TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 W207 2169678-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W207 2169678-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1929, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 28.06.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Behinderte), zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 29b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 20.04.2016 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den - auf den Beschwerdeführer zutreffenden - Fall, dass er nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei bzw. wurden vom Beschwerdeführer diverse medizinische Unterlagen nachgereicht.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 04.07.2016, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.06.2016, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurden die Funktionseinschränkungen 1 ."Permanentes Vorhofflimmern", Positionsnummer 05.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30 v.H., 2. "Abnützung der Wirbelsäule", Positionsnummer 02.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H., 3. "Gonathrose beidseitig", Positionsnummer 02.05.19 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H. und 4 ."Artielle Hypertonie", Positionsnummer 05.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H., festgestellt. Es wurde vom Sachverständigen ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Die führende funktionelle Einschränkung werde durch die anderen Einschränkungen nicht erhöht.

Die belangte Behörde wies daraufhin den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 17.02.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.11.2016, eingeholt. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurden die Funktionseinschränkungen 1. "Mäßiggradige Varusgonarthrosen beiderseits", Positionsnummer 02.05.21 der Anlage der Einschätzungsverordnung bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 40 v.H., 2. "Permanentes Vorhofflimmern, hypertensive Cardiomyopathie", Positionsnummer 05.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30 v.H., 3. "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", Positionsnummer 02.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H. und 4. "Periphere arterielle Verschlusskrankheit", Positionsnummer 05.03.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H., festgestellt. Es wurde vom Sachverständigen ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt. Leiden 1 werde durch Leiden 2 wegen funktioneller Zusatzrelevanz um eine Stufe erhöht.

Auf Grundlage des Gutachtens vom 17.02.2017 wurde der Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2017, GZ W132 2133535-1/7E, stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Es wurde in diesem Erkenntnis festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 50 v.H. vorliegen.

Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer am 18.05.2017 von der belangten Behörde ein Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Diesem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Da der Beschwerdeführer am 20.04.2016 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) gestellt hat, jedoch zutreffend zunächst über die Ausstellung eines Behindertenpasses entschieden wurde, die Entscheidungen betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass sowie über die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO aber noch offen waren, holte die belangte Behörde in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 19.06.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.06.2017, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese:

Es gibt ein Vorgutachten von 06/2016 sowie ein Bescheid des BVwG vor

Derzeitige Beschwerden:

Seit der letzten Untersuchung habe ich auf der rechten Seite ein künstliches Kniegelenk bekommen. Die Beweglichkeit ist besser geworden, ich habe aber nach wie vor noch Schmerzen im rechten Knie. Für 12/2017 habe ich schon einen Termin für eine Hüftgelenksendoprothesenoperation auf der linken Seite. Die Unzumutbarkeit habe ich beantragt, weil ich sehr weit von den öffentlichen Verkehrsmitteln wohne und ich Schmerzen in den Gelenken habe und mich sehr unsicher fühle.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Aglandin,Marcoumar,Zyloric, Candesartan,Concor, Finasterid, Furohexal, NSR bB

Sozialanamnese:

Pensionist, verwitwet und hat eine erwachsene Tochter, kommt mit zwei Stützkrücken.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Mitgebrachter Röntgenbefund der Hüftgelenke 2017: Gelenksspalt fast vollständig aufgebraucht. Coxarthrosis def. li>re.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 168,00 cm Gewicht: 88,00 kg Blutdruck: 160/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig, keine Lippenzyanose

Sensorium: Umgangssprache wird 2 Hörgeräten anstandslos verstanden

Haut und Schleimhäute: unauffällig, Lymphkoten nicht tastbar

Hals: frei beweglich

Schilddrüse nicht vergrößert, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut

Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch,

Lunge: sonorer Klopfschall, VA, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer

Herz: reine Herzgeräusche

Abdomen: unauffällig, Abd. Über Thoraxniveau, rektal nicht untersucht

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse.

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein wesentlicher Hartspann

HWS: altersentsprechende Beweglichkeit KFA: 2 cm

BWS: altersentsprechende Beweglichkeit

LWS: altersentsprechende Beweglichkeit FBA: 40 cm

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

Obere Extremitäten: alle Gelenke altersentsprechend frei beweglich, leichte Verformungen der Fingergelenke

Nackengriff: rechts links möglich Schürzengriff: rechts links möglich

Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Der Faustschluß ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Grobe Kraft bds nicht vermindert.

Untere Extremitäten:

Hüftgelenk rechts: Beugung: 100° Rotation: 30-0-30°

Hüftgelenk links: Beugung: 90° Rotation: 10-0-10°

Kniegelenk rechts: 0-0-100° TEP

Kniegelenk links: 0-0-130° Varusstellung ca 5° bds

Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit

Zehenstand und Fersenstand nicht vorgezeigt, Einbeinstand bds nicht vorgezeigt Fußpulse bds palpabel. Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Hinkend li wegen Hüfte, kommt in normalen Straßenschuhen, mit 2 Stützkrücken Freies Gehen im Untersuchungsraum auch ohne Gehhilfen möglich.

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, freundlich, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Permanentes Vorhofflimmern

2

Abnützungen der Wirbelsäule

3

Gonarthrose beidseitig bei Zustand nach Endoprothese rechts

4

Hypertonie

5

Coxarthrose

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Zustand nach Endoprothesen OP re Knie, funktionelle Verbesserung

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es bestehen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, der Hüft- und Kniegelenke. Der festgestellte Bewegungsumfang ist jedoch ausreichend, um Stufen zu überwinden. Dieser Zustand verursacht eine mäßiggradige Gangstörung, welche jedoch unter Berücksichtigung der objektivierbaren Ausprägung keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkt. Kurze Gehstrecken sind aus eigener Kraft ohne Unterbrechung möglich, sowie das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport ist ohne erhebliche Erschwernis zu bewältigen.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Siehe oben.

..."

Mit Bescheid vom 21.06.2017, OB: 84176886500023, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nicht angefochten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.06.2017, OB: 84176886500035, wies die belangte Behörde auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ab. Im Bescheid vom 21.06.2017 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht erfülle. Die Ausstellung eines Behindertenausweises mit dieser Zusatzeintragung sei Voraussetzung für die Ausfolgung eines Parkausweises. Der Antrag auf Ausfolgung eines Parkausweises sei daher abzuweisen.

Mit Eingabe vom 12.07.2017 folgenden Wortlautes: "Einspruch! Einspruch - Abweisung zur Ausstellung eines Parkausweises für Behinderte Ablehnung am 28.06.2017" erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2017, OB: 84176886500035, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen wurde. Dieser Beschwerde wurde unter dem Hinweis, alte Befunde lägen auf, neue Befunde seien beigelegt, ein Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 28.03.2017, mit dem dem Beschwerdeführer der Anspruch auf Pflegegeld ab 01.03.2017 in der Höhe der Stufe 1 anerkannt wird, und ein Konvolut an medizinischen Unterlagen beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 20.04.2016 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen), welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

Der Beschwerdeführer ist aktuell Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. Dieser wurde ihm am 18.05.2017 von der belangten Behörde aufgrund eines Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2017 ausgestellt.

Hingegen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 21.06.2017, OB:

84176886500023, den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. Dieser Bescheid vom 21.06.2017 wurde vom Beschwerdeführer nicht angefochten und erwuchs daher in Rechtskraft. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang daher, dass im Behindertenpass des Beschwerdeführers die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht eingetragen ist.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.06.2017, OB: 84176886500035, wies die belangte Behörde auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ab. Festgestellt wird, dass dieser Bescheid mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde angefochten wurde und daher ausschließlich dieser Bescheid den Prozessgegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht bildet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Vorliegen eines Behindertenpasses ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen, dass gegen den Bescheid vom 21.06.2017, OB:

84176886500023, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, keine Beschwerde erhoben wurde, wodurch dieser Bescheid rechtskräftig wurde, ergibt sich aus der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 12.07.2017.

Aus der ausdrücklichen Bezeichnung des Anfechtungsgegenstandes in der Beschwerde vom 12.07.2017 geht der objektive Erklärungswert eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer nur den Bescheid vom 28.06.2017, OB: 85148114100035, nicht aber den Bescheid vom 21.06.2017, OB: 84176886500023, angefochten hat, bezeichnet der Beschwerdeführer, gegenüber welchem zwei Bescheide mit entsprechenden Rechtsmittelbelehrungen erlassen wurden, doch ausdrücklich nur den Bescheid vom 28.06.2017, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen wurde ("Einspruch! Einspruch - Abweisung zur Ausstellung eines Parkausweises für Behinderte Ablehnung am 28.06.2017"), als anzufechtenden Bescheid.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.09.2018, Ro 2017/02/0019, wird klargestellt, dass in Verfahren betreffend die Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO ein Einzelrichter zu entscheiden hat.

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

...

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:

"§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

....

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen."

Die im gegenständlichen Fall maßgebliche Bestimmung des § 29b Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) lautet:

"Menschen mit Behinderungen

§ 29b. (1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."

Der im gegenständlichen Verfahren beantragte Ausweis gemäß § 29b StVO ist ausschließlich jenen Inhabern eines Behindertenpasses auszustellen, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass verfügen.

Wie oben ausgeführt, ist der Beschwerdeführer zwar Inhaber eines Behindertenpasses, die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist jedoch in diesem Behindertenpass nicht eingetragen. Der diesbezügliche Antrag des Beschwerdeführers wurde mit dem - nicht angefochtenen und daher rechtskräftigen - Bescheid der belangten Behörde vom 21.06.2017, OB:

84176886500023, abgewiesen.

Das Vorliegen dieser Zusatzeintragung im Behindertenpass ist aber (einzige) Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO. Da der Beschwerdeführer nicht über diese Zusatzeintragung im Behindertenpass verfügt und die Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b (1) StVO somit nicht vorliegt, hat die belangte Behörde daher den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.06.2017, OB:

85148114100035, zu Recht abgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Parkausweis, Voraussetzungen, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2169678.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten