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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/21/0643 E 9. September 1999Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der S, (geboren am 19. Dezember 1977), in Graz, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 23. Juli 1996, Zl. Fr-5370/4/96, betreffend Feststellung gemäß § 54 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 23. Juli 1996 wurde gemäß § 54 iVm § 37 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, dass für die Beschwerdeführerin keine Gefahr bestehe, bei ihrer "Ausweisung bzw." Abschiebung in ihr Heimatland Syrien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden oder dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vorgebracht habe, aus dem Nordosten Syriens (aus dem dortigen Grenzgebiet zum Irak bzw. zur Türkei) zu kommen und dort der christlichen Glaubensgemeinschaft angehört zu haben. Fast alle Angehörigen ihrer Familie, so ihre Mutter und vier Schwestern, wären in den vergangenen Jahren von Syrien ins europäische Ausland geflüchtet. Ihr Vater wäre in der syrischen Heimat wiederholt von syrischen Polizeiorganen geschlagen, misshandelt und erniedrigt worden, könnte jedoch nicht flüchten, weil er bereits zu alt wäre. Polizisten hätten immer wieder das Haus ihrer Familie durchsucht. Für die männlichen Familienangehörigen wäre es unmöglich, Arbeit zu finden. Die zur Flucht erforderlichen Reisedokumente hätte die Beschwerdeführerin durch die Zahlung von Bestechungsgeldern erlangen können. Hinsichtlich der allgemeinen Lebenssituation für Christen in Syrien wäre auszuführen, dass deren Lebensbedingungen durch das Phänomen einer indirekten staatlichen Unterdrückung und Benachteiligung gekennzeichnet wären. Eine direkte staatliche Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zum christlichen Glauben erfolgte zwar nicht, die Verfolgung geschähe jedoch indirekt dadurch, dass Christen immer wieder der Verfolgung durch andere Glaubensgruppen ausgesetzt wären, wobei der Staat diesen keinen Schutz vor dieser Verfolgung böte. Eine weit verbreitete Form der Verfolgung weiblicher Christen bestünde darin, dass diese häufig zum Zwecke der Verheiratung mit Moslems privat entführt würden. Andere typische Formen solcher Verfolgungen würden sich im beruflichen, wirtschaftlichen und geschäftlichen Leben ereignen. Gewalttätigkeiten, Unrechtmäßigkeiten und jegliche Art von Unterdrückung von Seiten der Kurden würden von den staatlichen syrischen Behörden geduldet. Christen würden verdächtigt, die Christen im Libanon, mit denen der Staat Syrien verfeindet wäre, zu unterstützen. Auf Grund der Duldung der syrischen Behörden würden Kurden ein aggressives Benehmen an den Tag legen. Frauen wären unter diesen Verhältnissen wehrlos den Übergriffen der kurdischen Bevölkerung ausgesetzt. Vergewaltigungen von Frauen bzw. deren Entführung zum Zwecke der Eheschließung mit Moslems wären an der Tagesordnung und würden von staatlichen Behörden nicht geahndet. Im Staat Syrien, von dem die Menschenrechte nicht geachtet würden, wären mehrere tausend Personen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert.
Um besondere Gefährdungen und Bedrohungen darzustellen, denen zurückgeschobene syrische Christen ausgesetzt wären, habe die Beschwerdeführerin einen Vorgang vom 7. Jänner 1989 geschildert, bei dem angeblich zwei syrische Frauen und die Tochter einer dieser beiden Frauen von den Niederlanden ausgewiesen und nach Syrien abgeschoben worden seien. Bei deren Ankunft in Syrien wären alle drei Frauen ungefähr drei Tage in einem Kellerraum ohne Fenster, Beleuchtung oder sanitäre Anlagen eingeschlossen und ihnen die Nahrung verweigert worden. Diese hätten unter schlimmsten Verhältnissen gelebt, und es bestünde Grund zur Annahme, dass sie während dieser Tage vergewaltigt und gefoltert worden wären. Als weiteres Beispiel habe die Beschwerdeführerin das Schicksal einer Familie geschildert, die ca. 1990 abgeschoben worden sei. Diese Familie wäre angeblich auf dem Flughafen in Damaskus von syrischen Geheimpolizisten in Haft genommen, geschlagen und gefoltert worden. Als spezielle Gefährdung und Bedrohung, der die Beschwerdeführerin bei ihrer Abschiebung individuell ausgesetzt wäre, habe sie angeführt, der christlichen Glaubensgemeinschaft anzugehören und weiblichen Geschlechts zu sein. Sie hätte Syrien verlassen, um in einem europäischen Staat Schutz zu finden und ein neues Leben zu beginnen. Die Ausreise wäre mit Dokumenten erfolgt, die nur illegal hätten beschafft werden können. Sie wäre gemeinsam mit ihrer Schwester M. und deren Gatten A.M.K., der sich in seiner Heimat politisch bei einer oppositionellen Organisation betätigt hätte und vor seiner Flucht spezieller, individueller Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre, geflohen. Allein auf Grund deren gemeinsamen Auslandsflucht wäre die Beschwerdeführerin auf Grund der in Syrien üblichen Sippenhaftung im Abschiebungsfall massiv von Vernehmungen, Festnahme und Folter bedroht. Es wäre damit zu rechnen, dass Vernehmungen unter Einsatz von Foltermethoden durchgeführt würden. Im Hinblick auf die allgemeine Menschenrechtssituation ergäbe sich aus einer Zusammenschau der dargelegten individuellen Gefährdungspunkte mit den allgemeinen politischen Tatsachen eine qualifizierte Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie - sollte sie nach Syrien abgeschoben werden - dort am Flughafen Damaskus festgenommen, polizeilich verhört, misshandelt, gefoltert oder sonst erniedrigt und behandelt oder bestraft werden würde. Als Bescheinigungsmittel habe die Beschwerdeführerin den Asylbescheid betreffend den Asylwerber A.M.K., ihre niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt Graz vom 7. Februar 1996, einen Bericht der Untersuchungskommission "Christen in Syrien" vom 24. November 1994 und einen Bericht der Stiftung "INLIA" über syrische Christen vom 1. März 1989 angeboten.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiters aus, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Wals am 25. Jänner 1996 zu Protokoll gegeben habe, ca. eine Woche zuvor mit dem Flugzeug von Damaskus nach Wien geflogen und nach einem fünftägigen Aufenthalt mit dem Zug nach Linz gefahren zu sein, um sich mit ihrem Bruder zu treffen. Sie hätte über Deutschland nach Holland reisen wollen und wäre beim Versuch, nach Deutschland zu gelangen, von der deutschen Grenzpolizei angehalten worden. Sie wäre nach Europa gekommen, um ihren Bruder zu besuchen, hätte zurück nach Syrien reisen wollen und hätte zur Zeit keine Barmittel. Bei der Einvernahme der Beschwerdeführerin vor der erstinstanzlichen Behörde am 26. Jänner 1996 habe sie zu Protokoll gegeben, dass ihre Angaben vom 25. Jänner 1996 der Wahrheit entsprächen, sie jedoch aus Angst einen falschen Namen angegeben hätte. Bei beiden Einvernahmen seien Dolmetscher anwesend gewesen und habe sie mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit ihrer Aussagen bestätigt.
Am 19. März 1996 habe die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt Folgendes angegeben: Die Polizei wäre in Syrien immer wieder gekommen und hätte das Haus durchsucht. Ihre Familie hätte keine Arbeit gehabt. Ihr Vater wäre immer wieder geschlagen worden und zwei Jahre im Gefängnis gewesen. Gegen die Beschwerdeführerin selbst wären keine Maßnahmen gesetzt worden. Sie hätte nur keine Arbeit und in Syrien nicht genug zu essen gehabt. Es hätte immer Streit mit den Nachbarn gegeben. Ihr Schwager wäre einmal mit dem Messer verletzt und sein Haus durchsucht worden. In Ungarn hätte sie deshalb nicht um Asyl angesucht, weil sie nichts über dieses Land gewusst hätte.
In ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 5. März (offensichtlich gemeint: 3. Mai 1996) habe die Beschwerdeführerin dazu ausgeführt, dass sie anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 19. März 1996 ihre Fluchtgründe deshalb nicht hätte darlegen können, weil die Einvernahme durch einen Mann stattgefunden habe. Auf Grund ihrer frauenspezifischen Ängste hätte sie nur in Anwesenheit einer weiblichen Vertrauensperson über ihre Verfolgung in Syrien sprechen können.
Die belangte Behörde vertrete die Ansicht, dass die früheren Aussagen der Beschwerdeführerin vor dem Gendarmerieposten Wals und der erstinstanzlichen Behörde einen erheblich höheren Grad an Wahrscheinlichkeit für sich hätten als die wesentlich später im Verfahren getätigten Ausführungen. Die Beschwerdeführerin habe die Aussagen unmittelbar nach ihrer Betretung im Beisein eines Dolmetschers getätigt und seien diese wesentlich glaubwürdiger als die erst wesentlich später gemachten Angaben. Auch wenn die Ersteinvernahme nicht durch ein weibliches Vernehmungsorgan durchgeführt worden sei, erscheine es unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin dabei keine wie auch immer geartete Verfolgungsbehandlung oder Bedrohungssituation geschildert hätte, wenn sie einer solchen tatsächlich ausgesetzt gewesen wäre.
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. April 1996, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen worden sei, sei ausdrücklich festgestellt worden, dass sie in ihrem erstinstanzlichen Vorbringen nicht einmal eine einzige konkrete, gegen sich gerichtete und asylrelevante Verfolgungshandlung behauptet habe. Die belangte Behörde sei an diese Feststellungen zwar nicht gebunden, habe diese aber zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts verwenden dürfen. Nach den bisherigen Feststellungen gelange sie zur Ansicht, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sie in Syrien iS des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG gefährdet bzw. bedroht sei.
Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin über die allgemeine Lage von Christen in Syrien sei Folgendes festzustellen: Dass Christen in Syrien wegen ihrer Religion vom Staat verfolgt würden, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Mit ihrem Vorbringen, dass die syrische Regierung nicht willens und in der Lage wäre, sie vor Angriffen der Kurden zu schützen, bzw. dass die Verfolgung zumindest mit Duldung der syrischen Autorität erfolgte, sei für sie nichts zu gewinnen. Ihrer Behauptung, die syrische Regierung wäre nicht willens, sie vor diesen Angriffen zu schützen, mangle jede Untermauerung durch Bescheinigung konkreter Umstände, die entsprechende Rückschlüsse zulassen könnten. Dass ihr Heimatland infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt generell nicht in der Lage wäre, Verfolgungen zu verhindern, habe sie entgegen der sie treffenden Mitwirkungspflicht nicht bescheinigt. Der von der Beschwerdeführerin als Bescheinigungsmittel angebotene Asylbescheid betreffend den Asylwerber A.M.K. lasse keinen Schluss auf eine allfällige, sie betreffende, individuelle Verfolgungssituation in ihrer Heimat zu. Auch mit der Schilderung einiger Vorfälle, in die sie persönlich nicht involviert gewesen sei, könne für sie nichts gewonnen werden. Unter Berufung auf die Schilderung hinsichtlich der Ankunft von Personen (gemeint: syrischen Christen) in Syrien stelle sie eine Vermutung auf, deren Eintritt nicht ohne weiteres anzunehmen sei. Konkrete Hinweise darauf, dass sie in Syrien tatsächlich einer Bedrohung iS des § 37 Abs. 1 und 2 FrG ausgesetzt wäre, könnten ihrem Vorbringen nicht entnommen werden.
Abschließend sei festzustellen, dass im Zuge des Asylverfahrens bekannt geworden sei, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem eigenen Reisepass ausgereist sei. Die Tatsache, dass ihr von den Behörden ihres Heimatstaates ein Pass ausgestellt worden sei, schließe zwar grundsätzlich eine Bedrohung iS des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG nicht aus, mache eine derartige Bedrohung aber auch nicht wahrscheinlich.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung iS des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob etwa allenfalls gehäufte Verstöße der im § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 97/21/0463, mwN).
2. Die Beschwerde macht geltend, dass die Beschwerdeführerin der christlichen Glaubensgemeinschaft in Syrien angehöre und die Ausreise syrischer Christen sowie deren Versuche, im Ausland ein neues Leben zu beginnen, von den syrischen Behörden als staatsfeindlicher Akt betrachtet würden. Es sei immer wieder bekannt geworden, dass zurückgeschobene Christen in Syrien durch die staatlichen Geheimdienste und Polizeiorgane willkürlich in Haft genommen, gefoltert und misshandelt worden seien. Die belangte Behörde habe nicht nur die allgemeine Menschenrechtslage in Syrien unberücksichtigt gelassen, sondern auch den von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vorgelegten Erkenntnisquellen keine Beachtung geschenkt.
3. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Berufung vom 10. Juli 1996 die in I.1. (auf den Seiten 2 bis 4 dieses Erkenntnisses) wiedergegebenen Behauptungen aufgestellt und u.a. vorgebracht, dass die von ihr angeführten, zurückgeschobene syrische Christen betreffenden Vorfälle (vom 7. Jänner 1989 und ca. aus dem Jahr 1990) in dem Bericht der Untersuchungskommission "Christen in Syrien" vom 24. November 1994, die sich zur Aufgabe gemacht habe, das Schicksal von nach Syrien Abgeschobenen zu untersuchen, dargestellt seien. Zur Bescheinigung ihres Vorbringens berief sich die Beschwerdeführerin u.a. auf diesen Bericht vom 24. November 1994 und den Bericht der Stiftung "INLIA" über syrische Christen vom 1. März 1989, die in einem anderen (die Schwester der Beschwerdeführerin betreffenden) Verfahren der belangten Behörde vorgelegt wurden.
Die belangte Behörde erachtete dieses Vorbringen im Wesentlichen mit der Begründung als irrelevant, dass die Beschwerdeführerin jede Bescheinigung konkreter Umstände, die "entsprechende Rückschlüsse" zulassen könnten, unterlassen habe und sie mit der Schilderung einiger Vorfälle, in die sie persönlich nicht involviert gewesen sei, hinsichtlich der Ankunft in Syrien (lediglich) eine Vermutung aufstelle, deren Eintritt nicht ohne weiteres anzunehmen sei.
Mit dieser Auffassung verkannte die belangte Behörde das Gesetz. Es ist wohl richtig, dass es im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG auf die spezifische Situation des jeweiligen Antragstellers ankommt. Dieser kann eine maßgebliche Gefährdung jedoch nicht nur durch Verweis auf ihm bereits widerfahrene Verfolgungshandlungen aufzeigen. Es genügt, wenn er glaubhaft macht, dass ihm im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag umfassten Staat nunmehr eine Gefahr iS des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Eine solche Gefahr muss zwar individuell vom konkreten Antragsteller zu gewärtigen sein; eine entsprechende Prognose kann jedoch auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen iS dieser Gesetzesbestimmung zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis, mwN).
Auf dem Boden dieser Erwägungen kann dem Berufungsvorbringen betreffend die allgemeine Situation von Christen, die nach Syrien zurückgeschoben werden, nicht - wie dies die belangte Behörde getan hat - von vornherein die Eignung abgesprochen werden, eine die Beschwerdeführerin als - ihrem Vorbringen zufolge - Angehörige der christlichen Bevölkerung in Syrien treffende Gefährdung bzw. Bedrohung darzutun.
Da sich die belangte Behörde somit infolge Verkennung der Rechtslage nicht mit dem oben wiedergegebenen Berufungsvorbringen zur Situation von nach Syrien zurückgeschobenen Christen, insbesondere auch nicht mit den von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 10. Juli 1996 als Bescheinigungsmittel angebotenen Berichten, auseinander gesetzt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996210642.X00Im RIS seit
20.11.2000