Entscheidungsdatum
11.12.2018Norm
BAO §92Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, ***, vom 29. Oktober 2018 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 25. September 2018, mit welchem eine Berufung vom 28. August 2018 gegen eine Erledigung der Marktgemeinde *** vom 26. Juli 2018 hinsichtlich Kanalbenützungsgebühr, Müllbehandlungsgebühr, Abfallbehandlungsgebühr und NÖ Seuchenvorsorgeabgabe als nicht zulässig abgewiesen, hinsichtlich Wasserbereitstellungsgebühr als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
1. Aufgrund der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO der Spruch des angefochtenen Bescheides der Marktgemeinde *** dahingehend abgeändert, als die Berufung gegen die Erledigung der Marktgemeinde *** vom 26. Juli 2018 als unzulässig zurückgewiesen wird.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
An den Beschwerdeführer wurde folgendes behördliche Schreiben vom 26. Juli 2018 gerichtet:
[Abweichend vom Original – auszugsweise wiedergegeben]
„ Rechnungsnummer: ***
Datum: 26.07.2018
Kundennummer: ***
Herr/Frau/Firma Bitte die ausgewiesene Gesamtsumme bis
*** spätestens 15.08.2018 einzahlen
***
***
Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung
Abgabe Zeitraum Bezeichnung Betrag USt
Wohnhaus ***, ***
Kanalbenützungsgebühr 01.07.2018-30.09.2018 mit Einleitung Regenwasser
55,00m² x 1,68, davon 1/4 23,10 10%
Wasserbereitstellungsgebühr 01.07.2018-30.09.2018 3 m³ Zähler
1 x 3 m3/h x 0,90 2,70 10%
Müllbehandlungsgebühr 01.07.2018-30.09.2018 Restmülltonne 120 L
1 x 12 Abfuhren x 5.02 davon 1/4 15,06 10%
Abfallbehandlungsabgabe 01.07.2018-30.09.2018 Abg. Restmüll 120 L
1 x 12 Abfuhren x 4,5682 davon 1/4 13,70 10%
NÖ Seuchenvorsorgeabgabe 01.07.2018- 30.09.2018 1.440 Liter NÖ Seuchenvorsorgeabgabe 3,38 0%
0,00% netto 3,38 Ust-Betr 0,00 Vorschreibungsbetrag – Netto 57,94
10,00% netto 54,56 Ust-Betr 5,48 + Vorschreibungsbetrag –Ust 5,46
Vorschreibungsbetrag – Brutto 63,40
Der Bürgermeister C + Rückstand (Zahlungen berücksichtigt bis28.07.2018 175,90
Gesamtbetrag 239,30“
Mit Schriftsatz vom 28. August 2018 erhob der Beschwerdeführer gegen diese behördliche Erledigung das ordentliche Rechtsmittel der Berufung mit der Begründung, dass er wiederholt die Rechtswidrigkeit der vorgeschriebenen Abgaben bei der Marktgemeinde bekämpft habe. Er habe mehrfach geltend gemacht, dass das auf der in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft befindliche Gebäude von ihm nicht benutzt, geschweige denn bewohnt würde, dieses unbewohnbar sei. Er sei auch immer in *** hauptwohnsitzgemeldet gewesen. Er habe gegen sämtliche Quartalsbescheide schriftlich Berufung erhoben und sei über diese Rechtsmittel bis dato nicht entscheiden worden. Überdies enthalte der angefochtene Bescheid keine Begründung für die Abgabenvorschreibung, weshalb dieser nichtig sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. September 2018 wurde diese Berufung vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** hinsichtlich Kanalbenützungsgebühr, Müllbehandlungsgebühr, Abfallbehandlungsgebühr und NÖ Seuchenvorsorgeabgabe als nicht zulässig abgewiesen, hinsichtlich der Wasserbereitstellungsgebühr als unbegründet abgewiesen.
Bei dem Schriftstück vom 26. Juli 2018 handle es sich um eine Rechnung, sei damit keine Abgabe festgesetzt worden und weise dieses einen offenen Zahlungsbetrag aus. Es stelle sich dieses Schreiben als Lastschriftanzeige dar, mit welcher auf die eintretende Vollstreckbarkeit der ausgewiesenen offenen Abgaben hingewiesen werde. Durch dieses Schreiben sei keine Abgabe festgesetzt, keine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung dadurch begründet worden. Es handle sich nicht um einen Bescheid, sondern um eine bloße Zahlungserinnerung, eben eine Lastschriftanzeige. Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter seien als unzulässig zurückzuweisen. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber bereits mit Schreiben vom 20. November 2017 sowie vom 10. Mai 2018 Einspruch gegen Lastschriftanzeigen eingebracht habe. Man habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass der Verpflichtungsbescheid, mit welchem die Teilnahme an der öffentlichen Müllabfuhr vorgeschrieben wurde, nicht angefochten und daher rechtskräftig sei. Es sei daher der Auffassung des Rechtsmittelwerbers, er habe gegen sämtliche Quartalsbescheide Berufung erhoben, nicht zu folgen, indem es sich auch bei diesen Schreiben nicht um Bescheide, sondern um Lastschriftanzeigen gehandelt habe.
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 29. Oktober 2018. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer immer gegen die Vorschreibung der Müllbehandlungsgebühr bzw. Abfallbehandlungsabgabe sowie der Seuchenvorsorgeabgabe gewendet habe und seine Schreiben nicht als Einspruch, sondern als Rechtsmittel gewertet hätten werden müssen, zumal er anwaltlich unvertreten gewesen sei. Es sei daher über die als Rechtsmittel zu wertenden Eingaben gegen die Verpflichtungsbescheide bis heute nicht entschieden worden. Es sei unrichtig, dass der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel gegen den Verpflichtungsbescheid vom 13.3.2017 ergriffen hätte, vielmehr sei dieses bis dato unerledigt. Indem die bescheidmäßige Vorschreibung der Müllabgaben und der Seuchenvorsorgeabgabe fristgerecht bekämpft worden sei, sei der gegenständliche Bescheid mit Nichtigkeit behaftet. Es werde daher der Antrag auf Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Sache an die Erstbehörde zur Durchführung eines Ergänzungsverfahrens und neuerlichen Entscheidung gestellt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.
§ 96. Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
…
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.
…
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
…
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** eine Berufung gegen eine als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung“ bezeichnete Erledigung der Marktgemeinde *** als unzulässig abgewiesen, da es sich bei dieser Erledigung nicht um einen Bescheid, somit nicht um einen tauglichen Anfechtungsgegenstand handle.
Fraglich ist aufgrund der gegenständlichen Beschwerde somit, ob es sich bei der erstinstanzlichen Erledigung der Marktgemeinde *** vom 26. Juli 2018 um einen Bescheid handelt oder nicht.
Der Text des Schreibens ist oben wortident wiedergegeben.
Unverzichtbar für die Bescheidqualität sind die Bezeichnung der Behörde (§ 96 BAO), der Spruch, der die Person zu nennen hat, an die der Bescheid ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO) sowie (nach Maßgabe des § 96 BAO) die Unterschrift (vgl. z.B. VwGH 14.12.2000, 95/15/0171; 28.9.2004, 2002/14/0035; 21.12.2005, 2004/14/0111, 2005/14/0006).
Bescheide sind ausnahmslos und ausdrücklich mit dem Wort „Bescheid“ zu bezeichnen (vgl. § 93 Abs. 2 BAO; Ritz, BAO5, §93, Tz.4).
Die Bezeichnung als Bescheid dient der Erkennbarkeit einer behördlichen Ausfertigung als normativer Akt (Stoll, BAO, 958).
Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann - wie der Verwaltungsgerichtshof nicht nur für den Bereich des AVG, sondern beispielsweise auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO ausgesprochen hat - nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde einen normativen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat (vgl. für das Abgabenverfahren die Erkenntnisse vom 16.12.1983, Zlen. 83/17/0096, 0097, 0099, 0100, 0101 und 0127, vom 24.11.1997, Zl. 93/17/0173 vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0221, vom 17.4.2000, Zl. 95/17/0499, vom 18.10.2000, Zl. 95/17/0180, vom 27.11.2000, Zl. 2000/17/0231, vom 18.9.2002, Zl. 98/17/0281, vom 20.3.2003, Zl. 98/17/0320).
Die fehlende Bezeichnung einer Erledigung einer Behörde als Bescheid ist unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt der Erledigung keine Zweifel am normativen Gehalt ergeben (vgl. z.B. VwGH 30.1.1990, 89/14/0162; 28.9.2004, 2002/14/0035).
Im verfahrensgegenständlichen Fall führt die höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass bei Zweifeln über den normativen Charakter einer Erledigung die Bezeichnung als Bescheid entscheide (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2001, Zl. 98/17/0311, sowie die Nachweise bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 93 E 14 ff), zu keinem anderen Ergebnis, weil gerade die Bezeichnung als "Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung" nicht eindeutig erkennen lässt, ob ein Bescheid vorliegen soll oder nicht. Eine Lastschriftanzeige ist kein Bescheid (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 92 E 41). Die Angabe "Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung" ist somit widersprüchlich und liefert keinen Anhaltspunkt für die Rechtsform der Erledigung (vgl. VwGH vom 25.9.2012, Zl. 2010/17/0114).
Auf der – oben wortident wiedergegebenen – Rückseite der gegenständlichen behördlichen Erledigung wird erläutert, in welchem Fall eine Lastschriftanzeige, eine Mahnung oder ein Abgabenbescheid vorliege.
Zu einer ähnlichen "Vorschreibung" mit "Erläuterungen", in welchen Fällen ein Bescheid vorliege, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0325, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 1983, Zl. 83/17/0096, ausgesprochen, dass inbesondere dann, wenn die Behörde die für Bescheide vorgesehenen Formvorschriften verletzt und der Bescheidwille nicht eindeutig erkennbar sei, im Zweifelsfall der Bescheidcharakter nicht anzunehmen sei. Bei ausreichender Erkennbarkeit könne jedoch ein Bescheid (allenfalls hinsichtlich einzelner der in der Vorschreibung enthaltenen Posten) vorliegen; nur bei mangelnder Erkennbarkeit komme die Zweifelsregel, dass mangels ausdrücklicher Bescheidbezeichnung kein Bescheid vorliege, zur Anwendung. Bei Unklarheiten, wie etwa einer widersprüchlichen Angabe, fehle gleichfalls der Bescheidcharakter.
Schon allein auf Grund dieser Erwägungen muss der Charakter der hier zu beurteilenden behördlichen Erledigung als Abgabenbescheid im Sinne der BAO zumindest zweifelhaft erscheinen. Im Besonderen lässt die Formulierung in den Erläuterungen auf der Rückseite des Formblattes mit dem ausgewiesenen Betrag auf der Vorderseite - welches eine Allonge zu den verwendeten Zahlscheinen ist, die besagt, dass in bestimmten, genau definierten Fällen „umseitige Festsetzung als Abgabenbescheid gilt“ zumindest Zweifel an der Bescheidqualität der behördlichen Erledigung entstehen. Im Gegenstand handelt es sich nicht um die Neufestsetzung von Abgaben, für die nach den Erläuterungen eine Geltung als Bescheid angeordnet ist. In diesem Falle aber ist - nach der oben erwähnten, von der Rechtsprechung entwickelten und auch hier anwendbaren Zweifelsregel - ausschlaggebend, dass die "Vorschreibungen" die (ausschließliche) Bezeichnung als "Bescheid" nicht aufweisen. Es ist daher (im Zweifel) davon auszugehen, dass die dem Beschwerdefall zu Grunde liegende behördliche Erledigung kein Bescheid ist.
Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide, daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 15.2.2006, 2005/13/0179; 22.3.2006, 2006/13/0001; 28.11.2007, 2004/15/0131,0132; 11.11.2010, 2010/17/0066).
Die Berufung vom 28. August 2018 gegen die Erledigung des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 26. Juli 2018 wurde daher von der belangten Behörde mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes zu Recht als unzulässig gewertet, wobei der Spruch von „als nicht zulässig abgewiesen“ auf „als unzulässig zurückgewiesen“ zu korrigieren war.
Ergänzend darf Folgendes angemerkt werden:
Soweit vom Beschwerdeführer die – bisher unerledigte - Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Bescheid, mit welchem die Verpflichtung zur Teilnahme an der öffentlichen Müllabfuhr ausgesprochen wurde, behauptet wird, steht es ihm frei, diesbezüglich einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG einzubringen. Soweit die – bisher unerledigte – Einbringung von Rechtsmitteln gegen Abgabenbescheide eingewendet wird, wird auf die Möglichkeit des Rechtsinstitutes der Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO hingewiesen.
Was die Ausführungen der Abgabenbehörde zur Entrichtung einer Gebühr für die Beschwerde betrifft, darf darauf hingewiesen werden, dass gemäß § 14 Tarifpost 6 Eingaben Abs. 5 Gebührengesetz 1957 Eingaben an Verwaltungsbehörden, außer an Zollbehörden in den Fällen der Z 4a, und an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht in Abgabensachen nicht der Eingabegebühr unterliegen.
3.2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache – soweit dies für die Entscheidung wesentlich wäre - nicht erwarten lässt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt 2:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Verfahrensrecht; Abgabenbescheid; Lastschriftanzeige;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1246.001.2018Zuletzt aktualisiert am
06.02.2019