylverfahren in Ungarn entzogen hat, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen des BF, ein nennenswertes soziales Netz liegt nicht vor. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt weder über finanzielle Mittel noch über einen eigenen gesicherten Wohnsitz. Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF auf Grund des Grades seiner familiären, sozialen und beruflichen Verankerung in Österreich einen so verfestigten Aufenthalt hat um nicht neuerlich seine Abschiebung nach Algerien zu behindern.

Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Vorliegen einer Fluchtgefahr ausgegangen. Dem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde war insofern nicht zu folgen, als sich das Bundesamt bei der Beurteilung der Fluchtgefahr nicht jeweils für sich genommen auf den Umstand der fehlenden Integration, den Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten bzw. den Umstand, dass der BF bisher nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist ist, gestützt hat.

3.1.6. Auch was den Sicherungsbedarf betrifft, ist dem Bundesamt zuzustimmen, dass ein solcher gegeben ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF hält sich seit 15.07.2013 nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich auf und hat sich durch diese unrechtmäßige Einreise seinem Asylverfahren in Ungarn entzogen. Er hat zwar an seinem Asylverfahren mitgewirkt und durchgehend über eine Meldeadresse verfügt, zeigte sich aber schlussendlich als rückkehrunwillig. Diese Weigerung, freiwillig auszureisen, brachte er auch beim Rückkehrberatungsgespräch am 18.05.2018 zum Ausdruck. Seine Ausreiseunwilligkeit führte schließlich dazu, dass der Abschiebeversuch am XXXX abgebrochen werden musste, da der BF im Luftfahrzeug zu schreien begann und dem Piloten mitteilte, dass er nicht nach Algerien ausreisen wolle. Der BF ist im Bundesgebiet auch nicht familiär, beruflich oder sozial verankert und verfügt über keinen eigenen Wohnsitz. Es ist daher im Fall des BF von Sicherungsbedarf auszugehen.

Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen.

3.1.7. Als weitere Voraussetzungen sind die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft sowie die Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels an Stelle der Schubhaft zu prüfen. In diesem Zusammenhang kommt dem Gesundheitszustand des BF maßgebliche Bedeutung zu. Das Bundesamt stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass der BF gesund sei und keine Medikamente einnehme. Angaben zu der von ihm in sämtlichen bisherigen Verfahren vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und insbesondere zu den von ihm in seiner Einvernahme vom 11.01.2019 gemachten Angaben zu seinem Gesundheitszustand fehlen gänzlich. Demzufolge hat sich das Bundesamt auch bei der Beurteilung der Frage, ob die Anordnung von Schubhaft im Fall des BF verhältnismäßig ist und ob an Stelle der Schubhaft mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden kann, mit den konkreten persönlichen Verhältnissen des BF - insbesondere mit seinem Gesundheitszustand - nicht auseinandergesetzt.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt nicht jeder Begründungsmangel Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sondern nur ein wesentlicher Mangel. Das ist ein solcher, der zur Folge hat, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag. Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls (vgl. VwGH vom 05.10.2017, Ro 2017/21/0007). Bei der Begründung der Verhältnismäßigkeit sowie bei der Beurteilung der Frage ob ein gelinderes Mittel an Stelle der angeordneten Schubhaft verhängt werden kann, ist das Bundesamt von der aktenwidrigen Feststellung ausgegangen, dass der BF gesund sei und keine Medikamente einnehme. Mit der konkreten Situation des BF hat sich das Bundesamt jedoch damit in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt, weshalb dieser an einem wesentlichen Begründungsmangel leidet und für rechtswidrig zu erklären war.

Es war daher der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG stattzugeben.

3.1.8. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 13.01.2019 ist daher rechtswidrig.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG Fluchtgefahr des BF sowie Sicherungsbedarf vorliegen.

3.2.3. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Der BF reiste unrechtmäßig nach Österreich ein, nachdem er sich in Ungarn seinem Asylverfahren entzogen hatte. In Österreich wirkte er zwar an seinem Asylverfahren mit, kam jedoch seiner Ausreiseverpflichtung seit Mai 2018 nicht nach. Bei einem Rückkehrberatungsgespräch teilte er mit, dass er nicht freiwillig ausreisen werde. Doch auch seiner Abschiebung widersetzte sich der BF, da er bei Betreten des Luftfahrzeuges durch lautes Schreien den Piloten dazu veranlasste, die Beförderung des BF zu verweigern. In Österreich leben keine Familienangehörigen des BF, über ein nennenswertes soziales Netz verfügt er nicht und er geht weder einer Berufstätigkeit nach noch verfügt er über ein die Existenz sicherndes Vermögen. Auch über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt der BF nicht. Er wurde seit seiner Antragstellung in der Grundversorgung betreut. Es überwiegt daher das öffentliche Interesse an seiner Außerlandesbringung die privaten Interessen des BF.

Auch im Gesundheitszustand des BF liegt kein Umstand, der die Fortsetzung der Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen lässt. Der BF leidet an Diabetes mellitus Typ I und erhält in der Schubhaft die dafür erforderlichen Medikamente. Zu besonderen Vorfällen, die auf diese Krankheit zurückzuführen sind, ist es während seiner Anhaltung seit 11.01.2019 nicht gekommen. Darüber hinaus wurde beim BF eine Anpassungsstörung mit einer länger dauernden depressiven Reaktion sowie eine sensomotorische Polyneuropathie der unteren Extremitäten diagnostiziert, die medikamentös behandelt werden. Auch diesbezüglich kam es seit der Anhaltung des BF in Schubhaft zu keinen besonderen Vorfällen, der BF hat sich im Laufe seines Aufenthaltes stabilisiert.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der nächste Versuch, den BF abzuschieben, bereits für den 26.01.2019 organisiert wurde, erscheint die Fortsetzung der Schubhaft für diesen Zeitraum - der die höchstzulässige Dauer einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages im Sinne des § 34 Abs. 5 BFA-VG von 72 Stunden nicht überschreitet - nicht als unverhältnismäßig.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt und auch der Gesundheitszustand des BF der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegen steht.

3.2.4. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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