TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/30 94/18/1142

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Veröffentlicht am 30.11.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §28;
FrG 1993 §29;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der am 18. September 1948 geborenen M R in Baden, vertreten durch Dr. Ludwig Pfleger und Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Hauptplatz 12, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 31. Oktober 1994, Zl. 11-F-39599-1994, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit ihrem am 21. März 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden (der belangten Behörde) eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, die Erteilung eines auf fünf Jahre befristeten Sichtvermerkes gemäß § 29 Fremdengesetz, in eventu die Erteilung einer auf sechs Monate befristeten Aufenthaltsbewilligung. Sie brachte unter anderem vor, seit 1987 in Österreich wohnhaft und seit 21. Mai 1987 mit einem deutschen Staatsbürger verheiratet zu sein. Diese Ehe sei nach wie vor aufrecht, "wie wohl die Ehegatten derzeit räumlich in Trennung" lebten. Gemäß § 29 Fremdengesetz sei Angehörigen von EWR-Bürgern, die zwar Fremde, aber nicht EWR-Bürger seien (Drittstaatsangehörige), ein Sichtvermerk gemäß § 5 zu erteilen. Dieser Sichtvermerk sei mit fünf Jahren zu befristen. Die Beschwerdeführerin vertrete den Standpunkt, dass sie infolge der aufrechten Ehe mit ihrem Mann unter diese Bestimmung falle und ihr daher ein Sichtvermerk auf fünf Jahre zu erteilen sei.

2. Mit Bescheid vom 31. Oktober 1994 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Sichtvermerkes mit einer Gültigkeit von fünf Jahren gemäß § 29 Abs. 1, 2 und 3 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 29 FrG aus, die Beschwerdeführerin sei rumänische Staatsbürgerin und mit einem bundesdeutschen Staatsbürger verheiratet. Ihr Ehegatte lebe in der Bundesrepublik Deutschland und habe in Österreich keinen Wohnsitz. Aufgrund der zitierten Bestimmungen des Fremdengesetzes habe ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ein Aufenthaltsrecht, wenn der EWR-Bürger zum Aufenthalt berechtigt sei und durch den Aufenthalt des Angehörigen nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wäre; es handle sich somit um ein vom Recht des EWR-Bürgers abgeleitetes Recht. Die Inanspruchnahme dieses Rechtes setze voraus, dass der EWR-Bürger selbst zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Das Recht des begünstigten Drittstaatsangehörigen zum Aufenthalt in Österreich sei daher kein selbstständiges, sondern ein vom EWR-Bürger (hier: dem Gatten) abgeleitetes. Besitze aber der Gatte selbst in Österreich keinen Aufenthalt, dann komme der Ehegattin auch die Stellung als begünstigte Drittstaatsangehörige und damit ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Sichtvermerkes nicht zu. Das Recht des EWR-?ürgers zum Aufenthalt im Bundesgebiet werde im § 28 Abs. 3 FrG geregelt. Das Recht zum Aufenthalt komme ihm nur zu, wenn er bestimmte Kriterien erfülle. Das Fremdengesetz sehe im § 28 ein behördliches Verfahren zur Prüfung des Vorliegens der Aufenthaltsberechtigung für EWR-Bürger vor. Erst nach Durchführung dieses Verfahrens könne behördlicherseits beurteilt werden, ob dem EWR-Bürger das Aufenthaltsrecht zukomme oder nicht. Nur wenn ihm das Aufenthaltsrecht zukomme, sei auch dem begünstigten Angehörigen ein Aufenthaltsrecht gemäß § 29 Abs. 2 FrG einzuräumen. Da der Gatte der Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Deutschland lebe und in Österreich keinen Wohnsitz habe, könne sie nicht als begünstigte Drittstaatsangehörige angesehen werden. Ihr Aufenthalt richte sich nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die §§ 28 und 29 FrG lauten:

"§ 28. (1) EWR-Bürger sind Fremde, die Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sind.

(2) EWR-Bürger brauchen zur Einreise und zum Aufenthalt keinen Sichtvermerk.

(3) EWR-Bürger sind zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. EWR-Bürger, die nicht über ausreichende eigene Mittel zu ihrem Unterhalt oder über keine Krankenversicherung verfügen, die alle Risken abdeckt, sind nur zum Aufenthalt berechtigt, wenn sie der Behörde

1.

eine Einstellungserklärung ihres Arbeitgebers oder eine Arbeitsbescheinigung vorlegen können oder

2.

nachweisen können, dass sie eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben oder

3.

nachweisen können, dass sie innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach der Einreise begründete Aussicht auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit haben oder

4.

nachweisen können, dass ihnen als Familienangehöriger eines zum Aufenthalt berechtigten EWR-Bürgers Unterhalt gewährt wird.

§ 29. (1) Angehörige von EWR-Bürgern, die zwar Fremde, aber nicht EWR-Bürger sind (Drittstaatsangehörige), unterliegen der Sichtvermerkspflicht gemäß § 5.

(2) Sofern die EWR-Bürger zum Aufenthalt berechtigt sind, ist begünstigten Drittstaatsangehörigen (Abs. 3) ein Sichtvermerk auszustellen, wenn durch deren Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wäre. ...

(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind:

1.

...

2.

Verwandte der EWR-Bürger in auf- und absteigender Linie oder ihre Ehegatten, sofern ihnen Unterhalt gewährt wird."

              2.              Die Beschwerde bringt sowohl unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 29 Abs. 3 FrG sei für die Stellung der Beschwerdeführerin als begünstigter Drittstaatsangehöriger lediglich Voraussetzung, dass sie Ehegattin eines EWR-Bürgers sei. Ihr Ehegatte sei deutscher Staatsangehöriger und als solcher im Sinn des § 28 FrG EWR-Bürger, dem nach dieser Bestimmung grundsätzlich das Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukomme. Diese Berechtigung stehe dem jeweiligen EWR-Bürger schon auf Grund des Gesetzes (ex lege) zu. Es bedürfe entgegen der Ansicht der belangten Behörde keines "behördlichen Verfahrens zur Prüfung des Vorliegens der Aufenthaltsberechtigung". Mangels gegenteiliger Feststellungen der Behörde sei vom Aufenthaltsrecht des Ehegatten der Beschwerdeführerin auszugehen. Auf den tatsächlichen Aufenthalt des EWR-Bürgers im Inland oder die Erfüllung allfälliger Unterhaltspflichten komme es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht an. Dies widerspräche auch der Intention des Gesetzgebers.

              3.              Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:

Aus § 28 Abs. 3 zweiter Satz FrG erhellt, dass die Berechtigung des EWR-Bürgers zum Aufenthalt nicht schon "grundsätzlich" (so die Ansicht der Beschwerde), also einzig und allein aufgrund der Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien des EWR-Abkommens, besteht: Verfügt der EWR-Bürger über ausreichende eigene Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und über eine alle Risken abdeckende Krankenversicherung, so ist er zum Aufenthalt berechtigt. Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist zu prüfen, ob er die in Abs. 3 Z. 1 bis 4 genannten Kriterien erfüllt; ist dies der Fall, dann ist er ebenfalls zum Aufenthalt berechtigt. Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, es sei allein auf die (deutsche) Staatsbürgerschaft des Ehegatten der Beschwerdeführerin abzustellen und das Vorliegen von dessen Aufenthaltsberechtigung sei nicht zu prüfen, ist demnach verfehlt. Im Hinblick darauf, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin weder den Nachweis des Vorhandenseins ausreichender eigener Mittel zu seinem Unterhalt erbracht noch - für den Fall des Fehlens solcher Mittel - die Erfüllung der Kriterien der Z. 1 bis 4 des § 28 Abs. 3 FrG nachgewiesen hat, kommt diesem schon deshalb kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu.

Von daher steht die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Sichtvermerkes mit dem Gesetz (§ 29 Abs. 2 erster Satz FrG) im Einklang.

              4.              Nach den vorstehenden Ausführungen geht die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe zu ihrem Vorbringen nicht Stellung genommen und habe nicht ausgeführt, warum der von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsmeinung nicht gefolgt werde, ins Leere.

              5.              Da - wie ausgeführt - dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

              6.              Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994181142.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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