Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf , Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des FS in P, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in Wien I, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 7. Oktober 1998, Zl. 419.381/3-2.7/98, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Truppen- und Kaderübungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 15. September 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Kaderübung und einer Truppenübung, die für die Zeit vom 21. bis 31. Oktober 1996 anberaumt waren. Er machte geltend, er sei (nach "Pensionierung der Eltern") Betriebsführer eines landwirtschaftlichen Betriebes. Der Termin falle in eine denkbar ungünstige Zeit (Wein- und Zuckerrübenernte).
Laut Niederschrift vom 17. Oktober 1996 änderte der Beschwerdeführer seinen Antrag auf unbefristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der restlichen Kader- und Truppenübungen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 1996 wies das Militärkommando Niederösterreich diesen Antrag gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer die im Eigentum seiner Eltern stehende Landwirtschaft laut Pachtvertrag vom 24. September 1996 (Pachtbeginn 1. Juni 1996) gepachtet habe. Er lebe im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau (geboren 1964), seiner Tochter (geboren 1991) und seinem Sohn (geboren 1993). Sein Vater (geboren 1936) und seine Mutter (geboren 1933) wohnten ebenso wie eine Schwester (geboren 1956) im selben Ort wie der Beschwerdeführer. Eine andere Schwester (geboren 1957) sei nach Wien verzogen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers bestehe bei seiner Mutter eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 30 %. Die Eltern und die am Wohnort des Beschwerdeführers lebende Schwester stünden als Aushilfskräfte zur Verfügung. Der Beschwerdeführer sei rechtzeitig vorverständigt worden. Der Einberufungsbefehl sei ihm am 9. August 1996 zugestellt worden.
Der Beschwerdeführer habe den Grundwehrdienst in der Dauer von sechs Monaten in der Zeit vom 1. Oktober 1982 bis 31. März 1983 geleistet. Er sei zur Leistung von Truppenübungen und (aufgrund freiwilliger Meldung) zur Leistung von Kaderübungen verpflichtet. Die von ihm geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen rechtfertigten nicht die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Truppen- und Kaderübungen. Trotz entsprechender Dispositionen entstehende wirtschaftliche Nachteile rechtfertigten nämlich nur dann die Befreiung wegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen, wenn eine Existenzgefährdung des Wehrpflichtigen zu befürchten wäre. Die im Hinblick auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit seiner Mutter bestehenden familiären Interessen seien gleichfalls nicht besonders rücksichtswürdig.
Ein Antrag des Beschwerdeführers vom 26. März 1997 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der restlichen Truppen- und Kaderübungen wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Mai 1997 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 7. September 1998 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung weiterer Truppen- und Kaderübungen. Er führte aus, dass er für die Zeit vom 12. bis 23. Oktober 1998 zur Leistung einer Truppen- und Kaderübung einberufen worden sei, und gründet seine wirtschaftlichen Interessen im Wesentlichen auf das gleiche Vorbringen wie in jenem Verfahren, das dem Bescheid vom 29. Oktober 1996 zugrunde lag. Er hebt hervor, dass im Oktober die Weinlese sowie die Kartoffel- und Zuckerrübenernte stattfänden, und vertritt den Standpunkt, die Landwirtschaft erfordere seine ständige Anwesenheit während des gesamten Jahres.
Das Militärkommando Niederösterreich wies mit Bescheid vom 10. September 1998 diesen Antrag wegen entschiedener Sache zurück.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, im Bescheid vom 22. März 1996 sei angenommen worden, er führe die Landwirtschaft seiner Eltern, weshalb die wirtschaftlichen Interessen bei ihnen lägen. Im Verfahren über seinen Antrag vom 15. September 1996 sei er aufgefordert worden, die Arbeitsunfähigkeit seiner Eltern nachzuweisen. Es handle sich auch deshalb um einen anderen Sachverhalt, weil seinerzeit die Truppen- und die Kaderübung vom 21. bis 31. Oktober 1996, die gegenständliche aber "auf den 12. Oktober 1998 angesetzt" worden sei. Der seinerzeitige Antrag habe sich gegen die Einberufung für Oktober 1996 gerichtet; der nunmehrige richte sich gegen die Einberufung für Oktober 1998. Es liege daher weder der gleiche Sachverhalt noch der gleiche Zeitraum vor. Er sei allein für die Landwirtschaft verantwortlich und habe keine Möglichkeit, anderen Personen die Landwirtschaft in der Erntezeit anzuvertrauen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom 7. September 1998 lasse in Bezug auf den Bescheid vom 29. Oktober 1996 keine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes erkennen. Es sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Pächter der elterlichen Landwirtschaft sei, die 35,11 ha umfasse und mit allen notwendigen Maschinen und Geräten ausgestattet sei. Er lebe im gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und seinen Kindern. Seine Eltern seien in Pension und seine Geschwister berufstätig. Die Tatsache, dass er neben der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der restlichen Kader- und Truppenübungen auch um die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der in der Zeit vom 12. bis 23. Oktober 1998 stattfindenden Übungen ansuche, sei ein für die Beurteilung der Hauptfrage unerheblicher Nebenumstand. Eine erhebliche Änderung des dem Bescheid vom 29. Oktober 1996 zugrunde liegenden Sachverhaltes liege nicht vor. Auf den in der Berufung zitierten Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 27. März 1996 werde die Zurückweisung nicht gestützt, sodass dieser für das vorliegende Verfahren unbeachtlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind gemäß § 68 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines Bescheides Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage) bezwecken, weil diese Bestimmung in erster Linie das wiederholte Aufrollen einer bereits entschiedenen Sache verhindern soll. Identität der Sache liegt dann vor, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 1997, Zl. 96/11/0344, mwN).
Eine Änderung der Rechtslage ist nicht eingetreten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom 7. September 1998 lässt auch keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes erkennen. In beiden Verfahren hat der Beschwerdeführer die Befreiung mit der Behauptung, er sei von seinem landwirtschaftlichen Unternehmen unabkömmlich, zu begründen versucht. Hinsichtlich des für die Beurteilung dieses Vorbringens maßgeblichen Sachverhaltes hat er keine Änderung behauptet. Auch die in der Berufung hervorgehobene Tatsache, dass der erste Antrag Übungen im Oktober 1996, der neue Antrag vom 7. September 1998 hingegen (auch) Übungen im Oktober 1998 betroffen habe, stellt keine Behauptung einer wesentlichen Sachverhaltsänderung dar, zumal für beide Monate in Ansehung der Belastung durch Erntearbeiten die gleichen Überlegungen gelten. Der Umstand, dass die Befreiungsanträge verschiedene Zeiträume betroffen haben, bedeutet noch nicht, dass der zweite Antrag nicht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden durfte. Die Tatsache, dass sich der neue Antrag auf einen anderen Zeitraum bezieht, stellt nämlich für sich allein keine wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes, sondern bloß einen für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblichen Nebenumstand dar (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/11/0114).
Mit dem erstmals in der vorliegenden Beschwerde erstatteten Vorbringen, seine Eltern seien nicht mehr in der Lage, Aushilfsarbeiten durchzuführen, seine Ehe sei geschieden und seine frühere Ehefrau lebe schon seit längerer Zeit nicht mehr mit ihm im gemeinsamen Haushalt, macht der Beschwerdeführer im Grunde des § 41 VwGG unbeachtliche Neuerungen geltend.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. November 1999
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110281.X00Im RIS seit
20.11.2000