TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/19 99/18/0348

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/18/0349

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. des DS, (geboren am 9. Mai 1935), und 2. der Vera Sandulovic, (geboren am 8. November 1936), beide vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. August 1999, Zl. SD 633/99 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers) und Zl. SD 634/99 (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. August 1999 wurden die beiden Beschwerdeführer, jugoslawische Staatsangehörige, jeweils gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen in beiden Bescheiden gleichlautend aus, dass die Beschwerdeführer am 6. April 1999 bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle im 17. Wiener Gemeindebezirk betreten worden seien. Dabei habe sich herausgestellt, dass sie weder im Besitz eines gültigen Reisepasses seien, noch über einen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel für Österreich verfügten. Gegenüber den einschreitenden Beamten hätten sie angegeben, seit ca. zehn Jahren im Bundesgebiet aufhältig zu sein. Der im Verfahren bevollmächtigte Sohn der Beschwerdeführer habe in der Niederschrift vom 23. April 1999 mitgeteilt, dass seine Eltern im April 1991 sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist seien. Die Beschwerdeführer selbst hätten in ihrer Stellungnahme vom 25. Mai 1999 den 27. Mai 1992 als Einreisedatum bezeichnet. Feststehe jedenfalls, dass sie nach Ablauf der sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer das Bundesgebiet nicht verlassen, sondern ihren Aufenthalt unrechtmäßig fortgesetzt hätten. Sie seien weder polizeilich gemeldet noch ausreichend krankenversichert. Schon die sichtvermerksfreie Einreise hätte - wie ihr Sohn angegeben habe - den Zweck verfolgt, bei diesem zu leben und auf dessen vier Kinder aufzupassen.

Das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten der Beschwerdeführer beeinträchtige die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens in erheblichem Ausmaß, sodass sich deren Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grunde des § 33 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.

Nach der Aktenlage sei von einer zumindest siebenjährigen Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auszugehen. Diese seien verheiratet und befänden sich gleich lang unrechtmäßig im Bundesgebiet. Familiäre Bindungen bestünden darüber hinaus zu einem Sohn, bei dem die Beschwerdeführer lebten, und zu einer Tochter. Zweifelsfrei sei daher von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Einhaltung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Nach den Angaben des von den Beschwerdeführern bevollmächtigten Sohnes sei Zweck der sichtvermerksfreien Einreise nicht ein touristischer, sondern der ständige Verbleib in Österreich gewesen. Dieser langjährige unrechtmäßige Aufenthalt und die Tatsache, dass die Legalisierung des Aufenthalts der Beschwerdeführer vom Inland aus nicht möglich sei, ließen auch in Anbetracht ihrer nicht unerheblichen familiären Bindungen ihre Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung als dringend geboten und sohin zulässig iS des § 37 Abs. 1 FrG erscheinen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen, zugunsten der Beschwerdeführer sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, zum Zweck des ständigen Verbleibs in Österreich sichtvermerksfrei eingereist und nach Ablauf der sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer ohne Aufenthaltstitel oder sonstige Berechtigung im Bundesgebiet verblieben zu sein. Auf dem Boden dieses Sachverhaltes hegt der Gerichtshof gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

2. Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe bei ihrer Ermessensentscheidung nicht entsprechend berücksichtigt, dass in Österreich die Tochter und der Sohn der Beschwerdeführer sowie dessen Lebensgefährtin und Kinder lebten. Auch sei nicht entsprechend berücksichtigt worden, dass die Beschwerdeführer aus der Ortschaft Vinkovci stammten, die seit Beendigung des jugoslawisch-kroatischen Krieges zu Kroatien gehöre. Sie hätten als jugoslawische Staatsbürger keine Möglichkeit, dorthin zurückzukehren und dort zu leben. Darüber hinaus hätten Menschen ihres Alters in Jugoslawien derzeit keine Wohnmöglichkeit. Bei richtiger Interessenabwägung hätte die belangte Behörde zum Ergebnis zu kommen gehabt, dass eine Ausweisung nicht zulässig sei.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Dauer des Aufenthalts der Beschwerdeführer in Österreich von zumindest sieben Jahren und deren familiären Bindung zu ihren Kindern zutreffend einen relevanten Eingriff iS des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Dem steht der jedenfalls nach Ablauf der sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer zur Gänze unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich gegenüber. Wenn die belangte Behörde angesichts dessen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Beschwerdeführer durch ihren jahrelangen unrechtmäßigen Aufenthalt das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1998, Zl. 98/18/0252, mwN), erheblich beeinträchtigt hätten und demgegenüber die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich in den Hintergrund träten, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Dieses gewichtige öffentliche Interesse an der Ausreise der Beschwerdeführer wird durch deren persönlichen Interessen nicht aufgewogen, weil deren Integration angesichts des jahrelangen unrechtmäßigen Aufenthalts und des Fehlens der Möglichkeit, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, trotz der insgesamt langen Aufenthaltsdauer kein entscheidendes Gewicht zukommt.

Dem Beschwerdevorbringen, dass die Beschwerdeführer keine Möglichkeit hätten, nach Vinkovci zurückzukehren, und sie darüber hinaus in Jugoslawien keine Wohnmöglichkeit hätten, ist zu erwidern, dass mit einer Ausweisung nicht angeordnet wird, dass der Fremde in einen bestimmten Staat auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde, zumal sich die Frage der Unmöglichkeit der Abschiebung eines Fremden in einen bestimmten Staat etwa im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 FrG, nicht jedoch im Verfahren betreffend eine Ausweisung stellt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass von § 37 FrG nur Eingriffe in das in Österreich geführte Privat- und Familienleben geschützt werden, nicht jedoch die Führung eines Privat- und Familienlebens des Fremden außerhalb Österreichs gewährleistet wird (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch im Geltungsbereich des FrG maßgebliche hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 97/18/0117, mwN). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass - sollte das Beschwerdevorbringen dahin zu deuten sein, dass die Beschwerdeführer auf Unterhaltsleistungen ihrer Kinder angewiesen seien - Unterhaltsleistungen auch erbracht werden können, wenn sich der Berechtigte im Ausland befindet (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 97/18/0117).

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 33Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen zugunsten der Beschwerdeführer Gebrauch zu machen gehabt hätte.

4. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999180348.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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