TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/22 98/12/0160

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/03 Landeslehrer;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
BDG 1979 §14 Abs1 impl;
BDG 1979 §14 Abs3 impl;
LDG 1984 §106 Abs1;
LDG 1984 §12 Abs1;
LDG 1984 §12 Abs3;
LDG 1984 §22 Abs2;
PG 1965 §62c Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, u.a. Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. Mai 1998, Zl. MA 2/223/97, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1945 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Juni 1997 als Volksschuloberlehrer i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Land Wien. Er war zuletzt (als Landeslehrer) im Bereich des Stadtschulrates für Wien (in der Folge SSR) tätig.

Im Hinblick auf zahlreiche "Krankenstände" in den letzten drei Jahren wurde der Beschwerdeführer vom SSR am 22. September 1995 zu einer Verhandlung (vor dem SSR) für den 29. September 1995 geladen;

als Angelegenheit ist in der Ladung "a.ä. Untersuchung" angegeben;

er wurde aufgefordert, aktuelle fachärztliche Gutachten mitzubringen.

In der Verhandlungsschrift vom 29. September 1995, die als Gegenstand der Amtshandlung "Krankenstand" nennt, heißt es unter anderem, der Beschwerdeführer habe sich nach dem ersten Schultag wieder krank gemeldet. Er sei (es handelt sich insofern erkennbar um eine Wiedergabe seines Vorbringens) krank und nicht in der Lage, den Dienst anzutreten. Er fahre auch im Krankenstand selten Taxi (Anmerkung: in weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer mehrfach vorgeworfen, als Taxilenker tätig zu sein). Die Dauer des Krankenstandes sei nicht absehbar. Weiters heißt es, es werde sofort eine amtsärztliche Untersuchung veranlasst.

Mit Erledigung vom selben Tag ersuchte der SSR die amtsärztliche Untersuchungsstelle des Gesundheitsamtes der Stadt Wien (MA 15), den Beschwerdeführer zu untersuchen. Es werde um Begutachtung im Hinblick auf folgende Fragen ersucht:

-

Sei die Dienstverhinderung gerechtfertigt? Sollte sich die Dienstverhinderung als ungerechtfertigt erweisen, werde ersucht, dies dem Beschwerdeführer unverzüglich bekannt zu geben. In diesem Falle werde um telefonische Vorinformation des Sachbearbeiters im SSR gebeten.

-

Liege auf Grund des Gesundheitszustandes derzeit völlige Dienstunfähigkeit vor, allenfalls auch wegen der Notwendigkeit der Vermeidung besonderer mit dem Lehrberuf verbundener, wenn auch nur fallweise auftretender Belastungen?

-

Sei die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit in einem absehbaren Zeitpunkt wahrscheinlich, und wenn ja, ab wann?

Im Gutachten vom 28. Dezember 1995 (Eingangsstempel vom 8. Jänner 1996) wird als Diagnose genannt: "Reinke-Ödem beider Stimmlippen (li. mehr als re.); chronische Heiserkeit; rezidivierende Cervicolumbalgie; Coxalgie li.; neurotische Persönlichkeit; labile Hypertonie". Das (eigentliche) Gutachten lautet: "Die Dienstverhinderung ist gerechtfertigt. Auf Grund der chronischen Heiserkeit ist die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit als Volksschullehrer unwahrscheinlich. Gegen administrative Tätigkeiten z.B. Bibliothekar, Archivar, oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ist nichts einzuwenden".

Diesem Gutachten waren verschiedene Befunde, nämlich ein HNO-Befund vom 10. Oktober 1995, ein orthopädischer Befund vom 16. Oktober 1995 und ein psychologisches Gutachten vom 12. Dezember 1995 angeschlossen.

Hierauf wurde der Beschwerdeführer vom SSR mit Erledigung vom 10. Jänner 1996 für den 19. Jänner 1996 geladen (in der Ladung ist als Angelegenheit abermals "a.ä. Untersuchung" angeführt). Der Niederschrift vom 19. Jänner 1996 zufolge gab der Beschwerdeführer an, er sei alle eineinhalb Monate in regelmäßiger Behandlung; hiezu erging seitens eines teilnehmenden Amtsorganes der Hinweis, es sei eine logopädische Behandlung notwendig. Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, er rauche seit ca. zwei Jahren nicht mehr. Es heißt weiters, er erhalte die Weisung, eine regelmäßige logopädische Therapie über längere Zeit durchzuführen. Der Beschwerdeführer gab an, er werde alle zwei Monate einen entsprechenden Nachweis erbringen. Er sei noch nie in psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Der Beschwerdeführer erhielt die Weisung, am 22. Jänner 1996 für eine administrative Tätigkeit, wie im amtsärztlichen Gutachten festgestellt, den Dienst anzutreten. Der Beschwerdeführer erklärte, er lasse sich diese Vorgangsweise nicht gefallen und "finde es feindlich eingestellt". Das sei kein Entgegenkommen. Er wurde auf dienstrechtliche und disziplinarrechtliche Konsequenzen seiner Weigerung aufmerksam gemacht. Er erklärte, er werde mit einem Personalvertreter die Angelegenheit besprechen und verlange einen Bescheid. "Ich werde Ihnen beweisen, dass ich am Montag wieder im Krankenstand sein werde." Es wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass bei einer Weigerung die Bezüge eingestellt würden. Er gab an, er werde "wie der letzte Dreck" behandelt; er erhalte die Möglichkeit, "am heutigen Tag" um 16.00 Uhr mit einem Personalvertreter vorzusprechen.

Diese Niederschrift wurde vom Beschwerdeführer nicht unterfertigt. Hiezu findet sich der Vermerk der Verhandlungsleiterin, der Beschwerdeführer könne diese Niederschrift nicht unterschreiben (eine nähere Begründung ist nicht angeführt).

Festzuhalten ist, dass in dieser Niederschrift die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe von dem die Amtshandlung leitenden Organ nicht (nicht im Sinne des § 14 Abs. 3 AVG) ausdrücklich bestätigt ist.

Am 25. Jänner 1996 ging beim SSR eine Meldung vom 22. Jänner 1996 ein, dass der Beschwerdeführer "nach seinem längeren Krankenstand" mit 22. Jänner 1996 den Dienst wieder angetreten habe.

Nach einer vorgelegten ärztlichen Bestätigung vom 16. Februar 1996 befand sich der Beschwerdeführer ab 13. (?

-

undeutlich lesbar) Februar 1996 (neuerlich) "im Krankenstand".

Mit Erledigung des SSR vom 19. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer für den 22. Februar 1996 geladen. In der Ladung ist die Angelegenheit mit "neuerlicher Krankenstand" beschrieben. In einem handschriftlichen Vermerk vom 22. Februar 1996 ist eine Mitteilung festgehalten, wonach der Beschwerdeführer am "Montag Abend" abends Taxi fahrend gesehen worden sei. Auch sei er am 21. Februar 1996 gegen 22.00 Uhr an einem näher bezeichneten Taxistandplatz gesehen worden.

In der Niederschrift vom 22. Februar 1996 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, wie es sich erklären lasse, dass er gestern um 22.00 Uhr an einem Taxistandplatz von einer näher bezeichneten Person "ertappt" worden sei, an, das habe nichts mit seinem Krankenstand zu tun. Er sei sich keiner Schuld bewusst, er sei schwer krank und könne trotzdem Taxi fahren. Der Beschwerdeführer erhielt die Weisung, "von hier aus" zur amtsärztlichen Untersuchung zur MA 15 zu gehen. Sollte sich der Krankenstand als nicht gerechtfertigt herausstellen, werde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Mit Erledigung vom selben Tag verständigte der SSR den Beschwerdeführer telegrafisch, seitens der MA 15 sei festgestellt worden, dass der derzeitige Krankenstand nicht gerechtfertigt sei und Dienstfähigkeit vorliege. Er habe daher am 23. Februar 1996 den Dienst wieder anzutreten, widrigenfalls seine Bezüge eingestellt würden.

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 1996 ersuchte der Beschwerdeführer um ehebaldige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, weil er nicht mehr dienstfähig sei. Nach dreimaliger erfolgloser Stimmbandoperation sei sein Gesundheitszustand unverändert schlecht. Jegliches Sprechen habe größere Heiserkeit und Halsschmerzen zur Folge (wurde näher ausgeführt). Unter anderem heißt es in dieser Eingabe, außerdem wolle er betonen, dass seine zeitweise Nebenbeschäftigung als Taxiunternehmer für ihn eine nicht entbehrbare Entspannung im Freizeitbereich darstelle und daher keine negative Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes bewirke. Sie sei für ihn Hobby und bringe auch keinerlei finanziellen Vorteil, sondern im Gegenteil, nur Unkosten.

Diese Eingabe wurde von der Dienststelle des Beschwerdeführers am 1. März 1996 weitergeleitet und langte letztlich beim SSR am 12. März 1996 ein.

Im schriftlichen Gutachten (MA 15) vom 7. März 1996 (das infolge der Verhandlung vom 22. Februar 1996, nicht aber im Hinblick auf den Antrag vom 28. Februar 1996 eingeholt worden war) wird auf Untersuchungen vom 22. Februar und 1. März 1996 Bezug genommen. Im Gutachten (im engeren Sinn) heißt es, ob die Dienstunfähigkeit ab 19. Februar 1996 gerechtfertigt gewesen sei, könne zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, dies sei jedoch aus medizinischer Sicht ab dem 21. Februar 1996 nicht nachvollziehbar. Die weitere Dienstfähigkeit im derzeitigen Tätigkeitsbereich sei ohne Einschränkungen gegeben. Die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit als Klassenlehrer könne nicht ausgeschlossen werden.

Einem Aktenvermerk vom 10. April 1996 zufolge habe der Beschwerdeführer an diesem Tag den Dienst angetreten (Anmerkung:

eine EDV-mäßige Aufstellung in den Akten - bezeichnet als "Absenzenauskunft" - deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Februar 1996 4 Tage, im März 1996 keinen Tag, und im April 1996 9 Tage im "Krankenstand" gewesen sein dürfte; die weiteren Daten erscheinen hier nicht von Belang).

Am 25. April 1996 kam es abermals zu einer Verhandlung vor dem SSR. In der Niederschrift ist festgehalten, dass auf Grund des Ansuchens des Beschwerdeführers um Pensionierung vom 28. Februar 1996 eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung am 26. April 1996 durchgeführt werde.

Hiezu erging ein Zwischengutachten vom 28. Juni 1996. Nach weiteren Verfahrensschritten, Untersuchungen und Gutachten gab der SSR dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 13. März 1997 die Absicht bekannt, ihn aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens vom 6. März 1997, wonach er als Lehrer dauernd dienstunfähig sei, mit Ende Mai 1997 in den Ruhestand zu versetzen. Mit Zuschrift (Fax) vom 21. April 1997 erklärte der Beschwerdeführer durch seinen damaligen Vertreter, mit seiner Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. Mai 1997 einverstanden zu sein

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 23. April 1997 wurde

              a)              der Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 LDG 1994 "auf eigenen Antrag" mit Ablauf des 31. Mai 1997 in den Ruhestand versetzt;

              b)              festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ab 1. Juni 1997 ein Ruhegenuss in einer näher bezifferten Höhe gebühre.

Dies wurde damit begründet, dass eine Dienstunfähigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 LDG 1984 aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 6. März 1997 gegeben sei. Mit Schreiben vom 21. April 1997 habe der Beschwerdeführer selbst um die Ruhestandsversetzung angesucht. Diese sei daher antragsgemäß auszusprechen gewesen.

Weiters wurde die Bemessung des Ruhegenusses näher begründet; festzuhalten ist, dass diese unter Zugrundelegung der "Abschlagsregel" erfolgte.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 9. Mai 1997 gegen den Spruchpunkt b) des erstinstanzlichen Bescheides (Ruhegenussbemessung) Berufung. Er machte geltend, die Behörde habe die "Abschlagsregel" zu Unrecht angewendet, weil das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei. Unrichtig sei nämlich, dass er erst am 21. April 1997 einen derartigen Antrag gestellt habe. Dieses Schreiben stelle nämlich keinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand dar, sondern nur die Erklärung, mit einer Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. Mai 1997 einverstanden zu sein. Er habe vielmehr schon aufgrund des Gutachtens vom 28. Dezember 1995, aus welchem hervorgehe, dass seine Dienstfähigkeit als Volksschullehrer nicht mehr gegeben gewesen sei, beim SSR unverzüglich einen mündlichen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gestellt. Er habe diesen Antrag bei der Verhandlung vom 19. Jänner 1996 wiederholt. In § 12 LDG 1984 werde normiert, dass der Landeslehrer das Ruhestandsversetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit auch mittels Antrages einleiten könne, wobei das Gesetz über die Form dieses Antrages keine Aussage treffe. Dieser Antrag könne somit nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich eingebracht werden. Da überdies der Behörde bereits im Dezember 1995 aufgrund des amtsärztlichen Sachverständigengutachtens (dem Zusammenhang nach ist jenes vom 28. Dezember 1995 gemeint) hätte klar sein müssen, dass er dauernd dienstunfähig im Sinne des § 12 LDG 1984 sei, und der Beamte nach dieser Gesetzesstelle von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen sei, wenn er dauernd dienstunfähig sei, habe somit auch ein an die Dienstbehörde gerichteter gesetzlicher Auftrag bestanden, im Falle der dauernden Dienstunfähigkeit ein Ruhestandsversetzungsverfahren einzuleiten. Das Versetzungsverfahren sei somit (zu ergänzen: auch) von Amts wegen vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden.

Im Vorlagebericht des LSR an die Berufungsbehörde vom 9. Juli 1997 (im Konzept mit 9. Juni 1997 datiert) heißt es unter anderem, es stehe fest, dass sich der Beschwerdeführer am 16. Februar 1996 nachweislich im Dienst und erst ab 19. Februar 1996 "im Krankenstand" befunden habe. Da in der Folge festgestellt worden sei, dass der "Krankenstand" nicht gerechtfertigt sei und Dienstfähigkeit vorliege, habe sich nicht die Frage ergeben, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliege. Bei allen Anfragen des SSR an die amtsärztliche Untersuchungsstelle sei es nicht um eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers gegangen, noch viel weniger um eine Versetzung in den Ruhestand, sondern stets um die Frage seiner Dienstfähigkeit, die zu seinem Dienstantritt geführt habe. In der Berufung werde völlig übersehen, dass der Beschwerdeführer erst am 28. Februar 1996 um Versetzung in den Ruhestand wegen angeblicher Dienstunfähigkeit angesucht habe. Erst darauf hin sei die konkrete Frage an den Amtsarzt erfolgt, ob eine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gerechtfertigt wäre. Diese Frage habe sich nicht gestellt, ehe der Beschwerdeführer den Antrag auf vorzeitige Pensionierung gestellt habe. Alle zuvor vom SSR eingeholten amtsärztlichen Gutachten seien nicht im Zusammenhang mit der Frage der dauernden Dienstunfähigkeit erstellt worden, sondern seien wegen der Zweifel der Dienstbehörde an der gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst des Beschwerdeführers angefordert worden. Die Behauptung in der Berufung, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mehrfach mündlich beim SSR vor dem 16. Februar 1996 gestellt hätte, sei unrichtig. Auch eine Rückfrage beim zuständigen Bezirksschulinspektor habe ergeben, dass er (gemeint nach dem Zusammenhang: der Beschwerdeführer) sich darüber geäußert hätte, gern in Pension zu gehen. Ein Antrag auf vorzeitige Ruhestandsversetzung sei vom Beschwerdeführer aber bis zum Antrag vom 28. Februar 1997 nicht gestellt worden. Andeutungen über fehlende Freude am Beruf und "mitzugehende" (nach dem Konzept wohl gemeint: mangelnde) Belastbarkeit als Lehrer könne wohl nicht als Antrag für die Einleitung des Pensionierungsverfahrens gewertet werden. Da auch bis Ende Februar 1996 keine Hinweise für eine Dienstunfähigkeit gegeben seien, habe aus Sicht der Schulaufsicht kein Anlass bestanden, diese überprüfen zu lassen. Vielmehr habe festgestellt werden müssen, dass der Beschwerdeführer auch im "Krankenstand" in der Zeit vom 19. Februar 1996 bis 22. Februar 1996 einer Beschäftigung als Taxifahrer nachgegangen sei. Disziplinäre Maßnahmen seien gesetzt worden.

Hierauf hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage (§ 12 Abs. 1 LDG, §§ 4 und 62 c PG 1965) führte die belangte Behörde begründend aus, gemäß dem in der Berufung erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1996, Zl. 91/12/0207, sei die Anhängigkeit eines von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens unter anderem dann zu bejahen, wenn die Behörde eine Amtshandlung (im weiteren Sinn) "geführt" habe, die - objektiv betrachtet - darauf abziele, einen Sachverhalt zu klären, dem im Hinblick auf eine Verwaltungsvorschrift rechtserhebliche Bedeutung zukomme. Anhängigkeit setze ferner voraus, dass die Amtshandlung die behördliche Sphäre verlassen habe müssen. Die Kriterien seien jeweils unter Berücksichtigung aller Begleitumstände im Einzelfall zu prüfen.

Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren sei vor dem 16. Februar 1996 von der erstinstanzlichen Behörde am 29. September 1995 eine Niederschrift aufgenommen und die MA 15 um Erstellung eines Gutachtens ersucht worden, welche dieses am 28. Dezember 1995 erstellt habe. Weiters sei am 19. Jänner 1996 neuerlich eine Niederschrift aufgenommen worden. Am 22. Jänner 1996 habe der Beschwerdeführer wieder den Dienst angetreten.

Gegenstand der Amtshandlung am 29. September 1995 sei der "Krankenstand" des Beschwerdeführers gewesen. Der darauf folgende Untersuchungsauftrag an die MA 15 habe nach objektiver Betrachtung ausschließlich das Ziel gehabt, die Frage zu klären, ob sich der Beschwerdeführer zu Recht "im Krankenstand" befinde und wann damit zu rechnen sei, dass er die volle Dienstfähigkeit wieder erlange. Die Frage einer dauernden Dienstunfähigkeit sei zum damaligen Zeitpunkt von der Behörde erster Instanz nicht geprüft worden. Dies ergebe sich auch aus den im Akt ersichtlichen Begleitumständen, vor allem aus dem Verdacht von erwerbsmäßigen Taxifahrten des Beschwerdeführers während seines "Krankenstandes".

Im amtsärztlichen Gutachten vom 28. Dezember 1995 sei festgestellt worden, dass die Dienstverhinderung gerechtfertigt, jedoch gegen administrative Tätigkeiten nichts einzuwenden sei. Die Aussage im Gutachten, dass die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit als Volksschullehrer unwahrscheinlich sei, stelle eine bloße Vermutung dar, welcher überdies keine Anfrage der Behörde zugrunde gelegen habe. Da der Gang des Ermittlungsverfahrens jedoch von der erkennenden Behörde und nicht vom Gutachter bestimmt werde und diese Aussage aufgrund der getroffenen Wortwahl nicht konkret sei, könne entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt von keiner Anhängigkeit des Verfahrens über die Versetzung in den Ruhestand gesprochen werden.

§ 12 Abs. 1 LDG 1984 normiere als Voraussetzung für die Versetzung in den Ruhestand, dass der Beamte "dauernd dienstunfähig" sei. Diese konkrete Aussage habe jedoch der Amtsarzt mit der Wendung "Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit als Volksschullehrer unwahrscheinlich" (im Original jeweils unter Anführungszeichen) nicht getroffen, weshalb die erstinstanzliche Behörde weder verpflichtet gewesen wäre, ein Verfahren über die Versetzung in den Ruhestand einzuleiten, noch dies tatsächlich getan habe.

Die letzte Amtshandlung vor dem 16. Februar 1996, nämlich die Aufnahme der Niederschrift am 19. Jänner 1996, habe den Zweck gehabt, dem Beschwerdeführer die Weisung zu regelmäßigen logopädischen Therapien sowie zum Antritt des Dienstes für administrative Tätigkeiten zu erteilen. Gerade diese Amtshandlung zeige deutlich, dass die erstinstanzliche Behörde keineswegs beabsichtigt habe, ein Verfahren über die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand zu führen. Es seien im Gegenteil Maßnahmen getroffen worden, um die Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers zu fördern, um diesen wieder in den Dienstbetrieb zu integrieren.

Auch dem Berufungsvorbringen, dass der Beschwerdeführer aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Dezember 1995 einen mündlichen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt habe, welchen er anlässlich des Termines beim SSR am 19. Jänner 1996 wiederholt habe, und dass dadurch das Verfahren eingeleitet worden sei, könne nicht gefolgt werden, weil ein derartiger Antrag nicht aktenkundig sei. Gemäß § 14 Abs. 1, erster Satz AVG seien mündliche Anbringen von Beteiligten erforderlichenfalls ihrem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift festzuhalten. Es sei weder über einen mündlichen Antrag auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Dezember 1995 eine Niederschrift aufgenommen worden noch finde sich in der Niederschrift vom 19. Jänner 1996 ein Vermerk über die Wiederholung eines derartigen Ansuchens. Da der Beschwerdeführer die Niederschrift über die Amtshandlung vom 19. Jänner 1996 ohne Vorbehalt unterfertigt habe, habe ihm bekannt sein müssen, dass kein rechtswirksamer Antrag gestellt worden sei.

Selbst wenn jedoch der Auffassung des Beschwerdeführers zu folgen gewesen wäre, dass ein Verfahren über die Versetzung in den Ruhestand bereits im Dezember 1995 bzw. im Jänner 1996 von Amts wegen eingeleitet worden sei, so wäre es jedenfalls am Stichtag 16. Februar 1996 bereits wieder beendet gewesen. Wie bereits zuvor näher ausgeführt worden sei, erfolge die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen in formloser Weise, unter anderem durch die Setzung von Amtshandlungen, die darauf abzielten, einen entscheidungserheblichen Sachverhalt zu klären. In gleicher Weise könne ein amtswegig eingeleitetes Verfahren auch formlos wieder beendet werden. Der Beschwerdeführer habe am 22. Jänner 1996 wieder den Dienst angetreten. Da er somit wieder dienstfähig gewesen sei, wäre selbst ein amtswegig eingeleitetes Verfahren durch den Dienstantritt beendet worden.

Somit sei das Verfahren betreffend die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand am 16. Februar 1996 noch nicht eingeleitet gewesen, weshalb die Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 4 Abs. 3 bis 5 PG 1965 zu kürzen gewesen sei. Auf das Vorbringen in der Berufung zur Frage, ob der Beschwerdeführer am 21. April 1997 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt habe, sei mangels Entscheidungsrelevanz nicht näher einzugehen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist vor allem und zunächst strittig, zu welchem Zeitpunkt das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet wurde. Der Beschwerdeführer behauptet, wie schon in seiner Berufung, dieses Verfahren sei sowohl über mündlichen Antrag als auch von Amts wegen vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde verhalten gewesen wäre, die von ihm in der Berufung namentlich genannte Organwalterin des SSR, die die Verhandlung vom 19. Jänner 1996 geleitet habe, als Zeugin zu vernehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der vorliegendenfalls (auch) maßgeblichen Frage des Zeitpunktes der amtswegigen Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62 c PG 1965 bereits mehrfach befasst. Hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, insbesondere auf die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0315, vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0042, und auch vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, denen auch die maßgeblichen Bestimmungen des PG 1965 zu entnehmen sind, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden (mit der Maßgabe, dass es sich um Bundesbedienstete handelte und nicht um Landeslehrer, sodass vorliegendenfalls auf die abweichenden dienstbehördlichen Zuständigkeiten Bedacht zu nehmen ist).

Demnach setzt die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62 c PG 1965 einen entsprechenden Willensakt voraus, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss (also hier dem SSR).

Wie im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/12/0061, dargelegt wurde, kann ein solcher Willensakt auch bereits in der Befassung eines Amtsarztes durch die zuständige Dienstbehörde gelegen sein.

Dies muss sich jedoch - bei objektiver Betrachtung - aus dem

Inhalt des der zuständigen Dienstbehörde zurechenbaren Auftrages zur Erstellung eines Gutachtens (insbesondere aus den Fragestellungen, die der Sachverständige aus medizinischer Sicht klären soll) hinreichend klar ergeben. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Durchführung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Gutachtens-Auftrag ist nicht erforderlich. Für die Qualifikation eines solchen Auftrages als amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens ist im Allgemeinen ausreichend, dass darin gezielt um die Klärung von Tatsachen aus medizinischer Sicht ersucht wird, die - im Lichte des § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 (- entspricht dem im Beschwerdefall maßgebenden § 12 Abs. 1 und 3 LDG 1984 -) - rechtserheblich sind und eine eindeutige Zuordnung unter diesen Tatbestand zulassen, d.h. die ausdrücklich und zweifelsfrei darauf abzielen, die Frage zu klären, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten aus medizinischer Sicht gegeben ist oder nicht. Ein bloß allgemein gehaltener Auftrag, das Vorhandensein der Dienstfähigkeit aus medizinischer Sicht zu klären, enthält diese erforderliche Klarstellung nicht, um ihn als amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens zu werten. Ein derartiger Auftrag zielt in der Regel bloß auf die Klärung sonstiger aus der Sicht des Dienst- und Besoldungsrechts rechtserheblicher Umstände (wie zum Beispiel das Vorliegen einer unbefugten Abwesenheit vom Dienst als Dienstpflichtverletzung bzw. als Voraussetzung besoldungsrechtlicher Rechtsfolgen wie z.B. nach § 13 Abs. 3 GG 1956) ab.

Überträgt man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall, ist der Untersuchungsauftrag vom 29. September 1995 im Hinblick auf die für eine Ruhestandsversetzung maßgebliche Fragestellung nach einer völligen Dienstunfähigkeit als amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens zu werten, näherhin des Verfahrens, das letztlich zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers geführt hat. Dem steht nicht entgegen, dass auch jedenfalls ein entsprechender (schriftlicher) Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Februar 1996 vorlag. Dieses mit dem Auftrag vom 29. September 1995 (von Amts wegen) eingeleitete Ruhestandsversetzungsverfahren wurde auch in der Folge nicht eingestellt. Insbesondere ist die in der Gegenschrift näher dargelegte Auffassung der belangten Behörde unzutreffend, ein solches allenfalls eingeleitetes Verfahren wäre spätestens am 22. Januar 1996 (d.h. mit dem Dienstantritt des Beschwerdeführers) beendet worden. Die der Anordnung vom 19. Januar 1996 offenbar zugrundeliegende Annahme des SSR, der Beschwerdeführer sei aufgrund seines Gesundheitszustandes - auch gegen seinen Widerstand (siehe die Niederschrift vom 19. Januar 1996) - im Administrativdienst einsetzbar (vgl. § 22 Abs. 2 LDG 1984), bedeutet noch nicht, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 LDG 1984 nicht vorlägen; anders gewendet, bedeutet dies keine Bejahung der Dienstfähigkeit als Lehrer. Darauf kommt es aber entscheidend an, weil für einen Lehrer eine Verwendung, die nicht in der Ausübung des Lehramtes besteht, als möglicher gleichwertiger Arbeitsplatz ausscheidet, da eine Verwendung in der Verwaltung nur vorübergehend zulässig ist, die Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes im Sinne des § 12 Abs. 3 LDG 1984 aber eine rechtlich zulässige "Dauerlösung" sein muss (siehe dazu das zu einem "Bundeslehrer" ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Januar 1999, Zl. 98/12/0397). Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass das amtswegig eingeleitete Ruhestandsversetzungsverfahren in diesem Zusammenhang oder auch später eingestellt worden wäre.

Daraus ergibt sich zusammenfassend, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren, welches zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers geführt hat, bereits am 16. Februar 1996 anhängig war. Da die belangte Behörde dies auf Grund einer unzutreffenden Rechtsauffassung verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBL. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Juli 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998120160.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten