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L70709 Theater Veranstaltung Wien;Norm
VeranstaltungsG Wr 1971 §15 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Schneider Ernst Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien III, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 22. Juni 1999, Zl. MA 7-R 15/99, betreffend Versagung einer Konzession für einen Münzgewinnspielapparat, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am 7. Jänner 1998 bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Konzession zum Betrieb eines Münzgewinnspielapparates im Standort Wien XII, Wienerbergstraße 39. Im Standort Wienerbergstraße 16-20, schräg gegenüber der geplanten Veranstaltungsstätte, befindet sich ein Kindertagesheim mit einem Eingang an der Rückseite des Gebäudes, bei Stiege 37. Die für die Stadtvermessung zuständige Magistratsabteilung 41 hat die Gehstrecke vom Eingang des Kindertagesheimes zum Lokaleingang in Wien XII, Wienerbergstraße 39, vermessen und am 25. November 1998 die Länge dieser Strecke mit 121,20 m bekannt gegeben. Der Vermessung wurde ein Stadtkartenausschnitt im Maßstab 1 : 1000 beigelegt. Mit Vorhalt vom 7. Dezember 1998 wurde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, gleichzeitig wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 1. Februar 1999 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung einer Konzession für einen Münzgewinnspielapparat in der Veranstaltungsstätte im Standort Wien XII, Wienerbergstraße 39, mit der Begründung abgewiesen, es sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden, dass sich in einer Entfernung von weniger als 150 m Gehweg unter der Adresse Wien XII, Wienerbergstraße 16-20, Stiege 37, ein Kindertagesheim befinde. Die Vermessung der MA 41 (Stadtvermessung) habe eine Entfernung von 121,20 m, gemessen vom Lokaleingang (Mitte) bis zum Eingang des angeführten Kindertagesheimes (Mitte), ergeben. Nach § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes dürften Konzessionen für den Betrieb von Münzgewinnspielapparaten außerhalb der im Abs. 2 genannten Volksbelustigungsorte nur verliehen werden, wenn die Veranstaltungsstätte von öffentlichen und privaten Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen sowie vergleichbaren Privatschulen, von Schülerheimen, Horten und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg (gemessen von den Ein- und Ausgängen) entfernt sei.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, die Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, dass der Gehweg zwischen dem gegenständlichen Lokal in Wien XII, Wienerbergstraße 39, und dem Kindertagesheim weniger als 150 m betragen würde. Die Behörde stelle zwar fest, dass die Entfernung zwischen den beiden Eingängen nur 121,20 m betragen würde, doch habe die Behörde bei der Vermessung nur die Luftlinie - somit den direktesten Weg - gemessen und nicht, wie dies vom Gesetz vorgesehen wäre, den Gehweg. Berücksichtige man die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die Wienerbergstraße, die hier vierspurig sei und bei der die beiden mittleren Fahrspuren nur durch eine doppelte Sperrlinie und nicht etwa durch eine Schutzinsel getrennt seien, und die Tatsache, dass sich bei der Kreuzung der Wienerbergstraße mit der Eibesbrunnergasse ein Schutzweg befinde, verlaufe der "Gehweg" im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes vom Kindertagesheim zum Lokal zunächst entlang des Gehsteiges, dann über den Schutzweg und dann wieder auf den Gehsteig zurück in Richtung Lokal. Der Gehweg sei somit wesentlich länger als 150 m. Weiters sei zu bemerken, dass insbesondere Kindern, also jenen Personen, um deren Schutz es sich handle, nicht zugemutet werden könne, die Wienerbergstraße an der in Rede stehenden Stelle direkt und somit ohne Benützung des Schutzweges zu überqueren. Wenn somit den Kindern ein Überqueren der Straße außerhalb des Schutzweges auf Grund der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrssituation nicht zugemutet werden könne und diese somit darauf angewiesen seien, den Schutzweg bei der Kreuzung zur Eibesbrunnergasse zu benützen, so sei der Verlauf des "Gehweges" evident und weiters ergäbe sich, dass dieser jedenfalls länger als 150 m sei.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1999 hat der Berufungssenat der Stadt Wien die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen ausgeführt, die Entfernung von der Veranstaltungsstätte zum Eingang des Kindertagesheimes betrage nach der Vermessung der Magistratsabteilung 41 121,20 m. Gemessen worden sei nicht - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - die Luftlinie, sondern die Gehstrecke. Es verlange das Wiener Veranstaltungsgesetz nicht, im Zusammenhang mit der Prüfung des 150-Meterbereiches gemäß § 15 Abs. 3 dieses Gesetzes auch straßenverkehrsrechtliche Überprüfungen vorzunehmen oder Verkehrskontrollen durchzuführen. Vielmehr liege der Schutzzweck der Norm im Bereich des Jugendschutzes, und zwar in der Weise, dass Minderjährige der verlockenden Wirkung von Münzgewinnspielapparaten nicht schon dadurch ausgesetzt sein sollten, dass Veranstaltungsstätten mit derartigen Einrichtungen durch einen relativ geringen Gehweg erreichbar seien. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Minderjährige motiviert werden könnten, relativ nahe gelegene derartige Veranstaltungsstätten selbst dann aufzusuchen, wenn sie nur über eine stark befahrene Verkehrsfläche erreichbar seien. Würde sohin den Ausführungen der Beschwerdeführerin gefolgt werden, so wäre bei Vorhandensein eines Münzgewinnspielapparatbetriebes am gegenständlichen Standort eine über den Jugendschutz hinausgehende Gefahr aus der von der Beschwerdeführerin geschilderten Verkehrssituation heraus für Minderjährige zu erblicken. Dies schon deshalb, weil Minderjährige, deren Persönlichkeitsentwicklung noch relativ ungefestigt sei und die daher dem Versuchungscharakter des "kleinen Glücksspiels" in der Form von Münzgewinnspielapparaten leichter unterlägen, sich kaum davon abbringen lassen würden, den von der Magistratsabteilung 41 vermessenen kürzest möglichen Gehweg zur Veranstaltungsstätte zu bewältigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 12/1971 in der Fassung LGBl. Nr. 8/1983, dürfen Konzessionen für den Betrieb von Münzgewinnspielapparaten nur verliehen werden, wenn die Veranstaltungsstätte von öffentlichen und privaten Pflichtschulen, mittleren und höheren Schulen sowie vergleichbaren Privatschulen, von Schülerheimen, Horten und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg (gemessen von den Ein- und Ausgängen) entfernt ist.
Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde ihrer Beurteilung nicht die Luftlinie zu Grunde gelegt hat, sondern einen Weg, der dem Straßenverlauf folgt, und die Wienerbergstraße im Bereich der Veranstaltungsstätte quert. Der Schutzweg im Bereich der Kreuzung Eibesbrunnergasse ist von der Veranstaltungsstätte ca. 150 m entfernt.
Strittig ist nun, was unter Gehweg im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes zu verstehen ist.
Das Wiener Veranstaltungsgesetz erhält keine Definition des in seinem § 15 Abs. 3 verwendeten Begriffes "Gehweg". Schon aus dem in dieser Gesetzesstelle dem Wort "Gehweg" beigefügten Klammerausdruck "gemessen von den Ein- und Ausgängen" ergibt sich aber, dass darunter nicht ein Gehweg im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 11 StVO (also ein für den Fußgängerverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg) zu verstehen ist, sondern eine von den Ein- und Ausgängen der in die Betrachtung einzubeziehenden Orte zu messende Wegstrecke. Die Messung hat so zu erfolgen, dass eine Strecke zu Fuß ohne Umweg zu Grunde zu legen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/02/0344).
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass unter Gehweg im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes jedenfalls nur der Weg verstanden werden könne, der unter Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Vorschriften gewählt werden müsste, kann der Verwaltungsgerichtshof in dieser allgemeinen Form nicht teilen. So stellt das Überqueren einer stark befahrenen vierspurigen Straße an einer ungesicherten Stelle nach Ansicht des erkennenden Senates für die Schutzsubjekte der Norm, nämlich Minderjährige, zwar ein Risiko, aber kein unüberwindliches Hindernis dar. Da gerade in Fällen des phasenbedingten geminderten Verkehrsaufkommens, wie zB. auf Grund einer Ampelregelung im Kreuzungsbereich, nicht ausgeschlossen werden kann, dass Minderjährige den Weg über die ungesicherte Stelle der Wienerbergstraße wählen, ist die Behörde im Beschwerdefall mit Recht davon ausgegangen, dass als Gehweg im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes jener zu sehen ist, der die Wienerbergstraße im Nahebereich der projektierten Veranstaltungsstätte quert.
Die Festlegung des Verlaufes des Gehweges im Sinne des § 15 Abs. 3 des Wiener Veranstaltungsgesetzes durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht. Dass die diesem Verlauf folgende Vermessung durch die MA 41 unrichtig erfolgt sei, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. Damit konnte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass sich die Veranstaltungsstätte von dem Kindertagesheim in einer Entfernung von weniger als 150 m Gehweg befindet.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. November 1999
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999050202.X00Im RIS seit
21.02.2002