TE Vwgh Beschluss 2018/6/14 Ra 2018/08/0165

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Veröffentlicht am 14.06.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/08/0166 Ra 2018/08/0167 Ra 2018/08/0171 Ra 2018/08/0169 Ra 2018/08/0170 Ra 2018/08/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen der MR GmbH in B, vertreten durch die Lercher & Hofmann Rechtsanwälte GmbH in 6832 Röthis, Schlösslestraße 31a, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2018,

1)

Zl. I404 2004890-1/13E, 2) Zl. I404 2004890-2/4E,

3)

Zl. I404 2004890-3/4E, 4) Zl. I404 2004890-4/4E,

5)

Zl. I404 2004890-5/4E, 6) Zl. I404 2004890-6/6E und

7)

Zl. I404 2004890-7/6E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Vorarlberg; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. J M, vertreten durch die Achammer & Menel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schlossgraben 10, 2. Dr. R B in T, 3. Dr. M T in Wien, 4. Dr. H N in G, 5. Dr. M M in I, 6. Dr. C H in F, 7. Dr. A S in B,

8.

Vorarlberger Gebietskrankenkasse,

9.

Pensionsversicherungsanstalt, 10. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien auf Grund ihrer Tätigkeit für die revisionswerbende Partei (eine GmbH) in jeweils näher bezeichneten Zeiträumen der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien. Die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien arbeiteten vertretungsweise - während der Urlaube und sonstigen Abwesenheiten des hauptberuflich dort tätigen Geschäftsführers und zu 50% beteiligten Gesellschafters der GmbH - als Ärztinnen und Ärzte für Radiologie in dem von der revisionswerbenden Partei betriebenen Ambulatorium (einer Krankenanstalt iSd § 3 lit. e Vlbg. Spitalgesetz). Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass hinsichtlich dieser Vertretungstätigkeiten keine Werkverträge, sondern Dienstverträge vorgelegen seien. Es bejahte ferner - insbesondere im Hinblick auf die Eingliederung der Ärztinnen und Ärzte in den Ambulatoriumsbetrieb - das Überwiegen der Elemente persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 In den vorliegenden außerordentlichen Revisionen - die vom Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden - erblickt die revisionswerbende Partei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zunächst darin, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Pflichtversicherung auf Grund von ärztlichen Vertretungstätigkeiten fehle. Außerdem würden die angefochtenen Erkenntnisse von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 47 Abs. 2 EStG 1988 abweichen.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hatte schon mehrfach Gelegenheit, sich zur Pflichtversicherung auf Grund ärztlicher Tätigkeiten zu äußern (vgl. etwa VwGH 3.9.1996, 93/08/0267, zu einem ärztlichen Ordinationsassistenten, der überdies als Vertreter des ordinationsführenden Arztes tätig wurde;

VwGH 21.11.2001, 97/08/0169, zur regelmäßigen stundenweisen Tätigkeit in einer Ordination; VwGH 17.10.2012, 2009/08/0188, zur Tätigkeit von "Hausärztinnen und -ärzten" in einem Belegspital;

VwGH 18.8.2015, 2013/08/0121, betreffend die arbeitsmedizinische Betreuung im Auftrag der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt). Die in diesen Entscheidungen entwickelten Grundsätze sind auch auf die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Vertretungstätigkeiten in der gegenständlichen Krankenanstalt zu übertragen. Ausgehend davon hat das Bundesverwaltungsgericht in jedenfalls nicht unvertretbarer Weise die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bejaht. Entgegen dem in der Revision erhobenen Vorwurf hat es sich dabei nicht mit dem Verneinen eines Werkvertragsverhältnisses begnügt, sondern sich - auf Grund der nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gewonnenen Ermittlungsergebnisse - auch mit den Kriterien der persönlichen Abhängigkeit auseinandergesetzt. Auf die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist es dabei nicht angekommen, hat sich das Bundesverwaltungsgericht doch nicht auf § 4 Abs. 2 letzter Satz ASVG gestützt. Schon deshalb trifft die Rüge des Abweichens von der zu § 47 Abs. 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung nicht zu.

7 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. Juni 2018

Schlagworte

Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018080165.L00

Im RIS seit

05.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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