Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Land *****, 2. Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft „L*****“, eingetragene Gen.m.b.H., *****, 3. E*****gesellschaft mbH, *****, 4. W***** Gesellschaft m.b.H., *****, 5. WS***** reg.Gen.m.b.H., *****, 6. N***** Gemeinnützige Wohnungs- und SiedlungsgesmbH, *****, 7. B***** eingetragene Gen.m.b.H., *****, 8. Gemeinnützige Wo*****genossenschaft *****, 9. V*****, Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, *****, 10. *****S***** reg.Gen.m.b.H, *****, 11. I***** reg. Gen.m.b.H., *****, 12. ***** S***** GmbH, *****, 13. *****aktiengesellschaft, *****, 14. G*****gesellschaft mbH *****, und 15. GE***** Wohnungsgesellschaft m.b.H., *****, alle vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. O***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. S***** GmbH, 3. S***** GmbH, *****, beide vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG in Wien, 4. K***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 5. T***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Wien, wegen 9.066.814,45 EUR sA und Feststellung (Streitwert 30.001 EUR), über den Rekurs der beklagten Parteien (Rekursinteresse 2.089.065,21 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2017, GZ 5 R 193/16p-73, mit dem der Berufung der erstklagenden Partei gegen das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 21. September 2016, GZ 40 Cg 65/10z-66, teilweise Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs der beklagten Parteien wird im Umfang der Anfechtung eines Teilbegehrens von 1.088.951,54 EUR als absolut unzulässig zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Entscheidungsgegenständlich sind nur Ansprüche der Erstklägerin.
Die Erstklägerin begehrt die Zahlung von 2.059.064,21 EUR sA, in eventu Rechnungslegung, und die Feststellung der Haftung der Beklagten aus kartellrechtswidrigem Verhalten. Die Haftung der Beklagten gründe sich auf die Teilnahme bzw Mitwirkung am sogenannten „Aufzugskartell“ (16 Ok 5/08). Die Kartellverstöße hätten dazu geführt, dass die Beklagten ihren Auftraggebern in zahlreichen Fällen überhöhte Preise für gelieferte Aufzüge und Fahrtreppen verrechnet hätten.
Die Erstklägerin habe im Rahmen der Wohnbauförderung den Neubau und die Sanierung von Wohnanlagen gefördert. Diese Förderungen seien abhängig von der Höhe der Gesamtbaukosten errechnet worden. Damit sei aber auch bei der Förderung von Aufzugskosten die Förderung um den Betrag überhöht gewesen, um den die von den Beklagten verrechneten Entgelte über den marktüblichen Preisen gelegen seien. Auf Basis dieses Vorbringens begehrt sie von den Beklagten 2.014.894,85 EUR sA aufgegliedert nach den einzelnen Förderdarlehen. Weiters macht sie einen Schaden von 44.169,36 EUR aus acht Förderfällen, in denen sie Direktzuschüsse bzw Annuitätenzuschüsse gewährt hat, geltend. Auch hier sei die Förderung abhängig von der Höhe der Gesamtbaukosten errechnet worden und die Förderung um denselben Prozentsatz überhöht gewesen wie die verrechneten Entgelte. Die Förderung habe jeweils 50 % der Aufzugskosten bzw der Annuitäten umfasst.
Die Beklagten brachten unter anderem vor, das Klagebegehren sei unschlüssig. Darüber hinaus werde von der Erstklägerin ein bloßer Vermögensschaden geltend gemacht. Es fehle jedoch am Rechtswidrigkeitszusammenhang. Der Erstklägerin sei nur ein mittelbarer Schaden entstanden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Erstklägerin mit Teilurteil ab. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Erstklägerin teilweise Folge und hob das erstgerichtliche Urteil teilweise zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, da oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Einordnung von Ansprüchen wie im vorliegenden Fall fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der Beklagten ist im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang absolut unzulässig.
Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen, also wenn die Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0053096). Der von § 55 Abs 1 Z 1 JN geforderte Zusammenhang wird verneint, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (vgl RIS-Justiz RS0042766; RS0037648 [T19]). Dies ist auch hier der Fall.
Die Erstklägerin stützt ihr Begehren auf eine Vielzahl von Förderverträgen die jeweils mit unterschiedlichen Abnehmern der Beklagten geschlossen wurden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auf Kartellvergehen gegründete Ansprüche nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhen, wenn sie nicht aus einem einzigen, sondern lediglich aus gleichartigen Verträgen abgeleitet werden, die jeweils für sich unterschiedlich beurteilt werden können (7 Ob 127/10t; 5 Ob 123/12t; 8 Ob 81/13i). Die Inanspruchnahme der Beklagten als Solidarschuldner reicht zur Begründung eines rechtlichen Zusammenhangs der Ansprüche nicht aus.
Der Rekurs der Beklagten, der sich gegen den zweitinstanzlichen Beschluss in seiner Gesamtheit richtet, ist daher bezüglich jener Ansprüche, die im Einzelnen den Betrag von 5.000 EUR nicht übersteigen, sohin bezüglich der Förderdarlehen im Umfang von 1.069.409,81 EUR und bezüglich der Direktförderungen im Umfang von 19.541,73 EUR gemäß § 502 Abs 2 iVm § 519 Abs 2 ZPO absolut unzulässig.
Textnummer
E121841European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00044.17M.0517.000Im RIS seit
28.06.2018Zuletzt aktualisiert am
28.06.2018