Entscheidungsdatum
18.06.2018Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
W207 2132591-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1995, StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. German BERTSCH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2017, Zahl 15-1075529405/170533855, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) vom 28.07.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57, 55 AsylG nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2017, GZ. W123 2132591-1/13E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde in Bezug auf die gegen den Beschwerdeführer rechtskräftig erlassene Rückkehrentscheidung Folgendes ausgeführt:
"......
Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit Juni 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR vom 27.10.1994, 18535/91 Kroon und andere gg. die Niederlande, Z 30; EGMR vom 22.04.1997, 21.830/93, X,Y und Z gg. Vereinigtes Köngreich, Z 36)
Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, 48321/99, Slivenko gg. Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:
Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind keine Hinweise für eine ausreichend intensive Beziehung zu allfälligen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen oder ihm sonst besonders nahestehende Personen hervorgekommen, zumal die Geschwister des Beschwerdeführers in Afghanistan leben. Der Beschwerdeführer verfügt auch nicht über nennenswerte sonstige soziale Anknüpfungspunkte in Österreich.
Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält, kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale - wie etwa Unbescholtenheit und Deutschkenntnisse - eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zl. 2008/21/0533; VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.
Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach und verfügt auch nicht über eine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer hat lediglich ehrenamtlich im Zuge der Nachbarschaftshilfe der Caritas gearbeitet. Im Übrigen bewirkt der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach
§ 55 AsylG nicht gegeben."
Der Beschwerdeführer reiste in der Folge allerdings nicht entsprechend der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung aus dem österreichischen Bundesgebiet aus, sondern stellte vielmehr am 28.04.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, konkret einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
Der Beschwerdeführer legte diesem Antrag unter anderem
* ein "ÖSD Zertifikat A2", "bestanden", vom 22.12.2016
* eine Anmeldebestätigung zu einem Deutschkurs B1 vom 30.01.2017
* eine Anmeldebestätigung für die Prüfung "ÖSD Zertifikat Deutsch B1" vom 27.02.2017
* Kursbestätigungen vom 20.06.2016, vom 23.08.2016 und vom 06.12.2016 über Besuche von Deutschkursen A 1.1, A 1.2, A 2.1 mit jeweils 90 Unterrichtseinheiten
* eine nicht datierte Einstellungszusage einer näher genannten Firma für eine Beschäftigung des Beschwerdeführers als Hausmeister für den Fall, dass der Beschwerdeführer eine Arbeitsbewilligung erhalte
bei.
Mit Parteiengehörsschreiben der belangten Behörde vom 26.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag als unzulässig zurückzuweisen, sollte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht Anderes ergeben. In diesem Zusammenhang wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, bekanntzugeben, welche maßgeblich geänderten Umstände sich in seinem Privat- und Familienleben seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung ergeben hätten.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 06.07.2017 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab, in der ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer habe die B1-Prüfung am 18.05.2017 absolviert, jedoch leider knapp nicht bestanden. Er werde die Prüfung wiederholen. Er sei fleißig am Deutsch lernen. Anzumerken sei, dass Deutsch-B1 auch Voraussetzung für die österreichische Staatsbürgerschaft sei. Das bedeute schlicht und einfach, dass jemand, der die B1-Prüfung bestehe, sehr gut Deutsch spreche. Insofern sei jedenfalls eine Änderung hinsichtlich des Privatlebens eingetreten. Zudem könne der Antragsteller im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels auch arbeiten. Eine diesbezügliche Einstellungszusage sei bereits vorgelegt worden.
Mit Bescheid belangten Behörde vom 08.07.2017 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich - bezogen auf die Situation zu seinem Privat- und Familienleben zum Zeitpunkt des rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahrens - vom 28.06.2015 bis 13.03.2017 rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich gehabt. Er habe Deutschkurse besucht. Am 22.12.2016 habe er das A2 Diplom in Deutsch bestanden. Er habe von der Grundversorgung gelebt und sei in Österreich nie erwerbstätig gewesen. Er sei aber im Projekt Nachbarschaftshilfe der Caritas ehrenamtlich beschäftigt gewesen. Seine Familienangehörigen würden in Afghanistan leben. Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan 12 Jahre die Schule besucht und dann als Lebensmittelverkäufer in den Geschäften seines Vaters gearbeitet. Er sei strafrechtlich unbescholten gewesen, es seien auch keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung bekannt gewesen. Bezogen auf die Situation zu seinem Privat- und Familienleben zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer trotz rechtskräftiger negativer Entscheidung nicht freiwillig ausgereist sei und sich seit 14.03.2017 unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich. Er habe am 22.12.2016 das A2 Diplom in Deutsch bestanden. Er habe einen weiteren Deutschkurs besucht, die B1 Prüfung jedoch nicht bestanden. Er lebe von der Grundversorgung. Er habe eine Einstellungszusage einer näher genannten Firma ohne Datumsangabe vorgelegt. Die Familienangehörigen des Beschwerdeführers würden in Afghanistan leben. Er habe in Afghanistan 12 Jahre die Schule besucht und dann als Lebensmittelverkäufer in den Geschäften des Vaters gearbeitet. Er sei strafrechtlich unbescholten. Er habe aber gegen die öffentliche Ordnung gemäß § 120 Abs. 1a FPG verstoßen, weil er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Anwaltsschriftsatz vom 25.07.2017 fristgerecht eine Beschwerde ein, die dem Bundesverwaltungsgericht samt dem Verwaltungsakt am 02.08.2017 vorgelegt wurde. In dieser Beschwerde wurde in inhaltlicher Hinsicht Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:
"Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist gegenständlich eine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten. Von Februar bis Mai 2017 hat der Beschwerdeführer einen weiteren Deutsch-Kurs besucht, die B1-Prüfung jedoch leider nicht bestanden. Allerdings ist hier nochmals anzumerken, dass es sich bei Deutsch-B1 um Staatsbürgerschaftsniveau handelt. Es ist somit nicht unerheblich, dass der Beschwerdeführer den Deutsch-Kurs besucht hat, zumal er die Prüfung nur knapp nicht bestanden hat.
Richtig ist zwar, dass der Beschwerdeführer in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Die belangte Behörde weiß jedoch genau, dass dem Beschwerdeführer Einstellungszusage der Firma X., erhebliche Bedeutung zu kommt. Im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels hätte der Beschwerdeführer umgehend bei dieser Firma arbeiten dürfen. Dies hat der Beschwerdeführer auch so vorgebracht.
Ferner wird moniert, dass die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend eruiert hat. In diesem Zusammenhang wird auf die beigefügten Unterlagen verwiesen, die ebenfalls für den neuen Sachverhalt maßgeblich sind.
Die belangte Behörde hätte somit jedenfalls eine neuerliche Abwägung im Sinne des. Art. 8 EMRK und in Verbindung mit den in § 9 Abs, 2 BFA-VG angeführten Kriterien vornehmen müssen."
Der Beschwerde beigelegt wurde mehrere Unterstützungsschreiben von Privatpersonen, die bereits vorgelegte undatierte Einstellungszusage sowie ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung.
Am 04.11.2017 wurde der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2017, GZ. W123 2132591-1/13E, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG unter anderem eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 13.03.2017 zugestellt.
Der Beschwerdeführer reiste in der Folge nicht entsprechend der ihn treffenden Ausweiseverpflichtung aus dem österreichischen Bundesgebiet aus, sondern stellte am 28.04.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, konkret einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
Am 04.11.2017 wurde der Beschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben.
Im Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung und der Abschiebung nach Afghanistan, also im Zeitraum vom 13.03.2017 bis 04.11.2017, legte der Beschwerdeführer am 18.05.2017 eine Deutschprüfung B1 ab, die er jedoch nicht bestand. Darüber hinausgehende integrative Bemühungen im Bereich des Privatlebens sind in diesem Zeitraum (und auch im Zeitraum danach) nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Änderungen im Bereich des Familienlebens wurden ebenfalls nicht vorgebracht und können ebenfalls nicht festgestellt werden. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen des Beschwerdeführers nach rechtskräftiger Erlassung der gegen ihn ergangenen Rückkehrentscheidung gibt es daher keine Anhaltspunkte.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt sowie auf das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den vorgelegten Unterlagen über in Österreich gesetzte Integrationsbemühungen.
Die im Rahmen der gegenständlichen Antragstellung vorgelegten Unterlagen über den Besuch von Deutschkursen und das diesbezügliche Ablegen von Prüfungen datieren - mit Ausnahme der Anmeldung zum Deutsch-B1 Kurs und zur Deutsch-B1-Prüfung, die dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Folge vom ihm allerdings nicht bestanden wurde - aus dem Zeitraum vor der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer und wurden die damit verbundenen Integrationsbemühungen bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren berücksichtigt.
Die nicht datierte Einstellungszusage einer näher genannten Firma (für eine Beschäftigung des Beschwerdeführers als Hausmeister für den Fall, dass der Beschwerdeführer eine Arbeitsbewilligung erhalte) vermag - ganz abgesehen davon, dass ihr in der gegenständlichen Fallkonstellation keine entscheidungserhebliche rechtliche Relevanz zukommt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen - schon insofern nicht zu überzeugen, als sie undatiert ist und daher schon unter diesem Aspekt ein geänderter Sachverhalt seit der rechtskräftig gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung nicht objektiviert werden kann.
Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.
[...]
.......
Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58.
......
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
......
...... (13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§
55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8.
Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. .... "
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf § 58 Abs. 10 AsylG 2005 gestützt. Nach dieser Bestimmung sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes bezieht sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels, im gegenständlichen Fall also auf den Zeitraum ab Rechtswirksamkeit der rechtskräftig gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung am 13.03.2017 bis zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt, dies im gegenständlichen Fall unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nach seiner Abschiebung - gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht, Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen - seit 04.11.2017 nicht mehr in Österreich aufhältig ist.
In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 06.07.2017 wird als maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit 13.03.2017 ins Treffen geführt, dass der Beschwerdeführer die B1-Prüfung am 18.05.2017 absolviert, jedoch leider knapp nicht bestanden habe. Insofern sei jedenfalls eine Änderung hinsichtlich des Privatlebens eingetreten. Eine nicht bestandene Deutsch B1-Prüfung kann allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch wenn eine bestandene Deutschprüfung relativ gute Deutschkenntnisse bescheinigen würde - in der konkreten Fallkonstellation jedenfalls nicht als außergewöhnliches integratives Merkmal angesehen werden.
Weiters wird in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 06.07.2017 unter Bezugnahme auf die vorgelegte undatierte Einstellungszusage vorgebracht, zudem könne der Antragsteller im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels auch arbeiten. Vor dem Hintergrund des Zeitablaufes von lediglich etwa vier Monaten bis zur Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid, von lediglich acht Monaten zwischen der gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung und seiner Abschiebung nach Afghanistan bzw. selbst unter hypothetischer Berücksichtigung eines Zeitablaufes von etwa fünfzehn Monaten bis zur gegenständlichen Entscheidung stellt auch die Vorlage einer künftigen (und undatierten) Einstellungszusage, mit der keine gesicherte Rechtsposition auf tatsächliche Aufnahme dieser Tätigkeit objektiviert dargetan wird, keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt dar, der eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte.
Auch in der Beschwerde wird kein maßgebliches Vorbringen, das auf entscheidungserhebliche Änderungen im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers schließen ließe, erstattet, was auch für den Inhalt der der Beschwerde beigelegten Unterstützungserklärungen gilt.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" auf Rechtsgrundlage des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen. Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht in inhaltlicher Hinsicht keine neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen in inhaltlicher Hinsicht auf jene, die denen im angefochtenen Bescheid entsprechen, gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen bzw. abweichenden Tatsachen vorgebracht. Zudem wurde in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht beantragt.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus, Aufenthaltstitel, Aufenthaltstitel ausEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2132591.2.00Zuletzt aktualisiert am
29.06.2018