TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/21 LVwG-AV-77/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

BAO §207
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich entscheidet durch die Richterin
HR Dr. Grassinger über die Beschwerde von Herrn A und Frau B gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, mit welchem gemäß § 263 Abs. 1 iVm § 288 Bundesabgabenordnung (BAO) der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 03. Jänner 2017, AZ: ***, betreffend Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe für die Liegenschaft ***, ***, dahingehend Folge gegeben wurde, dass gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBl. 6930, und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche nach der Änderung von 301,56 m² und einer Berechnungsfläche vor der Änderung mit 203,82 m² unter gleichzeitiger Zugrundelegung des Einheitssatzes von € 11,00 mit € 1.075,14 (exklusive 10 % USt.) neu festgesetzt wurde, wie folgt:

Die Beschwerde von Herrn A und Frau B gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, mit welchem den bezeichneten Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer der Liegenschaft ***, ***, Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche nach der Änderung von 301,56 m² und einer Berechnungsfläche vor der Änderung von
203,82 m² unter gleichzeitiger Zugrundelegung des jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 11,00 mit € 1.075,14 (exklusive 10 % USt.) neu festgesetzt wurde, wird abgewiesen.

Der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, wird bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Hinweis:

Da die verfahrensgegenständliche schriftliche Ausfertigung der Entscheidung an mehrere Personen gerichtet ist, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden bzw. die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und da die Beschwerdeführer der Abgabenbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben haben, gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung dieser Entscheidung an eine dieser Personen die Zustellung an beide Beschwerdeführer als vollzogen (§ 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung).

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung (BAO) iVm § 288 Abs. 1 BAO

§ 101 Abs. 1 BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 03. Jänner 2017, AZ: ***, wurde gegenüber den Beschwerdeführern A und B, Eigentümer der Liegenschaft in ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***, Grundbuch ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 316,64 m² nach der Änderung sowie einer Berechnungsfläche von 200,99 m² vor der Änderung unter Zugrundelegung eines jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 11,00 eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 1.272,15 (exklusive 10 % USt.) vorgeschrieben.

Über die dagegen fristgerecht und vollinhaltlich erhobene Berufung hat der Stadtrat der Stadtgemeinde ***, nach vorheriger Beschlussfassung des Stadtrates in der Sitzung vom 8. November 2017, mit Bescheid vom 14. November 2017, AZ: ***, über die Berufung dahingehend entschieden, dass der bezeichnete Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** dahingehend abgeändert wurde, dass den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer der oben bezeichneten Liegenschaft unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 301,56 m² nach der Änderung und von 203,82 m² vor der Änderung unter gleichzeitiger Zugrundelegung des jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 11,00 die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe mit € 1.075,14 (exklusive
10 % USt.) vorgeschrieben wurde.

Begründend ist in der bezeichnenden Berufungsentscheidung ausgeführt, dass die Berufungswerber mit Fertigstellungsanzeige gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996
(NÖ BO 1996) die Fertigstellung des mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 05. Mai 1998, AZ: *** baubehördlich bewilligten Bauvorhabens „Zu- und Umbau am bestehenden Gebäude“ am 30.11.2016 der Baubehörde der Stadtgemeinde *** angezeigt haben.

Bereits mit Schreiben vom 10. November 2016 sei für diese Änderung eine Veränderungsanzeige gemäß § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 an die Abgabenbehörde gerichtet worden.

Nach Hinweisen auf die erstinstanzliche Entscheidung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** und auf die Fristgerechtheit der eingebrachten Berufung sowie nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes dieser Berufung wurde in der Bezug habenden Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** festgestellt, dass die bebaute Fläche des Wohnhauses im erstinstanzlichen Bescheid anhand des Einreichplanes, erstellt am 03.04.1998 durch den Planverfasser C GesmbH, berechnet worden sei. Im Zuge eines Lokalaugenscheines am 06.10.2017 habe festgestellt werden können, dass die kodierten Abmessungen des Einreichplanes nicht der vorhandenen bebauten Fläche entsprächen. Des Weiteren sei festgestellt worden, dass entgegen den Einreichunterlagen weder der Wintergarten im Dachgeschoß noch der Windfang im Erdgeschoß errichtet worden seien.

Im Beisein der Berufungswerber seien die Naturmaße des Einfamilienhauses mittels Rollmaßbandes eruiert und protokolliert worden. Anhand dieser Naturmaße sei die bebaute Fläche des Einfamilienhauses neu ermittelt worden.

Vom Stadtrat seien im Zuge der Berufungserledigung die Naturmaße, inklusive der nachträglich angebrachten Wärmeschutzdämmung, bei der Ermittlung der bebauten Fläche, herangezogen worden. Eine Begünstigung für nachträglich angebrachte Wärmeschutzdämmungen sei im NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz nicht vorgesehen.

Die Fläche des ebenerdigen Zubaus mit der Nutzung „Einstellraum“ sei im erstinstanzlichen Bescheid zur bebauten Fläche des Wohnhauses hinzugerechnet worden, da der Einstellraum gemäß Einreichplan mit dem Erdgeschoß des Wohnhauses mittels einer Tür verbunden sei. Im Zuge des Lokalaugenscheines am 06.10.2017 sei jedoch festgestellt worden, dass die Verbindungstür zum Wohnhaus nachträglich vermauert worden sei und auch beim „Einstellraum“ die kodierten Abmessungen nicht mit der vorhandenen bebauten Fläche laut Einreichplan übereinstimmten.

Nach § 6 Abs. 4 Z 4 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz gehörten zur bebauten Fläche nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, dass sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen seien.

Entscheidend für die Eigenschaft des Gebäudeteiles sei neben einer bestimmten baulichen Gestaltung eine qualifizierte Nutzung des in Frage kommenden Raumes. Es sei im Einzelfall zu beurteilen, ob ein bestimmter Gebäudeteil oder ein Gebäude (noch) landwirtschaftlich genutzt werde oder nicht.

Dabei sei zunächst zu prüfen, ob der Liegenschaftseigentümer Landwirt oder Forstwirt sei, wobei die Mitgliedschaft zur Landwirtschaftskammer ein Indiz für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung sei. Maßgeblich sei aber immer die konkrete Nutzung. Eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung könne auch dann vorliegen, wenn ein Liegenschaftseigentümer, der nicht mehr selbst Landwirt sei, Gebäude oder Gebäudeteile vermiete oder verpachte und diese dann land- und forstwirtschaftlich genutzt würden.

Nach der Judikatur müsse die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines Nebengebäudes oder von Teilen eines Gebäudes im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erfolgen.

Der Inhalt des Begriffes „landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb“ sei unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauches und verwandter (möglichst abgabenrechtlicher) Rechtsvorschriften zu erschließen. Hiebei komme dem BewG und der danach maßgebenden Verkehrsauffassung besondere Bedeutung zu (VwGH 87/17/0286 vom 29.09.1989 u.a.).

Eine telefonische Anfrage bei der Statistik Austria habe ergeben, dass die Berufungswerber nicht als Landwirte erfasst seien, über keine Beitragsnummer verfügten und auch an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern keine Beiträge entrichteten.

Im Zuge des Lokalaugenscheines am 23.03.2017 sei den Berufungswerbern zur Kenntnis gebracht worden, dass bei der Berechnung der Ergänzungsabgabe der im Zuge der Berufung ins Treffen geführte Befreiungstatbestand der Verwendung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke nicht berücksichtigt werden könne, da es sich bei den Berufungswerbern laut Auskunft der Statistik Austria um keine Landwirte handle.

Der Einstellraum werde für private Zwecke zur Einlagerung von Obst, Gemüse, der Unterbringung von Gerätschaften etc. und der Zwerghasenzucht verwendet. Eine Weiterverpachtung an einen Landwirt liege nicht vor.

Nach Hinweisen auf die einschlägigen Bestimmungen des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 stellte der Stadtrat der Stadtgemeinde *** in der Berufungsentscheidung einen Bestand nach der Änderung im Ausmaß von 301,56 m² sowie einen Bestand vor der Änderung von 203,82 m² fest, woraus sich eine Ergänzungsabgabe (Differenz) im Ausmaß von € 1.075,14 (exklusive 10 % USt) ergab.

Im in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheid erfolgte ein Hinweis auf
§ 101 Abs. 1 BAO, wonach bei Vorliegen von Miteigentum mit der Zustellung der Bescheidausfertigung die Zustellung an alle Miteigentümer als vollzogen gilt, wenn kein Zustellbevollmächtigter bekanntgegeben wurde.

Die Bekanntgabe eines Zustellbevollmächtigten gegenüber der Behörde ist nicht erfolgt.

Die in Beschwerde gezogene Berufungsentscheidung wurde gegenüber den Beschwerdeführern rechtgültig durch Zustellung am 16.11.2017 erlassen.

Die Beschwerdeführer A und B haben mit Schriftsatz vom 14.12.2017, per Fax an die Behörde übermittelt am 15.12.2017, somit fristgerecht, Beschwerde u.a. gegen die verfahrensgegenständliche Berufungsentscheidung des Stadtrates des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, erhoben.

Nach Hinweisen auf die NÖ Abgabenordnung 1977 und die dort (ehemals) geregelten Vorschriften betreffend Verjährung des Rechtes auf Festsetzung einer Abgabe wendeten die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Berufungsentscheidung im Wesentlichen ein, dass sie als Bauwerber am 15. Dezember 1998 eine Anzeige über die Fertigstellung des zugebauten „Einstellraumes“ in ***, ***, am Bauamt über ihren Bevollmächtigten abgegeben hätten.

Diese Fertigstellungsanzeige sei am 15. Dezember 1998, vormittags im Auftrag der Einschreiter stellvertretend durch den bevollmächtigten Bauführer, Baumeister D, Bau GmbH, ***, ***, dem Bauamt der Gemeinde *** persönlich übergeben worden. Eine Bestätigung für die Übergabe der Fertigstellungsanzeige durch die Gemeinde hätten sie nie bekommen. Es sei auch nicht Bestandteil der damals geltenden einschlägigen Normen gewesen, dass eine Übernahmebestätigung durch das Bauamt ausgefüllt werden müsste. Am frühen Nachmittag desselben Tages seien dann Baumeister E und zwei Personen des Bauamtes erschienen, um den Einstellraum, der auch als Garage genutzt werde, zu besichtigen. Die Besichtigung sei durch die Stadtbeamten als zufriedenstellend beurteilt worden. Damit sei für die Beschwerdeführer der Akt der Fertigstellung samt Anzeige hinreichend ausgeführt und dokumentiert. Die Beschwerdeführer beantragten als Zeugen die Befragung von Baumeister E und F und ihre Befragung.

In der Folge sei unter Androhung einer Verwaltungsstrafe über € 1.000,-- durch die Stadtgemeinde *** ein Schreiben AZ: *** vom 29.08.2016 erfolgt, mit welchem die Einschreiter genötigt worden seien, bis 30. November 2016 eine weitere, zweite, Baufertigstellungsanzeige ausstellen zu lassen. Aus Angst vor der angedrohten Strafe hätten die Beschwerdeführer daher eine zweite kostenintensive Fertigstellungsanzeige (ca. € 500,--) erstellen lassen und diese am
30. November 2016 abgegeben. Die Ausstellung der zweiten Fertigstellungsanzeige durch die Beschwerdeführer, 18 Jahre später, sei kein wie immer geartetes Schuldeingeständnis ihrerseits, dass sie eventuell die erste Fertigstellungsanzeige nicht abgegeben hätten. Den Beschwerdeführern sei mitgeteilt worden, dass sie nach Abgabe der zweiten Fertigstellungsanzeige „Ruhe hätten“. Die begründeten Einwände der Beschwerdeführer, dass bereits am 15. Dezember 1998 eine Fertigstellungsanzeige dem Bauamt übergeben worden sei, seien zurückgewiesen worden. Eine mögliche Schuld seitens des Bauamtes, die möglicherweise zur Verlegung oder Verwerfung der Akten geführt hätte, sei nicht angesprochen worden.

Die Beschwerdeführer verwiesen auf Informationen aus der Berichterstattung in den Bezirksblättern ***, wonach bei ca. 150 Einfamilienhäusern in *** die Fertigstellungsanzeigen abhandengekommen seien.

„Wie der Blitz aus heiterem Himmel“ hätten die Beschwerdeführer die Nachforderung der Ergänzungsabgabe für den Kanalanschluss und den Wasseranschluss getroffen.

Die Beschwerdeführer verwiesen auf die Bezug habenden erstinstanzlichen Entscheidungen.

Nach Hinweisen auf Bauskandale in *** verwiesen die Beschwerdeführer darauf, dass sie am 15. Dezember 1998 – vor neunzehn Jahren – durch den von ihnen bevollmächtigten Baumeister, F, nachweislich die Fertigstellungsanzeige am Bauamt der Gemeinde *** übergeben hätten und dass sie die uneingeschränkte 15 -jährige Verjährungsfrist „beanspruchten“.

Schließlich bedeute dies, dass die Stadtgemeinde *** bei Erlangung ihres Abgabenanspruches, am 15. Dezember 1998, bis zur Erstellung ihrer Abgabenbescheide vom 03. Jänner 2017( aus nicht näher bekannten Gründen) nicht reagiert habe. Das seien insgesamt 18 Jahre und 19 Tage, welche zwischen der ersten Abgabe der Fertigstellungsanzeige am Bauamt (15. Dezember 1998) und der ersten Vorschreibung der Ergänzungsabgabe für Kanalanschluss und Wasseranschluss (Abgabenbescheide vom 3. Jänner 2017) lägen.

Die Beschwerdeführer verwiesen abschließend darauf, dass die im Gesetz vorgeschriebene Mindestverjährungsfrist von 15 Jahren beträchtlich überschritten worden sei.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich werde höflichst gebeten, „im Sinne der Landesgesetze NÖ AO 1977“ zu entscheiden und die mittlerweile über neunzehn Jahre zurückliegenden Nachforderungen der Stadtgemeinde *** an die Einschreiter, mittlerweile insgesamt auf € 2.193,59 reduziert, wegen Verjährung zurückzuweisen.

Mit Vorlagebericht des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 11. Jänner 2018, AZ: ***, wurde der gesamte Abgabenakt mit einer chronologischen Darstellung des Verfahrensablaufes vorgelegt und im Wesentlichen ausgeführt, dass im Bauakt für das Objekt *** weder eine Vertretungsvollmacht für Herrn Baumeister E vorliege noch die erstmals im Zuge der Beschwerdeverhandlung vom 25. Juli 2017 (vormaliges Verfahren beim erkennenden Gericht) vorgelegte angebliche Fertigstellungsmeldung vom
15. Dezember 1998 samt den darauf angeführten Beilagen aufscheine.

Aufgrund der fehlenden Fertigstellungsmeldung seien die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.08.2016, AZ: ***, für das bewilligte Bauvorhaben „Errichtung eines Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ ersucht worden, das Fertigstellungsformular inklusive Veränderungsanzeigen für Wasser- und Kanalgebühren unterfertigt und mit den gekennzeichneten Prüfbefunden und Attesten bis spätestens 30. November 2016 vorzulegen.

Die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe sei auf Grund der Fertigstellungsanzeige gemäß § 30 NÖ BO für das Bauvorhaben „Errichtung eines Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ vom
30. November 2016 erfolgt.

Die Veränderungsanzeigen für Wasser-und Kanalgebühren seien mit Datum vom

10. November 2016 vorgelegt worden.

Nach Darlegung des Verfahrensablaufes vor der Abgabenbehörde I. und II. Instanz verwies die Behörde im Wesentlichen nach Hinweis auf die verfahrensgegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 auf den Umstand, dass auf Grund des Vorliegens der Fertigstellungsanzeige vom 10.11.2016 und des Entstehens des Abgabenanspruches mit diesem Zeitpunkt die Festsetzung der Ergänzungsabgabe jedenfalls noch zulässig und eine Verjährung nicht eingetreten sei.

Der Stadtrat der Stadtgemeinde *** stellte den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge die Beschwerde gemäß

§ 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abweisen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat zu den eingebrachten Beschwerden, gemäß § 274 BAO iVm § 15 NÖ Landesverwaltungsgerichtsgesetz eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung (vertagt auf Grund einer Krankheitsmeldung des Beschwerdeführers A vom 09. April 2018 auf den 23. Mai 2018) durchgeführt, in welcher durch Befragung der Beschwerdeführer sowie des Vertreters der Stadtgemeinde ***, weiters durch Einvernahme der Zeugen F und E sowie u.a. anhand des verfahrensgegenständlichen Aktes der Behörde,

AZ: ***, weiters anhand des vom erkennenden Gericht beigeschafften, Bezug habenden Bauaktes betreffend die Beschwerdeführer

A und B, Nr. *** (auf die Verlesung sämtlicher Akten wurde von den Beschwerdeführern und vom Vertreter der Behörde in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet), Beweis erhoben wurde.

Die Beschwerdeführer haben in der Verhandlung eine ergänzende Stellungnahme (vom 22.05.2018) vorgelegt, welche im Wesentlichen das in den Beschwerdeausführungen Vorgebrachte wiedergibt und welche zur Gänze der Beweisführung vor dem erkennenden Gericht zugrunde gelegt wurde.

Weiters wurde die Bezug habende (handschriftliche) „Anzeige der Fertigstellung an die Stadtgemeinde ***. über die Fertigstellung des zugebauten Einstellr. der Fam. A und B in ***, ***“ neuerlich vorgelegt.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens hatte das erkennende Gericht von folgendem, als feststehend anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Mit Schriftsatz der Stadtgemeinde *** vom 29.08.2016,
AZ: ***, wurden die Beschwerdeführer auf Grund des Nichtvorliegens einer Baufertigstellungsmeldung für das mit Bescheid vom 05.05.1998, AZ: *** bewilligte Bauvorhaben „Errichtung eines
Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ ersucht, das von der Stadtgemeinde *** gleichzeitig übermittelte Fertigstellungformular inklusive den Veränderungsanzeigen für Wasser- und Kanalgebühren unterfertigt und mit den gekennzeichneten Befunden und Attesten bis spätestens 30.11.2016 der Baubehörde vorzulegen. Auf die strafrechtlichen Folgen bei Nichtvorlage der für die Baufertigstellung erforderlichen Unterlagen wurde in diesem Schreiben gleichzeitig hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 10.11.2016 erstatteten die Beschwerdeführer A und B als Eigentümer die Veränderungsanzeige nach § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 betreffend das Grundstück in ***, ***, EZ ***, Gst. Nr. ***, in Bezug auf die Veränderungen zum ursprünglich angeschlossenen Bestand in der von den Beschwerdeführern im Erhebungsbogen bezeichneten Form des Zubaus des Einstellraumes ohne Wasserentnahme, des Ausbaus des mittleren Zimmers im

1. Stock mit einer Gaupe (keine Veränderung der Wohnfläche) und des Baus eines offenen Holzbalkones vor diesem Zimmer mit Holzgeländer und Holzdielen,

bewilligt mit Bescheid der Baubehörde der Stadtgemeinde *** vom 05.05.1998, Zl. ***.

Eine Veränderungsanzeige durch die Beschwerdeführer erfolgte ausschließlich mit diesem Schriftsatz vom 10.11.2016. Davor wurde von den Beschwerdeführern in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Liegenschaft und die vorgenommenen baulichen Änderungen eine Veränderungsanzeige gegenüber der Stadtgemeinde *** nicht erstattet.

Ermittlungen des Stadtrates der Stadtgemeinde *** in Form der Durchführung von zwei Lokalaugenscheinen vor Ort am 23.03.2017 und am 06.10.2017 in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer ergaben hinsichtlich des Bestandes nach der Änderung eine Berechnungsfläche, Wohnhaus, von 186,12 m², Einstellraum 40,44 m², Anteil der unbebauten Fläche 75 m², insgesamt somit

301,56 m².

Entsprechend den vorher bezeichneten Ermittlungen des Stadtrates der Stadtgemeinde *** ergab sich der Bestand vor der Änderung mit einer Berechnungsfläche, Wohnhaus, von 128,82 m² und einem Anteil der unbebauten Fläche von 75 m², insgesamt somit von 203,82 m².

Im Zuge des von der Behörde am 6. Oktober 2017 in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer durchgeführten Lokalaugenscheines wurde festgestellt, dass die kodierten Abmessungen nicht der vorhandenen bebauten Fläche entsprechen. Entgegen den Einreichunterlagen wurden weder der Wintergarten im Dachgeschoß noch der Windfang im Erdgeschoß errichtet.

Im Beisein der Beschwerdeführer wurden durch die Behörde die Naturmaße des Einfamilienhauses mittels Rollmaßbandes eruiert und protokolliert.

Die vom Stadtrat ermittelten Naturmaße, inklusive der nachträglich angebrachten Wärmeschutzdämmung, wurden bei der Ermittlung der bebauten Fläche herangezogen.

Die Fläche des ebenerdigen Zubaus mit der Nutzung „Einstellraum“ wurde im erstinstanzlichen Bescheid zur bebauten Fläche des Wohnhauses hinzugerechnet, da der Einstellraum gemäß Einreichplan mit dem Erdgeschoß des Wohnhauses mittels einer Tür verbunden war.

Im Zuge des am 06.10.2017 durch den Stadtrat durchgeführten Lokalaugenscheines wurde festgestellt, dass die Verbindungstür zum Wohnhaus nachträglich vermauert wurde und wurde weiters festgestellt, dass auch beim Einstellraum die kodierten Abmessungen nicht mit der vorhandenen bebauten Fläche laut Einreichplan übereinstimmen.

Die Beschwerdeführer sind bei der Statistik Austria nicht als Landwirte erfasst, verfügen nicht über eine Betriebsnummer als landwirtschaftlicher Betrieb und entrichten an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern keine Beiträge.

Der Einstellraum wird für private Zwecke zur Einlagerung von Obst, Gemüse, der Unterbringung von Gerätschaften etc. verwendet.

Dieses Beweisergebnis ergab sich klar aus dem dem erkennenden Gericht vorliegenden, Bezug habenden Akt der Stadtgemeinde ***, weiters aus den glaubwürdigen Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung sowie aus den Ausführungen des Beschwerdeführers Dr. A in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Im gesamten Verfahren vor der Behörde und auch vor dem erkennenden Gericht wurde von den Beschwerdeführern die Vorlage einer Veränderungsanzeige an die Stadtgemeinde *** vor jener laut ausgefülltem Erhebungsbogen mit Datum 10.11.2016 nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer A führte dazu über Befragen der erkennenden Richterin in der Beschwerdeverhandlung, ob 1998 (auch) eine Veränderungsanzeige (dies in Bezug auf die vorgeschriebene Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussgebühr) vorgelegt worden sei, aus, dass das Einzige, was 1998 der Gemeinde vorgelegt worden sei, die von ihm bezeichnete (handschriftlich verfasste) „Baufertigstellungsanzeige“ gewesen sei. Eine weitere Anzeige, dies im Sinne einer Veränderungsanzeige, sei ihm nicht bekannt.

Aus den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung ergab sich zweifelsfrei, dass vor der Berechnung der zu Grunde zu legenden Flächen nach der Änderung und vor der Änderung in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer zwei Lokalaugenscheine durchgeführt wurden. Dabei wurde nach den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde im Rahmen des Lokalaugenscheines und der Vermessung festgestellt, dass die Gemeinde die Wärmedämmung nicht in die Berechnung miteinbezogen habe und dass diese in Abzug gebracht worden sei.

Nach den Ausführungen des Vertreters der Stadtgemeinde wurde der Umstand der Zumauerung der Verbindungstür im Einstellraum berücksichtigt und zu maximalen Gunsten der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass diese Änderung vor Vorlegen der Fertigstellungsanzeige aus dem Jahr 2016 bzw. vor der Veränderungsanzeige erfolgt ist.

Der Vertreter der Stadtgemeinde bestätigte, dass sämtliche festgestellte Ausmaße und Flächen, wie sie der Berechnung laut Inhalt der jeweiligen Entscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** zu Grunde gelegt worden sind, durch Begehung und Feststellung der Ausmaße im Zuge der Lokalaugenscheine am 23.03.2017 und 06.10.2017 in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer festgestellt worden sind. Weiters ergab sich aus den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde, dass die Erhebung der Flächen, welche jeweils als Fläche vor der Änderung zu Grunde gelegt wurden, auf Grund der alten Baupläne und nach dem tatsächlichen Bestand zum damaligen Zeitpunkt, wie sie im jeweiligen Zeitpunkt der erstmaligen Vorschreibung der (gegenständlich) Wasseranschlussgebühr bzw. der Kanalanschlussgebühr vorhanden waren, erfolgt ist und so der Berechnung zu Grunde gelegt wurden.

Der Umstand, dass eine landwirtschaftliche Nutzung des Einstellraumes durch die Beschwerdeführer nicht erfolgt, ergab sich klar aus den Ausführungen des Vertreters der Stadtgemeinde und des von ihm in der Beschwerdeverhandlung bestätigten Erhebungsergebnis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer entsprechenden Anmeldung bzw. Vergabe einer Steuernummer an die Beschwerdeführer.

Ein Beweiswürdigung hinsichtlich der als erwiesen anzusehenden Tatsache, dass im Jahr 1998 bei der Baubehörde der Stadtgemeinde *** eine Baufertigstellungsanzeige samt Bauführerbescheinigung im Sinne des § 30 NÖ Bauordnung nicht eingelangt ist, diese seitens der Beschwerdeführer vielmehr erstmals mit vollständiger Fertigstellungsanzeige vom 30.11.2016 erstattet wurde, erübrigte sich im gegenständlichen Verfahren mangels rechtlicher Relevanz in Bezug auf das Entstehen der Abgabenschuld in Bezug auf die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe.

In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:

Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt (…) bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. (…)

§ 208. (1) Die Verjährung beginnt

         a)       in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, …

§ 209. (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. (…)

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist die Wasseranschlussabgabe für den Anschluss an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist die Wasseranschlussabgabe derart zu berechnen, dass die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz vervielfacht wird.

Gemäß § 6 Abs. 3 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft so zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche

a) bei Wohngebäuden mit der um 1 erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschoße vervielfacht,

b) in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15% der unbebauten Fläche vermehrt wird.

Gemäß § 6 Abs. 4 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 gelten bei der Ermittlung der Berechnungsfläche folgende Grundsätze:

1. Bebaute Fläche ist jeder Teil der Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

2. als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschoße gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschoßen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

3. die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von 500 m² zu berücksichtigen;

4. zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, dass sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind (…)

Gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist die Wasseranschlussabgabe neu zu berechnen, wenn sich die der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft ändert.

Gemäß § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 entsteht der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige.

Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 sind Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

Gemäß § 2 Abs. 1 Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der Stadtgemeinde *** wird der Einheitssatz für die Berechnung der Wasseranschlussabgabe für den Anschluss an die öffentliche Gemeindewasserleitung gemäß § 6 Abs. 5 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 mit 5 v.H. der durchschnittlichen Baukosten für einen Längenmeter des Rohrnetzes (€ 220,00, das ist mit € 11,00 festgesetzt).

Zuvorderst ist festzustellen, dass auf den gegenständlichen Fall die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), in der geltenden Fassung, und nicht (mehr) die Bestimmungen der NÖ Abgabenordnung 1977 anzuwenden sind.

Vor dem 01.01.2010 galt die BAO (im Wesentlichen) nur für Bundesabgaben.

§ 7 Abs. 6 Finanz-Verfassungsgesetz (idF BGBL I 2007/100) hat die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf allgemeine Angelegenheiten und auf das Verfahren für die von Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden erhobenen Abgaben erweitert (aus: Ritz, BAO Bundesabgabenordnung, 6. Auflage, § 1, Rz 1).

Die Vorschreibung einer Abgabe setzt allgemein die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes und das Bestehen einer Abgabenschuld voraus. Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).

Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt zudem den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus.

Der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches ist bedeutsam u.a. für die Abgabenfestsetzung, welche vor diesem Zeitpunkt nicht zulässig ist (vgl. dazu Ritz, BAO3, Tz2ff u.Tz14 zu § 4, sowie VwGH 10.08.2008, 2007/17/0012).

Der Tatbestand, an den die Entrichtung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe geknüpft ist, ist in § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 und in § 13 Abs. 2 leg. cit. geregelt.

Es ist somit bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlagen eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Wasseranschlussabgabe zu entrichten, wenn (wie gegenständlich durch zwei Lokalaugenscheine, Vermessung und Zugrundelegung des Altbestandes durch Ermittlung des Istzustandes seitens der Stadtgemeinde *** ermittelt) Veränderungen auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben nach sich ziehen.

§ 13 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 kann entnommen werden, dass es sich bei der Veränderungsanzeige um eine Parteienerklärung handelt, wobei es Pflicht des Abgabenschuldners ist, Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und welche eine Änderung der Berechnungsgrundlagen nach sich ziehen, binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

Festzustellen ist, dass nach Maßgabe der Vorgaben des § 13 Abs. 2
NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 die Erstattung der Veränderungsanzeige dem Abgabenschuldner obliegt. Eine gesetzliche Verpflichtung der Behörde, eine solche Veränderungsanzeige beim Abgabenschuldner „einzuholen“ besteht nicht.

Bei der Vorlage der Veränderungsanzeige handelt es sich somit um eine Bringschuld des Abgabenschuldners, nicht jedoch um eine Holschuld der Abgabenbehörde.

Sämtliche Ausführungen der Beschwerdeführer, wonach es Sache der Behörde gewesen wäre, den Beschwerdeführern die Vorlage einer Fertigstellungsanzeige bzw.(verfahrensgegenständlich) einer Veränderungsanzeige aufzutragen, gehen im Hinblick auf den klaren Inhalt der zitierten gesetzlichen Bestimmung ins Leere.

In § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird klar geregelt, dass, (wie gegenständlich) im Falle des Einlangens der (gegenständlich erforderlichen) Veränderungsanzeige der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe entsteht.

Es war daher davon auszugehen, dass mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige der Beschwerdeführer vom 10.11.2016 von einem Entstehen der Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Sinne des § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 auszugehen war.

Aus dem Wesen der bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung und aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse, die bereits aus dem Gesetz heraus entstehen, ergibt sich, dass der Abgabenbescheid seinen wesentlichen Merkmalen nach feststellender Natur ist. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. Stoll, BAOII, 2073F).

Daraus ergibt sich, dass die Abgabe festzusetzen ist, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabenpflichtigen als Abgabenschuld darstellt, folgt, dass die Abgabenfestsetzung zulässig ist, sobald die Abgabenschuld entstanden ist. Dieser Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld ist auch für den Beginn der Frist für die Festsetzungsverjährung des § 207 BAO maßgeblich.

Abweichend von der allgemeinen Regel des § 4 BAO, wonach der Abgabenspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft, sieht § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 als lex specialis besondere Kriterien für das Entstehen der Abgabenschuld vor.

Eine Veränderungsanzeige nach dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 wurde von den Beschwerdeführern bis zur Übermittlung des ausgefüllten Erhebungsbogens vom 10.11.2016 nicht erstattet, weshalb erst zu diesem Zeitpunkt die Abgabenschuld entstehen konnte. Die bescheidmäßige Abgabenfestsetzung war somit erst nach Vorliegen der Veränderungsanzeige zulässig und konnte die Verjährungsfrist zur Abgabenfestsetzung überhaupt erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen, weshalb sie im Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung nicht abgelaufen ist.

Der nunmehrigen Festsetzung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe in der in Beschwerde gezogenen Fassung der Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** steht daher der Eintritt einer Festsetzungsverjährung (mangels Ablaufes von fünf Jahren ab Vorlage der Veränderungsanzeige) nicht entgegen.

Die Richtigkeit der der Vorschreibung zu Grunde gelegten Bemessungsgrundlagen wurde in der Beschwerde nicht beanstandet. Dazu hat jedoch das Beweisverfahren vor dem erkennenden Gericht die Korrektheit der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde II. Instanz hinsichtlich der von ihr der in Beschwerde gezogenen Entscheidung zu Grunde gelegten Bestände (nach der Änderung und vor der Änderung) ergeben.

Hinsichtlich des Bestandes nach der Änderung erfolgte im Beisein der beiden Beschwerdeführer eine Begehung im Rahmen eines Lokalaugenscheines und eine Feststellung der Naturmaße.

Hinsichtlich des Bestandes vor der Änderung erfolgte entsprechend der diesbezüglichen Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde in der Beschwerdeverhandlung eine umfassende Ermittlung auf Grund der alten Baupläne und eine Erhebung des tatsächlichen Zustandes zum damaligen Zeitpunkt der erstmaligen Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr.

Im Hinblick darauf, dass der Zubau in Form des „Einstellraumes“ nach dem erzielten Beweisergebnis keine Verwendung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke findet, war von einer Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung nach § 6 Abs. 4 Z 4 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 nicht auszugehen und wurde diese Fläche daher rechtmäßiger Weise bei der Ermittlung der Berechnungsfläche als bebaute Fläche gewertet.

Unter Hinweis auf die oben dargelegte Sach- und Rechtslage hatte das erkennende Gericht daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Ergänzungsabgabe; Veränderungsanzeige; Bringschuld; Berechnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.77.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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