Entscheidungsdatum
18.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W203 2205438-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX als Erziehungsberechtigte des minderjährigen Schülers XXXX, geboren am XXXX.2007, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 05.07.2018, GZ.: 621031/2-2018:
A)
Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 06.04.2018 für ihren seit 01.09.2014 schulpflichtigen Sohn, der im Schuljahr 2017/18 die 3. Klasse der Volksschule XXXX besuchte, die Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht im Zeitraum 09.04.2018 bis 22.05.2018.
2. Mit Bescheid des Landesschulrates für Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 05.07.2018, GZ.: 621031/2-2018 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde die Erlaubnis zum Fernbleiben des Sohnes der Beschwerdeführerin vom Unterricht für den beantragten Zeitraum nicht erteilt.
3. Mit Schriftsatz vom 06.08.2018, eingelangt bei der belangten Behörde am 13.08.2018, brachte die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 05.07.2018 ein.
4. Mit Schreiben vom 05.09.2018, hg. eingelangt am 11.09.2018, wurde die Beschwerde von der belangten Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
5. Mit Schreiben vom 14.09.2018, GZ. W203 2205438-1/2Z, wurde der Beschwerdeführerin Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens vorgehalten und ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen 2 Wochen ab Zustellung des Vorhalts dazu Stellung zu nehmen.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Beschwerdeführerin wurde die Stellungnahmefrist bis 15.10.2018 erstreckt.
6. Mit Schriftsatz vom 11.10.2018, hg. eingelangt am 17.10.2018, nahm die Beschwerdeführerin zum Vorhalt der Gegenstandslosigkeit zusammengefasst wie folgt Stellung:
Das Schulpflichtgesetz schließe eine nachträgliche Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht durch die Schulbehörde nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn der beantragte Abwesenheitszeitraum bereits zur Gänze verstrichen sei. So habe die Schulbehörde auch erst nach der Rückkehr des Schülers umfangreiche Verbesserungsaufträge an die Beschwerdeführerin gerichtet und den angefochtenen Bescheid auch nicht damit begründet, dass eine nachträgliche Erlaubnis grundsätzlich nicht erteilt werden könne, sondern andere Gründe für die Abweisung geltend gemacht.
Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides könne die Schulbehörde die Sache neu beurteilen und aufgrund der inzwischen vorgelegten Unterlagen feststellen, dass eine gerechtfertigte Verhinderung an der Teilnahme am Unterricht im gegenständlichen Zeitraum vorgelegen sei. Es bestehe daher nach wie vor ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an einer inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht. Dies auch deshalb, da eine Entscheidung auch unmittelbare Auswirkungen auf ein etwaiges Verwaltungsstrafverfahren und auf das zukünftige Verhältnis der Beschwerdeführerin zur Schule und zur Schulbehörde haben könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122 (im Folgenden: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
2. Zu Spruchpunkt A)
2.1. Die maßgebliche Bestimmung des Schulpflichtgesetzes 1985 (SchPflG), BGBl. Nr. 76/1985 i.d.g.F. lautet:
"Schulbesuch und Fernbleiben vom Unterricht
§ 9. (1) Die in eine im § 5 genannte Schule aufgenommenen Schüler haben den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen, auch am Unterricht in den unverbindlichen Lehrgegenständen, für die sie zu Beginn des Schuljahres angemeldet wurden, regelmäßig teilzunehmen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.
(2) Ein Fernbleiben von der Schule ist während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig.
(3) Als Rechtfertigungsgründe für die Verhinderung gelten insbesondere:
1. Erkrankung des Schülers,
2. mit der Gefahr der Übertragung verbundene Erkrankungen von Hausangehörigen des Schülers,
3. Erkrankung der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie der Hilfe des Schülers bedürfen,
4. außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers, in der Familie oder im Hauswesen des Schülers,
5. Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist.
(4) Die Verwendung von Schülern zu häuslichen, landwirtschaftlichen, gewerblichen oder sonstigen Arbeiten sowie die Mitnahme von Schülern auf die Wanderschaft durch Personen, die eine Wanderbeschäftigung ausüben, ist nicht als Rechtfertigungsgrund für eine Verhinderung anzusehen.
(5) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes haben den Klassenlehrer (Klassenvorstand) oder den Schulleiter von jeder Verhinderung des Schülers ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich und bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit allenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses zu erfolgen.
(6) Im übrigen kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlaß für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die Entscheidung des Klassenlehrers (Klassenvorstandes) bzw. des Schulleiters ist durch Widerspruch nicht anfechtbar. Für die Erlaubnis zu längerem Fernbleiben ist die zuständige Schulbehörde, für die allgemeinbildenden Praxisschulen gemäß § 33a Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der jeweils geltenden Fassung, jedoch der Landesschulrat zuständig."
2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde vorzugehen.
Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe VwGH vom 28.11.2013, 2013/10/0084 samt zitierter Vorjudikatur).
2.3. Im gegenständlichen Fall ist das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Entscheidung weggefallen. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.03.2007, Zl 2006/10/0234 ausführte, käme der Entscheidung über die Beschwerde nur noch theoretische Bedeutung zu, wenn der Zeitraum, für den um Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht angesucht wurde, bereits verstrichen ist. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin könnte sich auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessern, da die mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht nicht nachträglich erteilt werden könnte. Die Aufhebung des Bescheides würde daher nichts an dem Umstand ändern, dass einem allfälligen Fernbleiben des Beschwerdeführers vom Unterricht in der Zeit vom 09.04.2018 bis zum 22.05.2018 keine Erlaubnis im Sinne des § 9 Abs. 6 SchPflG zu Grunde läge.
Sofern die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme nach wie vor vom Vorliegen eines rechtlichen Interesses ihrerseits an einer Sachentscheidung ausgeht, ist dem entgegenzuhalten, dass es für die Beantwortung der Frage, ob ein Fernbleiben vom Unterricht gerechtfertigt erfolgt oder nicht, nur darauf ankommen kann, ob im Zeitraum des Fernbleibens eine entsprechende Genehmigung iSd § 9 Abs. 6 SchPflG vorliegt. Für ein gerechtfertigtes Fernbleiben vom Unterricht genügt es demnach nicht, wenn um die Erlaubnis vor diesem Zeitraum angesucht wird, sondern es muss vielmehr zum Zeitpunkt des Beginns der Abwesenheit bereits eine diesbezügliche Genehmigung durch den Klassenlehrer (Klassenvorstand), den Schulleiter oder - wie verfahrensgegenständlich vorgesehen - durch die zuständige Schulbehörde vorliegen. Liegt zum Zeitpunkt des Beginns des Fernbleibens des Schülers vom Unterricht eine derartige Erlaubnis - aus welchen Gründen immer - (noch) nicht vor, so ist das Fernbleiben jedenfalls nicht gerechtfertigt und bleibt es auch für den Fall, dass nachträglich Umstände hervorkommen, die - wären sie der Schulbehörde bereits zum Zeitpunkt des Beginns der Abwesenheit bekannt gewesen - zu einer Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben geführt hätten oder führen hätten können. Nur in diesem Sinn ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verstehen, der zu Folge einer Entscheidung über die Beschwerde "nur noch theoretische Bedeutung" zukäme, wenn der Zeitraum, für den um Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht angesucht wurde, bereits verstrichen ist.
Der Umstand, dass die belangte Behörde auch noch nach der Rückkehr des Schülers an die Schule das Ermittlungsverfahren weitergeführt und "umfangreiche Verbesserungsaufträge" an die Beschwerdeführerin gerichtet hat, vermag daran nichts zu ändern.
Ob und inwieweit entsprechend dem weiteren Vorbringen in der Stellungnahme vom 11.10.2018 die "in der Zwischenzeit vollständig vorgelegten Unterlagen" Auswirkungen auf ein etwaiges Verwaltungsstrafverfahren haben können, ist nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens. Außerdem ist abermals darauf zu verweisen, dass gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides keinen Einfluss auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin in einem solchen Verwaltungsstrafverfahren hätte (vgl. VwGH vom 26.03.2007, 2006/10/0234).
Schließlich handelt sich beim - in der Stellungnahme erwähnten und durchaus nachvollziehbaren - Interesse der Beschwerdeführerin an einem zukünftigen guten Einvernehmen mit der Schule bzw. mit der Schulbehörde nicht um ein "rechtliches Interesse", sodass sich auch daraus verfahrensgegenständlich kein Anspruch auf eine Sachentscheidung ableisten lässt.
2.4. Die Beschwerde war daher in Analogie zu § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
3. Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2. Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil der vorliegende Fall keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft: Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90). Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. (vgl. dazu die jeweils zitierten Erkenntnisse des VwGH). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
3.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.
Schlagworte
Antragszeitraum, Fernbleiben vom Unterricht, Gegenstandslosigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W203.2205438.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.11.2018