TE Bvwg Beschluss 2019/1/16 W104 2212748-1

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Veröffentlicht am 16.01.2019
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Entscheidungsdatum

16.01.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8a Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W104 2212748-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 13.9.2018, AZ II/4-DZ/17-10848942010 betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit Datum vom 26.4.2017 stellte der Beschwerdeführer (BF) über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für dieses Antragsjahr.

In Abänderung eines Vorbescheides gewährte die Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dem BF Direktzahlungen in Höhe von EUR 12.003,54. Dabei wurden 36,2882 Zahlungsansprüche (ZA) zu Grunde gelegt und begründend ausgesprochen, dass für beihilfefähige Flächen auf Hutweiden und anteilige Hutweideflächen auf Gemeinschaftsweiden im Antragsjahr 2017 für 80 % der Fläche Zahlungsansprüche zugewiesen würden (gemäß § 8a Abs. 2a MOG 2007). Es sei mehr beihilfefähige Fläche auf Hutweiden ermittelt worden als beantragt. Für die Zuweisung der ZA sei gem. Art. 18 Abs. 5 der VO 640/2014 das beantragte Flächenausmaß, angepasst um den Reduktionsfaktor 0,8, maßgebend. Der Wert der zugewiesenen Zahlungsansprüche für Flächen mit Hutweiden und anteiligen Hutweideflächen auf Gemeinschaftsweiden entspreche 60% des für das Jahr 2017 berechneten nationalen Einheitswerts (§ 8a Abs. 2a MOG 2007).

2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 5.10.2018 Beschwerde, mit der geltend gemacht wurde, die Anzahl der zugewiesenen Zahlungsansprüche sei zu gering, weil er im Jahr 2015/2016/2017 Teile seiner Hutweideflächen auf Dauerweide umgestellt habe und diese Flächen bei der Neuzuweisung der Zahlungsansprüche nicht berücksichtigt worden seien. Dies führe dazu, dass noch für 9,5884 ha beihilfefähige Fläche die Zahlungsansprüche fehlten. Er verweise daher auf §8a Abs. 2a MOG und ersuche um korrekte Zuweisung der Zahlungsansprüche für diese Flächen.

3. Bei Vorlage der Akten nahm die AMA dahingehend Stellung, dass in der vorliegenden Sache aus Sicht der AMA ein Anwendungsfall des § 28

(3) VwGVG vorliege. Die Aktenlage habe sich dahingehend geändert, dass die ZA-Zuteilung 2017 betreffend die beihilfefähigen Flächen 2017, die 2013 oder 2015 als Hutweiden angemeldet waren, aufgrund notwendiger Berechnungsarbeiten, frühestens im April 2019 erfolgen könne. Eine Entscheidung durch die AMA selbst würde zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Datum vom 26.4.2017 stellte der BF über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für dieses Antragsjahr.

Im angefochtenen Bescheid wurden Flächen, die im Jahr 2013 oder 2015 Hutweiden waren und die mit MFA 2017 als Dauerweide beantragt wurden, bei der Zuweisung von Zahlungsansprüchen mit einem Verringerungskoeffizienten berücksichtigt.

Die für die Anwendung des § 8a Abs. 2a MOG notwendigen Berechnungen sind allerdings noch nicht erfolgt. Der maßgebliche Sachverhalt wurde daher mangelhaft ermittelt.

Bei der Aktenvorlage erklärte die Behörde, die Beschwerden seien berechtigt, es habe frühestens im April 2019 eine Neuberechnung zu erfolgen.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 8a Abs. 2 und 3 MOG 2007 lautet:

"Basisprämie

§ 8a. (1) [...]

(2) Für die Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen für Almen und Hutweiden und bei der Zuweisung gemäß Art. 30 Abs. 6 und 7 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 werden in Anwendung des Art. 24 Abs. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 die beihilfefähigen Flächen mit einem Verringerungskoeffizienten von 80 % herangezogen.

(2a) Ab dem Antragsjahr 2017 werden für im Antragsjahr 2017 als beihilfefähige Flächen beantragte Hutweideflächen sowie für beihilfefähige Flächen, die im Antragsjahr 2013 oder Antragsjahr 2015 Hutweiden waren und spätestens im Antragsjahr 2017 als beihilfefähige Flächen - ausgenommen Hutweiden oder Almen - beantragt wurden, unter Anwendung eines Verringerungskoeffizientens von 20% Zahlungsansprüche zugewiesen. Der Wert der Zahlungsansprüche entspricht 60% des für das Jahr 2017 berechneten nationalen Einheitswerts."

§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

"(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

Die Berechnung gem. § 8a Abs. 2a wurde von der Behörde aufgrund technischer Vorgaben noch nicht vollständig durchgeführt, ist aber für die richtige Zuteilung von Zahlungsansprüchen an den BF für das Antragsjahr 2017 entscheidend.

Der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichten die Behörde jedoch, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Vor dem Hintergrund des Amtswegigkeitsprinzips und dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, hätte die belangte Behörde den wahren Sachverhalt hinsichtlich der zuzuteilenden Zahlungsansprüche somit ermitteln müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 3ff).

Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Zurückverweisung liegt ständige einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, von der nicht abgewichen wird.

Schlagworte

amtswegige Ermittlungspflicht, Behebung der Entscheidung,
beihilfefähige Fläche, Berechnung, Bescheidabänderung,
Direktzahlung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelhaftes
Ermittlungsverfahren, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Mehrfachantrag-Flächen, Zahlungsansprüche, Zurückverweisung,
Zuteilung, Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W104.2212748.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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