Entscheidungsdatum
27.09.2018Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W175 2166271-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 28.06.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1265/2017 über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. von Syrien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Damaskus vom 13.03.2017, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/0913/2017, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 28.06.2017, GZ. Damaskus-OB/KONS/1265/2017, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufgehoben.
II. In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG 2005 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 16.03.2016 unter Anschluss diverser Unterlagen bei der österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte die BF aus, dass sie die Ehegattin eines syrischen Staatsangehörigen sei. Diesem wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.01.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
In der Folge übermittelte die ÖB Damaskus den Antrag und Sachverhalt mit Schreiben vom 22.03.2016 an das BFA zur weiteren Veranlassung, wobei auf eine Anmerkung des Dokumentenberaters der Österreichischen Botschaft Beirut hingewiesen wurde, wonach keine aufrechte Ehe zum Zeitpunkt des Asylansuchens der Bezugsperson bestanden habe.
Mit Schreiben vom 08.08.2016 hielt das BFA in einer Mitteilung gem. § 35 Abs. 4 AsylG fest, dass die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nach Prüfung der Sachlage nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 sei.
In der Stellungnahme des BFA vom 08.08.2016 wurde näher ausgeführt, dass sich im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antrag, Zeugeneinvernahme, Angaben im Bezugsakt der Bezugsperson) gravierende Widersprüche ergeben hätten. Aufgrund der angeführten Widersprüche und mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel (aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenklich Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrensparte sei es möglich, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen, widerrechtlich zu erlangen) sei keineswegs vom Nachweis im Sinne eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.
Mit Schreiben vom 10.08.2016, übernommen am 23.08.2016, wurde die BF seitens der ÖB Damaskus aufgefordert, zur gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Mit undatiertem Schriftsatz wurde eine solche Stellungnahme eingebracht und darin vorgebracht, dass die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson zweifellos vor der Flucht der Bezugsperson nach Österreich geschlossen und ein gemeinsames Eheleben geführt worden sei. Die Registrierung der Ehe bei Gericht sei nach der Ausreise erfolgt; dies sei aber keine unbedingte Voraussetzung für die Gültigkeit der Ehe. Die Registrierung der Ehe wirke rückwirkend. Die Anwesenheit der beiden Ehepartner bei der Registrierung sei nicht unbedingt notwendig, wenn besondere Umstände gegeben seien. Im konkreten Fall habe die Registrierung der Ehe nicht in Anwesenheit der Bezugsperson durchgeführt werden können, weil diese bei einem Behördenkontakt sofort verhaftet und zum Militär eingezogen worden wäre. Dies sei im Rahmen des Asylverfahrens als glaubwürdig anerkannt worden.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 30.11.2016 wurde festgehalten, dass die BF und die Bezugsperson am 05.04.2014 in Syrien geheiratet hätten. Nach der Hochzeit habe das Paar bis zur Flucht der Bezugsperson im September 2014 in einer gemeinsamen Wohnung in Syrien gelebt; demnach habe bereits vor der Flucht ein aufrechtes Familienleben bestanden. Die BF habe die Gültigkeit ihrer bereits am 05.04.2014 durch einen Ehevertrag geschlossenen Ehe durch das Scharia Gericht am 21.10.2015 bestätigen und die Ehe daraufhin am 01.11.2015 im syrischen Zivilregister nachträglich registrieren lassen. Demnach sei die Ehe bereits ab dem Datum der Eheschließung und damit bereits fast ein Jahr vor dem Antrag auf internationalen Schutz der Bezugsperson in Österreich in Syrien gültig. Dass die Ehe nicht unmittelbar nach der Eheschließung im syrischen Zivilregister habe registriert werden können, könne damit begründet werden, dass die Bezugsperson zum Militärdienst hätte eingezogen werden sollen, was aus dem beiliegenden Militärbuch hervorgehe und auch bereits im Rahmen des Asylverfahrens als glaubhaft anerkannt worden sei. Weshalb das BFA an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle, sei im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar und werde auch in der Stellungnahme des BFA nicht näher konkretisiert. Allgemeine Zweifel seien nach höchstgerichtlicher Judikatur nicht ausreichend, konkret eingereichten Dokumenten die Beweiskraft zu versagen. Des Weiteren müsse bei Zweifeln an Dokumenten eine kriminaltechnologische Untersuchung durchgeführt werden, um eine Fälschung festzustellen. Zudem sei auch nicht näher ausgeführt worden, worin die Behörde Widersprüche erkenne, weshalb der BF keine Möglichkeit gegeben worden sei, diese Widersprüche aufzuklären. Sämtliche Angaben der Bezugsperson würden mit den Daten der eingereichten Dokumente übereinstimmen; es sei demnach nicht nachvollziehbar, was von der Behörde als widersprüchlich angesehen werde. Der Stellungnahme wurde ein Konvolut an Unterlagen beigefügt.
Mit Schreiben vom 10.03.2017 teilte das BFA der ÖB Damaskus im Wesentlichen mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. In der Stellungnahme vom 10.03.2017 wurde - zusätzlich zu den bisherigen Ausführungen - festgehalten, dass die Bezugsperson laut eigenen Angaben im September 2014 aus Syrien geflohen und am 19.03.2015 nach Österreich gereist sei und hier einen Asylantrag gestellt habe. Die Eheschließung sei am 21.10.2015 am Schariagericht erfolgt, wobei beide Eheleute nicht anwesend gewesen seien. Die Eintragung der Eheschließung sei am 01.11.2015 in Syrien erfolgt. Zusammengefasst habe der Beweis einer Eheschließung bereits am 05.04.2014 und damit auch eines ehelichen Zusammenlebens nicht erbracht werden können.
Mit Bescheid vom 13.03.2017 verweigerte die ÖB Damaskus das Visum und verwies diesbezüglich begründend auf die Stellungnahmen und Mitteilungen des BFA.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 18.04.2017 fristgerecht Beschwerde, in welcher im Wesentlichen erneut ausgeführt wurde, dass zwar im vorliegenden Fall eine nachträgliche Registrierung der Ehe am 01.11.2015 erfolgt sei, dies aber gängige Praxis in Syrien sei. Mit der Bestätigung durch ein Schariagericht und Registrierung der Ehe im syrischen Zivilregister werde eine Ehe ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung für gültig erklärt. Wenn die Behörde nach wie vor davon ausgehe, dass die Eheschließung unter Abwesenheit beider Ehepartner erst am 21.10.2015 am Schariagericht vorgenommen worden sei, handle es sich hierbei - wie bereits erläutert - um eine falsche Interpretation der Behörde. Insgesamt ergebe sich, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren mangelhaft und mit Willkür belastet sei. Die Nichtberücksichtigung der Stellungnahmen und der darin angeführten Anträge, die vermeintlichen Widersprüche konkret zu benennen und die angezweifelten Dokumente adäquat untersuchen zu lassen, stelle eine massive Verletzung des Rechts auf Parteiengehör der BF dar. Der Beschwerde wurde ein Konvolut an Unterlagen beigefügt.
In der Folge hat die ÖB Damaskus mit Bescheid vom 28.06.2017 (und demnach verspätet) eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit welcher die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde die Auffassung des BFA über das Nichtvorliegen der Familieneigenschaft iSd AsylG teile, da die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. eine Fortsetzung eines bereits bestehenden Familienlebens nicht habe nachgewiesen werden können. So habe das BFA in seiner 2. Stellungnahme vom 10.03.2017 detailliert ausgeführt, dass der Beweis für eine Eheschließung bereits am 05.04.2014 nicht habe erbracht werden können. Überdiese hätten sich im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses bei einer Gegenüberstellung der Angaben gravierende Widersprüche ergeben und habe auch aus diesem Grund keineswegs vom Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses ausgegangen werden können. Die Beweiswürdigung des BFA, dass die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, sei nicht zu beanstanden. Es fehle demnach an der Grundvoraussetzung des Vorliegens der Eigenschaft als Familienangehöriger nach § 35 Abs. 5 AsylG.
Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 03.07.2017 einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein. Zur Begründung wurde auf die Stellungnahme vom 30.11.2016 und auf die Beschwerde vom 18.04.2017 verwiesen.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 01.08.2017 wurde am 02.08.2017 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) I. Ersatzlose Behebung der Beschwerdevorentscheidung:
Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerde am 18.04.2017 rechtzeitig erhoben wurde und zulässig ist.
Allerdings wurde die Beschwerdevorentscheidung mit 28.06.2017 verspätet und damit von einer unzuständigen Behörde erlassen.
Der Vorlageantrag wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG stand es der belangten Behörde frei, den angefochtenen Bescheid - innerhalb von zwei Monaten - aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen, wie hier erfolgt (Beschwerdevorentscheidung); dies unter sinngemäßer Beachtung des § 27 VwGVG. Die zweimonatige Frist beginnt mit dem Einlangen der Beschwerde bei der Behörde zu laufen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Rz 7 zu § 14, ebenso Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2017], § 14 VwGVG, K 6).
Wie dargestellt, wurde die Beschwerdevorentscheidung verspätet und sohin von einer unzuständigen Behörde erlassen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Frage der Zuständigkeit der erlassenden Behörde von Amts wegen aufzugreifen. Die Beschwerdevorentscheidung ist daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde nach § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 27 VwGVG ersatzlos zu beheben. (Vgl Eder/Martschin/Schmid, das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2017], § 14 VwGVG K 7.)
Die Beschwerdevorentscheidung tritt durch den Vorlageantrag mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, was vom Gesetzgeber offenbar beabsichtigt war (vgl. RV 2009, BlgNR 24 GP 5), sondern derogiert dem Ausgangsbescheid endgültig und wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (dazu ausführlich VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdevorentscheidung mit der vorliegenden Entscheidung jedoch ersatzlos ex tunc behoben wird, ist dem angefochtenen Bescheid nicht mehr derogiert und ist dieser in Folge anhand der Beschwerde iSd § 28 Abs. 2 VwGVG zu prüfen.
Damit stellt sich die Frage nach dem rechtlichen Schicksal des Vorlageantrages. Der Ansicht, durch die ex tunc Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung wäre der Vorlageantrag nun mangels derselben unzulässig, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu folgen, zumal kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich ist, den Vorlageantrag deswegen aus dem Rechtsbestand zu entfernen, war er doch als Rechtsmittel gegen die (verspätet) erlassene Beschwerdevorentscheidung insoweit erfolgreich, als er zu deren Aufhebung führte.
Zu A) II. Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
...
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Der VwGH führt in seinen Erkenntnissen vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, aus, dass für das geltende Recht, das Anträge auf internationalen Schutz aus dem Ausland sachlich begründbar nicht mehr kennt, entsprechend den Vorgaben des VfGH sicherzustellen ist, dass über den Antrag auf Erteilung des Einreisetitels eines Familienangehörigen des in Österreich befindlichen Schutzberechtigten in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren entschieden wird und insbesondere auch Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK berücksichtigt werden. Diesen Erfordernissen kann im geltenden Recht aber auch ohne Zulassung eines Antrags auf internationalen Schutz aus dem Ausland entsprochen werden.
Dazu hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das BFA zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des BFA schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Problematisch wäre hingegen, die Entscheidung über den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 an eine Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes zu binden, die im Visaverfahren vom Antragsteller nicht effektiv in Frage gestellt werden kann und keiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterläge.
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, wurde in § 9 Abs. 3 FPG 2005 jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das BVwG zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem BVwG, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem BVwG offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das BFA seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das BVwG gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG 2005 nicht entgegen gehalten werden (vgl. auch VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
Hinzu kommt, dass der VfGH in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert hat, im Visaverfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. insbesondere auch VfGH vom 6. Juni 2014, B 369/2013, und vom 23. November 2015, E 1510- 1511/2015-15).
Im vorliegenden Fall wurde die negative Wahrscheinlichkeitsprognose im Wesentlichen damit begründet, dass massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden bestanden hätten, wobei hiezu ausgeführt wurde, dass es im Herkunftsstaat der BF möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen, widerrechtlich zu erlangen. Zudem hätten sich im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses bei einer Gegenüberstellung der Angaben gravierende Widersprüche ergeben.
Zu den Zweifeln an der Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Dokumente der BF ist zu sagen, dass sich die diesbezüglichen Zweifel zum einen weder im Vorhalt der Vertretungsbehörde betreffend die negative Mitteilung des BFA noch im Bescheid der Vertretungsbehörde oder in der Beschwerdevorentscheidung in entsprechend konkretisierter Form wiederfinden und darüber hinaus ein solcher bloß allgemeiner Verdacht nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nicht genügt, um im Verfahren vorgelegten Urkunden generell deren Beweiskraft abzusprechen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12; Erkenntnis des VwGH vom 25.04.2014, Zl. 2013/21/0236 bis 0239). Es wäre vielmehr unterstützend auf andere geeignete Beweismittel, wie etwa die Gegenüberstellung der Aussagen der BF und der Bezugsperson zur Eheschließung, zurückzugreifen und diese entsprechend zu würdigen, wobei der Partei dazu im Zusammenhang mit den im Visumverfahren entstandenen Widersprüchen eine entsprechende Möglichkeit zur Stellung zu geben wäre.
Der BF ist dahingehend beizupflichten, dass dieser seitens der ÖB Damaskus tatsächlich keine Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den behaupteten Widersprüchen zwischen ihren Angaben und jenen der Bezugsperson hinsichtlich der Familienangehörigeneigenschaft zielgerichtet Stellung zu nehmen, da die vermeintlichen Widersprüche nicht näher ausgeführt wurden. Dies wurde bereits in der ergänzenden Stellungnahme vom 30.11.2016 gerügt und beantragt, die vermeintlichen Widersprüche konkret zu benennen, um der BF die Möglichkeit zu geben, diese aufzuklären. Diesem Ersuchen ist die belangte Behörde jedoch auch in ihrer zweiten Stellungnahme vom 10.03.2017 nicht nachgekommen.
Sofern widersprüchliche Angaben gemacht werden, ist dies - unter Anführung ebendieser Widersprüche - der BF zur Kenntnis zu bringen und ihr Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Ein bloßer Austausch diesbezüglichen Erkenntnisse zwischen Botschaft und BFA ist nicht ausreichend. Ein Antragsteller muss in die Lage versetzt werden, auch zur Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes ein zweckentsprechendes, zielgerichtetes Vorbringen zu erstatten. Dazu wird er regelmäßig nur dann in der Lage sein, wenn ihm die Gründe für die Einschätzung des BFA im Verfahren hinreichend genau dargelegt werden.
Da die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA und in der Folge auch die Aufforderung zur Stellungnahme durch die Botschaft, im Hinblick auf allfällige Widersprüche und auf die Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Urkunden - mangels entsprechendem Parteiengehör - nicht nachvollziehbar begründet wurde, hatte die BF keine Möglichkeit, zur beabsichtigten ablehnenden Entscheidung der Botschaft konkret Stellung zu nehmen und ihren Rechtsstandpunkt zu verteidigen. Der BF war es daher nicht möglich, ein konkretes und substantiiertes Vorbringen zu erstatten, welches geeignet gewesen wäre, die Zweifel der Behörde am tatsächlichen Bestehen des Familienverhältnisses zu zerstreuen. Es war aber nicht nur der BF unmöglich, zu den angeblichen Widersprüchen eine konkrete Stellungnahme abzugeben, sondern konnte auch das Bundesverwaltungsgericht diese mangels geeigneter Darstellung im Verwaltungsakt nicht nachvollziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur gebotenen Vorgangsweise bei der Visumserteilung festgehalten, dass die Behörde im Rahmen ihrer aus § 11 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG resultierenden Verpflichtung zur Wahrung des Parteiengehörs gegenüber dem Fremden konkret darzulegen hat, worin die gegen die Erteilung eines Visums sprechenden Bedenken bestehen. Erst dann sei es Sache des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen (vgl. VwGH, 09.11.2010, Zl. 2007/21/0323).
Gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG darf eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, erst dann ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
Der Beschwerde ist somit insofern stattzugeben, dass der BF mangels ausreichenden Parteiengehörs keine Möglichkeit zur Abgabe einer umfassenden abschließenden Stellungnahme gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG 2005 eingeräumt wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG 2005) im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum Angehörigenverhältnis der BF mit der Bezugsperson in Österreich (dh zur Eheschließung und zum Familienleben) nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können. Es war somit mit der Behebung des gegenständlichen Bescheides bzw. einer Zurückverweisung zur Vornahme der erforderlichen Informationen vorzugehen.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war diese Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Beschwerdevorentscheidung, Beweismittel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W175.2166271.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018