TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/11 I406 1431842-2

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Veröffentlicht am 11.12.2018
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Entscheidungsdatum

11.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
IntG §11 Abs2
IntG §9
NAG §14a
NAG §81 Abs36
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I406 1431842-2/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2015, Zl. 821771609-1592607, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.03.2018, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß

§§ 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist, und XXXX gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2, 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2012, Zl. 12 17.716-BAT, als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Tunesien ausgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.09.2015, Zl. I406 1431842-1/11E, in Bezug auf den Status eines Asyl- bzw. subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurückverwiesen.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 16.11.2015, Zahl 821771609/1592607 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tunesien zulässig ist und bestimmte als Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Am 02.12.2015 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und focht den Bescheid in vollem Umfang an. Zusammengefasst machte der Beschwerdeführer darin geltend, dass einerseits aufgrund seines Gesundheitszustandes (erfolgte operative Entfernung eines Tumors der Hirnanhangsdrüse; Erforderlichkeit einer medizinischen Dauerbehandlung aufgrund einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz sowie einer Nebenniereninsuffizienz) und andererseits aufgrund seiner Integration in Österreich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig sei.

4. Mit Schreiben vom 23.12.2015 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht ein Konvolut an Unterlagen, um seine Integration in Österreich zu beweisen, darunter: ein Deutsch A2- Zeugnis vom 10.12.2015, eine Bestätigung über seine Mitgliedschaft im Tunesisch-Österreichischen Kultur und Sport Verein, Bestätigungen der Caritas über ehrenamtliche Tätigkeiten des Beschwerdeführers, ein Arbeits- Vorvertrag der XXXX KG, sowie diverse Unterstützungsschreiben.

5. Mit Schreiben vom 22.03.2018 2016 gab die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, bekannt, den Beschwerdeführer zu vertreten.

6. Mit Schreiben vom 23.03.2016 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat, Feststellungen zu seiner persönlichen Situation zum rechtlichen Gehör, sowie einen Fragenkatalog zu seiner Situation in Österreich.

7. In seiner fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 08.04.2016 wies die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers auf dessen Interessen im Sinne des Art. 8 EMRK hin. Die Familien der Cousins des Beschwerdeführers seien für diesen zwischenzeitlich zu einer zweiten Familie in Österreich geworden. Er habe auch zahlreiche andere Freundschaften und soziale Kontakte in Österreich. Zudem habe er erfolgreich eine Prüfung über deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2 abgelegt. Zwar übe er derzeit keine Erwerbstätigkeit aus, doch im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels könne er eine solche sofort aufnehmen und wäre selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten. Seine Interessen an einem Verbleib in Österreich werden maßgeblich dadurch verstärkt, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat vor fast 20 Jahren als junger Erwachsener verlassen habe, wodurch die meisten Bindungen und sozialen Kontakte zu Tunesien abgerissen seien und es für ihn schwer bis unmöglich sei, sich eine Existenzgrundlage in Tunesien zu schaffen. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er eine Dauermedikation und regelmäßige medizinische Kontrollen benötige und diese für den Beschwerdeführer in Tunesien, wo katastrophale Zustände in öffentlichen Krankenhäusern herrschen, weder erhältlich, noch finanzierbar seien. Aus diesen Gründen erscheine die erlassene Rückkehrentscheidung in Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Der Stellungnahme beigelegt war ein Konvolut von medizinischen Unterlagen und Befunden des AKH der Stadt Wien.

8. Mit Eingabe vom 18.01.2018 gab der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht Änderungen in Hinblick auf sein Familienleben bekannt und erklärte, seit dem 11.12.2016 mit einer in Österreich asylberechtigten syrischen Staatsbürgerin traditionell verheiratet zu sein und mit dieser ein gemeinsames Kind zu erwarten. Der Geburtstermin sei für den 24.01.2018 vorgesehen. Es wurden eine Kopie des Mutter Kind Passes, eine nicht übersetzte Heiratsurkunde in arabischer Sprache, ein Meldezettel der Lebensgefährtin und eine Kopie des Konventionsreisepasses der Lebensgefährtin übermittelt.

9. Mit Schreiben vom 16.02.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat Tunesien sowie einen Fragenkatalog zu seiner Situation in Österreich unter dem Hinweis auf die Möglichkeit, binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln. In seiner diesbezüglichen schriftlichen Stellungnahme wies der Beschwerdeführer erneut auf seine gesundheitliche Situation hin und monierte, dass die übermittelten Länderfeststellungen nicht auf die konkreten (auch finanziellen) Zugangsmöglichkeiten zu einer Behandlung seiner Erkrankungen in Tunesien eingehen.

10. Am 09.03.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Ehegattin als Zeugin und seiner Rechtsvertretung statt. Ein Vertreter des BFA war entschuldigt nicht erschienen. Im Zuge der Verhandlung legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

-

ZMR Auszüge seiner eigenen Person, seiner Lebensgefährtin und seines Kindes

-

eine Geburtsurkunde seines Kindes, ausgestellt vom zuständigen Standesamt am XXXX

-

eine Beurkundung der Vaterschaft, ausgestellt vom zuständigen Standesamt am XXXX

-

eine Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse vom XXXX über die Mitversicherung des Sohnes bei der Lebensgefährtin.

-

Bescheid des BFA vom 02.08.2016, Zl. IFA 1102452905 betreffend die Asylgewährung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers

-

eine Anmeldebestätigung zum Deutschkurs B1 der XXXX Wien vom 07.03.2018

-

ein Vorvertrag vom 07.03.2018 über eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfskraft

-

eine Bestätigung über die Mitgliedschaft bei einem Sportverein seit 18.01.2018

-

ein Antrag auf Mitgliedschaft beim Tunesisch-Österreichischen Kultur und Sport Verein vom 01.08.2015

-

Unterstützungserklärungen von in Österreich lebenden Verwandten des Beschwerdeführers.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest, er trägt den im Spruch genannten Namen sowie das dort genannte Geburtsdatum, ist tunesischer Staatsangehörigkeit und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes.

Der Beschwerdeführer hielt sich jedenfalls schon vom 19.05.2009 bis zum 01.04.2010, sowie von Dezember 2011 bis Februar 2012 in Österreich auf und stellte am 04.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, der am 17.09.2015 in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden und zur Prüfung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde.

Der Beschwerdeführer hat eine in Österreich asylberechtigte syrische Lebensgefährtin, mit der er seit dem XXXX traditionell verheiratet ist und mit der er seit dem 24.11.2017 zusammenwohnt. Er hat mit dieser ein gemeinsames, am XXXX geborenes Kind ungeklärter Staatsangehörigkeit. Alle Familienmitglieder haben denselben Wohnsitz, der Beschwerdeführer füllt seine Vaterrolle im täglichen Leben angesichts seiner emotionalen Bindung zu seinem Kind und seiner Lebensgefährtin aus.

In Österreich leben zwei Cousins des Beschwerdeführers, zu deren Familien er engen Kontakt pflegt. In Tunesien verfügt er über familiäre Anknüpfungspunkte in Gestalt seiner fünf Geschwister.

Der Beschwerdeführer steht seit der operativen Entfernung eines Tumors der Hirnanhangsdrüse im Jahr 2013 aufgrund einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz sowie einer Nebenniereninsuffizienz in medizinische Behandlung. Trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung ist er jedoch grundsätzlich arbeitsfähig.

Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und geht in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Er kann jedoch einen Vorvertrag vom 07.03.2018 über eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfskraft vorweisen und hat die Deutschprüfung A2 am 10.12.2015 bestanden. Der Beschwerdeführer ist Mitglied im Tunesisch-Österreichischen Kultur und Sport Verein sowie in einem Sportverein.

Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralem Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Identität sowie Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers beruhen auf dem von ihm vorgelegten Reisepass.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt, seinen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.03.2018.

Die Feststellungen zum Familienstand und -leben des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, aus den Angaben seiner als Zeugin einvernommenen Lebensgefährtin sowie den von ihm vorgelegten Urkunden und Unterlagen. Zwar ist die am XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> traditionell geschlossene Ehe in Österreich nicht anerkannt, doch aus den vorgelegten Urkunden und Meldezetteln geht hervor, dass der Beschwerdeführer seit dem 24.11.2017 mit seiner Lebensgefährtin an derselben Adresse gemeldet ist und mit seinem am XXXX geborenen Kind im gleichen Haushalt lebt.

Die Feststellungen zur Familiensituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf seinen glaubhaften Angaben in Zusammenschau mit den von ihm vorgelegten Unterlagen und Befunden des AKH Wien.

Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten GVS-Auszug ergibt sich die Feststellung zum Bezug der Grundversorgung des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer derzeit keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben; er konnte jedoch einen Vorvertrag vom 07.03.2018 über eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfskraft vorweisen. Die Feststellungen zur vom Beschwerdeführer abgelegten Deutschprüfung und seinen Deutschkenntnissen beruht auf dem von ihm vorgelegten Prüfungszeugnis sowie dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in zwei Vereinen ergibt sich aus den von ihm vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen

3.1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

3.1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.):

Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG. Dieser lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Es ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG einen zulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt (Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK).

Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen.

Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454;

18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94;

20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.).

In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1).

Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt.

In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

* die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

* das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

* die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

* den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

* die Bindungen zum Heimatstaat,

* die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

* auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567;

21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99;

23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Wendet man die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien an, so muss für die Abwägungsentscheidung jede Art von Abhängigkeit, die Kinder von Elternteilen haben, eine Rolle spielen. Zutreffend hat der Verfassungsgerichtshof es etwa für unzumutbar erachtet, dass ein neugeborenes Baby nur mit dem Vater und ohne (drittstaatsangehörige) Mutter in der Union verbleibt (VfGH 11. 6. 2012, U 128/12). Danach sind nicht nur wirtschaftliche, sondern auch biologische Bedürfnisse in die Beurteilung miteinzubeziehen.

Im genannten Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof u.a. folgendes aus: "Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Kind kurz nach der Geburt ohne Bedenken allein beim Vater verbleiben kann. Insbesondere umfasst der für ein neugeborenes Kind zu leistende Unterhalt auch - aber nicht nur - die Befriedigung biologischer Bedürfnisse wie jenem nach Nahrung, weshalb schon aus diesem Grund jedenfalls in den ersten Lebensphasen des Kindes ein ständiger Kontakt des Kindes mit der Mutter nicht nur wünschenswert sondern notwendig sein kann. Der Asylgerichtshof hätte in dieser Hinsicht ermitteln und bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigen müssen, welche konkreten Auswirkungen die Ausweisung der Beschwerdeführerin auf das Kindeswohl hat, insbesondere, ob nicht in der konkreten Situation die Ausweisung der Mutter faktisch auch das Kind zum Verlassen des Bundesgebietes zwingt (dieser Wertung folgt im Übrigen auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 8.3.2011, Rs. C-34/09, Gerardo Ruiz Zambrano, Rz 43, wenn er festhält, dass einer einem Drittstaat angehörenden Person in dem Mitgliedstaat des Wohnsitzes ihrer minderjährigen Kinder, die diesem Mitgliedstaat angehören und denen sie Unterhalt gewährt, der Aufenthalt und eine Arbeitserlaubnis nicht verweigert werden dürfen)."

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen beeinträchtigen das Recht auf Privatsphäre eines Asylantragstellers dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) auch in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung ist zwar nicht ausschlaggebend, ob der Aufenthalt des Fremden zumindest vorübergehend rechtmäßig war (EGMR 16.09.2004, Ghiban / BRD; 07.10.2004, Dragan / BRD; 16.06.2005, Sisojeva u.a. / LV), bei der Abwägung jedoch in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH 17.03.2005, G 78/04; EGMR 08.04.2008, Nnyazi / GB).

Eine langjährige Integration ist zu relativieren, wenn der Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten, insbesondere etwa die Vortäuschung eines Asylgrundes (vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169), zurückzuführen ist (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

Darüber hinaus sind auch noch Faktoren wie etwa Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, sowie der Grad der Integration welcher sich durch Intensität der Bindungen zu Verwandten und Freunden, Selbsterhaltungsfähigkeit, Schulausbildung bzw. Berufsausbildung, Teilnahme am sozialen Leben, Beschäftigung manifestiert, aber auch die Bindungen zum Herkunftsstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VfGH 29.09.2007, B1150/07 unter Hinweis und Zitierung der EGMR-Judikatur).

Bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes ist immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls im Detail abzustellen. Eine Ausweisung hat daher immer dann zu unterbleiben, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Im gegenständlichen Fall bedeutet dies:

Der Beschwerdeführer hält sich von Mai 2009 bis April 2010, von Dezember 2011 bis Februar 2012 und ab Dezember 2012 durchgehend in Österreich auf und hat seit Beginn seines Aufenthalts auch erkennbare Anstrengungen unternommen, um sich in Österreich in sprachlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht so weit wie möglich zu integrieren.

Mit insgesamt rund sieben Jahren ist dabei die Dauer seines Aufenthaltes durchaus beträchtlich.

Dabei fällt zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, dass der Aufenthalt von Mai 2009 bis April 2010 rechtmäßig war und er insbesondere rechtmäßig einreiste. Von 2012 bis 2018 ist der Aufenthalt mangels Vorliegens eines Aufenthaltstitels nicht mehr rechtmäßig und fällt daher weniger stark zu seinen Gunsten ins Gewicht.

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - 7 Jahre verstreichen).

Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. I in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 - seit 01.01.2014 nunmehr § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG - umgesetzt. Im gegenständlichen Fall ist die insgesamt rund sechsjährige Verfahrensdauer nicht dem Beschwerdeführer anzulasten.

Da der Beschwerdeführer seit 2016 eine in Österreich asylberechtigte Lebensgefährtin und mit dieser gemeinsam ein knapp einjähriges Kind hat, alle Familienmitglieder denselben Wohnsitz haben, der Beschwerdeführer seine Vaterrolle im täglichen Leben insbesondere angesichts seiner emotionalen Bindung zu seinem Kind ausfüllt, führt er ein umfassendes Familienleben.

Dass er sich zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Familienlebens seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, tritt angesichts des dargelegten Ausmaßes des tatsächlichen Bestehens des Familienlebens sowie des Umstandes, dass die Verfahrensdauer primär von Behörden und nicht vom Beschwerdeführer selbst zu verantworten ist, in den Hintergrund. (vgl. VfGH 13.03.2008, B1032/07; VfGH 15.12.2011, U760-764)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. das Urteil des EGMR vom 22. Juli 2010, P.B. und J.S. gegen Österreich, Beschwerdenr. 18984/02, Rn. 22ff u.a.)

Einen Eingriff in ein Eheleben hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner rezenten Judikatur im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 11. November 2013, Zl. 2013/22/0224, oder vom 7. Mai 2014, Zl. 2012/22/0084) oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (in diesem Sinn z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2011/23/0503) (vgl. zuletzt VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).

Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor und wäre dem Beschwerdeführer sowie seiner Lebensgefährtin, der in Österreich der Status einer Asylberechtigten zukommt, eine Weiterführung ihres in Österreich begründeten Familienlebens in Tunesien nicht in zumutbarer Weise möglich.

Der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wäre nicht zumutbar, ihm nach Tunesien zu folgen, verfügt sie doch hier über entsprechende soziale, familiäre und gesellschaftliche Kontakte und insbesondere über zwei Kinder aus erster Ehe im Alter von 11 und 16 Jahren, welche in Österreich zur Schule gehen.

Die familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich werden darüber hinaus durch seine zwei in Österreich lebenden Cousins verstärkt.

Bereits vor diesem Hintergrund würde sich eine Rückkehrentscheidung sohin als unzulässig erweisen.

Hinzu kommt, dass gegen eine Rückführung in Zusammenhang mit seinem Familienleben in erheblichem Ausmaß das zu berücksichtigende Kindeswohl seines Kindes spricht, dem nicht zumutbar ist, dem Beschwerdeführer nach Tunesien zu folgen. Sein Familienleben mit beiden Elternteilen wiegt besonders schwer, da sowohl seine emotionalen Bindungen zum Beschwerdeführer und die durch die Anwesenheit beider Elternteile wesentlich positiv beeinflusste kindliche Entwicklung zu berücksichtigen sind, weiters seine wirtschaftlichen Interessen am Unterhalt, dessen Erbringung von Tunesien aus erheblich erschwert wäre.

Bei der Beurteilung der Integration fallen insbesondere seine Deutschkenntnisse und die Bemühungen, diese weiter zu verbessern, zu seinen Gunsten ins Gewicht. Diese belegen eindrücklich, dass der Beschwerdeführer an einer umfassenden Teilhabe am täglichen Leben der österreichischen Bevölkerung interessiert und dazu imstande ist.

Die Gesamtschau der zu berücksichtigenden Faktoren ergibt daher, dass - trotz der erheblichen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen - die Interessensabwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfällt, dies vor allem angesichts der langen Dauer und der teilweisen Rechtmäßigkeit des Aufenthalts, des intensiven, dauerhaften Familienlebens, der Interessen seines Kindes sowie seiner Lebensgefährtin, seiner Integration, belegt durch seine Deutschkenntnisse, Mitgliedschaft in zwei Vereinen und Arbeitswilligkeit.

Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer wäre daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

Zum Aufenthaltstitel:

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. 70/2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 auch von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Im Rahmen der erläuternden Bemerkungen zum FRÄG 2015 wurde klargestellt, dass auch das Bundesverwaltungsgericht - in jeder Verfahrenskonstellation - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.

In diesem Sinne betonte auch der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0103, sowie vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0203, dass das Bundesverwaltungsgericht den Aufenthaltstitel im Rahmen seiner Sachentscheidungspflicht im verfahrensabschließenden Erkenntnis selbst in konstitutiver Weise zu erteilen habe. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat daher im Falle, es erkennt im Beschwerdeverfahren erstmalig die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 anzuordnen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 58 AsylG K4).

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung" und eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung deren Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitelt "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 Abs. 2 Integrationsgesetz lautet:

Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolgt ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl I. Nr. 68/2017) lauten:

Modul 1 der Integrationsvereinbarung

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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