TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/16 I413 2011663-1

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Veröffentlicht am 16.07.2018
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Entscheidungsdatum

16.07.2018

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I413 2011663-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Simma Rechtsanwälte GmbH, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, gegen den Bescheid der Vorarlberger Gebietskrankenkasse Hauptstelle (VGKK) vom 03.04.2014, Zl. XXXX, nach Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2014, Zl. 090930, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der Spruchpunkt I. der Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2014 zu lauten hat wie folgt:

"I. XXXX, geb. am XXXX, wohnhaft in XXXX, haftet für die Sozialversicherungsbeiträge für den Monat Februar 2013 des Unternehmens XXXX wegen schuldhafter Meldepflichtverletzung in Höhe von € 793,87 zuzüglich Zinsen.

II. XXXX ist verpflichtet, den Betrag von € 793,87 zuzüglich Verzugszinsen ab 07.04.2013 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe berechnet aus € 793,87, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei sonstigen Zwangsfolgen, an die Vorarlberger Gebietskrankenkasse zu bezahlen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 03.04.2014, Zl. 090930, stellte die belangte Behörde fest, dass XXXX (in der Folge Beschwerdeführer) wegen uneinbringlich gewordener Sozialversicherungsbeiträge der Firma XXXX (in der Folge Primärschuldnerin) für nachstehende

Sozialversicherungsbeiträge der Primärschuldnerin hafte:

Wegen schuldhafter Meldepflichtverletzung: € 1.208,83

a. Beitragsnachverrechnung vom 23.10.2013

(Beitragszeitraum von 07/2001 bis 05/2013)

Wegen Verletzung der Gleichbehandlungspflicht

b. Beiträge 12/12 € 1.467.77

c. Beiträge 01/13 € 1.534,86

d. Abzüglich Zahlung IEF-GmbH € 1.219,88

Zwischensumme € 2.991,58

e. Verzugszinsen lit b-c berechnet aus € 1.782,75 € 173,56

Haftungssumme € 3.165,14. Die belangte Behörde verpflichtete den Beschwerdeführer, den Betrag von € 3.165,14 zuzüglich Verzugszinsen binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides, bei sonstigen Zwangsfolgen, an die belangte Behörde zu bezahlen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei. Über die Primärschuldnerin sei mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 09.07.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und am 25.10.2013 wieder aufgehoben worden. Für den Beitragszeitraum 07/2001 bis 05/2013 seien Sozialversicherungsbeiträge nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden und die Beiträge (lit b-c) im haftungsrelevanten Zeitraum12/12 bis 01/13 sowie die Nebengebühren nicht entrichtet worden. Aus dem GPLA-Akt ergebe sich, dass die Arbeitnehmer der Primärschuldnerin keine Lohnansprüche für den Zeitraum 12/12 bis 01/13 über die Arbeiterkammer geltend gemacht hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Löhne und Gehälter an die Dienstnehmer ausbezahlt wurden, und somit eine Ungleichbehandlung zu Ungunsten der VGKK vorliege. Der Beschwerdeführer habe es als Geschäftsführer der Primärschuldnerin unterlassen, die im Bescheid angeführten Sozialversicherungsbeiträge termingerecht an die belangte Behörde abzuführen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Er hafte daher für die im Spruch angeführten Beiträge gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 ASVG.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 24.04.2014, in welcher der Beschwerdeführer die ersatzlose Behebung des Bescheides beantragte. Begründend führt der Beschwerdeführer aus, die Primärschuldnerin sei vollhaftende Komplementärin der Fa. XXXXXXXX gewesen, über welche am 28.02.2013 der Konkurs eröffnet wurde. Als Komplementärin sei die Primärschuldnerin formell für die Geschäftsführung der alleinig operativ tätigen XXXX durch den Beschwerdeführer als Geschäftsführer tätig gewesen. Dieser sei auch der einzige Angestellte der Primärschuldnerin gewesen. Die Lohnabrechnung und die damit zusammenhängenden Meldungen an das Finanzamt sowie an die belangte Behörde seien bis zum Konkursdatum der XXXX regelmäßig und vollständig erfolgt. Am 20.02.2013 sei die komplette Jahresabrechnung für das Jahr 2012 vollständig an die belangte Behörde übermittelt worden. In Folge der Insolvenz der XXXX seien weder für Jänner 2013 noch Februar 2013 noch die Folgemonate irgendwelche Lohn- und Gehaltszahlungen weder für die Mitarbeiter der XXXX noch für den Beschwerdeführer als Angestellten der Primärschuldnerin erfolgt. Die IEF habe die Zahlungsverpflichtung in der Folge mit den entsprechenden Meldungen und Zahlungen an die VGKK übernommen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die Geschäftstätigkeit der beiden Unternehmen zum sofortigen Totalstillstand gekommen. Die Meldepflicht an die belangte Behörde sei durch die vertragliche Bindung der Vorarlberger Rechenzentrums erfolgt und auch lückenlos durchgeführt worden. Dies sei allgemein üblich und könne der Geschäftsführer davon ausgehen, dass diese Meldepflicht im Normalfall den gesetzlichen Bedingungen genüge. Es sei zudem falsch, dass eine Ungleichbehandlung vorliege. Die Arbeitnehmeransprüche des Beschwerdeführers seien direkt an den IEF eingereicht worden. Die Primärschuldnerin habe für das Jahr 2013 überhaupt keine Gehaltszahlungen vorgenommen und der Beschwerdeführer daher auch kein Gehalt für das Jahr 2013 erhalten. Die Sozialversicherungsbeiträge für 12/12 seien der XXXX und der Primärschuldnerin bis zum 15.02. von der belangten Behörde gestundet worden. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Beschwerdeführer keinen Zugriff mehr auf die Bankkonten gehabt und sei es ihm daher weder zumutbar noch möglich gewesen, irgendwelche Zahlungen durchzuführen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2014, Zl. 090930, änderte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid ab, sodass der Spruch nunmehr lautet wie folgt:

1. Herr XXXX, geb. am XXXX, wohnhaft in XXXX, haftet für nachstehende Sozialversicherungsbeiträge des Unternehmens XXXX wegen schuldhafter Meldepflichtverletzung:

Beitragsnachverrechnung vom 24.10.2013

(Prüfzeitraum von 01/2010 bis 07/2013) in Höhe von € 1.208,83

2. Herr XXXX ist verpflichtet, den Betrag von € 1.208,83 zuzüglich Verzugszinsen ab 07.04.2013 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe berechnet aus € 1.208,83, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei sonstigen Zwangsfolgen, an die Vorarlberger Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

Zusammenfassend begründete die belangte Behörde die Berufungsentscheidung damit, dass aufgrund des Umstandes, dass Dienstnehmeransprüche ebenfalls nicht bezahlt worden seien, im gegenständlichen Fall von einer weiteren Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung wegen uneinbringlich gewordener Sozialversicherungsbeiträgen wegen Verletzung der Gleichbehandlungspflicht abzusehen gewesen sei. Eine das Verschulden von Vornherein ausschließende Abwälzung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Meldevorschriften nach dem ASVG setze eine Bekanntgabe des Bevollmächtigten voraus. Eine solche Bekanntgabe sei im gegenständlichen Fall nicht erfolgt sodass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer für die Erstattung der Meldungen weiterhin verantwortlich und persönlich verpflichtet gewesen sei.

4. Mit Schreiben vom 09.07.2014 beantragte der Beschwerdeführer aufgrund der ihm am 30.06.2014 zugestellten Beschwerdevorentscheidung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte er zusammengefasst aus, dass er die Melde- und Beitragspflicht des Geschäftsführers seit Bestehen der XXXX im Jahr 1978 nie verletzt habe. Seit Dezember 2009 sei das VRZ mit der Abrechnung und Beitragsmeldung an die Sozialversicherungsträger beauftragt und habe diese auch durchgeführt. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung bei allen XXXX sei in Absprache mit den Mitarbeitern jeweils am 10. Des Folgemonats erfolgt. Da die Primärschuldnerin mit der Insolvenz der XXXX am 28.02.2013 keine Liquidität mehr besaß, seien auch keine Lohn- und Gehaltszahlungen mehr vorgenommen und auch nicht abgerechnet worden. Eine (schuldhafte) Verletzung der Meldepflicht liege daher in keinerlei Weise vor.

5. Mit Schriftsatz vom 02.09.2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Ergänzend führte sie aus, dass es nach der Insolvenz der XXXX am 28.02.2013 der Beschwerdeführer selbst dafür verantwortlich gewesen sei, die Meldungen zu erstatten.

6. Mit Schreiben vom 30.10.2014 teilte die belangte Behörde mit, dass der Haftungsbetrag des Beschwerdeführers eingeschränkt wurde. Der belangten Behörde sei der Teilbescheid der IEF GmbH vom 18.11.2013 Ende Juni 2014 vorgelegt worden. In diesem sei laufendes Entgelt für die Monate Jänner und Feber 2013, anteilige Weihnachtsrenumeration für die Monate Jänner und Feber 2013 sowie Kündigungsentschädigung für die Monate März bis Mai 2013 in Höhe von gesamt € 34.239, -- zugesprochen worden. Daher seien die Beiträge zur Sozialversicherung zu berichtigen. Der Beschwerdeführer sei per 28.02.2013 von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Die aliquoten Sonderzahlungen seien mit Beendigung des Dienstverhältnisses fällig geworden und bis zum 15. des Folgemonats zu melden gewesen. Da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 25 IO nach Konkurseröffnung im Juli 2013 erfolgte, sei der Beschwerdeführer nicht mehr dazu verpflichtet gewesen, die Beendigungsansprüche zu melden. Die Verpflichtung zur Meldeerstattung des Beitragsmonats 02/13 habe jedoch aus den in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Gründen bestanden. Der Haftungsbetrag werde daher um den Betrag der Sonderzahlungen in Höhe von € 771,40 eingeschränkt, sodass nunmehr die Beiträge 02/13 in Höhe von € 1.418,58 der schuldhaften Meldepflichtverletzung unterliegen. Davon sie die Zahlung des IEF in Höhe von € 624,71 in Abzug zu bringen, sodass ein Betrag in Höhe von € 793,87 zuzüglich Zinsen ab dem 07.04.2013 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe (derzeit 7,88 %) aushafte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang wird als erwiesen festgestellt. Zudem wird weiters als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer war seit 11.09.1999 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin.

Er war von 01.10.2008 bis 28.02.2013 als Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet.

Für den laufenden Bezug Februar 2013 erfolgte keine Meldung der Sozialversicherungsbeiträge.

Mit der Lohnabrechnung und den damit zusammenhängenden Meldungen an das Finanzamt sowie die belangte Behörde wurde seitens der Primärschuldnerin das Vorarlberger Rechenzentrum (VRZ) beauftragt und führte dieses die Meldungen als bezahlte Serviceleistung elektronisch durch.

Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX (XXXX) vom 09.07.2013 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 18.07.2013 wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Mit Beschluss vom 25.10.2013 wurde das Konkursverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben.

Am 11.07.2013 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem Masseverwalter seinen sofortigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 25 IO und machte gleichzeitig die offenen Forderungen wie Lohn/Gehalt bis Austritt, Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistungen, Diäten und Kilometergeld, Abfertigung, Kündigungsentschädigung und Schadenersatz nach § 25 Abs. 2 IO geltend.

Dem Beschwerdeführer wurden aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds € 34.239,00 zuerkannt.

Von den letztlich verbleibenden, der schuldhaften Meldepflicht unterliegenden Beiträge 02/13 in Höhe von € 1.418,58 ist die Zahlung des IEF in Höhe von € 624,71 in Abzug zu bringen, sodass die Forderung der belangten Behörde gegenüber der Primärschuldnerin per 30.10.2014 € 793,87 zuzüglich Zinsen beträgt.

Die rückständigen Beiträge sind bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde die Übertragung der Meldepflichten auf einen Bevollmächtigten nicht nachgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargelegte Verfahrensgang und der maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorlegelegten Verwaltungsaktes, insbesondere dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde und der Beschwerdevorentscheidung.

Die Feststellung zum Beschwerdeführer als Geschäftsführer ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Auszug aus dem Firmenbuch zu FN XXXX.

Dass für den laufenden Bezug Februar 2013 keine Meldung der Sozialversicherungsbeiträge erfolgte, ist unstrittig.

Dass die Lohnabrechnung und die damit zusammenhängenden Meldungen über das Vorarlberger Rechenzentrum erfolgt sind, ergibt sich aus den glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers in seinem Beschwerdeschriftsatz sowie aus seinen ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 09.07.2014 samt den beigefügten Anlagen.

Die Feststellungen zur Insolvenz der Primärschuldnerin ergeben sich aus dem ebenfalls im Verwaltungsakt erliegenden Auszug aus der Ediktsdatei zu XXXX. Aus dem Umstand, dass das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben wurde, ergibt sich, dass die Beiträge bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind.

Dass der Beschwerdeführer gegenüber dem Masseverwalter seinen sofortigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis sowie noch offene Ansprüche geltend machte, ergibt sich aus der im Akt erliegenden Kopie des Austrittsschreibens an den Masseverwalter XXXX vom 11.07.2013.

Die Feststellung zur Zahlung des IEF ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Bescheid der IEF GmbH vom 18.11.2013.

Die per 30.10.2014 aushaftende Forderung der belangten Behörde gegenüber der Primärschuldnerin ergibt sich aus dem Schriftsatz der belangten Behörde vom 30.10.2014.

Eine Bekanntgabe der Übertragung der Meldepflichten an einen Bevollmächtigten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG ist die Entscheidung über Beitragshaftungen gemäß § 67 ASVG nicht von einer Senatsentscheidung umfasst. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnerin für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Der Beschwerdeführer war im maßgeblichen Zeitraum der handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin und kann ihn somit grundsätzliche eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG treffen. Es ist daher zu prüfen ob die weiteren Voraussetzungen für eine Haftung des Beschwerdeführers nach § 67 Abs. 10 ASVG vorliegen.

Vorauszuschicken ist, dass primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner ist. Der Haftungspflichtige kann jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden, als ein Ausfall beim Beitragsschuldner als Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann. Erst wenn die objektive gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung maßgebenden weiteren an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen.

Die Beiträge sind im vorliegenden Fall bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich. Dies ist im Hinblick auf die vom Insolvenzgericht verfügte Abweisung der Konkurseröffnung mangels Kostendeckung und der hiermit einhergehenden Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zu bejahen und zutreffend von der belangten Behörde festgestellt worden. Es ist im Verfahren klar hervorgekommen, dass keinerlei Vermögen bei dieser Gesellschaft vorhanden ist. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht ernstlich bestritten. Zudem ist anzumerken, dass die verfügte Abweisung der Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Kostendeckung nicht bloß ein Indiz für Vermögenslosigkeit, sondern geradezu ein zwingender Beweis für das Unvermögen der Gesellschaft ist, Zahlungen zu leisten, was liquides Vermögen ausschließt. Daher ist das Tatbestandsmerkmal der Uneinbringlichkeit der Beiträge jedenfalls gegeben.

Weitere Voraussetzung für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit.

Die Höhe der uneinbringlich gewordenen Beitragsschulden ist ziffernmäßig bestimmt: Im vorliegenden Fall unterlagen lediglich die Beiträge 02/13 in Höhe von € 1.418,58 der schuldhaften Meldepflichtverletzung, da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 15 IO nach Konkurseröffnung im Juli 2013 erfolgte und der Beschwerdeführer nicht mehr verpflichtet war, diese Beendigung zu melden. Von den letztlich verbleibenden, der schuldhaften Meldepflicht unterliegenden Beiträge 02/13 in Höhe von € 1.418,58 ist die Zahlung des IEF in Höhe von € 624,71 in Abzug zu bringen, sodass die Forderung der belangten Behörde gegenüber der Primärschuldnerin per 30.10.2014 € 793,87 zuzüglich Zinsen beträgt.

Zudem ist die Meldepflichtverletzung auch kausal für die Uneinbringlichkeit der Beiträge, da sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergaben, dass bereits eine Uneinbringlichkeit zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge gegeben war. Die Insolvenzeröffnung erfolgte vielmehr erst Monate nach der bereits eingetretenen Fälligkeit der Beiträge.

Ferner ist zu prüfen, ob die Nichtmeldung der Sozialversicherungsbeiträge für den laufenden Bezug für Februar 2013 rechtswidrig war bzw. ob der Beschwerdeführer als Vertreter seiner gesetzlichen Verpflichtung, nämlich für die rechtzeitige Meldung zu sorgen, rechtswidrig nicht nachgekommen ist. Diese Frage ist ebenfalls zu bejahen. Der Beschwerdeführer war als Geschäftsführer der Primärschuldnerin zur Meldung an die belangte Behörde verpflichtet (§ 58 Abs. 5 ASVG), er erstattete eine solche aber nicht. Es liegt daher - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - ein Meldeverstoß iSd § 111 ASVG vor. Eine Übertragung der Erfüllung der Meldepflichten auf einen Bevollmächtigten gemäß § 35 Abs. 3 ASVG erfolgte darüber hinaus auch nicht, da ein solcher der belangten Behörde nicht bekannt gegeben wurde. Eine das Verschulden von Vornherein ausschließende Abwälzung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Meldevorschriften nach dem ASVG liegt daher nicht vor, sodass der Beschwerdeführer, in seiner Funktion als Geschäftsführer, als Vertreter der Dienstgeberin, unabhängig davon, ob die Meldungen tatsächlich vom Vorarlberger Rechenzentrum vorgenommen wurden, für die Erstattung der Meldungen verantwortlich und dazu persönlich verpflichtet war.

Da somit alle Voraussetzungen für die Haftung des Beschwerdeführers nach § 67 Abs. 10 ASVG gegeben sind, haftet der Beschwerdeführer nach dieser Bestimmung für die aus dem Titel der Meldepflichtverletzung vorgeschriebenen Beiträge.

Die Berechnung der vorgeschriebenen Beiträge wurde durch die vorliegende Beschwerde nicht in Zweifel gezogen, sodass gegen die Höhe der vorgeschriebenen Haftungssumme und die jährlichen Verzugszinsen keine Bedenken bestehen. Die Höhe des Haftungsbetrages war lediglich aufgrund der Mitteilung der belangten Behörde vom 30.10.2014 einzuschränken. Es unterlagen im vorliegenden Fall - wie oben ausgeführt - lediglich die Beiträge 02/13 in Höhe von €

1.418,58 abzüglich der Zahlung des Insolvenz Entgeltfonds von €

624,71 der schuldhaften Meldepflichtverletzung. Damit beträgt die Beitragsschuld per 30.10.2014 € 793,87 zuzüglich Zinsen. Daher war der Spruch der Beschwerdevorentscheidung diesbezüglich zu modifizieren und neu zu fassen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Haftung, Meldepflicht,
Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2011663.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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