TE Dok 2018/7/25 02074/6-DK/16

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2018
beobachten
merken

Norm

BDG 1979 §44
BDG 1979 §51 Abs2

Schlagworte

Weisungen nicht beachtet, mehrfach verlangte Arbeitsaufzeichnungen nicht zeitgerecht bzw. überhaupt nicht vorgelegt, selbstständiger Abbruch von Therapiesitzungen

Text

SPRUCH

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat II, hat im Disziplinarverfahren gegen OR Mag. Beschuldigte (OR Mag. B) nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am 27.06.2018 durch HR Dr. Renate Windbichler als Senatsvorsitzende sowie HR Mag. Anna Holper und AD RR Michael Krall als weitere Mitglieder des Disziplinarsenats, in Anwesenheit der Beschuldigten, des Disziplinaranwalts HR Dr. Andreas Hasiba und der Schriftführerin AD Martina Mikhail zu Recht erkannt: B, Beamtin des Finanzamtes XY, ist schuldig

1. die am 13.02.2017 wiederholt und präzisiert erteilte Weisung des Dienstgebers Arbeitsaufzeichnungen am PC zu führen und diese termingerecht (bis jeweils spätestens zum 5. des Folgemonats) ohne weitere Aufforderung oder Erinnerung an die Fachvorständin zu übermitteln, dadurch verletzt zu haben, indem sie Arbeitsaufzeichnungen für die Monate September 2017, Oktober 2017, November 2017 und Dezember 2017 entgegen dieser Weisung nicht geführt und diese nicht bis längstens 05.10.2017 (für September 2017), 05.11.2017 (für Oktober 2017), 05.12.2017 (für November 2017) und 05.01.2018 (für Dezember 2017) der Fachvorständin übermittelt hat und

2. die am 13.02.2017 erteilte Weisung des Dienstgebers unaufgefordert bis zum 20. jeden Monats die Tabelle für die Qualitätssicherungsmaßnahmen an die Fachvorständin zu übermitteln, dadurch verletzt zu haben, indem sie es unterlassen hat für die Monate Oktober 2017, November 2017 und Dezember 2017 bis zum festgelegten Zeitpunkt die Tabelle für die Qualitätssicherungsmaßnahmen an die Fachvorständin zu übermitteln und

3. die am 21.10.2016, erteilte Weisung des Dienstgebers Therapiesitzungen bei Mag. G. zu absolvieren und darüber entsprechende Bestätigungen vorzulegen sowie die am 13.02.2017 erteilte Weisung, sich umgehend um einen Termin bei ihrer Psychotherapeutin Mag. G. zu bemühen und über die absolvierte Sitzung bzw. gegebenenfalls über weitere Sitzungen (ohne weitere Aufforderung oder Erinnerung) Bestätigungen vorzulegen, dadurch verletzt hat, dass sie

a) entgegen der noch aufrechten Weisung vom 21.10.2016 ab 14.03.2017 keine Therapiesitzungen bei Mag. G. absolviert und keine entsprechenden Bestätigungen über absolvierte Therapiesitzungen beigebracht hat und

b) entgegen der Weisung vom 13.02.2017 ab 14.03.2017 keine weiteren Termine bei

Mag. G. vereinbart und keine entsprechenden Bestätigungen über die absolvierte Therapiestunden vorgelegt hat. OR Mag. B hat dadurch zu Pkt. 1 und Pkt. 2 gegen die Dienstpflicht des § 44 BDG 1979 und zu Pkt. 3 gegen die Dienstpflicht des § 51 Abs. 2 BDG 1979 iVm. § 44 BDG 1979 schuldhaft verstoßen. OR Mag. B hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 begangen. Es wird daher über die Disziplinarbeschuldigte gemäß § 126 Abs. 2 iVm. § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 2.500,00 (in Worten: EURO zweitausendfünfhundert) verhängt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 hat die Beschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens zu ersetzen. Der Kostenersatz bezieht sich auf die Reisegebühren der Senatsmitglieder. Die Kosten werden in einem gesonderten Bescheid festgesetzt.

Begründung

I Verwendete Abkürzungen

Aktenseite (AS)

Verso/Rückseite (v)

Disziplinarbeschuldigte (B)

Vorsitzende (Vors)

Disziplinaranwalt (DA)

Beisitzerin 1 (B1)

Beisitzer 2 (B2)

Fachvorständin (FV)

Zeugin (Z)

Disziplinarkommission (DK)

Fachbereich (FB)

iHv (in Höhe von)

II Beweismittel

Die in der Folge dargestellten Beweismittel waren Gegenstand der Beweisaufnahme der mündlichen Verhandlung am 00.00.2018 und sind für die Feststellung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhaltes zu würdigen:

? Disziplinaranzeige vom 31.01.2018 (AS 1-6)

? Disziplinarverfügung vom 07.12.2015 (AS 7-11)

? Disziplinarerkenntnis vom 10.10.2016 (AS 12-17)

? Aktenvermerk vom 21.10.2016 (AS 18-20)

? Aktenvermerk vom 13.02.2017 (AS 21-23)

? Honorarnote vom 14.03.2017 (AS 24)

? Aktenvermerk vom 03.01.2018 (AS 25-28)

? Einleitungsbeschluss vom 14.01.2018 (AS 31-38)

? Einführung in die betriebliche Suchtprävention/Alkoholismus (AS 57-60)

? Verhandlungsschrift v. 27.06.2018 (AS 61-72)

III Sachverhalt

Unter Bezugnahme auf den Spruch dieser Entscheidung wurde nach dem in der mündlichen Verhandlung abgeführten Beweisverfahren nachstehender Sachverhalt von der Disziplinarkommission als erwiesen festgestellt: OR Mag. B absolvierte in der Zeit vom 00.2016 bis 00.2016 einen stationären Aufenthalt zur Alkoholentwöhnung im Krankenhaus. Nach einer anschließenden Krankschreibung bis 31.07.2016 hat OR Mag. B am 01.08.2016 ihren Dienst im Fachbereich des Finanzamtes XY wieder angetreten. Bereits zum damaligen Zeitpunkt lag gegen OR Mag. B eine rechtskräftige Disziplinarverfügung vom 07.12.2015 (GZ. BMF-00/2015) mit einer Geldbuße iHv. € 500,00 vor, nachdem sie für schuldig befunden wurde gegen Dienstpflichten gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen zu haben, weil sie den mehrfach schriftlich und mündlich erteilten Weisungen, nämlich entsprechende Arbeitsaufzeichnungen zu führen und diese ihrer Vorgesetzten zu einem vereinbarten Termin auch vorzulegen, nicht nachgekommen ist und zur Bewältigung ihres Alkoholproblems auch nicht die Anordnung der Dienstbehörde befolgte, einen mit ihrer Psychotherapeutin erarbeiteten Therapieplan dem Dienstgeber zu übermitteln. Noch vor ihrer Rückkehr aus dem mehrmonatigen Krankenstand im Jahr 2016 wurde mit Einleitungsbeschluss vom 23.05.2016 wiederum ein Disziplinarverfahren (GZ. 02 074/3-DK/16) gegen OR Mag. B eingeleitet. Gegenstand dieses Verfahrens war abermals der Vorwurf von schuldhaft begangenen Dienstpflichtverletzungen gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 wegen der Nichteinhaltung der nach wie vor aufrechten Weisungen (zuletzt wiederholt am 20.01.2016), weil OR Mag. B Arbeitsaufzeichnungen teilweise nicht geführt und der Vorgesetzten auch nicht zeitgerecht vorgelegt hat, der eingeforderte erarbeitete Therapieplan mit ihrer Psychotherapeutin um Monate verspätet abgegeben wurde sowie eine Bestätigung über eine Therapiestunde ebenfalls nicht sofort der Dienstbehörde zukommen hat lassen. Mit Disziplinarerkenntnis vom 10.10.2016 wurde wegen schuldhafter Verletzung von Dienstpflichten gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 über OR Mag. B eine weitere Geldbuße als Disziplinarstrafe iHv. € 1.000,00 verhängt. Nach Ergehen dieses Disziplinarerkenntnisses wurde am 21.10.2016 von der Vorständin des Finanzamtes XY, im Beisein der Fachvorständin und einer Vertreterin der Personalabteilung mit OR Mag. B ein Gespräch über den Wiedereinstieg in den Beruf geführt. In diesem Rückkehrgespräch wurden der Beamtin abermals nachstehende Aufträge (Weisungen) erteilt und im Aktenvermerk über dieses Gespräch, das auch von OR Mag. B unterzeichnet worden ist, wörtlich festgehalten:

? OR Mag. B wird weiterhin Arbeitsaufzeichnungen (auch telefonische Auskunftserteilungen) führen und diese monatlich der Fachvorständin übermitteln. Anm.: Arbeitsaufzeichnungen werden von allen MitarbeiterInnen des Fachbereichs geführt.

? Über sämtliche bei Mag. G. absolvierten Therapiesitzungen sind Bestätigungen vorzulegen.

Am 13.02.2017 wurde OR Mag. B in einem weiteren Gespräch von ihrer direkten Vorgesetzten, FV Dr. K, im Beisein einer Vertreterin der Personalabteilung, damit konfrontiert, dass sie seit dem Rückkehrgespräch vom 21.10.2016 der Weisung betreffend die Führung und Vorlage von Arbeitsaufzeichnungen ohne jede Entschuldigung oder Rechtfertigung erst nach der mit E-Mail vom 08.02.2017 ergangenen Aufforderung durch die Fachvorständin nachgekommen sei. OR Mag. B konnte für ihr Verhalten keinen plausiblen Grund nennen. Auf die nicht vorgelegten Bestätigungen über absolvierte Therapiesitzungen zur Nachbetreuung nach der Alkoholentwöhnung angesprochen, gab OR Mag. B an, dass sie diese nicht in Anspruch nehme und auch keine andere Form der Nachbetreuung absolviere.

Es wurden daher im Rahmen dieses Gesprächs am 13.02.2017 folgende Weisungen ausgesprochen und schriftlich festgehalten (Aktenvermerk vom 13.02.2017, der auch von OR Mag. B unterzeichnet worden ist): 1. OR Mag. B wird ab sofort ihre Arbeitsaufzeichnungen am PC führen und diese termingerecht (bis spätestens zum 5. des Folgemonats) - ohne weitere Aufforderung oder Erinnerung – an die Fachvorständin übermitteln. 2. OR Mag. B wird (unaufgefordert) bis zum 20. jeden Monats die Tabelle für die Qualitätssicherungsmaßnahmen an die Fachvorständin übermitteln. 3. OR Mag. B wird sich umgehend einen Termin bei Mag. G. bemühen und über die absolvierte Sitzung, ggf. auch über weitere Sitzungen (ohne weitere Aufforderung oder Erinnerung) Bestätigungen vorlegen. Am 29.12.2017 wurde von der Fachvorständin festgestellt, dass ihr von OR Mag. B erneut keine Arbeitsaufzeichnungen übermittelt worden sind. Es fehlten die Arbeitsaufzeichnungen für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 sowie die Liste der durchgeführten Qualitätssicherungsmaßnahmen für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017. Darüber hinaus wurde trat zu Tage, dass seit dem Gespräch vom 13.02.2017 lediglich eine einzige Therapiesitzung zur Nachbetreuung nach der Alkoholentwöhnung bei Mag. G. absolviert und der Dienstbehörde am 16.03.2017 die entsprechende Bestätigung vom 14.03.2017 vorgelegt wurde. Im Rahmen eines Gespräches am 03.01.2018 mit OR Mag. B, geführt von der Vorständin, der Fachvorständin sowie im Beisein der Personalabteilung wurde sie mit diesen Feststellungen konfrontiert. Die Dienstbehörde hat zeitgleich OR Mag. B darüber in Kenntnis gesetzt, dass gegen sie wiederum eine Disziplinaranzeige erstattet wird. In der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2018 hat sich OR Mag. B geständig verantwortet und einen Rückfall in die Alkoholkrankheit als Ursache für die Nichtbefolgung der Weisungen angeführt. Zu Beginn des Wiederauftretens des Alkoholproblems habe sie noch geglaubt, diese Situation selbst „in den Griff“ zu bekommen. Schnell habe sie jedoch gemerkt, dass sie es nicht allein schaffen werde. Sie habe sich auf Anraten von Univ.Doz. Dr. H., bei dem sie sich einer Untersuchung unterzog, die Psychotherapeutin Dr. P. in XY gesucht und absolviere dort regelmäßig Therapiestunden. Entsprechende Bestätigungen werden der Dienstbehörde vorgelegt. Auch besuche sie den BAS (Verein für Suchtfragen) und habe auch bereits eine zweimalige Blutuntersuchung durchführen lassen, deren negative Ergebnisse bezeugen, dass sie keinen Alkohol mehr trinke. Auch hierüber sei der Dienstgeber informiert.

IV Rechtslage

§ 44 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

§ 51 Abs. 2 BDG 1979: Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.

§ 126 Abs. 2 BDG 1979: Das Disziplinarerkenntnis hat auf Schuldspruch oder Freispruch zu lauten und im Falle eines Schuldspruches, sofern nicht im § 115 von einem Strafausspruch abgesehen wird, die Strafe festzusetzen.

V Rechtliche Würdigung

Objektiver Tatbestand

Aus dem dargestellten Sachverhalt und dem abgeführten Beweisverfahren ist in Verbindung mit den zitierten Gesetzesstellen als erwiesen festzustellen, dass OR Mag. B die im Spruch dieses Erkenntnisses dargestellten Dienstpflichten verletzt hat. Im Rahmen des mit OR Mag. B geführten Rückkehrgespräches am 21.10.2016 wurde von ihren Vorgesetzten die seinerzeitigen mehrmals schriftlichen und mündlich erteilten Weisungen erneuert und dahingehend abgeändert, dass die Arbeitsaufzeichnungen monatlich vorzulegen sind. Am 13.02.2017 wurde diese Weisung von der Dienstbehörde insoweit konkretisiert, dass die Arbeitsaufzeichnungen am PC zu führen und ohne weitere Aufforderung oder Erinnerung bis spätestens zum 5. des Folgemonats an die FV zu übermitteln sind. Für die Tabelle der Qualitätssicherungsmaßnahmen wurde der 20. jeden Monats als Übermittlungsdatum festgehalten. Zur Bewältigung ihres Alkoholproblems wurde sie am 13.02.2017 aufgefordert sich umgehend um einen Termin bei Mag. G. für eine Therapiesitzung bzw. sich auch gegebenenfalls um weitere Therapiesitzungen zu bemühen und ohne weitere Erinnerung hierüber Bestätigungen vorzulegen. Trotzdem kam die Beschuldigte nicht lückenlos den aufrechterhaltenen und wiederholten Aufträgen ihrer Vorgesetzten nach, unterließ in den im Spruch genannten Zeiträumen die Führung der Arbeitsaufzeichnungen und Qualitätssicherungen und legte auch nach dem 14.03.2017 keine Bestätigungen mehr über absolvierte Therapien ihrer Dienstbehörde vor, obwohl sie alle diese Weisungen als verpflichtend anerkannt hat. Sie hat dadurch zweifelsfrei ein Verhalten der fortgesetzten Missachtung von unmissverständlich erteilten dienstlichen Weisungen gesetzt.

Verschulden

§ 5 StGB Abs. 1: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Vorsatz bedeutet daher eine zielgerichtete, subjektive Einstellung des Täters auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein, nur aus seinem nach außen in Erscheinung tretendem Verhalten, unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente, geschlossen werden kann. Aus dem Gesamtbild des von OR Mag. B gesetzten Sachverhaltes ist kein anderer Schluss zu ziehen als der, dass sie bei den von ihr begangenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft und zwar zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Nach höchstgerichtlichen Entscheidungen ist Voraussetzung für die Annahme des Eventualvorsatzes nicht ein Wissen um eine Tatsache oder um ihre Wahrscheinlichkeit im Sinne des Überwiegens der dafür sprechenden Momente, sondern es genügt das Wissen um die Möglichkeit. Dem Täter muss die Verwirklichung eines Tatbildes als naheliegend erschienen sein. Im vorliegenden Fall ergibt sich diese Schuldform sowohl aus der Aussage in der Beschuldigtenvernehmung bei der mündlichen Verhandlung am 27.06.2018, bei der OR Mag. B zwar ein umfassendes Geständnis ablegte, aber auch zugab, dass es im Jahr 2017 ihr Fehler gewesen sei, aus einem unvorsichtigen Verhalten heraus wieder alkoholabhängig geworden zu sein. Es ist aber auch der Umstand ihrer Reaktion darauf zu berücksichtigen, nachdem sie nicht sofort entsprechend professionelle Hilfe in Anspruch nahm. Vielmehr versuchte sie die Krankheit „selbst in den Griff“ zu bekommen, obwohl ihr aufgrund ihrer Krankenvorgeschichte bekannt hätte sein müssen, dass dies sehr unwahrscheinlich, ja geradezu unmöglich sein wird. Sie ist über einen mehrmonatigen Zeitraum sehr wohl den Weisungen ihrer Dienstvorgesetzten ordnungsgemäß nachgekommen, die nicht zuletzt auch für sie eine Hilfestellung in der Bewältigung ihrer Erkrankung darstellen sollten. Offensichtlich ab dem Zeitpunkt ihres Rückfalls in die Alkoholkrankheit konnte bzw. wollte sie ihren auferlegten Dienstpflichten, nämlich den schriftlich festgehaltenen Weisungen, nicht mehr nachkommen. Es bleibt somit für den Disziplinarsenat im gegenständlichen Verfahren für die Annahme eines nicht schuldhaften Verhaltens von OR Mag. B kein Raum, sondern man muss bei ihrem gesetzten Sachverhalt vielmehr von einer bewussten Gleichgültigkeit ausgehen, die ebenfalls bereits bedingten Vorsatz darstellt. Der Eintritt von Dienstpflichtverletzungen war für sie geradezu vorhersehbar und sie fand sich mit dieser Situation ab. Überdies wurden bereits im Jahr 2015 und 2016 Disziplinarverfahren gegen OR Mag. B wegen schuldhafter Verletzungen von Dienstpflichten gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 durchgeführt, die mit einer Disziplinarverfügung vom 07.12.2015 (GZ. BMF-00/2015) und mit einem Disziplinarerkenntnis vom 10.10.2016 (GZ. 02 074/6-DK/16) beendet wurden. Somit hat die Disziplinarbeschuldigte in allen Punkten des umseits angeführten Spruches zumindest bedingt vorsätzliches Handeln zu verantworten.

VI Strafbemessung

Rechtslage

§ 92 Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,

4. die Entlassung.

§ 92 Abs. 2 BDG 1979: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Abs. 2: Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Der Disziplinarsenat erachtet die Dienstpflichtverletzungen bei allen drei Punkten des Spruches als schwerwiegend, weil die Einhaltung der den Dienstpflichten zugrundeliegenden Vorschriften, für die Organisation des Dienstbetriebes eines Finanzamtes, eine unabdingbare Voraussetzung darstellt. Die Verletzung der Weisungen gem. § 44 BDG 1979 bei Pkt. 1 und Pkt. 2 werden als die schwerwiegenderen Dienstpflichtverletzungen festgestellt. Zur objektiven Schwere wird ausgeführt: Art 20 Abs. 1 BVG normiert das Prinzip der Weisungsgebundenheit der Verwaltungsorgane. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung normiert § 44 Abs. 1 BDG 1979 für den Beamten, dass dieser die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Für den VwGH ist die Gehorsamspflicht (die Befolgung von Weisungen) eine der vornehmsten Pflichten des Beamten (vgl. dazu die Ausführungen bei Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage 2010, S. 218ff). Die Bemessung der Disziplinarstrafe erfolgt daher mit Bezug auf § 44 BDG 1979 als schwerste der zu beurteilenden Dienstpflichtverletzungen. Die Dienstpflichtverletzung gem.
§ 51 Abs. 2 BDG 1979 ist gem. § 93 Abs. 2 BDG 1979 als Erschwerungsgrund zu werten. Zur subjektiven Schwere der Dienstpflichtverletzung des § 44 BDG 1979 wird auf die Ausführungen unter Punkt „Verschulden“ des gegenständlichen Disziplinarerkenntnisses verwiesen und ergänzend ausgeführt: Obwohl gegen OR Mag. B bereits zwei Disziplinarverfahren durchgeführt und mit der Verhängung von Geldbußen rechtskräftig abgeschlossen wurden, erachtet der Disziplinarsenat, dass von den im § 92 Abs. 1 BDG 1979 normierten Disziplinarstrafen auch im gegenständlichen Verfahren die Festsetzung einer Geldbuße die angemessene Sanktion darstellt. Der Grund liegt darin, dass einerseits OR Mag. B einen sehr guten persönlichen Eindruck beim Disziplinarsenat in der mündlichen Verhandlung am 27.06.2018 hinterließ und andererseits ihr, die als Zeugin vernommene unmittelbare Dienstvorgesetzte, HR Dr. K. (FV im Finanzamt XY), ein seit 03.01.2018 andauerndes Wohlverhalten im Dienst bescheinigt, wobei ihre Arbeiten nunmehr auch wieder in quantitativer und qualitativer Hinsicht den gestellten Anforderungen entsprechen.

Strafrahmen

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 kann die Höhe der Geldbuße bis zu einem halben Monatsbezug festgesetzt werden. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen. Der Bezug für den Monat Juni 2018, Einst. Gruppe A 1 Gehaltsstufe 00 wird wie folgt festgestellt (AS 56): Der Bezug der OR Mag. B beträgt im Monat Juni 2018 inklusive der Sonderzahlung brutto € 00. Für die Berechnung des Strafrahmens wird lediglich der Grundbezug iHv. € 00 und die Funktionszulage iHv. € 00 herangezogen. Die Strafbemessungsgrundlage ist somit € 00. Demnach beträgt der Strafrahmen gem. § 92 Abs.1 Z. 2 BDG 1979 € 00. Bei der Verhängung der Geldstrafe ist auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der OR Mag. B Bedacht zu nehmen. Außergewöhnliche Umstände, die besonders zu berücksichtigen wären, wurden hinsichtlich der bekannt gegebenen Vermögenslage bzw. im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse nicht festgestellt.

Milderungs- und Erschwerungsgründe

Mildernd werden berücksichtigt das Geständnis, das positive Verhalten von OR Mag. B seit dem Gespräch vom 03.01.2018 (AS 25-28), die nunmehr regelmäßig absolvierten ambulanten Therapien bei Frau Dr. P. in XX, der regelmäßige Besuch beim BAS (Verein für Suchtfragen) sowie die Durchführung von zweimaligen Blutuntersuchungen (CDT) bezüglich der Alkoholkrankheit, deren Ergebnisse negativ waren und die auch dem Dienstgeber vorgelegt wurden. Als erschwerend gewertet wird die Dienstpflichtverletzung gem. § 51 Abs. 2 BDG 1979, die Begehung aller Dienstpflichtverletzungen über einen mehrmonatigen Zeitraum und die einschlägigen dienstrechtlichen Verfahren zu GZ. BMF-00/2015 und GZ. 02 074/6-DK/16.

Strafhöhe

Gemäß § 93 Absatz 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe nach der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei darauf Rücksicht zu nehmen ist, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um die Beamtin von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen. Bei OR Mag. B muss aufgrund der Weisung vom 13.02.2017 und vom 21.10.2016 sichergestellt werden, dass sie in Zukunft die Weisungen der Dienstbehörde ernst nimmt und ein Verstoß gegen eine dieser Weisungen nicht sanktionslos bleiben kann. Der spezialpräventive Zweck erscheint unter Ausschöpfung des Strafrahmens der Geldbuße, iHv. nunmehr € 2.500,00 als angemessen, da bereits zwei verhängte Geldbußen mit einem geringen Strafbetrag nicht den gewünschten Effekt erreicht haben. Der Disziplinarsenat vertritt die Ansicht, dass die nunmehrige Höhe der Geldbuße für OR Mag. B einen gewollt spürbaren Strafbetrag darstellt, ohne dass dadurch ihre finanziellen Lebensumstände gefährdet werden. Generalpräventive Erfordernisse werden durch diese Straffestsetzung insofern abgedeckt, als mit der Höhe dieser Disziplinarstrafe einer möglichen negativen Beispielswirkung auf alle anderen Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte entschieden entgegen getreten wird.

VII Kostenentscheidung

Die Entscheidung über die Kosten bezieht sich auf § 117 Abs. 2 BDG 1979. Demnach können Kosten der Beweisaufnahme den Beschuldigten als Kosten des Disziplinarverfahrens vorgeschrieben werden. Als Kosten der Beweisaufnahme (mündliche Verhandlung) sind die Reisekosten im Sinne der Reisegebührenvorschrift für die Senatsmitglieder angefallen. Diese Kosten werden in einem gesonderten Bescheid festgesetzt. Das ist durch den Umstand begründet, dass diese Kosten erst nach der Beweisaufnahme festgestellt werden können.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2018
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten