Entscheidungsdatum
25.07.2018Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W225 2140587-2/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-Verfahrensgesetz idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.12.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass in seiner Heimatprovinz Kunduz regelmäßig Gefechte zwischen Regierungstruppen und den Taliban stattfinden würden und er Angst habe, eines Tages bei einem Angriff der regierungsfeindlichen Kämpfer getötet zu werden. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.02.2018 zu W244 2140587-1/9E rechtskräftig abgewiesen.
I.2. Am 25.04.2018 wurde der BF von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.
I.3. Am selben Tag stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er ebenfalls am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Salzburg niederschriftlich erstbefragt. Befragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab er an, dass in seinem Heimatort immer noch Krieg herrsche, weswegen seine Familie in den Iran geflüchtet sei. Da er sich einer Rekrutierung durch die Taliban widersetzt habe, befürchte er bei einer Rückkehr nach Afghanistan von den Taliban getötet zu werden.
I.4. Am 11.05.2018 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Befragt, ob sich an den Ausreisegründen etwas geändert habe, gab der BF an, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe und er keine Verwandten mehr dort habe.
I.5. Am 23.05.2018 wurde der BF neuerlich vom BFA im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari und einer Rechtsberaterin niederschriftlich einvernommen. Nach Vorhalt, dass die Behörde beabsichtige, den Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wiederholte der BF, dass sich die Lage in Afghanistan verschlechtert habe. Zudem berichtete er über in den letzten Jahren an verschiedenen Orten in Kabul durchgeführte Anschläge und deren Opferzahlen.
I.6. Mit Bescheid vom XXXX, dem BF am selben Tag zugestellt, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, (Spruchpunkt V.) und gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.)
Der BF habe keine neuen asylrelevanten Gründe glaubhaft vorgebracht und es liege auch kein neuer objektiver Sachverhalt vor. Der Antrag sei daher zurückzuweisen. Der BF habe die Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingehalten und damit einer behördlichen Anordnung nicht Folge geleistet. Zudem sei der BF mittellos, es sei daher ein Einreiseverbot zu verhängen.
I.7. Mit Verfahrensanordnung vom 19.06.2018 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
I.8. Mit Schreiben vom 17.07.2018 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde in vollem Umfang gegen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Es wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und beantragt, den hier angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und dem BF Asyl zu gewähren; in eventu den Bescheid aufzuheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen; in eventu festzustellen, dass dem BF subsidiärer Schutz zukomme; in eventu die Rückkehrentscheidung aufzuheben; in eventu die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und dem BF einen Aufenthaltstitel zu erteilen; in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; in eventu das Einreisverbot aufzuheben; in eventu das Einreiseverbot herabzusetzen; sowie jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Begründend wird in der Beschwerde u.a. ausgeführt, das BFA habe in seiner Beurteilung, ob dem Vorbringen des BF ein glaubhafter Kern zukomme, wesentliche Umstände, die für den Status des Asylberechtigten und den subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich sind, nicht oder nur in unzureichender Weise ermittelt.
I.12. Am 19.07.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein, deren Einlangen mit Mitteilung gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG bestätigt worden ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 17 Absatz 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und
1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder
2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht
binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 17 Absatz 2 BFA-VG hat über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Gemäß § 17 Absatz 3 BFA-VG ist, bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 17 Absatz 4 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2140587.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.08.2018