TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/30 99/17/0224

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Veröffentlicht am 30.08.1999
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Index

L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauO OÖ 1994 §19 Abs1;
BauO OÖ 1994 §20 Abs1;
LAO OÖ 1984 §152;
LAO OÖ 1984 §183;
LAO OÖ 1996 §153;
LAO OÖ 1996 §184;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde 1. des D und 2. der M, beide vertreten durch Dr. B und Mag. E, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. April 1999, Zl. BauR-012276/1-1999-Gm/Ef, betreffend Vorstellung i.A. Verkehrsflächenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes im Bereich der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Für dieses wurden mit Bescheid vom 9. Oktober 1956 und mit Bescheid vom 13. März 1961 Bauplatzbewilligungen erteilt. Mit dem weiteren Bescheid vom 28. Juni 1962 wurde den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer ein Anlegerbeitrag in der Höhe von S 10.170,-- (rechtskräftig) vorgeschrieben und die Leistung bis zur tatsächlichen Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche gestundet. Bemessungsgrundlage bildete dabei die Frontlänge des erwähnten Grundstückes. Die Verkehrsfläche wurde - unbestritten - im Jahr 1980 fertig gestellt, eine Änderung seither nicht vorgenommen. Sowohl die Beschwerdeführer wie auch die belangte Behörde stimmen darin überein, dass der mit Bescheid vom 28. Juni 1962 vorgeschriebene Anliegerbeitrag infolge Verjährung nicht mehr eingehoben werden kann.

Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. Februar 1998 wurde den Beschwerdeführern die Baubewilligung für die Errichtung einer Garage mit einer Nutzfläche von 56,25 m2 auf der erwähnten Liegenschaft erteilt.

Mit dem weiteren Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Partei vom 26. Juni 1998 schrieb diese den Beschwerdeführern anlässlich des Baubewilligungsbescheides vom 10. Februar 1998 einen Anliegerbeitrag in der Höhe von S 59.094,-- vor.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid vom 28. November 1998 keine Folge gegeben. Der dagegen ergriffenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge.

Die Beschwerdeführer bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie erachten sich durch ihn in ihrem Recht auf rechtmäßige Anwendung der Oberösterreichischen Bauordnung sowie der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung, insbesondere aber in ihrem Recht "Abgaben nur entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zahlen zu müssen", verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gemeinde hat gemäß § 19 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung, LGBl. Nr. 66/1994, dann, wenn von ihr eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet wurde, anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.

§ 19 Abs. 3 leg. cit. regelt den Fall, dass eine öffentliche Verkehrsfläche, durch die ein Gebäude aufgeschlossen wird, von der Gemeinde erst nach Erteilung der Baubewilligung errichtet wird. In diesem Fall ist der Beitrag anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben, wobei der Beitrag erst nach der Beschlussfassung des Gemeinderates über die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche vorgeschrieben werden kann.

§ 20 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung lautet wie folgt:

"(1) Der Beitrag ist für die Fläche, die der Berechnung der anrechenbaren Frontfläche zu Grunde gelegt wurde, nur einmal zu entrichten, sofern nicht § 21 Abs. 4 anzuwenden ist."

Der hier angesprochene § 21 Abs. 4 Oberösterreichischen Bauordnung lautet auszugsweise:

"(4) Wird innerhalb von zehn Jahren nach der Vorschreibung eines Beitrages ... eine auf dasselbe Bauvorhaben abgestellte neue Baubewilligung erteilt und treffen die Voraussetzungen für eine Ermäßigung auf Grund der beantragten Baumaßnahmen zu oder nicht mehr zu, ist der Beitrag neu zu berechnen und dem Abgabepflichtigen anlässlich der Erteilung der neuen Baubewilligung neu vorzuschreiben; bereits geleistete Beiträge sind bei der Berechnung des Beitrages entsprechend anzurechnen oder zurückzuzahlen. ..."

Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass die neuerliche Vorschreibung des bereits verjährten Anliegerbeitrages durch die belangte Behörde dem im § 20 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung normierten Grundsatz der Einmalbesteuerung widerspräche. Sei ein einmal rechtskräftig vorgeschriebener Beitrag - aus welchen Gründen auch immer - letztlich nicht eingehoben bzw. auch im Vollstreckungswege nicht durchgesetzt worden, so könne der Aufschließungsbeitrag gemäß §§ 19 ff leg. cit. nicht neuerlich vorgeschrieben werden, ohne dass zwischenzeitig die Verkehrsfläche neu errichtet worden sei.

Die Beschwerdeführer übersehen dabei zunächst, dass gemäß § 19 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung die Abgabenpflicht an die Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden anknüpft. Eine derartige Bewilligung wurde aber mit dem Bescheid vom 10. Februar 1998 erteilt. Damit aber wurde der Abgabentatbestand verwirklicht, ist doch die Errichtung der Verkehrsfläche durch die mitbeteiligte Stadtgemeinde nicht bestritten. Einer Abgabenvorschreibung auf Grund dieses Tatbestandes stand auch die Rechtskraft der früheren - auf einen anderen Tatbestand gestützten - Vorschreibung nicht entgegen. Auf eine neuerliche Errichtung der Verkehrsfläche kommt es in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht an. (Angemerkt sei nur, dass der bewilligte Bau - Garage mit einer Nutzfläche über 50 m2 - die 50 m2-Grenze des § 3 Abs. 2 Z. 5 Oberösterreichische Bauordnung überschreitet und daher der Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen nicht im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. zu entfallen hat.)

Die belangte Behörde ging im bekämpften Bescheid - in Übereinstimmung mit den Beschwerdeführern - davon aus, dass eine Leistung auf den mit Bescheid vom 28. Juni 1962 rechtskräftig vorgeschriebenen Anliegerbeitrag nie erfolgt sei. Sie leitete daraus ab, dass daher ein einzurechnender Beitrag auf den hier verfahrensgegenständlichen Verkehrsflächenbeitrag nicht "entrichtet" im Sinne des § 20 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung worden sei. Dem halten die Beschwerdeführer entgegen, dass dadurch die Verjährungsvorschriften der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung umgangen würden.

Die Beschwerdeführer bestreiten somit - nach dem Vorgesagten zutreffend - nicht, dass die Erteilung der Baubewilligung vom 10. Februar 1998 grundsätzlich die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe in der (unbestrittenen) Höhe auszulösen vermochte. Wäre der Bescheid vom 28. Juni 1962 nicht ergangen, läge - nach Ansicht der Beschwerdeführer - kein die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages im Jahr 1998 hindernder Umstand vor. Zu prüfen ist daher, ob die (Nichtleistung und) Einhebungsverjährung des mit Bescheid vom 28. Juni 1962 vorgeschriebenen Anliegerbeitrages als "Entrichten" im Sinne des § 20 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung anzusehen ist oder nicht.

Diese Frage muss verneint werden. Hätte der Gesetzgeber die von den Beschwerdeführern vorgenommene Interpretation mit einbeziehen wollen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er seinen Willen etwa mit dem Wort "vorschreiben" statt des Wortes "entrichten" ausdrückt. Darüber hinaus geht er in der Bestimmung des § 21 Abs. 4 Oberösterreichische Bauordnung - in der er unter den dort näher umschriebenen Voraussetzungen eine Neuberechnung des Beitrages normiert - ausdrücklich von "bereits geleisteten Beiträgen" aus, die bei der Neuberechnung entsprechend anzurechnen oder zurückzuzahlen sind.

Auch die weitere Anrechnungsregel des § 21 Abs. 8 Oberösterreichische Bauordnung ("sonstige, insbesondere auch auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung geleistete Beiträge sind zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Beiträge, die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen geleistet wurden.") spricht dafür, dass der Gesetzgeber der Oberösterreichischen Bauordnung tatsächlich erbrachte Leistungen berücksichtigt wissen wollte.

Die belangte Behörde hat überdies bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass auch keiner der im § 158 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107/1996, als "Entrichtung" bezeichneten Fälle einer Leistung vorliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher zu dem Schluss, dass unter "Entrichten" in § 20 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung (nur) die tatsächliche Leistung zu verstehen ist.

Die Beschwerdeführer treten dem - wie erwähnt - nur insoweit entgegen, als dadurch nach ihrer Meinung die Regeln über die Verjährung nach der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung "umgangen" würden. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der Erteilung einer Baubewilligung im Sinn des § 19 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung um einen eigenständigen Abgabentatbestand handelt. Ist es - aus welchen Gründen immer - noch nicht dazu gekommen, dass der Verkehrsflächenbeitrag bereits "entrichtet" (im Sinne des § 20 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung) wurde, ist die Abgabenbehörde nicht daran gehindert, die gesetzlich vorgesehene Abgabe in voller Höhe infolge Verwirklichung des Abgabentatbestandes vorzuschreiben (vgl. auch etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1998, Zl. 97/17/0107, mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 1997, G 1268/95-8, u.a.). Die Verjährungsvorschriften der Landesabgabenordnung werden damit nicht "umgangen".

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. August 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999170224.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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