TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/17 98/09/0202

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Veröffentlicht am 17.01.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs7 idF 201/1996;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde 1. der J B in I und 2. des N J in K, beide vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Dr. Paul Delazer und Dr. Rudolf Kathrein, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 12, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 28. Februar 1997, Zl. LGSTi/V/13113/1659739-702/1997, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Anfechtung durch die Erstbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin beantragte am 13. Dezember 1996 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den Zweitbeschwerdeführer für die berufliche Tätigkeit eines Provisionsvertreters mit speziellen Kenntnissen in der Fremdsprache "Serbokroatisch". Mit Bescheid vom 14. Jänner 1997 wies das Arbeitsmarktservice Innsbruck diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab.

Gegen diesen Bescheid erhob lediglich die Erstbeschwerdeführerin Berufung und machte darin geltend, der beantragte Ausländer sei bosnischer Serbe, der mit seiner Ehegattin seit 1986 rechtmäßig in Österreich lebe. Er habe eine Gattin und drei schulpflichtige Kinder und habe stets in Österreich gearbeitet. Mit Bescheid vom 18. August 1993 habe die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel über ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol habe dieses bestätigt. Letztendlich sei dieser Bescheid jedoch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0083, aufgehoben und mit Ersatzbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 29. Jänner 1996 (richtig wohl: 29. Juni 1996) ausgesprochen worden, dass gegen den Beschwerdeführer kein Aufenthaltsverbot erlassen werde. Der Zweitbeschwerdeführer habe in der Folge eine Aufenthaltsberechtigung erhalten, der Verlängerungsantrag sei rechtzeitig gestellt worden, so dass derzeit eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 6 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz gegeben sei. Wegen des rechtswidrig erlassenen Aufenthaltsverbotes sei dem Zweitbeschwerdeführer keine Beschäftigungsbewilligung mehr erteilt worden, das Arbeitslosengeld habe er zu Ende bezogen. Nun sei es unrichtig, dass er vom Arbeitsmarktservice so behandelt werde, als wäre er ein "Neuer", der nicht in die Landes- oder Bundeshöchstzahl einzurechnen sei, weil der Zweitbeschwerdeführer auf Grund des Ausspruchs des Verwaltungsgerichtshofes so gestellt hätte werden müssen, als wäre der rechtswidrige Bescheid nicht erlassen worden, was bedeute, dass er in die Quote bereits eingerechnet sei und daher Anspruch auf Beschäftigungsbewilligung habe.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13. Februar 1997 wurde der Erstbeschwerdeführerin in Wahrung ihres Rechtes auf Parteiengehör mitgeteilt, dass es ein ergänzendes Ermittlungsverfahren gegeben habe, dass der beantragte Ausländer nicht "bosnischer" Staatsangehörigkeit, sondern als Staatsbürger "der früheren sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien" zu betrachten sei. Im Sinne der Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin gehe auch die Berufungsbehörde davon aus, dass der beantragte Ausländer mit seiner Ehegattin bereits seit dem Jahre 1986 rechtmäßig in Österreich lebe und ihm nach dem Aufenthaltsgesetz mit dem Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Fremden" mit dem zeitlichen Geltungsbereich vom 1. Jänner 1994 bis 18. Dezember 1996 die Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei. Noch vor Ablauf des zeitlichen Geltungsbereiches der Aufenthaltsberechtigung habe er eine Verlängerung derselben beantragt, weshalb er gemäß § 6 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz zum weiteren Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Des Weiteren habe das ergänzende Ermittlungsverfahren ergeben, dass für den beantragten Ausländer im Beobachtungszeitraum ab dem Jahre 1990 erstmals am 26. März 1992 eine Beschäftigungsbewilligung bis 31. Dezember 1992 erteilt worden, diese jedoch auf Grund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 15. Juni 1992 gemäß § 7 Abs. 6 AuslBG bereits mit diesem Tage erloschen sei. In weiterer Folge seien noch weitere Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden, die Letzte habe den zeitlichen Geltungsbereich vom 14. April 1994 bis 31. Dezember 1994 umfasst, das Beschäftigungsverhältnis habe mit diesem Tag geendet. Weitere Beschäftigungsbewilligungen seien nicht mehr erteilt worden. Der beantragte Ausländer habe auch keine Arbeitserlaubnis und keinen Befreiungsschein erlangt. Seit dem 1. Jänner 1995 sei er damit nicht mehr im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG mit einer dem Geltungsbereich des AuslBG unterliegenden Tätigkeit erlaubt in Österreich beschäftigt gewesen. Zwar seien weitere Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für diesen Ausländer gestellt worden, diese seien in der Folge jedoch entweder rechtskräftig abgewiesen oder zurückgezogen worden. Seit dem 13. Oktober 1995 habe der Zweitbeschwerdeführer auch keinen Anspruch mehr auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Daher sei davon auszugehen, dass der beantragte Ausländer seit dem 1. Jänner 1995 nicht mehr der Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten Ausländer im Sinne des § 12a Abs. 1 AuslBG angehöre und seit dem 13. Oktober 1995 auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz mehr habe. Auf Grund des der Berufungsbehörde vorliegenden statistischen Materials sei davon auszugehen, dass die Zahl der unselbständig Beschäftigten und arbeitslosen Ausländer in Österreich höher als die für das Jahr 1997 kundgemachte Bundeshöchstzahl (BGBl. Nr. 646/1996) sei.

Mit Schreiben vom 18. Februar 1997 nahm die Erstbeschwerdeführerin dazu im Wesentlichen dahingehend Stellung, gemäß § 63 VwGG seien die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, welcher öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ein analoges subjektives Recht der betroffenen Partei gegenüberstehe. Sei daher der Bescheid der Sicherheitsdirektion Tirol betreffend das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof behoben worden, dann sei der Zweitbeschwerdeführer so zu stellen, als wäre der rechtswidrige Bescheid nicht erlassen worden. Zum Zeitpunkt der Erlassung des rechtswidrigen und vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides der Sicherheitsdirektion vom 20. Dezember 1994 sei der Zweitbeschwerdeführer in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis gestanden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Art. 18 B-VG müsse ein Rechtsmittel bzw. die Rechtsmittelmöglichkeit effektiv gestaltet sein. Das bedeute, dass das Rechtsmittelverfahren nur dann verfassungskonform sei, wenn es einem Beschwerdeführer die Möglichkeit biete, seine Rechte durchzusetzen. Wenn der Zweitbeschwerdeführer durch die Behörden so behandelt werde, als wäre er ein "neuer Ausländer", ohne dass berücksichtigt werde, dass er durch eine behördliche Rechtswidrigkeit in diese Situation geraten sei, dann sei seine Rechtsmittelmöglichkeit eben nicht effektiv. Eine verfassungskonforme Interpretation könne nur die sein, dass ein Rechtsmittelwerber so zu stellen sei, wie er gestanden wäre, wäre der rechtswidrige Bescheid nicht erlassen worden. Insgesamt gesehen müsse der Zweitbeschwerdeführer daher zumindest als "arbeitsloser Ausländer" gelten, weil die Arbeitslosigkeit nicht von ihm, sondern von der Behörde verschuldet worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Erstbeschwerdeführerin keine Folge, wobei sie sich im Gegensatz zur Behörde erster Instanz auf den Abweisungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997, BGBl. Nr. 646/1996, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) stützte. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, der gegenseitigen Rechtsstandpunkte und der bereits vorgehaltenen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kam die belangte Behörde zum rechtlichen Schluss, dass die zulässige Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Zweitbeschwerdeführer überschritten gewesen sei und der Zweitbeschwerdeführer zum Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag nicht der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlegen sei, weil er nicht unselbständig beschäftigt gewesen sei und auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gehabt habe. Der Betrieb der Erstbeschwerdeführerin sei als Handelsbetrieb mit "Handel mit Haushaltswaren" weder dem Winterfremdenverkehr noch dem Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 1 Z. 5 der BHZÜV komme daher nicht in Betracht. Auch mit dem Hinweis auf § 63 VwGG sei nichts zu gewinnen, weil die Bindung der belangten Behörde an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes sich nur auf den betreffenden Fall erstrecke, was nichts anderes bedeute, als "der Prozessgegenstand des früheren Verwaltungsverfahrens". Daher könne sich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, mit dem dieser den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Aufenthaltsgesetz aufgehoben habe, nicht auf das gegenständliche Verfahren über die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG erstrecken. § 4 Abs. 7 in Verbindung mit § 12a Abs. 1 AuslBG stellten darauf ab, dass die Gesamtzahl der unselbständig Beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 % am österreichischen Arbeitskräftepotential nicht übersteigen dürfe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei bei Anwendung der zitierten Gesetzesbestimmungen ein ausländischer Arbeitnehmer nur dann in die Bundeshöchstzahl einzurechnen, wenn er tatsächlich dem österreichischen Arbeitskräftepotential zuzurechnen sei. Dies sei aber nur der Fall, wenn es sich um einen unselbständig beschäftigten Arbeitnehmer oder einen solchen Arbeitslosen handle, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz habe. Dies sei beim Zweitbeschwerdeführer (im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde) jedoch festgestelltermaßen nicht der Fall.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 1998, B 699/97-6 ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die Beschwerdeführer erachten sich nach der insoweit ergänzten Beschwerde in ihrem Recht, dass für den Zweitbeschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt werde, verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begründen dies im Wesentlichen damit, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 42 Abs. 3 in Verbindung mit § 63 VwGG unrichtig angewendet. Nach Ansicht der Beschwerdeführer hätte die belangte Behörde jedoch als Prüfzeitraum nicht den Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides, sondern Herbst/Winter 94 bzw. Beginn 1995 heranzuziehen gehabt. In diesem Zeitpunkt hätte der Zweitbeschwerdeführer festgestelltermaßen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Dieser Prüfzeitraum ergebe sich dadurch, dass gemäß § 42 Abs. 3 VwGG ein aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtssache in jene Lage zurückversetze, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden habe. Diese ex tunc-Wirkung habe zur Folge, dass die Rechtssache so zu betrachten sei, als sei der Bescheid nie erlassen worden, insbesondere hätten Rechtsakte, die auf Grund des aufgehobenen Bescheides gesetzt worden seien, als beseitigt zu gelten. Unbestritten sei festgestellt worden, dass auf Grund des Aufenthaltsverbotes keine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei und deswegen auch frühere Anträge auf Beschäftigungsbewilligung abgelehnt worden seien. Die Bestimmungen des § 42 Abs. 3 VwGG und § 63 VwGG gälten jedoch nach Ansicht der Beschwerdeführer auch für die anderen Behörden, also im konkreten Fall auch für die belangte Behörde. Es entspreche der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass der Gesetzgeber Rechtsbehelfe vorzusehen habe, die auch faktisch effizient seien. Die Einschränkung der Effizienz von Rechtsbehelfen sei nur aus sachlich gebotenen triftigen Gründen zulässig. Diese Rechtsprechung führe dazu, dass der Zweitbeschwerdeführer in rechtswidriger Weise mit einem Aufenthaltsverbot belastet worden sei und deshalb keine Aufenthaltsbewilligung bekommen habe, was wiederum der Grund gewesen sei, weshalb er keine Beschäftigungsbewilligung bekommen habe. Auch nach Beseitigung des Aufenthaltsverbotes wirke dieses aber insofern weiter, als der Zweitbeschwerdeführer jetzt nicht mehr in die Bundeshöchstzahl oder in die Arbeitslosenzahl eingerechnet werde. Diese Weiterwirkung des Aufenthaltsverbotes widerspreche dem Grundsatz der effizienten Gestaltung von Rechtsbehelfen. Es sei unerträglich, wenn eine Fremdenpolizei zunächst einen rechtswidrigen Bescheid erlasse, der vom Verwaltungsgerichtshof beseitigt werde und dann aber das Arbeitsmarktservice sagen dürfe, der Fremde dürfe jetzt zwar dableiben, aber nicht mehr arbeiten, was zur weiteren Folge haben könne, dass wiederum die Fremdenpolizei tätig werden könne.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die tatsächliche Überschreitung der Bundeshöchstzahl im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt.

1. Zunächst zur Beschwerdelegitimation des Zweitbeschwerdeführers:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung der Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Nach dem aktenkundigen Verlauf des Verwaltungsverfahrens fehlt dem Zweitbeschwerdeführer die Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde schon deshalb, weil er die erstinstanzliche Entscheidung, die ihm zu Handen seiner Rechtsvertreter zugestellt worden war, nicht mit Berufung bekämpft und damit den Instanzenzug nicht erschöpft hat (vgl. insoweit die hg. Beschlüsse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0266, vom 7. März 1996, Zl. 95/09/0111, sowie vom 17. Dezember 1998, Zl. 96/09/0327, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur).

Im Übrigen ist festzuhalten, dass das Recht, einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG zu stellen, grundsätzlich dem Arbeitgeber vorbehalten ist. Der Zweitbeschwerdeführer hat im vorliegenden Verwaltungsverfahren auch keinen derartigen Antrag gestellt. Es ist daher von vornherein verfehlt, wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, auch der Zweitbeschwerdeführer sei in seinem subjektiven "Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verletzt". In diesem Recht kann er jedenfalls nicht verletzt sein.

2. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Die belangte Behörde hat - anders als die Behörde erster Instanz - die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, dass die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. cit. nicht erfüllt, dann kann dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen wie etwa des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würden (vgl. in dieser Hinsicht etwa die beiden hg. Erkenntnisse jeweils vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0092, und Zl. 97/09/0168, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur).

Hinsichtlich des von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrundes wird in der Beschwerde nicht in Frage gestellt, dass der beantragte Ausländer tatsächlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hatte und demnach der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 7 AuslBG nicht vorliegt. In der Beschwerde wird aber die Behauptung aufgestellt, die Behörden hätten den Ausländer im Sinne der §§ 42 Abs. 3 und 63 VwGG infolge der Rechtswidrigkeit des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes und der damit in Zusammenhang stehenden Unterbrechung seiner Beschäftigungszeiten zumindest so behandeln müssen, als ob er einen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gehabt hätte. Die festgestellte Überschreitung der herangezogenen Bundeshöchstzahl für das Kalenderjahr 1997 im Verwaltungsverfahren wird ebenfalls nicht in Abrede gestellt.

Fest steht, dass die Möglichkeit, die vom hier in Rede stehenden Ausländer bisher auf Grund der für ihn zuletzt erteilten Beschäftigungsbewilligung ausgeübte Beschäftigung im Inland fortzusetzen oder eine neue Beschäftigung anzunehmen, ausschließlich durch ein gesetzwidriges Verhalten der Fremdenbehörden gehindert wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0083). Im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1999, B 1045/98 hätte die belangte Behörde daher zu berücksichtigen gehabt, dass rechtswidriges behördliches Verhalten nicht schon erworbene Rechtspositionen vernichten darf.

Im vorliegenden Fall haben die Fremdenbehörden die Unmöglichkeit, weiter in Österreich beschäftigt zu bleiben, durch die rechtswidrige Erlassung eines Aufenthaltsverbotes herbeigeführt. Diesen Umstand muss auch das für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zuständige Arbeitsmarktservice berücksichtigen. Dass die Zuständigkeiten auf verschiedene Behörden verteilt sind, darf am Endergebnis nichts ändern. Das Arbeitsmarktservice durfte daher die für den Beschwerdeführer durch das gesetzwidrige Aufenthaltsverbot herbeigeführte Situation bis zur möglich gewordenen Rückkehr des Ausländers in das Arbeitsleben nicht zum Anlass einer Versagung der Beschäftigungsbewilligung für ihn nehmen, sondern sie hätte das Aufenthaltsverbot und alle darauf zurückzuführenden Sachverhaltsänderungen und behördlichen Akte unberücksichtigt lassen müssen.

Allerdings ist am Rande darauf zu verweisen, dass das Problem des § 63 VwGG (Bindungswirkung) hier aus den von der belangten Behörde bereits zutreffend dargelegten Gründen sowie deshalb in der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation gar nicht in Rede steht, weil es sich bei der vom Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis dargelegten, zur Aufhebung führenden Rechtsansicht um ein verfahrensrechtliches Problem (Bindungswirkung i.S.d. § 38 AVG) gehandelt hat, dem von den Behörden durch Nachfolgebescheide ohnedies Rechnung getragen wurde und das im Beschwerdefall keine Relevanz mehr hat.

Der angefochtene Bescheid war aus den oben dargelegten Gründen infolge Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090202.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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