TE Bvwg Beschluss 2018/8/29 W124 1400533-4

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Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W124 1400533-4/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN über die Beschwerde von XXXX, geb.XXXX, StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung

zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid der BPD XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer (nunmehr BF) mit Bescheid vom XXXX gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz (FPG) iVm § 63 Abs. 1 FPG ein auf drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

1.2. Mit Bescheid der BPD XXXX wurde gegen den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach § 46 FPG bzw. der Zurückschiebung nach § 45 FPG erlassen.

1.3. Auf Anfrage des BAA XXXXteilte die SIRENE Deutschland mit, dass der BF am XXXX in das deutsche Bundesgebiet eingereist sei und sein Asylantrag am XXXX abgelehnt und die Abschiebung angedroht worden sei. Der BF wurde am XXXX zur Einreiseverweigerung im SIS ausgeschrieben.

1.4. In der Folge wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid des BAA vom XXXX, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Vietnam nicht zuerkannt. Gleichzeitig wurde der BF gem. § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Vietnam ausgewiesen.

1.5. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des AsylGH vom XXXX, GZ: XXXX gemäß §§ 3 Abs. 1, 8Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 unbegründet abgewiesen.

Das Erkenntnis des AsylGH erwuchs gem. § 3 AsylG mit XXXX negativ in Rechtskraft.

2.1. Der BF stellte am XXXX einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz und führte in der mit ihm am selben Tag aufgenommen Niederschrift aus, dass er mit dem kommunistischen Regime Probleme haben und sofort festgenommen werden würde.

2.2. Am XXXX wurde gem. § 76 Abs. 1 FPG gegen den BF mit Bescheid des BFA, Zl. XXXX die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, nachdem dieser aus der Strafhaft entlassen worden ist.

2.3. In der mit dem BF am XXXX aufgenommenen Niederschrift führte dieser aus, dass er eine Freundin habe, mit der er allerdings nicht zusammenleben würde. Zu seinem Sohn habe er keinen Kontakt, da ein Verbot bestehe ihn zu besuchen.

Seine Eltern seien bereits verstorben und von seinen sieben Geschwistern, wären ebenso bereits verstorben. Die Übrigen würden in Vietnam leben.

In Österreich habe er sich durch kleine Hilfstätigkeiten wie z.B. dem Ausmalen seinen Unterhalt finanziert.

Er würde Deutschkurse besuchen und ihm eine Person ehrenamtlich Deutsch beibringen. Er würde darüber hinaus auch kleine Hilfstätigkeiten in dem Wohnhaus verrichten, indem er leben würde.

Seine Berufsausbildung habe er abgebrochen. Eineinhalb Jahre habe er eine Lehre zum Koch gemacht und sei gezwungen gewesen seine Ausbildung vorzeitig abzubrechen.

2.4. Am XXXX wurde der seinerzeitigen Rechtsvertreterin die Möglichkeit der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, indem dieser Fragen zum Privat-, und Familienleben des BF gestellt wurden. Mit Schreiben vom XXXX stellte die seinerzeitige Rechtsvertreterin die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zurück, da das Vollmachtverhältnis beendet wurde.

2.5. Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Vietnam gemäß § 46 FPG zulässig sei und dem BF gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde.

2.6. Mit Verfahrensanordnung gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde der BF hinsichtlich der Möglichkeit der Rechtsberatung informiert.

2.7. Am XXXX wurde gegen die Spruchpunkte III. bis V. des gegenständlichen Bescheides eine Beschwerde erhoben.

Der BF stellte den Antrag den Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes III., Rückkehrentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und eine Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 AsylG zu erteilen sei, im Übrigen die Spruchpunkte IV. und V. ersatzlos aufzuheben.

In eventu wurde beantragt Spruchpunkt III. dahingehend abzuändern, dass eine Rückkehrentscheidung aus Gründen des Art 8 EMRK vorübergehend unzulässig sei und dem BF der Status des Geduldeten zukommen würde bzw. den Bescheid in eventu hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis V. zu beheben und zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an die I. Instanz zurückverweisen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass das BFA seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei, als dieses ansonsten in Erfahrung gebracht hätte, dass der BF über keine sozialen Anknüpfungspunkte verfügen würde. Der BF habe zwar angegeben Geschwister in Vietnam zu haben, habe aber in der Folge ausgeführt nicht zu wissen, wo sich diese befinden würden. Der BF würde somit über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte in Vietnam verfügen.

Das BFA sei zu Unrecht ausgegangen, dass kein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem BF und seiner Lebensgefährtin und dem minderjährigen Kind bestehen würde. Allerdings könne nur durch den Aufenthalt des BF im österreichischen Bundesgebiet das Familienleben aufrechterhalten werden. Telefonate oder Videochats könnten bei einem derartigen Abhängigkeitsverhältnis keinen adäquaten Ersatz darstellen.

Der BF sei für seine Lebensgefährtin eine unverzichtbare Stütze bei der Kindererziehung und wolle nach Erhalt eines Aufenthaltstitels einen Beitrag zum Familieneinkommen leisten. Der BF verfüge bereits über Deutschkenntnisse und sei bemüht diese weiter zu verbessern. Der Eingriff in Art 8 EMRK sei als unzulässig zu betrachten. Es hätte festgestellt werden müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig sei.

Mit den Urteilen Nunez und Udeh habe der EGMR nunmehr hervorgehoben, dass es für das Kindeswohl von großer Bedeutung sei mit beiden Elternteilen aufzuwachsen. Gleichzeitig sei das Recht des BF auf ein gemeinsames Leben als eines der grundlegendsten Aspekte des Rechtes auf Achtung des Familienlebens hervorgehoben.

Der BF sei seit XXXX durchgehend im Bundesgebiet aufhältig und habe sich vorbildlich integriert. Er verfüge über einen Freundes-, und Bekanntenkreis in Österreich. Es sei daher im Einklang der Rechtsprechung von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich auszugehen.

Nach ständiger Rechtsprechung komme bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch im Hinblick auf die Beurteilung der Intensität des Privat-, und Familienlebens die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks besondere Bedeutung zu. Die Frage der Intensität der Bindungen könne nicht bloß auf Rechtsfragen reduziert werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert

§ 17 BFA - VG: (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

In seiner ständigen Rechtsprechung betont der Verwaltungsgerichtshof, dass die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden kann, sondern der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zu kommt (zuletzt Ra 2017/22/0007 vom 27.07.2017 mit Hinweis auf Ra 2014/22/0181 vom 23. Juni 2015). Auf Grund der vorliegenden Aktenlage kann ohne nähere eingehende Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des BF eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W124.1400533.4.00

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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