TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/27 97/12/0384

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.1999
beobachten
merken

Index

63/02 Gehaltsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

GehG 1956 §61 Abs5 idF 1982/350;
LDG 1984 §106 Abs1 Z1;
LDG 1984 §106 Abs2 Z1;
LDG 1984 §106 Abs2 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des Ing. AE in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. Oktober 1997, Zl. MA 2/147/96, betreffend die Vergütung von Mehrdienstleistungen nach § 61 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Berufsschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Seine Dienststelle ist die Berufsschule Elektrotechnik II in 1060 Wien. An dieser Schule ist im Sinn des § 52 Abs. 8 LDG 1984 ein Stellvertreter des Leiters bestellt.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist sachverhaltsmäßig unbestritten, dass dieser bestellte Stellvertreter vom 3. bis 6. Mai 1994 infolge Teilnahme an einem Seminar vorübergehend an der Dienstleistung an der Schule verhindert war. In der Zeit vom 2. bis 5. Mai 1994 war auch der Schulleiter seminarbedingt abwesend. Im Hinblick darauf, dass der Stellvertreter des Leiters am 2.Mai 1994 den abwesenden Schulleiter zu vertreten hatte, musste der Beschwerdeführer als "dienstzweitältester" Lehrer am 2.Mai 1994 für den dienstältesten Lehrer, welcher den Stellvertreter des Leiters zu vertreten hatte, "einspringen". In der Zeit vom 3. bis 5. Mai 1994 vertrat der Beschwerdeführer wegen Abwesenheit des Schulleiters und des bestellten Stellvertreters des Leiters den Stellvertreter des Leiters. Der dienstälteste Lehrer übernahm die Vertretung des Leiters der Schule.

Mit Schreiben vom 23. November 1995 an die Dienstbehörde

1. Instanz führte der Beschwerdeführer aus, der Leiter seiner Schule sei "von Montag, 2.5.94 bis Donnerstag, 5.5.94" dienstverhindert gewesen. Sein Stellvertreter sei in der gleichen Woche von Dienstag bis Freitag Teilnehmer an einem Seminar gewesen. Der dienstälteste Kollege sei daher Montag und Freitag Leiterstellvertreter und Dienstag, Mittwoch und Donnerstag Leiter der Schule gewesen. Der Beschwerdeführer habe als "Dienstzweitältester" von Dienstag bis Donnerstag den abwesenden Stellvertreter vertreten. Da "beide Male eine viertägige Dienstverhinderung" vorgelegen sei, seien gemäß § 27 Landeslehrer-Dienstgesetz 1984 (LDG) und § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) durch die Vertretung bedingte "bezahlte Supplierstunden" anzuweisen.

Dazu am 15. Dezember 1995 einvernommen, gab der Beschwerdeführer an, dass er als "Dienstzweitältester" den bestellten Leiterstellvertreter von Dienstag, den 3., bis Donnerstag, den 5. Mai 1994, vertreten habe. Er habe seinen Unterricht normal abgehalten und gleichzeitig anfallende Vertretungshandlungen gesetzt. Es sei ihm schon vorher bekannt gewesen, dass sowohl Direktor als auch Direktorstellvertreter ab Dienstag, dem 3. Mai 1994, drei Tage lang gemeinsam abwesend sein werden. Weder sei er vom Direktor noch vom Direktorstellvertreter noch vom Dienstältesten noch vom Landesschulinspektor von seiner Vertretungspflicht gemäß § 27 LDG entbunden worden, noch habe er einen Entbindungsantrag gestellt. Er sei der Meinung, dass, sobald eine viertägige Dienstverhinderung, sowohl des Direktors als auch von dessen Stellvertreter vorlägen, wobei eine mindestens "eintägige Überlappung" der Abwesenheit gegeben sei, bezahlte Vertretungen einzusetzen seien.

Hierauf wies die Dienstbehörde 1. Instanz mit Bescheid 27. Dezember 1997 unter Bezugnahme auf § 27 LDG und § 61 GG den Antrag auf Abgeltung der Vertretungstätigkeit von Dienstag, den 3. Mai bis Donnerstag, den 5. Mai 1994, ab. In der Begründung führte die Behörde aus, dass der Schulleiter vom 2. bis 5. Mai 1994 dienstverhindert gewesen sei. Sein Stellvertreter sei in derselben Woche vom 3. bis 6. Mai 1994 abwesend gewesen. Daraufhin habe der dienstälteste Lehrer am 2. und 6. Mai 1994 die Funktion des Direktorstellvertreters, vom 3. bis 5. Mai 1994 die Funktion des Direktors übernommen. Der Beschwerdeführer habe lediglich vom 3. bis 5. Mai 1994 die Funktion des Direktorstellvertreters ausgeübt. Da im vorliegenden Fall sowohl der Direktor als auch der Direktorstellvertreter nie vier Tage dienstverhindert, sondern durch die Überschneidung der Zeiträume beide gleichzeitig nur drei Tage abwesend gewesen seien, habe der Beschwerdeführer lediglich vom 3. bis 5. Mai 1994 gemäß § 27 Abs. 1 und 4 LDG als "dienstzweitältester" Lehrer den dienstältesten Lehrer in dessen Funktion als Vertreter des Direktorstellvertreters vertreten. Gemäß § 61 Abs. 5 GG idF BGBl. Nr. 43/1995 gebühre eine Vergütung der Vertretung jedoch nur, wenn der Grund der Verhinderung länger als drei aufeinander folgende Kalendertage bestehe. Da die Verhinderung des dienstältesten Lehrers und dessen Vertretung durch den Beschwerdeführer nur drei Tage gedauert habe, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer berief und führte aus, dass es richtig sei, dass er auf Grund der Vertretungsregelungen des § 27 LDG den dienstältesten Lehrer in seiner Funktion als Direktorstellvertreter nur drei Tage lang, nämlich vom 3. bis 5. Mai 1994 vertreten habe. Allerdings habe die erstinstanzliche Behörde übersehen, dass aus den "Verhinderungsfällen" des Schulleiters und seines Stellvertreters auch weitere Konsequenzen für die Erfüllung der lehramtlichen Pflichten durch die jeweils "nachrückenden" Lehrer resultierten. Am 2. Mai 1994 habe der dienstälteste Lehrer der Schule als Vertreter des Leiterstellvertreters, der den abwesenden Leiter habe vertreten müssen, tätig zu werden gehabt. Durch die sich daraus ergebende Reduzierung seiner Lehrverpflichtung sei er in der Erfüllung seiner Lehrverpflichtung gehindert gewesen. Das Gleiche gelte auch für den 6. Mai 1994, als der dienstälteste Lehrer in die Position des Leiterstellvertreters "nachrückte", und auch in diesem Fall an der Erfüllung seiner Lehrverpflichtung als "einfacher Lehrer" gehindert gewesen sei. Somit sei im Unterschied von der im erstinstanzlichen Bescheid vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass der dienstälteste Lehrer der Schule vom 2. bis einschließlich 6. Mai 1994 (also insgesamt fünf Kalendertage) an der Erfüllung seiner lehramtlichen Pflichten verhindert gewesen sei. Dass die Verhinderung auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen sei, schade nach § 61 Abs. 5 GG nicht, weil es sich um "unmittelbar aufeinander folgende Gründe der Verhinderung" handle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge. Sie führte aus, dass die Klärung der Frage, welche Mitarbeiter der Berufsschule der Beschwerdeführer vertreten habe, aus welchem Grund und wie lange die Vertretenen abwesend gewesen seien, unbeachtlich sei. Maßgeblich sei, ob der abwesende Mitarbeiter an der Erfüllung seiner lehramtlichen Pflichten und seiner Erziehungstätigkeit behindert gewesen sei und in dieser Tätigkeit eine Vertretung erfolgt sei. Dies ergebe sich aus § 61 Abs. 1 GG, welcher normiere, dass Mehrdienstleistungen abzugelten seien, wenn das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten werde, wobei gemäß § 61 Abs. 3 GG auch die vorübergehende Überschreitung, aber nur wenn sie im Pflichtenkreis der Lehr- bzw. Erziehertätigkeit erfolge, zu berücksichtigen sei.

Der Beschwerdeführer habe im Zuge einer Niederschrift am 15. Dezember 1995 erklärt, im Zeitraum vom 3. bis 5. Mai 1994 seinen Unterricht normal abgehalten und gleichzeitig "Vertretungshandlungen" gesetzt zu haben. Hieraus ergebe sich, dass nicht eine Lehr- bzw. Erziehungstätigkeit hätte abgegolten werden sollen, sondern Tätigkeiten, welche vom Schulleiterstellvertreter besorgt würden. Für solche Tätigkeiten sei aber gemäß § 61 GG 1956 eine Vergütung nicht vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist Landeslehrer im Sinn des § 1 LDG, BGBl. Nr. 302/1984. Gemäß § 106 Abs. 1 Z 1 leg. cit. gilt für ihn das Gehaltsgesetz 1956, allerdings mit der Maßgabe, dass nach § 106 Abs. 2 Z 1 LDG an Stelle des Dienstverhältnisses zum Bund das Dienstverhältnis zu dem betreffenden Land tritt, und dass, sofern die Vorschriften des GG auf andere dienstrechtliche Bestimmungen verweisen, deren Inhalt für Landeslehrer in diesem Bundesgesetz geregelt wird, nach § 106 Abs. 2 Z 5 LDG die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten.

Da es sich im Beschwerdefall um einen zeitraumbezogenen Anspruch handelt, ist die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 61 Abs. 5 GG in der Fassung BGBl Nr. 305/1982 anzuwenden, die wie folgt lautet:

"(5) Die Vergütung nach Abs. 1 gebührt auch den Lehrern, die zur Vertretung eines vorübergehend an der Erfüllung seiner lehramtlichen Pflichten oder seiner Erziehertätigkeit gehinderten Lehrers herangezogen werden, wenn der Grund oder unmittelbar aufeinander folgende Gründe der Verhinderung länger als drei aufeinander folgende Kalendertage besteht beziehungsweise bestehen. Die Vergütung gebührt in diesem Fall ab dem 1. Tag der Vertretung und beträgt für jede Unterrichtsstunde 25 v.H. der gemäß Abs. 1 bis 4 für den Monat gebührenden Vergütung."

Der Beschwerdeführer führt zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit aus, dass nach dem maßgeblichen Gesetzeswortlaut des § 61 Abs. 5 GG eine Beschränkung auf "lehramtliche Pflichten" und "Erziehertätigkeit" lediglich in Bezug auf den zu Vertretenden gelte. Nicht hingegen enthalte das Gesetz eine Einschränkung darin, dass die Mehrdienstleistungsvergütung nur insoweit gebühre, als "vom Vertretenden lehramtliche Pflichten bzw. Erziehertätigkeit wahrgenommen würden".

Weiters sei zu beachten, dass durch § 52 LDG eine Äquivalenz zwischen Leitertätigkeit und Unterrichtstätigkeit hergestellt werde. Auch der Berufsschulleiter habe grundsätzlich eine Lehrverpflichtung von 23 Wochenstunden (§ 52 Abs. 1 und 7 LDG). Die Bestimmungen über die Verminderung der Lehrverpflichtung je nach Anzahl von Schülern und Schulklassen zeige das Verhältnis an, mit welchem der Gesetzgeber Unterrichtstätigkeit und Leitertätigkeit gleich setze. Außerdem sei zu beachten, dass dem Schulleiter selbst durch spezifische Leiterzulagen (Dienste nach den §§ 57 ff GG) die Leitungstätigkeit abgegolten werde. Die Mehrdienstleistungsvergütung andererseits gebühre nicht nur für Unterrichtserteilung und Erziehertätigkeiten, sondern gemäß § 61 Abs. 1 GG auch für die nach den §§ 9 und 10 BLVG eingerechneten Nebenleistungen. Zufolge § 106 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 5 LDG gelte dies auch für die den Landeslehrern gemäß den §§ 45 ff dieses Gesetzes eingerechneten Nebenleistungen. Aus all diesen Gründen sei ersichtlich, dass unter "lehramtlichen Pflichten" im Sinn des Abs. 5 des § 61 GG auch jene Pflichten zu verstehen seien, welche auf Nebenleistungen bezogen seien, welche an die Stelle der Lehrverpflichtung träten. Dies treffe auch auf Leitertätigkeiten zu, die nur vertretungsweise ausgeübt würden und deren Abgeltung daher nicht im Rahmen einer Leiterzulage erfolge. Nur dieses Ergebnis sei verfassungskonform. Ansonsten würden von allen "Nebentätigkeiten" (gemeint wohl: Nebenleistungen) gerade die gegenständlichen vertretungsweisen Leitertätigkeiten nicht abgegolten, sondern deren unentgeltliche zusätzliche Erfüllung verlangt.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 37. GG-Novelle (714 Blg Sten Prot NR, 15. GP) eindeutig hervorgeht, dass nur die Suppliertätigkeit eines Lehrers zu vergüten ist. Wörtlich lautet die betreffende Stelle:

"§ 61 Abs. 5 regelt die Vergütung der Suppliertätigkeit des Lehrers. Bei der Frage der Dauer der Verhinderung des vertretenden Lehrers sind die Tage, an denen unmittelbar aufeinander folgende Gründe der Hinderung bestehen, zusammengezogen. Liegt ein Tag oder liegen mehrere Tage, an denen kein Verhinderungsgrund besteht, dazwischen, sind zwei getrennte Verhinderungen gegeben."

Da die Wortfolge "oder Erziehertätigkeit" in § 61 Abs. 5 GG 1956 erst mit der 39. GG-Novelle (BGBl. Nr. 350/1982) eingeführt wurde, ergibt sich aus der oben genannten Erläuternden Bemerkungen zu § 61 Abs. 5 GG in der Fassung BGBl. Nr. 306/1981 eindeutig, dass unter "lehramtlichen Pflichten" nur Supplierstunden, also die Vertretungen im Unterricht, zu vergüten sind. Dies zeigt auch der letzte Satz des § 61 Abs. 5 GG, nach dem die Vergütung für die genannten Mehrleistungen "für jede Unterrichtsstunde" gebührt. Es kann auch nicht gesagt werden, dass der Gesetzgeber verhalten wäre, jede allfällige Mehrleistung eines Beamten (hier: Wahrnehmung einer Vertretung) Zug um Zug finanziell abzugelten (vgl. insbesondere zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1995, VwSlg. 14.356/A, m. w.H).

Demnach besteht nach § 61 Abs. 5 GG kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Berücksichtigung bzw. Abgeltung der vorübergehenden Wahrnehmung der Funktion als Schulleiterstellvertreter. Dafür, dass der Beschwerdeführer in dem in Frage stehenden Zeitraum eine Vertretung in Form von tatsächlichen Supplierstunden wahrzunehmen gehabt hätte, gibt es keine Anzeichen. Der Beschwerde ist vielmehr zu entnehmen, dass der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf Mehrdienstleistungsvergütung auf "in diesem Sinne geleisteten Supplierstunden" beruht. "In diesem Sinne" bedeutet im gegebenen Zusammenhang aber nur die Vertretung des Vertreters in der Schulleitung, nicht aber der Erbringung konkreter Lehrtätigkeit in Form von Supplierstunden.

Da somit auch kein relevanter Verfahrensmangel vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997120384.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten