TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/15 96/07/0178

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Veröffentlicht am 15.07.1999
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Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §37 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des NS in N, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. Juli 1996, Zl. LAS - 79/147-80, betreffend eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis nach § 37 Abs. 2 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtiroler Platz 8/IV), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Bezüglich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 15. November 1994, Zl. 92/07/0207, verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 10. März 1991 nicht die Aufsichts-, sondern die Streitschlichtungskompetenz der Agrarbehörde aufgrund einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zur Agrargemeinschaft gemäß § 37 Abs. 2 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978, LGBl. Nr. 54 (kurz: TFLG 1978), in Anspruch genommen hat. Aufgrund dieses Erkenntnisses hat die - im Devolutionswege angerufene - belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 1996 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Sachentscheidung über die Anträge des Beschwerdeführers vom 10. März 1991 und vom 16. Juli 1991 getroffen.

In seinem Antrag vom 10. März 1991 hat der Beschwerdeführer von der Agrargemeinschaft N. (= mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) Ersatzgrund für die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck zu TZ 2626/1990 aus Gp. 2009/1 in EZ 267, GB N., (Eigentümerin: Agrargemeinschaft N.) lastenfrei abgeschriebenen Teilflächen von 401 m2 und 243 m2 gefordert.

Da die Agrargemeinschaft nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht gewillt sei, seine Forderung zu erfüllen, sehe er sich genötigt, die Behörde mit dieser Rechtsangelegenheit zu befassen. Die Agrargemeinschaft möge verpflichtet werden, ihm "ein zumindest 644 m2 großes Grundstück derselben Güte und Beschaffenheit, das sich nicht weiter von seinem Hof entfernt befindet und nicht schwieriger zu erreichen ist", auf Dauer zur Nutzung seiner Servitutsrechte bereitzustellen.

Die belangte Behörde wies u.a. diesen Antrag gemäß § 37 Abs. 2 TFLG 1978 mit der Begründung ab, die lastenfreie Abschreibung von zwei Teilflächen mit insgesamt 644 m2 aus Gp. 2009/1 sei mit Beschluss des BG Innsbruck gemäß §§ 17 und 18 Liegenschaftsteilungsgesetz bewilligt worden. Der Beschluss sei dem Beschwerdeführer zugestellt worden, weil in EZ 267 GB N. auf Gp. 2009/1 Dienstbarkeiten für EZ 90054 (im Eigentum des Beschwerdeführers) einverleibt seien.

Der Beschluss des Grundbuchsgerichtes enthalte die Belehrung gemäß § 20 Liegenschaftsteilungsgesetz, dass allfällige Ersatzansprüche der Eigentümer, Buchberechtigten und sonstigen Beteiligten gegen die Personen, die nach den Grundsätzen des Privatrechts zum Schadenersatz verpflichtet sind, längstens innerhalb dreier Jahre von dem Tag, an dem der Beschluss erlassen wurde, geltend gemacht werden können.

Nach der bei Dietrich-Angst-Auer, Grundbuchsrecht, zu § 20 Liegenschaftsteilungsgesetz zitierten Judikatur hätten die in § 20 leg. cit. genannten Personen nur Ersatzanspruch in Geld. Allein schon aus diesem Grund sei der vom Antragsteller gegen die mitbeteiligte Partei (mP) geltend gemachte Anspruch, dem Beschwerdeführer Ersatzgrund zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, verfehlt. Außerdem sei die bücherliche Durchführung nicht von der mP, sondern von der Landesstraßenverwaltung veranlasst worden. Der vom Beschwerdeführer mit Antrag vom 10. März 1991 geltend gemachte Anspruch könne somit nicht als berechtigt anerkannt werden.

In seiner Eingabe vom 16. Juli 1991 an die Agrarbehörde erster Instanz weist der Beschwerdeführer u.a. darauf hin, dass die Agrargemeinschaft bzw. deren Obmann im Bereich der Almgebäude der A.-Alm aus der Gp. 2009/1 "verschiedene Grundstücke" verpachtet habe. Auf dieser Gp. sei jedoch der Beschwerdeführer "bücherlich nutzungsberechtigt". Nachdem er von der Verpachtung erfahren habe, habe er den Obmann der Agrargemeinschaft aufgesucht und aufgefordert, ihm auf dem von ihm mitgebrachten Lageplan die verpachteten Flächen einzuzeichnen, weil nach seinem Wissensstand der Zugang zu den Almstallungen betroffen sei und ihm somit der Almauftrieb nicht mehr möglich sei. Der Obmann habe ihm die Ersichtlichmachung der Pachtflächen auf dem Lageplan verweigert, woraufhin der Beschwerdeführer am 19. Juni 1991 die Agrargemeinschaft schriftlich aufgefordert habe, ihm bis 26. Juni 1991 den betreffenden Vermessungsplan zukommen zu lassen, aus dem eindeutig ersichtlich sein sollte, dass die Pachtflächen die Gp. 2009/1 nicht berühren würden. Ferner habe er den Kostenersatz für die Fütterung und Haltung der für die Alpung vorgesehenen Tiere gefordert sowie das "Putzen der Weideflächen" im Weidebereich der A.-Alm gefordert. Die Agrargemeinschaft habe am 25. Juni 1991 im Wege des von ihr eingeschalteten Rechtsvertreters alle vom Beschwerdeführer erhobenen Forderungen von sich gewiesen und ihm lediglich angeboten, dass er die Pachtflächen auf seine Kosten vermessen lassen könne, sofern der Pächter damit einverstanden sei. Da es sich bei der Verpachtung um "eine klare Verletzung der Satzungen" handle und die "bücherlichen Rechte" des Beschwerdeführers "ersatzlos enteignet" würden, fordere er die Agrarbehörde u.a. auf, ihm möglichst rasch zu seinen Rechten zu verhelfen. Insbesondere stellte er folgende Anträge:

Zu Punkt 1. begehrte der Beschwerdeführer, "die Behörde möge entscheiden, dass mir der betreffende Vermessungsplan zugestellt wird".

Punkt 2. bis 6. lauteten:

"2. Die Behörde möge weiters entscheiden, dass mir von den Verantwortlichen dieser Verpachtung die Haltungs- und Fütterungskosten für mein Galtvieh ab dem 26.6.1991 bis zum 10.9.1991 zur Gänze ersetzt werden.

3. Die Behörde möge weiters entscheiden, dass die Weidefläche der A.-Alm zeitgemäß zu putzen ist, sodass eine Beweidung in späteren Jahren uneingeschränkt möglich ist. Zu dieser Arbeit möge der Verpächter verpflichtet werden.

4. Die Behörde möge entscheiden, dass die Verpachtung sofort aufgehoben werden möge und alle derzeit verpachteten Grundflächen vom derzeitigen Pächter sofort zu räumen sind.

5. Da es sich bei dieser Verpachtung um eine klare Überschreitung der Machtbefugnisse betreffender Mandatare handelt und Mitgliedsrechte missachtet und beschnitten wurden, möge die Behörde darauf achten, dass aus dieser Verpachtung entstehende Kosten nicht von der Agrargemeinschaft N. getragen werden, sondern die Verantwortlichen für diese Verpachtung höchstpersönlich für alle entstehenden Kosten aufzukommen haben.

6. Die Behörde möge entscheiden, dass bei eventuell entstehenden Schwierigkeiten durch Anwendung des Tiroler Alpgesetzes der Verpächter alle negativen Folgen zu tragen hat."

Die mit Eingabe vom 16. Juli 1991 gestellten Anträge wies die - auch diesbezüglich im Devolutionswege angerufene - belangte Behörde im Rahmen des nunmehr angefochtenen Bescheides gleichfalls gemäß § 37 Abs. 2 TFLG ab.

In der Begründung führte sie dazu aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Gegenäußerung den "Pachtplan" nicht anerkannt, weil die Vermessung ohne sein Wissen und seine Einwilligung geschehen sei. Er hätte bei der Vermessung anwesend sein müssen, weil es um die Feststellung der Grenzen zwischen der mP und seinen Grundparzellen gegangen sei.

Darin irre der Antragsteller. Eine Vermessung von Eigentumsgrenzen sei nicht erfolgt. Es müsse einem Grundeigentümer unbenommen bleiben, eine von ihm verpachtete Grundfläche ohne Zuziehung unbeteiligter Dritter zu vermessen.

Hinsichtlich der Punkte 2. bis 4. führte die belangte Behörde aus, es sei nicht erkennbar, auf welchen Rechtstitel sich diese Forderungen stützen würden, weshalb auch nicht näher auf das diesbezügliche Vorbringen eingegangen werden könne.

Auch Punkt 6. des Antrages sei so unbestimmt, dass er im Sinne des § 13 Abs. 6 AVG nicht in Verhandlung genommen werden müsse. Jedenfalls könne aus diesem Vorbringen keine Streitigkeit im Sinne des § 37 Abs. 2 TFLG 1978 abgeleitet werden, welche die Entscheidungspflicht der belangten Behörde auslösen würde. Vom Beschwerdeführer werde in keiner Weise dargetan, weshalb die Verpachtung gesetz- oder satzungswidrig sei oder das Gebot der Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke oder des sonstigen Vermögens der mP verletze.

Nur im Rahmen des § 37 Abs. 1 und 2 leg. cit. habe die Agrarbehörde Streitigkeiten zwischen einer Agrargemeinschaft und einem Mitglied zu entscheiden. Mit dem vorliegenden Antrag werde nicht gegen einen bestimmten Beschluss der Verpachtung Einspruch erhoben. Zuzustimmen sei dem Beschwerdeführer insoweit, als ein Pachtverhältnis zwischen der mP und dem Bruder des Beschwerdeführers bestehe. Punkt 5. des Antrages sei deshalb nicht zielführend, weil allein mit der Behauptung, dass es sich bei der gegenständlichen Verpachtung um ein Überschreiten der Machtbefugnisse von "Mandataren" (gemeint: von Organen der mP) handle und Mitgliedsrechte missachtet und beschnitten würden, ohne im Einzelnen darzulegen, welche Gesetz- oder Satzungswidrigkeit der Verpachtung anhafte, dem Antrag auf Aufhebung der Verpachtung nicht entsprochen werden könne.

Grundsätzlich könne einer Agrargemeinschaft nicht verwehrt werden, Grundstücke zu verpachten. Es sei daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass ein ordnungsgemäßes Pachtverhältnis gegeben sei, in welches die Agrarbehörde nicht eingreifen könne. Aus diesem Verständnis ergebe sich, dass über das weitere Vorbringen, wie Kostenersatz und Säuberung von Weideboden, nicht abgesprochen werden müsse, weil diesbezügliche Forderungen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem von ihm zu Unrecht bekämpften Pachtverhältnis stünde.

In seiner Gegenäußerung vom 24. Juni 1996 bringe der Beschwerdeführer weiters vor, die Pachtfläche sei mit einem Weiderecht für seinen Hof belastet. Nach seinem gesamten Vorbringen erachte sich der Beschwerdeführer durch die in Rede stehende Verpachtung in der Ausübung seines Weiderechtes beeinträchtigt, ohne eine solche Beeinträchtigung zu konkretisieren. Aufgrund einer Stellungnahme des Dipl. Ing. J. (= agrartechnischer Amtssachverständiger der Agrarbehörde erster Instanz) könne davon ausgegangen werden, dass eine Beeinträchtigung des Almbetriebes nicht vorliege. Ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Dienstbarkeiten" seien die erwähnten bücherlichen Rechte nicht als Nutzungsrechte (Einforstungsrechte) im Sinne des WWSG anzusehen, sondern als Nutzungsrechte, welche auf dem Titel der Mitgliedschaft zur mP beruhen würden.

Dass ihm seine bücherlichen Rechte ersatzlos enteignet worden seien, sei eine haltlose Behauptung des Beschwerdeführers. Es sei nicht einmal hervorgekommen, dass ihm die Ausübung seiner Nutzungsrechte durch die Verpachtung unmöglich sei oder er in der Ausübung in unzumutbarer Weise behindert werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mP - in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer (erkennbar bezogen auf beide von der belangten Behörde erledigten Eingaben des Beschwerdeführers aus dem Jahre 1991) die Befangenheit des Vorsitzenden des erkennenden Senates. Wäre die Agrarbehörde erster Instanz ihrer Verpflichtung gemäß § 73 Abs. 1 AVG nachgekommen und hätte sie über die Anträge des Beschwerdeführers entschieden, wäre diese Entscheidung gleichfalls durch den Vorsitzenden des erkennenden Senates zu fällen gewesen. Der Gesetzgeber habe aber eindeutig festgelegt, dass der Säumnis einer Behörde dieser gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Entscheidung entzogen werde und diese der Oberbehörde obliege. Tatsächlich sei durch den Umstand, dass Hofrat Dr. X. den Vorsitz der Oberbehörde geführt habe, diesem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zuwider gehandelt worden, weshalb wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien und eine Befangenheit gemäß § 7 AVG hinsichtlich Hofrat Dr. X. gegeben sei.

§ 7 Abs. 1 AVG lautet:

"(1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, ihr Ehegatte, ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie, ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, beteiligt sind;

2. in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen;

3. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

5. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben."

Mit seinem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AVG aufzuzeigen.

Der Landesagrarsenat hat aufgrund des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers anstelle der Agrarbehörde erster Instanz entschieden, weshalb mangels Entscheidung der Anträge des Beschwerdeführers durch die Agrarbehörde erster Instanz, deren Leiter Hofrat Dr. X. vor seiner Ernennung zum Vorsitzenden der belangten Behörde war, der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG jedenfalls nicht erfüllt wurde.

Wichtige Gründe, die geeignet wären, gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. die volle Unbefangenheit des Verwaltungsorganes in Zweifel zu ziehen, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sind auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Des Weiteren erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Rechtsbelehrung gemäß § 13a AVG verletzt, weil die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, den Beschwerdeführer über die Unbestimmtheit seines Vorbringens zu belehren und darauf hinzuwirken, sein Vorbringen zu präzisieren. Die belangte Behörde habe stattdessen ausgesprochen, hinsichtlich mehrerer Punkte des Antrages vom 16. Juli 1991 sei nicht erkennbar, worauf sich der Antrag stütze.

Dass die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ihre Anleitungspflicht verletzt hätte, trägt der Beschwerdeführer zu Unrecht vor, weil sich die Manuduktionspflicht des § 13a AVG nicht darauf erstreckt, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten haben, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1998, Zl. 98/07/0127, m.w.N.).

Ferner rügt der Beschwerdeführer, die Verpachtung (der in seiner Eingabe vom 16. Juli 1991 erwähnten Teilflächen auf Gp. 2009/1) sei durch den Obmann der Agrargemeinschaft erfolgt. Entsprechend der Satzung der Agrargemeinschaft falle aber die Verpachtung von Grundstücken in den Wirkungskreis der Vollversammlung und könne gemäß § 12 (der Satzung der Agrargemeinschaft) nur in sehr eingeschränktem Maße innerhalb des Wirkungskreises des Ausschusses der Agrargemeinschaft erfolgen. Dadurch sei der Beschwerdeführer sowohl als "bücherlicher Nutzungsberechtigter" der Gp. 2009/1 als auch als Mitglied der Agrargemeinschaft (= mP) in seinen Rechten verletzt worden.

Nach § 37 Abs. 1 TFLG 1978 in der Fassung der Novelle, LGBl. Nr. 18/1984, unterliegen Agrargemeinschaften der Aufsicht durch die Agrarbehörde. Die Aufsicht erstreckt sich auf

a) die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Satzungen,

b) auf die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaften.

Die Agrarbehörde hat nach § 37 Abs. 2 TFLG 1978 unter Ausschluss des Rechtsweges über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, zu entscheiden.

Beschlüsse, die Gesetze verletzen, sind gemäß § 37 Abs. 6 TFLG 1978 von der Agrarbehörde aufzuheben.

Angesichts der erst im November 1996 unter LGBl. Nr. 74/1996 erfolgten Wiederverlautbarung des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes war im Beschwerdefall noch das TFLG 1978 anzuwenden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, löst nicht jede Streitigkeit zwischen einem Mitglied und der Agrargemeinschaft ein subjektiv öffentliches Recht auf Entscheidung durch die Agrarbehörde gemäß § 37 Abs. 2 TFLG 1978 aus, sondern nur jene, die "aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" entsteht (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11. Juli 1996, Zl. 94/07/0059, m.w.N.).

Insoweit der Beschwerdeführer auf allfällige "bücherliche Nutzungsrechte" verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass er damit das Vorliegen eines Streites "aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" zur mP nicht aufzuzeigen vermag. In der am 25. Juli 1996 - trotz ordnungsgemäßer Ladung der Parteien in deren Abwesenheit - vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung stellte das in agrartechnischen Angelegenheiten sachkundige Mitglied der belangten Behörde überdies klar, dass es sich bei den behaupteten Rechten des Beschwerdeführers auf Gp. 2009/1 nicht um "Servitutsrechte im Sinne des WWSG", sondern um Anteilsrechte, die aus der Mitgliedschaft zur Agrargemeinschaft N. (= mP) erfließen würden, handle.

Der Beschwerdeführer macht aber auch eine Verletzung seiner Mitgliedschaftsrechte aufgrund einer seiner Ansicht nach nicht der Satzung der Agrargemeinschaft entsprechenden Verpachtung von Teilflächen auf Gp. 2009/1 (im Bereich der Almgebäude) geltend, welche nach den Behauptungen in seiner Eingabe vom 16. Juli 1991 sogar dazu führe, dass eine (ordnungsgemäße) Inanspruchnahme insbesondere der Weiderechte nicht möglich sei.

Die diesbezüglichen Behauptungen im Rahmen der Eingabe vom 16. Juli 1991 waren - trotz der Allgemeinheit der gewählten Formulierung - durchaus geeignet, einen Streit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft im Sinne des § 37 Abs. 2 TFLG 1978 auszulösen. Die belangte Behörde geht nämlich im Rahmen des angefochtenen Bescheides von der Existenz von Nutzungsrechten, die dem Beschwerdeführer aus dem Titel der Mitgliedschaft zur Agrargemeinschaft zustehen, aus. Sie trifft in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass zu Gunsten der Stammsitzliegenschaft des Beschwerdeführers bücherliche Nutzungsrechte auf Gp. 2009/1 unter C-LNr. 1, 2 und 3 als Dienstbarkeit des Holz- und Streubezuges bzw. der Heimweide des A.-Hofes (des Beschwerdeführers) bzw. als Weide der A.-Alpe einverleibt worden seien.

In der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung, dass er nicht an der Ausübung seines Weiderechtes behindert werde. Aus dem aktenkundigen Pachtplan sei ersichtlich, dass auch der Zu- und Abgang auf der Westseite des Viehstalles verpachtet sei. An der Ostseite des Stalles befinde sich ein von J. S. (= dem Bruder des Beschwerdeführers) angelegter Fäkalien- und Küchenabfallhaufen, der nicht im Pachtplan angeführt werde. Durch die satzungswidrige Verpachtung seien die Zugänge zu den "Stallungen des Beschwerdeführers" betroffen und daher vom Weidegebiet abgeschnitten, auf dessen Beweidung der Beschwerdeführer Anspruch habe. Dadurch erfolge ein schwer wiegender Eingriff in sein Eigentum.

Die allgemeine Behauptung einer Beeinträchtigung von Weiderechten infolge Verpachtung der gegenständlichen Teilflächen an einen Dritten macht - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - nicht hinreichend konkret die Verletzung von Rechten, die aus der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zur mP resultieren, geltend.

Die belangte Behörde stellte im Rahmen des angefochtenen Bescheides u.a. fest, es könne aufgrund der Stellungnahme des agrartechnischen Amtssachverständigen (gemeint: vom 22. Juli 1991) davon ausgegangen werden, dass eine Beeinträchtigung des Almbetriebes nicht vorliege. Insbesondere sei im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht einmal hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer die Ausübung seiner Nutzungsrechte durch die in Rede stehende Verpachtung unmöglich sei oder er in anderer Weise in der Ausübung in unzumutbarer Weise behindert werde.

Mit der Behauptung einer Behinderung des Zuganges zu dem dem Beschwerdeführer gehörenden Stallgebäude auf der A.-Alm zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass ihm ein derartiges Recht etwa aus seinem Mitgliedschaftsverhältnis zur mP zustehen würde. Diesbezügliche Ansprüche auf freien Zugang zu den Eingängen des (im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden) Stallgebäudes wären allenfalls im Wege des Zivilrechtes durchzusetzen.

Entgegen der Auffassung der belangte Behörde liegt hinsichtlich dieses Vorbringens jedoch keine unzulässige Neuerung vor, weil der Beschwerdeführer schon in seiner Eingabe vom 16. Juli 1991 auf entsprechende Behinderungen des Zugangs zu seinem Stall sowie etwa im Zuge der mündlichen Verhandlung am 18. Jänner 1996 gegenüber der belangten Behörde hingewiesen hat. Dass durch die Verpachtung der - im Verhältnis zur Gesamtfläche relativ kleinen, ca. 200 m2 umfassenden - Teilfläche der Gp. 2009/1 im Nahbereich des Wirtschaftsgebäudes der A.-Alm tatsächlich eine relevante Beeinträchtigung des dem Beschwerdeführer auf der Gp. 2009/1 zustehenden Weiderechtes erfolgen würde, vermag der Beschwerdeführer aber mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen - wie bereits ausgeführt - nicht einsichtig darzulegen.

Unter Hinweis auf eine "Dienstbarkeit des Holz- und Streunutzungsrechtes" führt der Beschwerdeführer weiters aus, es handle sich dabei tatsächlich um eine "Vereinbarung" zwischen dem jeweiligen Eigentümer des A.-Hofes (also dem Beschwerdeführer) und der Gemeinde N. Ein solches Recht könne nur dinglich sein, sodass auch diese Rechte einer Verpachtung entgegenstünden, weil eine Zustimmung (des Beschwerdeführers) nicht vorliege.

Der Beschwerdeführer gibt mit diesen Ausführungen hinreichend klar zu erkennen, dass er selbst in diesem Zusammenhang nicht von einem aus der Mitgliedschaft zur Agrargemeinschaft abzuleitenden Recht ausgeht, weshalb es - gestützt auf diese Beschwerdebehauptungen - an einer wesentlichen Voraussetzung für eine Anwendung des § 37 Abs. 2 TFLG 1978 fehlt. Insbesondere mit der gerügten fehlenden Zustimmung des Beschwerdeführers als dinglich Berechtigten macht dieser im Hinblick auf die vorgenommene Verpachtung der gegenständlichen Teilflächen nicht geltend, dass ihm ein derartiges Recht aufgrund seiner Mitgliedschaft zur mP zustünde. Überdies wurde von ihm während des gesamten Verwaltungsverfahrens nur eine Beeinträchtigung seines Weiderechtes, nicht jedoch des ihm auf Gp. 2009/1 auch zustehenden Holz- und Streunutzungsrechtes eingewendet und es wird eine solche Beeinträchtigung aufgrund der Verpachtung der gegenständlichen Teilflächen nicht einmal im Rahmen der vorliegenden Beschwerde behauptet.

Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, die Verpachtung der gegenständlichen Teilflächen sei durch den Obmann der Agrargemeinschaft erfolgt. Entsprechend der Satzung der Agrargemeinschaft (§ 9 Abs. 2) falle die Verpachtung von Grundstücken in den Wirkungskreis der Vollversammlung und könne gemäß § 12 leg. cit. in nur sehr eingeschränktem Maße innerhalb des Wirkungskreises des Ausschusses der Agrargemeinschaft erfolgen. In jedem Fall sei die Verpachtung durch den Obmann satzungswidrig.

Dem ist entgegenzuhalten, dass im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht hervorgekommen ist, dass eine allfällige Verpachtung durch den Obmann - entgegen den in der Satzung der mP festgelegten Zuständigkeiten der Organe der mP - erfolgt wäre. Vielmehr wies die mP in einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Juli 1996 darauf hin, dass die Grundinanspruchnahmen, die "schon lange" ausgeübt würden, "ohne dass ein entsprechender Rechtstitel" nachgewiesen werden habe können, in einer Art "Pachtverhältnis" gegen Entrichtung eines Benützungsentgelts geduldet würden.

Der Einwand, die Stellungnahme des Amtsachverständigen der Agrarbehörde erster Instanz, wonach eine Beeinträchtigung des Weidebetriebes nicht vorliege, stehe in Widerspruch zu dem aktenkundigen Pachtplan, zeigt nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal es dem Beschwerdeführer - wie bereits dargelegt - auch nicht gelungen ist, in Bezug auf die behauptete Beeinträchtigung seiner Weiderechte eine aufgrund der Verpachtung der gegenständlichen Teilflächen relevante Beeinträchtigung seiner Rechte darzulegen.

Mit der Rüge betreffend eine vom Obmann der Agrargemeinschaft erteilten Zustimmung zur Errichtung eines Trockenklos im nordöstlichen Teil außerhalb der vom Pachtplan erfassten Fläche, wobei diese Zustimmung ohne entsprechende Zustimmung der Vollversammlung oder des Ausschusses erfolgt sei, erstattet der Beschwerdeführer ein nach § 41 Abs. 1 VwGG unzulässiges neues Vorbringen, welches nicht Verfahrensgegenstand vor der belangten Behörde war.

Insoweit sich der Beschwerdeführer auf eine seiner Ansicht nach erforderliche Einladung seiner Person im Zusammenhang mit der Erstellung eines Pachtplanes mit dem Hinweis bezieht, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch sein Grundeigentum miteinbezogen worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Frage gleichfalls nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war und überdies mit diesem Vorbringen wegen der ausschließlichen Bezugnahme auf das Grundeigentum des Beschwerdeführers kein Streit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zur Agrargemeinschaft aufgezeigt wird.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der mP betrifft die begehrte Umsatzsteuer, welche bereits in dem pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Wien, am 15. Juli 1999

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996070178.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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