TE Vfgh Beschluss 1997/6/9 B789/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.06.1997
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §148 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags als verspätet

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1997 B306/97-4 wurde die vom nunmehrigen Antragsteller eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Dezember 1996, Z119.665/2-III-11/96, welcher nach den Angaben in der Beschwerde bzw. laut dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Rückschein am 19. Dezember 1996 zugestellt wurde, wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß §82 Abs1 VerfGG zurückgewiesen. Die sechswöchige Beschwerdefrist war am 30. Jänner 1997 abgelaufen, die Beschwerde wurde aber erst am 31. Jänner 1997 zur Post gegeben. Der genannte Beschluß wurde dem Antragsteller am 24. März 1997 zugestellt.

2. Der Antragsteller begehrt nunmehr mit einem am 7. April 1997 zur Post gegebenen und am 8. April 1997 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung dieses Antrages wird (im wesentlichen) ausgeführt, daß eine erfahrene und bis dahin verläßliche Kanzleiangestellte des Beschwerdevertreters die Anordnung des Beschwerdevertreters betreffend die Eintragung der sechswöchigen Beschwerdefrist in das Fristenbuch der Kanzlei des Beschwerdevertreters versehentlich unrichtig verstanden und das Ende des Fristenlaufes falsch mit 31. Jänner 1997 im Fristenbuch vermerkt habe. Im Trubel der vorweihnachtlichen Ereignisse sei dieses Versehen auch nicht aufgefallen. Der Arbeitsanfall in der Kanzlei sei in der Zeit vor Weihnachten 1996 außergewöhnlich hoch gewesen. Zudem sei in der Kanzlei mit dringend erforderlichen Instandsetzungsarbeiten begonnen worden, was erhebliche Erschwernisse mit sich gebracht hätte. Der Beschwerdevertreter, welcher im täglichen Kanzleibetrieb eine Kontrolle dahingehend vornehme, ob Fristen richtig eingetragen und eingehalten worden seien, habe in diesen Tagen bis nach Mitternacht und ab 6.00 Uhr morgens gearbeitet; trotz des größten Bemühens um Sorgfalt sei das Versehen unterlaufen. Die erfolgte Fehleintragung der Frist beruhe auf einer Fehlleistung minderen Grades. Auf das Versehen sei der Beschwerdevertreter erst durch Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 24. März 1997 aufmerksam geworden.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist nicht zulässig.

1. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muß gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von 14 Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Offenbar verspätet eingebrachte Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen (§148 Abs3 ZPO).

2. Im gegebenen Fall wurde die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht gewahrt, weil diese Frist nicht erst mit Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1997 B306/97-4 am 24. März 1997 zu laufen begann; das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, fiel nämlich schon früher weg: In der mit dem genannten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes zurückgewiesenen, mit 31. Jänner 1997 datierten (und am selben Tag zur Post gegebenen) Beschwerde geht der Beschwerdevertreter davon aus, daß die Beschwerde in offener Frist an den Verfassungsgerichtshof erhoben wird. Dem Beschwerdevertreter hätte - da ihm das korrekte Zustelldatum des angefochtenen Bescheides, das in der Beschwerde auch ausdrücklich angeführt ist, bekannt war - schon im Zeitpunkt der Abfassung der Beschwerde (offenbar der 31. Jänner 1997) auffallen müssen, daß die Frist zur Erhebung der Beschwerde bereits am Tag davor abgelaufen war. Schließlich ist es Aufgabe des Beschwerdevertreters, sich vor der Unterfertigung eines Schriftsatzes über dessen Vollständigkeit und Richtigkeit zu vergewissern (vgl. VfGH 29.6.1995 B1481/95).

Das Hindernis für die fristgerechte Einbringung der Beschwerde ist daher (spätestens) am 31. Jänner 1997 (Datum der Abfassung der Beschwerde bzw. der Postaufgabe) weggefallen; die mit diesem Tag beginnende Frist des §148 Abs2 ZPO ist ungenützt verstrichen. Der am 7. April 1997 zur Post gegebene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war aus diesen Gründen als verspätet zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 11706/1988, 13970/1994).

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §33 VerfGG iVm §148 Abs3 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B789.1997

Dokumentnummer

JFT_10029391_97B00789_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten