Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GebG 1957 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der V GmbH in K, vertreten durch Hügel, Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, Lerchengasse 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 6. Juli 1999, Zl. RV-117.97/1-T6/97, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 13. Oktober 1994 (eingelangt am 17. Oktober 1994) teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im Folgenden kurz: Finanzamt) folgendes mit:
"Unsere Gesellschaft ist eine Tochtergesellschaft der weltweit tätigen STIHL-Gruppe (Erzeugung und Vertrieb von Motorsägen, Forstgeräten, Gartengeräten etc.); das Stammhaus ANDREAS STIHL hat unserer Gesellschaft einen Finanzierungsrahmen in Höhe von ÖS 30,000.000,-- revolvierend ausnutzbar für eine Dauer bis zu fünf Jahren zur Verfügung gestellt (siehe beiliegendes Schreiben).
Die erste Kreditzuzählung im Rahmen dieser Vereinbarung erfolgte nach dem 1. Juli 1994 (siehe beiliegenden Vertrag über 'Intercompany Loan').
Die Gebühr gem. § 33 TP 8 und 19 0,8 % von ÖS 30,000.000,--, d. s. ÖS 240.000,--, wird unter einem auf das PSK Konto 5544.877 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Innsbruck mit dem Zahlungszweck: Rechtsgeschäftsgebühr gem. § 33 TP 8 und 19 GebG 0,8 % von ÖS 30,000.000,-- eingezahlt."
Das in dieser Urkunde erwähnte "beiliegende Schreiben" hat
folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Firmengruppe Stihl werden Konzerndarlehen eingesetzt, um den Finanzierungsbedarf von einzelnen verbundenen Unternehmen (Kreditnehmer) aus verfügbaren liquiden Mitteln anderer Stihl-Gesellschaften (Kreditgeber) zu decken. Die Vergabe der Konzerndarlehen wird zentral von der unterzeichnenden Gesellschaft, Andreas Stihl, koordiniert.
Dies vorausgeschickt bestätigen wir, dass der Viking Umwelttechnik Ges.mbH, Kufstein, ein Finanzierungsrahmen in Höhe von ATS 30 Mio., revolvierend ausnutzbar, für eine Dauer bis zu fünf Jahren zur Verfügung steht. Die Verzinsung erfolgt zu aktuellen, geldmarktnahen Zinssätzen.
Die Bereitstellung der Kredite richtet sich nach der Verfügbarkeit der liquiden Mittel bei den kreditgebenden Gesellschaften. Deswegen erwächst aus dieser Vereinbarung für die einzelnen verbundenen Unternehmen keine Verpflichtung zur tatsächlichen Kreditvergabe.
Die Rahmenvereinbarung kann von beiden Seiten mit einer Frist von vier Wochen gekündigt werden."
Der in der Eingabe erwähnte Vertrag über "Intercompany Loan" betrifft eine Kreditsumme von 3,5 Mio SFR, nennt als Kreditgeber die "Stihl Schweiz", als Kreditnehmer die Beschwerdeführerin, datiert vom 28. Juni 1994 und ist beiderseits unterfertigt.
Über Aufforderung des Finanzamtes, Aufzeichnungen bzw. Buchungsauszüge vorzulegen, teilte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 7. November 1994 folgendes mit:
"Dem bezeichneten Ersuchen entsprechend übermitteln wir in der Beilage Fotokopien der Konten aus der Finanzbuchhaltung für das Geschäftsjahr 1994
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Kontonummer 47003.0: aus diesem Konto ist die angezeigte Kreditzuzählung von Ö.S. 29,303.415,94 (= sfr 3,500.000) am 30.6.1994 zu ersehen; nach Zinsbelastung für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.9.1994 erfolgte am 30.9.1994 die Rückzahlung
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Kontonummer 47004.00: zeigt die revolvierende Ausnutzung laut Gebührenanzeige. Am 30.9.1994 wurde ein neuerlicher Kredit mit Laufzeit bis 31.10.1994 von Ö.S. 29,812.606,47 (= sfr 3.500.000)
zugezählt.
Wir ersuchen um Kenntnisnahme und um Erlass eines Gebührenbescheides zu Handen unseres ausgewiesenen Vertreters."
Angeschlossen waren zwei Kontoauszüge, die die genannten Zahlen beinhalten.
In einer Eingabe der nunmehrigen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin vom 16. Juli 1996 findet sich u.a. folgende Behauptung:
"Aufgrund der Rahmenvereinbarung laut Brief vom 17.3.1994 kam es, wie in der Eingabe der Viking Umwelttechnik GmbH vom 7.11.1994 dargelegt, zu zwei Zuzählungen, nämlich über S 29,303.415,94 am 30.6.1994 und über S 28,912.606,47 am 30.9.1994."
Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass Gesellschafterin der Beschwerdeführerin die Stihl International GmbH Waiblingen/BRD sei. Die Zuzählung der beiden Beträge im Jahr 1994 sei aber durch die Fa. Andreas Stihl KG erfolgt.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 1997 forderte das Finanzamt für zwei Kredite (Kontonummer 47003.0 S 29,303.415,94 und Kontonummer 47004.0 S 29,812.606,47) gemäß § 33 TP 19 (2) GebG 0,8 % Kreditgebühr an, wobei der schon entrichtete Betrag von S 240.000,-- berücksichtigt wurde.
Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin, indem sie sich in erster Linie gegen das Vorliegen von Gesellschafterkrediten iS des § 33 TP 19 (2) GebG wandte und unter Verweis auf einen Firmenbuchauszug betonte, die kreditgewährende Andreas Stihl KG sei an der Beschwerdeführerin nicht beteiligt. Im Übrigen machte die Beschwerdeführerin geltend, dass der für Ausländerkredite geltende Ersatzbeurkundungstatbestand (§ 33 TP 8 Abs. 4 GebG) wegen Verstoßes gegen Art. 40 EWR-Abkommen nicht anzuwenden sei.
Gegen die daraufhin ergangene, abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
In einer an die belangte Behörde gerichteten Eingabe vom 14. Dezember 1998 brachten die Rechtsanwälte der Beschwerdeführerin auszugsweise folgendes vor:
"Mit Schriftsatz vom 16.7.1996 wurde die bereits im Jahr 1994 erfolgte Vergebührung eines durch das deutsche 'Stammhaus Andreas Stihl' eingeräumten 'Konzernkredits' von S 30 Mio an unsere Mandantschaft VIKING Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H. bekämpft.:
Einerseits wurde geltend gemacht, dass das Schreiben vom 13.10.1994 - mangels Einräumung eines Recht auf Abruf des Kreditbetrages - keine Beurkundung eines Kreditvertrages sei. Die Zuzählungen könnten (als selbständige Kreditverträge) nicht zur Gebührenpflicht führen, weil eine Beurkundung fehle. Die Kreditgewährungen durch das deutsche Unternehmen führten ohne Errichtung einer Urkunde auch nicht aufgrund des
'Ausländer-Kreditgeber-Ersatzbeurkundungstatbestandes' in § 33 TP 8 Abs. 4 GebG zur Gebührenpflicht, weil dieser gegen das EWR-Abkommen und den EG-Vertrag verstoße.
Dies nahm das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern zum Anlass mit Bescheid vom 15.1.1997, Steuernummer 95/100-2/97 eine Gebühr von zwei Zuzählungen, nämlich über S 29,303.415,94 und S 29,812.606,47 vorzuschreiben. Grundlage war ein Schreiben der VIKING Umwelttechnik GmbH vom 7.11.1994, in welchem diese beiden Vorgänge (wie sofort zu schildern: unrichtig) wiedergegeben sind.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde (ebenfalls unzutreffend) geltend gemacht, dass kein Kredit des unmittelbaren Gesellschafters, der Stihl International GmbH, BRD, sondern der Andreas Stihl KG, BRD, liege. Der für Gesellschafterkredite geltende Ersatzburkundungstatbestand nach § 33 TP 8 Abs. 4 GebG komme nicht zur Anwendung, der für Ausländerkredite geltende werde durch EG-Recht verdrängt.
Diese Angaben sind wie folgt zu berichtigen:
Bei den im Schreiben der VIKING Umwelttechnik GmbH vom 7.11.1994 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck genannten Kreditzuzählungen handelte es sich in Wahrheit nur um eine einzige Kreditgewährung. Obwohl in dem Schreiben irrtümlich von einer am 30.9.1994 erfolgten Rückzahlung (der ersten Tranche) und einem (zeitgleichen) neuerlichen Kredit die Rede ist, erfolgte tatsächlich keine Rückzahlung: Der Kreditbetrag wurde nicht an den Kreditgeber zurückgezahlt.
Die unrichtigen Angaben haben ihren Grund darin, dass die Kreditgewährung in zwei Tranchen (vom 1.7. bis 30.9.1994 und vom 30.9.1994 bis 31.10.1994) verbucht wurden. Die Gründe dieser 'geteilten' Verbuchung lagen in Folgendem:
Die Kreditgewährung erfolgte - wie auch aus dem Schreiben vom 7.11.1994 ersichtlich - in Schweizer Franken. Die angeführten Schillingbeträge (S 29,303.415,94 und S 29,812.606,47) entsprechen jeweils SFR 3,500.000,--. Die Kreditgewährung und Zuzählung am 1.7.1994 erfolgte im Übrigen entgegen dem Berufungsschriftsatz vom 17.2.1997 nicht durch die (deutsche) Andreas Stihl KG, sondern durch die schweizerische Konzerngesellschaft der Stihl-Gruppe, nämlich durch Stihl & Co, Wil.
Um VIKING Umwelttechnik GmbH dagegen abzusichern, dass zum Rückzahlungszeitpunkt infolge eines gestiegenen SFR-Kurses höhere Schillingbeträge zum Ankauf der rückzuführenden Schweizer Franken angewendet werden müssen, nahm Stihl-Deutschland Kurssicherungsgeschäfte vor. Es wurden Devisentermingeschäfte über den künftigen Ankauf von Schweizer Franken zum heutigen Kurs vorgenommen. Bei gestiegenem SRF-Kurs hätte VIKING Umwelttechnik GmbH somit die Schweizer Franken zum (alten) Kurs einkaufen können. Die Konditionen solcher Kurssicherungsgeschäfte sind bei kurzfristigen Kurssicherungsgeschäften wesentlich günstiger. Daraus erklärt sich die 'buchhalterische Aufspaltung' der Kreditgewährung in einen zweimonatigen und einen einmonatigen Zeitraum. Die ist jedoch lediglich ein buchhalterischer Vorgang. Eine Rückzahlung am 30.9.1994 war niemals vereinbart. Eine Rückzahlung wurde auch nicht vorgenommen. Selbst wenn man in der buchhalterischen Behandlung, was ich nicht für zutreffend hielte, eine Prolongationsvereinbarung erblickte, wäre diese Prolongation - weil noch innerhalb der Fünf-Jahres-Frist - gemäß § 33 TP 19 Abs. 4 Z. 1 GebG gebührenfrei gewesen.
Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass der im obigen Sinne berichtigte Sachverhalt objektiv nachweisbar ist:
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Die Tatsache, dass keine Rückzahlung erfolgte, ist naturgemäß durch das Fehlen einer Überweisung über SFR 3,500.000,-- anhand der Bankkonten ausgeglichen. Dies kann durch Vorlage des Überweisungsbelegs nachgewiesen werden. Über Wunsch kann gerne eine Kopie des Überweisungsbelegs vorgelegt werden.
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Der Vorgang kann im Übrigen von Herrn Bruno Lutz, VIKING Umwelttechnik GmbH, sowie durch Herrn WP/StB Dkfm. Dr. Peter Zeinler, Exacta Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1010 Wien, Bösendorferstraße 1, zeugenschaftlich bestätigt werden.
Die Firma Viking Umwelttechnik GmbH würde es daher ins Auge fassen, die Berufung gegen den Bescheid Steuernummer 95/100-2/97 im Übrigen zurückzuziehen, wenn die Gebührenvorschreibung durch die Berufungsentscheidung auf das ursprüngliche - ausschließlich von der ursprünglichen Kreditgewährung in der Höhe von S 29,303.415,94 berechnete - Ausmaß (S 234.427,33) reduziert würde."
Die belangte Behörde richtete daraufhin an die Beschwerdeführerin die folgende Aufforderung:
"Zur Sachverhaltsklärung im o.a. Berufungsfall werden Sie ersucht, bis längstens drei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens folgende Fragen schriftlich zu beantworten bzw. die geforderten Unterlagen vorzulegen:
1. Laut Kreditvertrag vom 28.6.1994 hat die Stihl Schweiz der Berufungswerberin am 30.6.1994 einen Kredit in Höhe von 3,5 Mio SFR fällig zum 30.9.1994 gewährt. Der Gegenwert der Rückzahlung betrug gemäß der abgeschlossenen Devisenkurssicherung samt Zinsen 29.691.574,48 S. Welche Vereinbarung bestand zwischen der Kreditgeberin und der Berufungswerberin hinsichtlich des ab 30.9.1994 auf Konto 47004 befindlichen Betrages in Höhe von 29.812.606,47 S? (Kopie des weiteren Kreditvertrages bzw. Ergänzung zum Kreditvertrag vom 28.6.1994 etc.)
2. Laut Kontoauszug Nr. 47003 erfolgte die Rückzahlung des am 30.6.1994 gewährten Kredites durch die Berufungswerberin am 30.9.1994. Legen sie hiezu die maßgeblichen Überweisungsbelege, insbesondere den Überweisungsbeleg Nr. 5009 vom 30.9.1994 vor."
Dazu erstattete die Beschwerdeführerin folgendes Vorbringen:
"1. Entsprechend der Aufforderung vom 15.1.1999 wird zunächst der Kontoauszug mit der Buchung zur Belegnummer 5009 vorgelegt. Bereits in der Eingabe vom 14.12.1998 wurde dargelegt, dass lediglich buchhalterisch eine Rückzahlung sowie eine Neugewährung ausgewiesen wurden. Der Kreditbetrag wurde jedoch nicht tatsächlich zurückgezahlt. Aus diesem Grund existiert auch kein Beleg über einen entsprechenden Zahlungsfluss. Vermutlich bezieht sich die Nummer 5009 auf einen Zinsenabrechnungsbeleg. Dieser Beleg wird binnen 14 Tagen nachgereicht. Heute legt die Berufungswerberin indessen die Gutschriftsanzeige der Bank für Tirol und Vorarlberg vom 30.9.1994 über ATS 121.031,99 vor. Dies ist der Beleg über den einzigen Zahlungsfluss aus Anlass des ersten Kurssicherungsgeschäftes zum 30.9.1994 und der zum selben Zeitpunkt stattfindenden Zinsenabrechnung über die Kreditgewährung bis zum 30.9.1994. Es handelt sich um eine Gutschrift über ATS 121.031,99 zugunsten von Viking Umwelttechnik GmbH. Ein Guthaben ergibt sich, weil das Kurssicherungsgeschäft einen Kursgewinn erbrachte, der der Berufungswerberin - vermindert um Zinsen - gutgebracht wurde.
Die Gutschrift erfolgte durch 'Viking Umwelttechnik Waiblingen', weil diese konzernweit die Kurssicherungsgeschäte organisiert und das Cash Management im Rahmen des internationalen Konzern-Clearings der Stihl-Gruppe vornimmt; die gegenüber der Berufungswerberin durch Abzug vom Kursgewinn verrechneten Zinsen wurden konzernintern von Viking Umwelttechnik Waiblingen gegenüber der Kreditgeberin Stihl & Co, Wil, vergütet.
2. In Beantwortung des Vorhalts unter Punkt 1 in der Anfrage der FLD für Tirol vom 15.1.1999 wird Folgendes mitgeteilt:
Am 30.9.1994 bestand zwischen der Berufungswerberin einerseits und Stihl & Co, Wil, als Kreditgeberin andererseits Einigkeit, dass jeweils parallel - somit laufzeitgleich - mit den jeweils zu tätigenden Kurssicherungsgeschäften eine Kreditgewährung sowie danach Prolongationen erfolgen sollten. Bereits damals war klar, dass wiederholte Kurssicherungsgeschäfte stattfinden würden; aus diesem Grund war eine Rückzahlung des Kreditbetrages nicht beabsichtigt. Vielmehr war klar, dass der Kredit jeweils prolongiert würde.
Die Angabe 'einer Fälligkeit' sowie der Satz 'Bei Fälligkeit schuldet der Kreditnehmer: 3,511.151,53 CHF.' hat nicht die Bedeutung einer von den Parteien beabsichtigten oder vereinbarten Rückzahlung; vielmehr wurde der Fälligkeitszeitpunkt lediglich als Zeitpunkt der Zinsenberechnung und -kapitalisierung vereinbart. Aus diesem Grund - und insbesondere für Verbuchungszwecke - ist der zum 'Fälligkeitszeitpunkt' aushaftende Kreditbetrag vermehrt um die kapitalisierten Zinsen bereits im Kreditvertrag ausgewiesen. wie erwähnt, lautet der Satz: 'Bei Fälligkeit schuldet der Kreditnehmer 3,511.511,33 CHF.' und nicht: 'Bei Fälligkeit schuldet der Kreditnehmer Rückzahlung von 3,511.151,53 CHF.'
Da im September 1994 zunächst ein Kurssicherungsgeschäft bis zum 31.10.1994 beabsichtigt war, ist in dem Kreditvertrag vom 28.3.1994 ein Fälligkeitszeitpunkt 31.10.1994 angeführt. Aus verschiedenen Gründen erfolgte jedoch der Abschluss des Kurssicherunsgeschäftes letztlich zum 30.9.1994. Dies führte zu der oben unter Punkt 1 genannten Abrechnung.
Weder zum 30.9.1994 noch zum 31.10.1994 erfolgte eine Rückzahlung. Die buchhalterische Behandlung bei der Berufungswerberin ist ein rein interner Vorgang. In ihr liegt weder der Abschluss eines Kreditvertrages noch einer Prolongationsvereinbarung. Zum 30.9.1994 bestand auch keinerlei Anlass zur Vereinbarung einer Prolongation, weil der Kreditvertrag vom 28.9.1994 als 'Fälligkeitszeitpunkt' den 31.10.1994 anführte.
Zu Prolongationsvereinbarungen ist es allerdings jeweils aus Anlass der folgenden Kurssicherungsgeschäfte gekommen, denn -wie von Anfang an - beabsichtigten die Parteien, jeweils 'laufzeitgleich' mit den Kurssicherungsgeschäften die Verlängerung der Kreditinanspruchnahme. Diese Prolongationsvereinbarungen erfolgten jeweils mündlich (im Zusammenhang mit den getätigten Kurssicherungsgeschäften) oder stillschweigend. Sie stellten Prolongationen des Kreditvertrages vom 30.9.1994 dar. Die Laufzeiten dieser Prolongationen stimmten jweils mit den Kurssicherungsgeschäften überein. Es handelte sich in der Regel um dreimonatige Laufzeiten. Vereinzelt kamen auch zweimonatige und einmonatige Kurssicherungsgeschäfte und Kreditprolongations-Laufzeiten vor.
Im Zusammenhang mit den Kurssicherungsgeschäften - häufig schon vor Laufzeitende - fanden jeweils Abrechnungen über die Gebühren für die Kurssicherungsgeschäfte sowie die Zinsen statt.
Bis heute ist der Kreditbetrag vom 30.9.1994 nicht zurückgezahlt worden.
In rechtlicher Hinsicht haben die Parteien somit Prolongationsvereinbarungen getroffen, die gemäß § 33 TP 19 Abs. 4 Z. 1 GebG gebührenfrei sind.
BEWEISANTAG
Zum Beweis für die oben unter Punkt 1. und Punkt 2. aufgestellten Behauptungen, insbesondere über die fehlende Rückzahlung, die Verrechnung von Kursgewinnen und Zinsen sowie die getroffenen Prolongationsvereinbarungen, wird die Einvernahme der Zeugen
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WP und StB Dkfm. Dr. Peter Zeinler, Exakta Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1010 Wien, Bösendorferstraße 1, der aufgrund seiner Tätigkeit als Abschlussprüfer der Berufungswerberin Kenntnis der maßgeblichen Vorgänge besitzt, sowie
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Bruno Lutz, pA der Berufungswerberin,
beantragt."
Angeschlossen waren dieser Äußerung einerseits eine Kopie des oben schon erwähnten Kreditvertrages zwischen Stihl Schweiz und der Beschwerdeführerin vom 28. Juni 1994 und andererseits die Kopie eines nicht unterfertigten Kreditvertrages zwischen denselben Parteien vom 28. September 1994 über 3,5 Mio SFR.
Am 18. März 1999 teilten die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass kein interner Beleg mit der Nr. 5009 existiere.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie unter Abstandnahme von der Anwendung des § 33 TP 19
(2) GebG davon ausging, dass zwei Kredite "zugezählt" worden seien:
Der erste in Höhe von S 29,303.415,94 am 30. Juni 1994 (Kontoauszug 47003.0), was sich aus dem Kreditvertrag vom 28. Juni 1994 und dem Schreiben vom 7. November 1994 ergebe; der zweite in Höhe von S 29,812.606,47 am 30. September 1994 (Kontonommer 47004.0), was durch das Schreiben vom 7. November 1994 und den nicht unterfertigten Kreditvertrag vom 28. September 1994 belegt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit bzw. Prolongationsbefreiung verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 19 (1) GebG unterliegen Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme einer Gebühr von
1. wenn der Kreditnehmer über die Kreditsumme nur einmal oder während einer bis zu fünf Jahren vereinbarten Dauer des Kreditvertrages mehrmals verfügen kann in Höhe von 0,8 v.H. bzw.
2. im Übrigen in Höhe von 1,5 v.H.
Gemäß Abs. 4 Z. 1 leg. cit. sind gebührenfrei Prolongationen von Kreditverträgen für die nach diesem Bundesgesetz eine Gebühr zu entrichten war, bis zu einer Dauer des Kreditverhältnisses von fünf Jahren; im Übrigen bei wiederholten Prolongationen jene, mit denen nicht ein Vielfaches von fünf Jahren überschritten wird.
Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.
Voraussetzung der Gebührenpflicht ist, dass ein Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen ist und beurkundet wurde (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren unter Ergänzung L 4/1L Abs. 3 referierte hg. Rechtsprechung). Von einer Urkunde kann (abgesehen von dem Fall, dass die Errichtung der Urkunde schon für die Entstehung des Rechtsgeschäftes wesentlich ist) nur dann gesprochen werden, wenn das Schriftstück unterzeichnet ist. Ein Text ohne Unterzeichnung ist keine Urkunde (vgl. dazu insbesondere die bei Fellner a.a.O. 18D Abs. 1 referierte hg. Judikatur).
Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, dass der vorgelegte Text eines Kreditvertrages vom 28. September 1994 für sich allein gesehen jedenfalls keine Urkunde iS des § 15 Abs. 1 GebG darstellt.
Angesichts des im Berufungsverfahren zweimal erstatteten konkreten Vorbringens der Beschwerdeführerin, wonach das Schreiben vom 7. November 1994 inhaltlich unrichtig sei, in Wahrheit nur eine Kreditgewährung vorgenommen worden, eine Rückzahlung am 30. September 1994 nicht erfolgt sei und die diversen Buchungen ihre Ursache in (von der Beschwerdeführerin so bezeichneten) "Kurssicherungsgeschäften" gehabt hätten, hätte sich die belangte Behörde aber nicht mit der Erklärung vom 7. November 1994 iVm den vorgelegten Kontoauszügen begnügen dürfen, sondern zur Überprüfung des von der Beschwerdeführerin behaupteten Sachverhaltes die in den Schriftsätzen vom 14. Dezember 1998 und 10. Februar 1999 angebotenen Zeugenbeweisen durchführen müssen.
Indem die belangte Behörde dies unterlassen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt (nämlich zur Frage, ob überhaupt ein zweiter Kreditertrag gültig abgeschlossen wurde) ergänzungsbedürftig geblieben ist (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG).
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, wobei im Hinblick auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung geklärte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 16. Dezember 1999
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999160282.X00Im RIS seit
11.07.2001