TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/6 W147 2197265-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.06.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §16 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W147 21967265-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 20. April 2018, Zl. 1167452003-171052952, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides wird Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben. Gemäß § 16 Abs. 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, wird festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin gelangte gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern (W147 2197257 und W147 2197269) unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und brachte am 11. September 2015 verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Für ihre beiden Kinder brachte die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertretung ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz im Familienverfahren ein.

2. In der Erstbefragung am selben Tag brachte die Beschwerdeführerin befragt nach ihrem Fluchtgrund vor, ihr Lebensgefährte habe sie nach der Ausreise ihrer Mutter, die sich in Österreich befände, zu schlagen begonnen. Er arbeite bei der Armee und sei drogensüchtig. Ihr älterer Sohn habe vieles mitbekommen, sie sei oft geschlagen worden. Ihr Lebensgefährte habe sie keine fünf Minuten alleine gelassen. Im Sommer sei sie von ihm auch einen Monat hindurch eingesperrt gewesen und derart geschlagen worden, dass sie mit blauen Flecken übersät gewesen sei. Als er im August seinen Geburtstag gefeiert habe und wieder einmal betrunken gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin ihre Kinder von der Schwiegermutter abgeholt und sei mit diesen geflüchtet. Ihre namentlich genannte Cousine sei nach Syrien ausgewandert und habe dort geheiratet. Ihr Lebenspartner habe gemeint, dass sie auch eine Terroristin sei und deswegen geschlagen werden müsse. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie, dass ihr Lebensgefährte ihr ihre Kinder wegnehme und sie wieder schlage, sogar umbringe.

3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12. September 2017 wurde die Beschwerdeführerin zu den näheren Umständen ihres Fluchtvorbringens befragt.

Ihre Kinder seien nunmehr in die Russische Föderation zu ihrem Lebenspartner gebracht worden. Sie habe eine Einverständniserklärung unterschrieben, da ihr seitens ihres Lebensgefährten gedroht worden sei.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit dem im Spruch genannten Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2017, (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab, erkannte der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass eine Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters erließ das Bundesamt gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 leg.cit. ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.) und erklärte, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, erkannte das Bundesamt einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

Begründend hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt VI. im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin keine Fluchtgründe vorgebracht habe und diese nicht den Tatsachen entsprochen hätten.

Dieser Bescheid wurde am 30. April 2018 zugestellt.

5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheiden vom gleichen Tag die Anträge auf internationalen Schutz der minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2017, (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab, erkannte diesen einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass eine Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Diese Bescheide wurden durch Zustellung an die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertretung ihrer Kinder am 9. Mai 2018 erlassen.

6. Mit einheitlichem Schriftsatz wurde gegen die Bescheide vollinhaltlich das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und wurde in diesem Zusammenhang auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid bekämpft.

7. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 4. Juni 2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin gelangte gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern (W147 2197257 und W147 2197269) unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und brachte am 11. September 2015 Anträge auf internationalen Schutz für sich und ihre beiden Kinder als gesetzliche Vertretung ein.

Festgestellt wird, dass in Bezug auf die gegenständliche und die Beschwerdesachen zu W147 2197257 und W147 2197269 ein Familienverfahren vorliegt.

Weiters wird festgestellt, dass den Beschwerdeverfahren zu W147 2197257 und W147 2197269 mangels Aberkennung dieser die aufschiebende Wirkung zukommt.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass das Bundesamt in seiner Entscheidung in beschwerdegegenständlicher Sache auf mehreren Seiten eine Prüfung des Vorbringens der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Glaubwürdigkeit vornimmt und zu dem Ergebnis gelangte, dass dieses infolge Nichtnachvollziehbarkeit unglaubwürdig sei.

2. Diese unter Pkt. II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten sowie den Angaben der Beschwerdeführerin.

3. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im Folgenden: BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 (im Folgenden: VwGVG), bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).

Der angefochtene Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 12.10.2017 persönlich übernommen und ihm damit zugestellt. Die am 07.11.2016 bei der Post aufgegebene Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG rechtzeitig.

Zu A)

3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

3.3. Für die vorliegende Beschwerdesache bedeutet dies Folgendes:

3.3.1. Die Beschwerdeführerin stellte in der im Familienverfahren erhobenen Beschwerde unter anderem den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus seinen Ausführungen und dem Aufbau des Beschwerdeschriftsatzes geht klar hervor, dass es sich dabei nicht um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre; vielmehr wendet sich die Beschwerdeführerin im Rahmen eines eigenen Beschwerdepunkts unter Hinweis auf eine ihr drohende Verletzung der Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle einer Rückführung dorthin auch gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl bzw. die darin verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

3.3.2. Vor dem Hintergrund der Feststellungen erweist sich die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde im Falle der Beschwerdeführerin bereits infolge der eindeutigen Regelung des § 16 Abs. 3 BFA-VG als rechtswidrig. Dieser lautet:

"(3) Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen im Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt."

Wie festgestellt, kommt den Beschwerden der Kinder der Beschwerdeführerin mangels diesbezüglicher Aberkennung die aufschiebende Wirkung zu, weshalb auch der Beschwerde der Beschwerdeführerin ex lege aufschiebende Wirkung zukommt.

Der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben.

3.3.3. Die belangte Behörde erkannte einer Beschwerde gegen ihren Bescheid die aufschiebende Wirkung ab und berief sich dabei auf die Ziffer 4 und 5 des § 18 Abs. 1 BFA-VG.

Bereits zu den Vorgängerbestimmungen wurde ausgeführt, dass § 38 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, BGBl. Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008, voraussetzt, dass "das Vorbringen des Asylwerbers zu einer Bedrohungssituation offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Die "schlichte" Unglaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach dieser Bestimmung nicht tragen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum gleichlautenden § 6 Z 3 Asylgesetz 1997 in der Fassung vor der Asylgesetznovelle 2003 war die (bloß) "schlichte" Unglaubwürdigkeit kein entscheidungswesentliches Begründungselement (vgl. VwGH 07.09.2000, 99/01/0273; 22.05.2001, 2000/01/0294; 07.06.2001, 99/20/0429; 19.07.2001, 99/20/0385; 21.08.2001, 2000/01/0214; 31.05.2001, 2000/20/0496; 31.01.2002, 2001/20/0381; 11.06.2002, 2001/01/0266).

Dass die belangte Behörde, jeglicher Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkennen könnte, wenn sie in ihrer Beweiswürdigung zu dem Schluss gelangt, dass kein Vorbringen vorgebracht worden sei, da dieses nicht glaubwürdig sei oder in weiterer Folge nicht unter den Begriff der Verfolgung im Sinne der GFK zu subsumieren sei, ist keinesfalls Zweck der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG.

In ihrer Beweiswürdigung setzt sich die belangte Behörde vielmehr umfassend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinander, verweist auf Emotionen und den persönlichen Eindruck der Beschwerdeführerin und ua auf Internetrecherchen um schlussendlich darzulegen, dass die Angaben der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar und daher nicht glaubwürdig seien.

Auch diesbezüglich wären somit die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 18 BFA-VG nicht erfüllt, wobei nochmals zu betonen ist, dass gegenständlicher Beschwerde bereits ex lege aufschiebende Wirkung zukommt (siehe 3.3.2.).

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 BFA-VG wurde durch den Verwaltungsgerichtshof in seiner angeführten Judikatur erläutert; die zuletzt erfolgte Novellierung dieser Bestimmung sieht eine Entsprechung dieser Judikatur im Gesetzeswortlaut vor (vgl. Erläut. 2285/A BlgNR 25. GP, 85).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W147.2197265.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten